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Die Brünner Vorstadt Neustift

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Zu seiner Zeit — im Jahre 1504 – entschied das Gubernium (Statthalterei) Mährens,<br />

daß das zwischen den Dörnrößler 10 ) „Hausgärten" und dem <strong>Neustift</strong>er „Larer Beitel"<br />

fließende Bächlein je zur Hälfte den Anrainern zugehöre, und von diesen daher auch das<br />

Bachbett im selben Ausmaße zu reinigen und instandzuhalten sei (Urkunde im Mähr.<br />

Statthaltereiarchiv).<br />

Anscheinend unverheiratet und kinderlos starb Wenzel v. Piwin im Jahre 1506 und sein<br />

Besitz überkam als Erbe an seinen Oheim Hynek de Popuwek 11 ), welcher es 1516 an<br />

Ladislaus v. Boskowitz 12 ) verkaufte. Letzterer war nicht nur ein geistreicher Träger und -<br />

Förderer des Humanismus, sondern zugleich auch einer der reichsten und mächtigsten<br />

Angehörigen des tschechischen Hochadels. Er starb 1520 zu Brünn in seinem Hause Ecke<br />

Post- und Krapfengasse. Unter ihm und seiner direkten Nachkommenschaft wurde die<br />

„Gassen <strong>Neustift</strong>" bei der Herrschaft Mährisch-Trübau/Merherische Triba) geführt und<br />

kam — nach dem ohne Leibeserben verschiedenen Albrecht v. Boskowitz — mit dessen<br />

sämtlichen Gütern an dessen Neffen Johann Schembera Czernohorsky 13 ) von Boskowitz,<br />

welcher die <strong>Neustift</strong> zur Domäne Butschowitz schlug.<br />

Das Grundbuch der <strong>Neustift</strong> für die Zeit Von ca. 1560 bis 1576 erliegt im <strong>Brünner</strong><br />

Stadtarchive und enthält neben den Riedbenennungen viele Namen ehemaliger<br />

Gemeindemitglieder wie: Fladt, Jane, Tele, Piriknecht, Purman, Ulbrich, Christ, Hoffmann<br />

und Kniepandtl, von welcher die drei letzten bis in die jüngste Zeit erbeingesessen<br />

waren, die übrigen aber in den Wirren des 30jährigen Krieges ausschieden. <strong>Die</strong>ses Buch<br />

ist — von verschiedener Hand — deutsch geschrieben.<br />

Aus dem Jahre 1583 überkam uns die erste erhaltene Urkunde betreffend die Pflichten<br />

und Rechte der Gemeinde, als ein „Privileg" auf Pergament in tschechischer Sprache,<br />

nach welchem jede Behausung jährlich 1 Fl. rhein. als Kamingeld zu zahlen, Zug- und<br />

Handrobot bei Straßen- und Brückenbauten im Gemeindegebiete, Botengänge zu leisten,<br />

und bei Anwesenheit der Herrschaft in Brünn an deren Küche das erforderliche Gemüse<br />

und sonstige Garten-und Wirtschaftserzeugnisse zu liefern hatten. Da die jeweiligen<br />

folgenden Grundherren bei Antritt der Herrschaft ein Privileg ausstellten, welches im<br />

wesentlichen eine Abschrift dieses erstbekannten darstellte, ist mit großer<br />

Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß die <strong>Neustift</strong>er bereits auch schon dem Gründer und<br />

seinen bisherigen Nachfolgern unter den gleichen, oder doch sehr ähnlichen<br />

Bedingungen Untertan waren.<br />

Johann Schembera Czemohorsky v. Boskowitz wurde in späterer Zeit, zufolge seines<br />

Auftretens und Reichtums mit einem Sagen- und Legendenkranze umwoben, wobei<br />

Wahrheit und Dichtung eng vermengt erscheinen. So tötete er im Zweikampfe auf<br />

offener Straße, vor seinem Hause in der Krapfengasse seinen Beleidiger Franz v.<br />

Zastrizl, welcher ihn im Streite einen „Zwigebenie" 14 ) gescholten hatte, welche Sache<br />

vor dem Landgericht mit den Verwandten des Getöteten zur Austragung kam. <strong>Die</strong> ihm<br />

zugeschriebene Prellung der <strong>Brünner</strong> Minoriten um die ihnen angeblich urkundlich<br />

zugedachten Erbrechte, ist in das Fabelreich zu verweisen, da er ja zwei Leibeserben —<br />

die Töchter Anna und Katharina — hatte, und Frömmigkeit kaum zu seinen großen<br />

Tugenden gerechnet werden kann; über seine spukhaften, nächtlichen Ritte aus dem<br />

„Schemberaloche" bei Obrzan in die Minoritengasse und zurück, ist-weiter kein Wort zu<br />

verlieren 15 ).<br />

Als er 1596 starb fielen seine Besitzungen an die beiden Töchter, welche mit den<br />

Brüdern Gundacker und Maximilian Grafen von Liechtenstein vermählt wahren. <strong>Die</strong><br />

<strong>Neustift</strong> kam an Maximilian, welcher sie seiner Herrschaft Bilowitz und nach 1622 seinem<br />

Gute Posorzitz einverleibte, bei welchem es bis zur Aufhebung der Grundherrschaft 1850<br />

verblieb. Aus diesem Erbe stammt der Großteil des sprichwörtlich umfangreichen<br />

Landbesitzes und Reichtums der Liechtensteiner und ward in ihrem Wappen auch jeher<br />

der Boskowitze — ein weißer, oben siebenmal gezackter Sparren in rotem Felde —<br />

eingefügt.<br />

Im Jahre 1604 stellte Maximilian v. Liechtenstein das Privileg, und zwar letztmalig, in<br />

tschechischer Sprache aus.<br />

<strong>Die</strong> Gemeindegewalt lag in den Händen des aus der Gemeinde gewählten Richters,

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