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Die Brünner Vorstadt Neustift

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Grillowitzgasse und die Gemüsegärten zur Petersgasse und weiter gegen Südosten den<br />

Pässen nach Ungarn zustrebte. Es ist selbstverständlich, daß diese Straßen auch den<br />

weiteren Verkehr über und von Brünn nach allen Windrichtungen vermittelten, und daß<br />

daher die ungemein rege Inanspruchnahme derselben für die <strong>Neustift</strong>er — in Ausübung<br />

der im „Privileg" übernommenen Pflicht der Straßeninstandhaltung in ihrer Gemeinde —<br />

viel Arbeit und Mühe bedeutete, ihnen aber auch, nicht zuletzt aber auch im Hinblick auf<br />

die Nähe der Stadt mit ihren Märkten, Einkünfte und Vorteile verschiedenster Art, als<br />

auch guten Absatz ihrer Er Zeugnisse sowie Erwerbung hochwertiger Kaufmannsgüter<br />

und fremder Produkte vermittelte.<br />

<strong>Die</strong> Führung der Gemeindegeschäfte, der Grundbücher, Verkehr mit Ämtern und der<br />

Gutsherrschaft, Berichte, Einhebung und Abrechnung der Gemeindegelder, der Abgaben<br />

und Umlagen, als auch der Handel mit den Erzeugnissen, Löhnung des Gesindes „Der<br />

Tobriger" d. h. der Tagewerker oder Tagelöhner usw. erforderten ein ausreichendes<br />

Können in Lesen, Schreiben und Rechnen, und daher hatte auch unsere kleine Gemeinde<br />

einen eigenen Lehrer. <strong>Die</strong> ersten uns überkommenen Nachrichten hierüber stammen aus<br />

der Zeit nach dem 30jährigen Kriege, doch kann mit Hinblick darauf, daß diese doch<br />

immerhin kostspielige Einrichtung nicht gerade in einer Notzeit geschaffen worden sein<br />

dürfte, und weiter auch auf die bereits schon vorher bestandenen Gründe ihres Einsatzes<br />

mit ziemlicher Sicherheit auf einen weit früheren Zeitpunkt der Schulerrichtung<br />

geschlossen werden.<br />

<strong>Die</strong> älteste uns bekannte Schule war bis zum Jahre 1761 i m Hause <strong>Neustift</strong>gasse<br />

Nr. 22 (letzter bekannter Besitzer Stadtbaumeister Robert Krug) untergebracht. Sie<br />

teilte das Gebäude mit der Feuerwache und den zur Bekämpfung von Feuers- und<br />

Wassersnot benötigten Geräten und Gefäßen. Auf dem Dachfirste war die Feuerglocke —<br />

zugleich Gebetglocke — angebracht. Damals inmitten der Siedlung gelegen, verschob<br />

sich mit der Verbauung der heutigen Grillowitzgasse der Gemeinde-Mittelpunkt immer<br />

mehr nach Süden, und es war hauptsächlich etwa drohende Gefahr durch Elemente und<br />

deren bessere zeitliche und räumliche Bekämpfung, welche die <strong>Neustift</strong>er bewog, ein<br />

neues Schul- und Feuerwehrgebäude zu errichten. In dem hierzu geeignetsten Raume,<br />

auf dem Platze, wo <strong>Neustift</strong>- und Grillowitzgasse zusammenkamen, und welcher mit<br />

günstigster Lage auch größte Bewegungsfreiheit und bequemsten Zugang bot, wurde<br />

1761 der Neubau, aufgeführt — jenes freistehende ebenerdige Gebäude <strong>Neustift</strong> 46,<br />

welches vor einigen Jahrzehnten bei Schaffung der Zufahrt zur neuen Schwarzabrücke<br />

eingeebnet wurde. Auch dieses Haus krönte der Stuhl einer Gebet- und Feuerglocke,<br />

welche erst 1891 einen anderen, würdigeren Platz zugewiesen bekam. <strong>Die</strong> nach den<br />

Napoleonischen Kriegen andauernde Friedenszeit, Errichtung von Fabriken und größeren<br />

Betrieben, als auch Vermehrung der Wohnbauten förderten die Zunahme der Gemeindeinsassen<br />

dermaßen, daß 1843 ein neuer Schulbau vorgenommen werden mußte, und<br />

das zweistöckige Neugebäude mit 3 Lehrzimmern, Lehrmittelräumen und<br />

Lehrerwohnungen wurde mit dem beginnenden Schuljahre 1844 seiner Bestimmung<br />

zugeführt. Unter der Or. Nr. 44 der <strong>Neustift</strong>gasse dient es heute noch seinem Zwecke,<br />

nachdem es 1897 in eine vierklassige und 1898 in eine fünfklassige Volksschule<br />

umgewandelt wurde. Zu allen Schulbauten hatte der jeweilige Fürst Liechtenstein die<br />

Baumaterialien und einen namhaften Baukostenbeitrag geleistet und seine<br />

Patronatspflichten jederzeit in großzügiger Weise ausgeübt.<br />

Neben ihrer Lehrtätigkeit halfen die Lehrer bei der Führung der Gemeindegeschäfte;<br />

ihnen oblag die Betreuung der Gebetglocke, sie waren die Vorbeter bei dem<br />

allwöchentlich am Freitag um 3 Uhr beim hl. Kreuze stattgefundenen Rosenkranzbeten<br />

und bei der alljährlich im August unternommenen Wallfahrt. Erst mit Einbezug der<br />

<strong>Neustift</strong> in den <strong>Brünner</strong> Stadtverband wurde die Lehrtätigkeit zum einzigen Arbeitsfelde.<br />

Der in der ersten Hälfte des XIX. Jahrh. wirkende Lehrer Bannert begann mit der<br />

Niederschrift einer Schulchronik, welche später von dem jeweiligen Schulleiter<br />

weitergeführt wurde; über deren Verbleib bzw. Schicksal ist derzeit nichts bekannt.<br />

Für die Ausübung seines Berufes erhielt der Lehrer von der Herrschaft jährlich 3<br />

Raumklafter Buchenscheite und Deputate an Korn- und Hülsenfrüchten, von der<br />

Gemeinde freie Wohnung im Schulgebäude, Gemüse- und Weindeputate sowie ein

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