Die Brünner Vorstadt Neustift
Die Brünner Vorstadt Neustift
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Bürgermeisters und 5 bis 7 Beisitzern, und war dieselbe — wie aus den „Articeln der<br />
hochfürstlichen Gassen <strong>Neustift</strong>" um 1700 hervorgeht — auf interne Gemeinde-, Polizei-<br />
und Besitzwechsel —, sowie Waisen- und Armenpflege- Angelegenheiten beschränkt,<br />
während kriminelle Verbrechen der Gerichtsbarkeit des Grundherren vorbehalten<br />
blieben.<br />
Welche Schicksale die <strong>Neustift</strong> in den Hussiten-, Religions- und Türkenkriegen zu tragen<br />
hatte ist ungewiß, doch ist anzunehmen, daß es wohl in der Hauptsache Besitzschäden<br />
und Verwüstung der Gemeinde gewesen sind, während den Bewohnern die nahe Stadt<br />
Brünn für Leib und Leben Zuflucht bot. Aber immer wieder ließ die Heimattreue der<br />
<strong>Neustift</strong>er ihre Wohnstätten neu erstehen, und bieten die Bilder Brünns mit den<br />
Vorstädten von Hufnagl und Merlan auch von unserer Siedlung eine schmucke<br />
Wiedergabe.<br />
In der Zeit der Belagerungen Brünns durch die Schweden 1643 und 1645 wurde <strong>Neustift</strong><br />
sehr schwer heimgesucht, geplündert und eingeäschert. Es ist vielleicht nur einzig das<br />
Haus <strong>Neustift</strong>gasse Nr. 24 (Hoffmanns Erben), welches die Flammen verschonten, da<br />
seine Bauart — der der Straße zugekehrte Giebel — mit der im Merianschen Stiche<br />
aufgezeigten übereinstimmt, wie es auch im Innern eine schöne Renaissance-Holzstiege<br />
aufweist und auch durch ein Stockwerk von den, nach dem 30jährigen Kriege erbauten,<br />
nur ebenerdigen Gärtnerhäusern unterscheidet. —<br />
Ebenso erging es den Bewohnern: Von den im Jahre 1576 bestandenen Familien waren<br />
1660 nur mehr die Namen Christ, Hoffmann und Kniepandtl vertreten, während sonst<br />
durchweg neue Geschlechter aufscheinen, wie Wanderstorffer, Wüdtrich, Sovva, Reißner,<br />
Reisinger, Prötner u. a. m.<br />
Im Jahre 1650 ordnete der Verteidiger Brünns gegen die Schweden, General Raduit de<br />
Souches an, daß bis auf 300 Klafter von der Stadtmauer keine Wohnhäuser errichtet<br />
werden dürften und begrenzte diese Linie in <strong>Neustift</strong> mit den jetzigen<br />
Orientierungsnummern 12 und 15. Demzufolge erbaute der <strong>Brünner</strong> Bürger und Lederer<br />
Kniepandtl 1652 ein Wohngebäude und Stadel in der Verlängerung der Grillowitz, in<br />
welchem — nach mehrfachem Besitzwechsel (unter anderen der <strong>Brünner</strong> Goldschmied<br />
Andreas Hartwig und dessen Schwiegersohn Franz v. Schlegem usf.) — zu Anfang des<br />
XIX. Jahrhunderts ein Gasthaus „zum Hirschen" errichtet wurde, welches diesem<br />
Gebäude den Namen „Hirschenstadel" eintrug, mit welchem er noch heute im<br />
Volksmunde bezeichnet wird (heute Grillowitzgasse Nr. 82), obgleich das Gasthaus<br />
schon weit über ein Jahrhundert nicht mehr besteht. — Ate die <strong>Neustift</strong>er in der Folgezeit<br />
bei Raduit de Souches um Rücknahme des 1650 erlassenen Bauverbotes bittlich wurden,<br />
erteilte er ihnen einen abschlägigen Bescheid mit dem Bemerken, ihre Wohnstätten dort<br />
zu errichten „wo der Cordnaner (= der Lederer Kniepandtl) baut". Inwieweit die<br />
Bautätigkeit dort aufgenommen wurde, ist bis heute unbekannt; möglich ist, daß Ungarn<br />
und Kumanen 1667 und Türken 1683 die <strong>Neustift</strong> neuerlich mit Brand und Verwüstung<br />
heimsuchten, und so überkam uns nur die Kunde, daß die Häuser in dem zu <strong>Neustift</strong><br />
gehörigen Teile der Grillowitzgasse in der Zeit von 1700 bis 1724 errichtet wurden.<br />
Im Jahre 1660 wurde unter dem Richter Odum (=Adam) Christ und dem Bürgermeister<br />
Michel Wanderstorffer ein neues Grundbuch angelegt, welches bis zum Jahre 1724<br />
reicht, aber in der Zeit von 1680 bis 1710 größere Lücken aufweist und dies, im Hinblick<br />
auf die große Zahl der gleichzeitig in den Registern verzeichneten Waisen, auf schwere<br />
Not, Soldatentod und großes Sterben in <strong>Neustift</strong> schließen läßt. <strong>Die</strong> Familien<br />
Wanderstorffer, Honig, Reißner u. a. m. starben aus und es erscheinen neue Namen wie<br />
Schuster, Böhm, Kronas, Schober (oder Schubert) ü. w. m.<br />
Auch die Kriege der Kaiserin Maria Theresia mit Friedrich II. von Preußen brachten neues<br />
Leid. <strong>Die</strong> vergebliche Belagerung Brünns 1742 durch die Preußen ist auch an unserer<br />
Gemeinde gewiß nicht spurlos vorübergegangen und nach diesen Wirren tauchen neue<br />
Namen wie Polzer, Wauschek, Pacofsky auf.<br />
Im Jahre 1744 erfolgte die erste Häusernumerierung, welche aber bereits im Jahre 1771<br />
erneuert und abgeändert wurde.<br />
In diesem Jahre 1771 erfolgte auch die Robotaufhebung durch Kaiser Josef II. <strong>Die</strong>se<br />
hatte aber auf das Verhältnis der <strong>Neustift</strong>er zu ihrem Grundherrn, dem Fürsten von