Durchschossene Stra-______________________________________________________________________________________jedenfalls. Wenn sie nur nicht ßenschilderimmer diesen Zwang verspürten,jeden „gegnerischen Wagen“vor sich überholen zumüssen, dann würden die hohenUnfallzahlen stark fallen.Dass man tunlichst nicht trinktund fährt, bläuen den FahrernWarnschilder ein, die ihnen allerortsentgegen blinken.Das Tor zum Wilden OstenHinter dem 2500 Meter hochgelegenen Bogotá, das ein LondonerKlima hat, regnerisch undkühl mit Temperaturausschlägenbis zu null Grad, gehtʼs wiederrunter auf schweißtreibende 400Meter. Villavicencio ist dieHauptstadt der Llanos und derProvinz Meta. Hier beginnt derWilde Osten Kolumbiens. GrüneWeiden so weit das Auge reicht,auf denen Cebus grasen, dieindische Rinderrasse, die besonderswiderstandsfähig gegenüberTropenhitze ist. In höhergelegenen Regionen bewährtsich die schwarzbunteHolsteiner Kuh.42Wir fahren etwa 150 Kilometerweit nach Südosten auf erstaunlichgut ausgebauten Straßen,nur die letzten 20 Kilometer sindFeldwege. Die Straßenschildersind wie im Wilden Westen derUSA, Utah oder Montana,durchschossen. Richtige Männerlaufen hier nur mit Cowboyhutherum, der trotz der Hitze oftaus Leder ist. Ihr Sport sindKämpfe mit Stieren, die sichd u r c h H e r u m d r e h e n d e sSchwanzes aufs Kreuz zu legenversuchen.Am Ende der PisteAm Nationalpark „Serania de laMacarena“ ist Schluss für uns.Selbst mit unserem Vierradantriebwäre eine Weiterfahrt riskant,da jeder Regenguss diePiste in Minutenschnelle in seifigenMorast verwandeln würde,sagt der erfahrene Andrés, derseinen Papa auf vielen Fahrtenin alle Ecken des Landes begleitethat. Wir nehmen ein köstlichesErfrischungsbad im Fluss,das durch Heerscharen vonwinzigkleinen Moskitos geschmälertwird, die über unsherfallen. Für Ausflugsziele wiediesem gibt es zwar in den TouristenführernWegbeschreibungen,doch unsere sind vage, sodass nur fleißiges Nachfragenbei den wenigen Menschen hilft,denen wir begegnen, aber auchdie wissen oft nicht weiter. Trostfür alle, die die Landessprachenicht beherrschen, hier musssich jeder irgendwie durchschlagen.Wo das Erdöl aus demErdreich fließtUnser zweites Ausflugsziel inden Llanos sind die „Thermalenvon Paratebueno“. Hier wurde inden Wald ein ökologischerLehrpfad geschlagen, der dieGeologie auf großen Tafeln erklärt.Auf dem Weg zu den heißenQuellen mit ihren gesundheitsförderndenMineralen sindunter Plastikplanen zwei Sauneneingerichtet. Hier am „Endeder Welt“ ist richtig was los, etwa50 Besucher zähle ich. Aneiner Stelle fließt Erdöl direktaus dem Boden – ein Hinweisdarauf, wie reich dieser bishervergessene Teil der Republik ist,an Bodenschätzen wie auch anungenutzter Ackerfläche, eineKornkammer der Welt.„Ich will das Gift DeinerLiebe herausbluten“Selbst in kleinen Nestern wieAcacias herrscht Superlaune,als ob alle in der Lotterie gewonnenhätten. Auf der Plazades Ortes drängen sich um 22Uhr die Menschen wie mittagsam Münchner Stachus. EinCountry-Sänger stimmt das Hoheliedder Liebe an, das in diesemLand in allen nur denkbarenVarianten besungen wird,wie auf Radio Cristal, wo einInterpret „das Gift Deiner Liebeherausbluten“ will. Eine Mariachi-Banderklimmt die Bühne.______________________________________________________________________________________Kolumbien Aktuell - Ausgabe <strong>80</strong> - April 2009
Die Sex-Sklavinnen derComandantesUnser Quartier liegt am Randevon Villavicencio. Es ist einegeräumige Finca mit Pool, gebautvon einem <strong>Deutsch</strong>en, derin der Provinzhauptstadt dasRote Kreuz ins Leben gerufenhatte. Heute befindet sich„Shangri-la“ in den Händen einereinheimischen Familie. DonaBlanca ist eine ehemaligeLehrerin und verwaltet den Fa-Der Staatspräsident wirdwie ein Heiliger verehrtFür die Frau ist Präsident AlvaroUribe ein Nationalheld. Ermachte diesem Horror ein Endeund schlug die FARC in die entlegenstenZipfel des Landeszurück, die unzugänglichen Urwaldgebietean den Grenzenvon Ecuador und Venezuela.Zwei Drittel der Kolumbianer43______________________________________________________________________________________Während der gut gebaute Lead-Sänger mit lasziven Bewegungen,wie einst Elvis, die Herzender Frauen höher schlagenlässt, umschmeichelt eine cafébrauneSchönheit die Männer.Dann plötzlich verstummt dasLiebesgesäusel, ein Platzregenlegt nicht nur die Mikros lahm,sondern verwandelt die Straßenin reißende Bäche.milienbesitz für ihre acht Söhne.Vor ein paar Jahren, erzählt sie,war dieses Gebiet fest in Händender Guerilla. Wer nicht spurte,bekam ihre Macht zu spüren,verschwand auf Nimmerwiedersehen,wie einige ihrer Familienangehörigen,oder wurde versklavt,wie viele junge Mädchen,die sich die Kommandanten alsGespielinnen hielten.verehren mit fast heiliger Inbrunstden jungenhaft gebliebenenEnd-Fünfziger, der nie mehrals vier Stunden schläft, überallfast gleichzeitig in dem anderthalbmalso großen Land wie<strong>Deutsch</strong>land aufzutauchenscheint, die Bürger zu Fleiß undEhrlichkeit anspornt und demvon unsäglicher Gewalt zerrüttetenLand einen neuen Nationalstolzeinimpft.Dauerhafter Friede durchSchließen der Scherevon Arm und Reich!Pardon, diese Frage muss sein,auch wenn sie vielleicht unziemlichoder besserwisserisch erscheint.„Ist dieser Friede nichttrügerisch, so lange durch sozialeReformen und eine gerechter<strong>eV</strong>erteilung des Bodens und______________________________________________________________________________________Kolumbien Aktuell - Ausgabe <strong>80</strong> - April 2009