44______________________________________________________________________________________des Reichtums des Landes dieSchere zwischen Reich und Armnicht geschlossen wird?“ Blancaist um keine Antwort verlegen.„Die Regierung Uribe hat für dieArmen schon ganz viel getan,Wohnungen gebaut und Schulenbereitgestellt, unser größtesProblem in diesem Land ist aberdie Korruption, die viele der dafürbereitgestellten Gelder einfachversickern lässt.“ Sie selberleistet einen Beitrag zur Konsolidierung.Billduvio, der Haus-unserer Reise die von Blancaerwähnten Neubauten gesehen,die Uribes Reformwillen bezeugen.Am Abend geht der Präsidentin seiner halbstündigenNeujahrsansprache ausführlichauf das Thema ein. „Die Minderbemitteltendürfen nicht einOpfer der Fehler der Wall Streetwerden“, verlangt er in Anspielungauf die weltweite Finanzkrise,die auch Kolumbien beuteltund kündigt besonders günstigeKredite für die Hilfebedürftigen.Hugo Chavez, versuchen ihnimmer wieder in die Enge zutreiben, diplomatisch und durchverdeckte Unterstützung derFARC. Menschenrechtsorganisationenwerfen dem Präsidentenvor, dass er gegenüber denPara-Militärs blind sei, das sindbewaffnete Milizen aus denKreisen der Landbesitzer, die inSelbsthilfe gegen die Guerillavorgehen, dabei ganze Dörferauslöschen und Gewerkschaftschaftsführerniedermetzeln. Inmeister der Finca, hat bis vorkurzem Eis an den Kreuzungender Stadt verkauft. Dieser Jobist für ihn und seine Familie einesteile Karriere.Bedürftige müssen vorden Wall-Street-Haienbeschützt werdenÜberall im Land haben wir aufAber ob das die Kritiker überzeugt?Comeback der Guerillaunter Obama?Der Mann hat sich im Land mitseinem unerbittlichen Kurs vieleGegner gemacht, seine linkenAmtskollegen in Lateinamerika,allen voran der VenezolanerEuropa gilt Uribe als rechtskonservativund seine freundschaftlicheBeziehung zum US-PräsidentenGeorge W. Bush machtihn vielen nicht sympathischer.Dessen Nachfolger, Barack O-bama, dürfte die Militärhilfedrosseln, wird das die Guerillaerneut erstarken lassen?______________________________________________________________________________________Kolumbien Aktuell - Ausgabe <strong>80</strong> - April 2009
______________________________________________________________________________________Das spanische Kolonialerbebebt nachDie Zukunft Kolumbiens bleibtspannend, insbesondere auchangesichts seiner wechselhaftenGeschichte, die seit überhundert Jahren immer wiedervon Gewalt und Bürgerkriegengeprägt ist. Noch immer ist dasspanische Kolonialerbe spürbar,das das Land lange Zeit in einerArt spätmittelalterlichen Gesellschaftkonservierte, die auf zweiSäulen ruhte: katholische Kircheund Landadel. In einem ständischgeprägten Land müssensozialer Ausgleich und Chancengleichheitungleich vielschwerer fallen als dort, woeinst aufklärerischer Geist diealte patriarchalische Ordnunghinwegfegte.Garcia Marquezʻ magischerRealismus ist ü-berall spürbarVon haarsträubender Gewaltund „Violencia“ Kolumbiens hat45der Nobelpreisträger GabrielGarcia Marquez in fast jedemseiner Werke ausführlich Zeugnisabgelegt. Wer seine Romaneliest und diesen im Alltagnachspürt, beschleicht das Gefühl,dass über diesem Landetwas Surrealistisches hänge,dass sich hier physische undmetaphysische Ebenen laufendvermischen und die Gesetzeunserer linearen Logik immerwieder ins Leere greifen, alles inKreisen sich zu bewegenscheint. Garcia Marquezʻ „magischerRealismus“, eine genialeErfindung des Künstlers, umihm seine exzellente literarischeDuftnote zu geben – oder einAbbild des Landes?Lösungen scheinenplötzlich vom Himmel zufallenVor 32 Jahren setzte ich erstmalsmeinen Fuß in diesesLand, bin seither immer wiederhierher gekommen und kennemittlerweile fast jede Region,sogar das Gefängnis. 1982wurde ich in Istminas im Chocóan der abgelegenen pazifischenKüste von einem besoffenenPolizisten aus heiterem Himmelwegen des Verdachts auf umstürzlerischeUntergrundtätigkeit,sprich Terrorismus verhaftetund geriet in die Verhör-Mühle,alles völlig absurd, aber todernst:I was not amused ... Hierkann alles passieren, dochselbst in der ausweglosestenLage bahnt sich plötzlich eineLösung an, als ob Garcia Marquezʻlegendärer Großvater,Held vieler seiner Werke, einenZauberspruch gemurmelt hätte.Gäste fühlensich manchmalwie ein emotionalerHolzklotzSchwindelerregendeBerg- und Talfahrt,das ist hierLebensmotto, dasGewürz des Lebens,das überall indiesem Land spürbarist und seineMenschen so unverwechselbarundeinzigartig macht.Ihre Freundlichkeit,Hingabe und Liebe,sie können auf denBesucher durchausbeschämend wirkenund ihm dasGefühl geben, selbernur ein emotionalerHolzklotz zusein, der sich mit zuviel Großhirn durchs Lebenschleppt, dann wiederum walltZorn auf ob der unzähligen Unzuverlässigkeiten,die das Lebenhier begleiten – und überdie sich aufzuregen irgendwannsich nicht mehr lohnt, oder hatdann bereits der apathischeTropenkoller Besitz von einemergriffen?"Eine griechische Tragödie"und ihre Wurzeln______________________________________________________________________________________Kolumbien Aktuell - Ausgabe <strong>80</strong> - April 2009