Dokumentation - Berlin 21
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F3<br />
Fachvorträge<br />
Bitte die Grünflächen betreten! :<br />
Freiraumplanung für Urbane Landwirtschaft<br />
Prof. Dr. Katrin Bohn, TU <strong>Berlin</strong><br />
Wo findet urbane Landwirtschaft eigentlich statt? Wo sind die Flächen und Freiräume, die dazu innerhalb<br />
der Stadt notwendig sind und wie sind diese beschaffen? Wer beschafft sie? Und für wen?<br />
Anhand von praktischen Beispielen aus der Arbeit der Autorin, werden im Vortrag 4 städtische<br />
Maßstäbe besprochen; Stadt – Stadtraum – Gebäude – Innenraum. Urbane Landwirtschaft kann<br />
demnach an ganz verschiedenen Orten unserer alltäglichen Umwelt stattfinden, wenn bestimmte<br />
Nutzeransprüche erfüllt sind und bestimmte Planungsparameter bestehen.<br />
Um das resultierende bunte Nebeneinander von städtischer Feldwirtschaft, Gemeinschaftsgärten,<br />
Kleingärten, Vorgärten, Dachgärten, Bauerngärten, vertikalen Gärten, vertikalen Feldern u.v.a. urbanen<br />
Landwirtschaften überhaupt planerisch vorstellbar zu machen, wird im Vortrag unter dem Begriff<br />
Produktive Stadtlandschaft (Continuous Productive Urban Landscape (CPUL)) ein Konzept vorgestellt,<br />
das zur nachhaltigen Stadtentwicklung beitragen und landwirtschaftliche Freiflächen integrierbar<br />
machen könnte.<br />
Produktive Stadtlandschaften, die eine ökologische Landwirtschaft in der Stadt einschließen, helfen,<br />
Ressourcen effizienter zu nutzen und Umweltauswirkungen zu minimieren. Gleichzeitig erhöhen sie,<br />
zumindest lokal, die Lebensqualität und den Wohlstand der Stadt. Wie und bis zu welchem Grad das<br />
funktionieren kann, wird derzeit international erforscht.<br />
Derzeit wird der Begriff „Produktive Stadtlandschaft“ genauso wie der Begriff „Urbane<br />
Landwirtschaft“ weiter definiert. In zahlreichen Fachveranstaltungen debattiert man darüber, ob<br />
es sich beim „Gärtnern“ in der Stadt um urbane Landwirtschaft (urban agriculture) oder städtische<br />
Nahrungsmittelerzeugung (urban food growing) oder gemeinschaftliches Gärtnern (community<br />
gardening), um Selbstversorgung oder Geschäftsmodelle, um Stadtplanungskonzepte oder soziale<br />
Bewegungen oder um alles gleichzeitig handelt.<br />
Für den offenen und öffentlichen Diskurs, mit dem diese Begriffsfindungen einhergehen, ist es ein<br />
gutes Zeichen, wenn Produktive Stadtlandschaft für die einen hochertragreiche Gemüsefelder und für<br />
die anderen soziale Vernetzung oder kulturelles Angebot bedeutet.<br />
Die neue Lust an der städtischen Produktivität und die damit verbundenen Aktivitäten lassen sich<br />
nicht mit einem Wort erklären. Die Gründe dafür sind vielfältig und unterscheiden sich von Land zu<br />
Land sowie von Stadt zu Stadt. Sie spiegeln sehr komplexe städtische Nahrungssysteme wider, die so,<br />
wie sie gegenwärtig funktionieren, künftig nicht funktionieren können.<br />
Die Frage ist nun, wie sich Landwirtschaft nachhaltig und gestalterisch ansprechend in die Stadt<br />
integrieren lässt. Oder besser: sich wieder integrieren lässt. Letzteres ist wichtig, denn Städte beherbergten<br />
bis weit ins 19. Jahrhundert hinein produktive Flächen, die erst mit der Industrialisierung<br />
der Nahrungsmittelproduktion verschwanden. Die ökonomische und landwirtschaftliche Logik lokaler<br />
Obst- und Gemüseproduktion hatte sich schon im frühen 19. Jahrhundert bestätigt.<br />
Wie kann man also heute weitgehend geschlossene, abfall- und transportreduzierte, energieeffiziente<br />
Systeme interpretieren und an sie anknüpfen? Wie kann nachhaltige, lokale und regionalisierte<br />
Nahrungsproduktion aussehen und welche Räume nähme sie ein? Die Gartenstadt ist für viele eine<br />
Referenz; aber wie sehen integrierte Nahrungssysteme für die Stadt von morgen aus?<br />
Mit diesen Fragen schliesst der Vortrag und lädt zum gemeinsamen Weiterdenken ein.<br />
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