Seite 26Wie o<strong>de</strong>r wodurch ein Ersthelfer jedoch beruhigend wirken könnte, wird nicht ausgeführt.Dies bestätigen sowohl die Opfer wie auch die meisten professionellen Helfer.„Das Rettungsdienstpersonal ist für die psychische Erstbetreuung <strong>von</strong> Patienten undUnfallopfern nicht spezifisch ausgebil<strong>de</strong>t. Die Rettungsassistenten sind hier auf Intuitionund eigene spezifische Erfahrungen angewiesen“ (Bengel und Kuntz 1995, S. 115).Somit ist festzustellen, dass die Ausbildung in diesen Bereichen bislang als völlig <strong>de</strong>fizitärzu bezeichnen ist. Je<strong>de</strong>r han<strong>de</strong>lt in <strong>de</strong>r Praxis nach eigenen Vorstellungen undErfahrungen, die er gemacht hat. Fehler, die dabei begangen wer<strong>de</strong>n, wer<strong>de</strong>n nurunzureichend erkannt und ausgebessert. Es gibt kein menschliches Verhalten, bei <strong>de</strong>mnicht Körper und Psyche in Interaktion stehen. Je<strong>de</strong> körperliche Verän<strong>de</strong>rung geht mitpsychischen Verän<strong>de</strong>rungen einher: Eine Virusinfektion mit Fieber beeinflusst dieStimmungslage eines Menschen erheblich. Umgekehrt hat je<strong>de</strong> Emotion Auswirkungenauf Drüsen, Herztätigkeit, Atmung, Kreislauf, Magen- und Darmtätigkeit, Muskeltonus,Immunsystem etc. Dass die Psyche Einfluss auf die Entstehung, <strong>de</strong>n Verlauf und somitauch auf die Genesung <strong>von</strong> Erkrankungen und Verletzungen haben muss, scheintunbestritten.In letzter Zeit wird diese Problematik auch in <strong>de</strong>r Medizin immer stärker thematisiert. Auchdie großen Rettungsdienstorganisationen betonen die Be<strong>de</strong>utung psychischer Aspektemehr und mehr:„Wenn ich vornehmlich über die psychosoziale <strong>Betreuung</strong> und Führung <strong>de</strong>s eigenenRettungsdienst gesprochen habe, so ist die <strong>Betreuung</strong> <strong>de</strong>r Notfallopfer eben nicht nurmedizinisch o<strong>de</strong>r rettungsdienstlich erfor<strong>de</strong>rlich, son<strong>de</strong>rn gleichwohl muss diesemedizinische Versorgung mit einer psychologisch angepassten <strong>Betreuung</strong> <strong>de</strong>rNotfallopfer einhergehen. Durch menschlich warme Zuwendung wird <strong>de</strong>r Notfallpatientseelisch stabilisiert. Doch nicht nur die Verletzten sind Opfer, son<strong>de</strong>rn auch an<strong>de</strong>reUnfallbeteiligte, <strong>de</strong>sorientierte und verzweifelte Hinterbliebene, insbeson<strong>de</strong>re Kin<strong>de</strong>r.Auch dieser Personenkreis bedarf <strong>de</strong>r Zuwendung“ (Lin<strong>de</strong> 1994, S. 7)Die Aspekte <strong>de</strong>r medizinischen und psychischen Ersten Hilfe schließen sich keinesfallsgegenseitig aus, son<strong>de</strong>rn sind bei<strong>de</strong> be<strong>de</strong>utsam und können sich gut ergänzen.Lei<strong>de</strong>r wird <strong>de</strong>r Tatsache, dass gute psychologische <strong>Betreuung</strong> in einer Notfallsituationdie bedrohliche körperliche Situation entspannen und stabilisieren könnte, zu wenigBe<strong>de</strong>utung beigemessen. Dies scheint in <strong>de</strong>r Unsicherheit <strong>de</strong>s Hilfspersonals begrün<strong>de</strong>tzu sein. Die Gefahr verletzlich zu wer<strong>de</strong>n und selbst seelischen Scha<strong>de</strong>n zu erlei<strong>de</strong>n, hältviele Helfer da<strong>von</strong> ab, sich zu sehr auf die Situation und somit auf <strong>de</strong>n Patienteneinzulassen. Verständlicherweise, da lei<strong>de</strong>r für das Hilfspersonal keine o<strong>de</strong>r nurmangelhafte psychische Hilfe zur Verfügung steht.
Seite 27In <strong>de</strong>n letzten Jahren allerdings ist ein Trend zu sehen, <strong>de</strong>r Hoffnung aufkeimen lässt.Man scheint erkannt zu haben, dass es effektiv ist sich auch um die Psyche <strong>de</strong>sPatienten zu kümmern. Somit wur<strong>de</strong> zwangsläufig auch <strong>de</strong>r Psyche <strong>de</strong>s Helfers mehrGewicht beigemessen. Begriffe wie „Posttraumatisches Belastungssyndrom (PTBS)“,„Burnout Syndrom“ usw. wer<strong>de</strong>n mittlerweile heiß diskutiert und wissenschaftlicherforscht.4.3 Regeln zur Psychischen Ersten Hilfe (PEH)In <strong>de</strong>m hier vorliegen<strong>de</strong>n PEH Konzept, ist eine Trennung <strong>de</strong>r Regeln für <strong>de</strong>n Laienhelferund für <strong>de</strong>n professionell Helfen<strong>de</strong>n vorgenommen wor<strong>de</strong>n. Die Tatsache, dass dieRegeln an <strong>de</strong>n Ausbildungsstand <strong>de</strong>s Anwen<strong>de</strong>rs angepasst wer<strong>de</strong>n musste, führte dazu,dass die Regeln für <strong>de</strong>n Laienhelfer (Basisregeln) kurz und prägnant zusammengefasstwur<strong>de</strong>n, um diesen nicht zu überfor<strong>de</strong>rn. Die sogenannten „S-Regeln“ (beginnen mit„S“) wur<strong>de</strong>n zur besseren Einprägung in einfacher, appellhafter Sprache formuliert. Dievorliegen<strong>de</strong> sprachliche Form entstand nach einer Reanalyse <strong>de</strong>r Interviewdaten durchBourauel im Rahmen eines Projekts <strong>de</strong>s Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR;Bourauel 1993).4.3.1 Basisregeln für LaienhelferSage, dass du da bist und dass etwas geschieht!Der Verletzte soll spüren, dass er in seiner Situation nicht allein ist. Gehen Sie zu <strong>de</strong>mNotfallopfer und stehen Sie nicht herum. Schon <strong>de</strong>r Satz: „Ich bleibe bei Ihnen, bis <strong>de</strong>rKrankenwagen kommt", wirkt entlastend und beruhigend. Der Verletzte sollte auch übervorgenommene Maßnahmen informiert wer<strong>de</strong>n, z. B. „Der Krankenwagen ist auf <strong>de</strong>mWeg".Schirme <strong>de</strong>n Verletzten vor Zuschauern ab !Neugierige Blicke sind für einen Verletzten unangenehm. Weisen Sie Schaulustigefreundlich, aber bestimmt zurück, z. B. in<strong>de</strong>m Sie sagen: „Bitte treten Sie zurück!". WennZuschauer stören, weil sie unnötige Ratschläge geben o<strong>de</strong>r <strong>von</strong> eigenen Erlebnissenberichten, geben Sie ihnen eine Aufgabe ! Sagen Sie z. B. „Schauen Sie, ob dieUnfallstelle abgesichert ist“. Zu Störern kann auch gesagt wer<strong>de</strong>n: „Halten Sie bitte dieZuschauer auf Distanz und sorgen Sie für Ruhe".