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Download - juridikum, zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft

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echt & <strong>gesellschaft</strong>zialstaates betreffen diese Problematik.Die Ungleichheit zwischen Menschen,in diesem Fall namentlich eineauf Ungleichheit gegründete geschlechtsspezifischeArbeitsteilungwurde und wird eingesetzt, um die damitverbundenen Probleme - wennnicht zu lösen, so doch wenigstens zumildern.3. Rasse, Klasse und GeschlechtWährend ich die Debatte um Gleichheitund Differenz im oben skizziertenSinne, d. h. auf der Ebene der Subjekteund ihrer Existenzweisen fLir erschöpftund unfruchtbar erachte, scheint mirdie Thematik unter dem Gesichtspunktvon Ungleichheit von geradezu brennendemInteresse zu sein. Unter demVorzeichen der derzeit in vollem Gangbefindlichen dritten industriellen Revolutionund unter der Vorherrschaftneo-liberaler und neo-konservativerPolitiken entstehen quantitativ, d. h. inUmfang und Ausmaß, ganz neue Dimensionenvon Ungleichheit, diegleichwohl in qualitativer Hinsicht analten Strukturen ansetzen. Die Problematikwird durch Prozesse der Globalisierungverschärft, aber zugleich auchverschoben und verändert. Angesichtsder dramatisch wachsenden Ungleichheitsproblematikgeraten die jahrzehntelangennationalstaatlichen Gleichheitspolitiken,Gleichstellungsreformenund -reförmchen hoffnungslos insHintertreffen.An dieser Stelle nehme ich einenwichtigen Beitrag der feministischenDiskussionen der letzten jahre auf.Wie bereits erwähnt, bildet die unterschiedlicheSituierung von Frauen inden Kontexten von Klasse und Ethnizitätden Ausgangspunkt der neulich mitvollem Recht ins Blickfeld getretenenKritik an einem universalen Begriff"Frau". Allerdings verkommt die wiederholtegemeinsame Benennung vonRasse, Klasse und Geschlecht allzuleicht zur gebetsmühlenartig beschworenenFloskel, zu welcher - in dem Bestreben,keiner differenten Identitätdurch Nicht-Beachtung Un<strong>recht</strong> zu tun- nicht selten noch weitere Arten vonDifferenzen addiert werden, umschließlich im vagen Und-so-weiter derAufzählung mehr odenveniger wichtigerund beliebig vermehrbarer Differenzlinienzu enden. Damit der richtigenIntuition der als postkolonial oderpoststrukturalistisch apostrophiertenKritik am so genannten "feministi-schen mainstream" tatsächlich Rechnunggetragen werden kann, empfiehltsich ihre Einbindung in den hier gefordertensocial turn.Es ist offensichtlich, dass die dreioben skizzierten Strategien der Externalisierung,d. h. zur Erzeugung einesUngleichheit begründenden Fremdheitseffektszum Zweck einer in ihremPreis ermäßigten Aneignung von Arbeit(vulgo: Ausbeutung) die drei KategorienRasse, Klasse und Geschlechtbetreffen. Zusammengenommen bildensie nicht bloß Linien von Differenzenzwischen Individuen und Gruppenverschiedener Art, sondern das Grundmustervon <strong>gesellschaft</strong>lich-politischrelevanter Ungleichheit. Nur vom Konvergenzpunktder Arbeit und ihrer Ausbeutungher lassen sich die an Rasse,Klasse und Geschlecht anknüpfendenHerrschaftsverhältnisse in ihren Konvergenzenund Divergenzen hinreichendbestimmen. Am BezugspunktArbeit scheidet sich das Thema Ungleichheitvom Thema Differenz.Während die Kategorie "Klasse" inerster Linie zur Externalisierung(De-Klassierung) heimischer Arbeitskraftaufgrund bestimmter Merkmale(meist unter dem Aspekt eines Mangels:Mangel an (Aus)bildung, an unternehmerischerEigeninitiative, an Arbeitsdisziplinusw., aber auch aufgrundbestimmter askriptiver Merkmale wieGeschlecht, jugend oder Alter) dient,lassen sich im Begriff "Rasse" die B'eziehungenzu einem im äußerlichenSinne Fremden zusammenfassen. Dabeigeht es um die Beziehung zu Individuenund Gruppen außerhalb der eigenenGesellschaft nicht schlechthin,sondern auch diese Beziehung stehtunter dem Vorzeichen der Ausbeutungvon Ressourcen und Arbeit entwederauf fremdem Gebiet (Kolonialisierung/Postkolonialisiel'llng)oder der Arbeitder "Fremdarbeiter" auf eigenemGebiet. Seit ihren Anfangen spielt dieAneignung und Ausbeutung der Arbeitvon "Fremden" in der abendländischenGeschichte unter dem Titel der "Sklaverei"eine bedeutende Rolle. Das KlassenverhältnisHerr/Knecht wandelt sichunter dem Aspekt "Rasse" zur RelationHerr/Sklave ab; in seine Definition istdie Fremdheit, d. h. die Nicht-Zugehörigkeitzur - wie auch immer bestimmten- eigenen Gemeinschaft eingeschrieben,zumal dann, wenn der Kriegals Ursache von Sklaverei bezeichnetwird: "... we call Slaves, who beingCaptives taken in a just War, are by theRight of Nature subjected to the AbsoluteDominion and Arbitrary Power oftheir Masters", heißt es in einer Inkunabeldes modernen politischen Denkens,in john Lockes "Zweiter Abhandlungüber die Regierung" (§ 85). Derantiken Rechtfertigung der Sklavereiist das überraschend ähnlich.Es liegt ebenfalls auf der Hand, dassdie Kategorie "Geschlecht" einen wesentlichen"Querschnittsaspekt" zuden Kategorien Klasse und Rasse darstellt,in dem Sinne, dass die RelationHerr zu Knecht und/oder Sklave implizit(in allen gängigen politischen Theorienallzu implizit) auch die von Herr zuMagd und/oder Sklavin mitbetrifft, wobeisich ohne weiteres die Behauptungwagen lässt, dass das Machtgefalle hiernoch größer ausfällt: die Variante Geschlechtverändert die Relation nichtunerheblich (nicht selten um den FaktorSexualität) und in aller Regel verschärftsie die Ungleichheit von Klasseund/oder Rasse. Ebenso implizit bleibtandererseits, dass Frauen auf beidenSeiten der Ungleichheitsrelation vonHerr zu Knecht und/oder Sklave auftretenkönnen, sodass sich also Herrinund Magd/oder Sklavin bzw. auch Herrinund Knecht und/oder Sklave gegenüberstehenkönnen. Das mildert dieProblematik des QuerschnittsaspektsGeschlecht aber keineswegs, sondernmacht sie nur noch komplexer undkomplizierter. Darüber hinaus kann eskeinem Zweifel unterliegen, dass diedritte oben angefLihrte Form von Externalisierung,nämlich die Ausgrenzungdes gesamten und in sich übrigenshöchst heterogenen Bereichs dessen,was eher homogenisierend unter demTitel der "reproduktiven Arbeit" subsumiertwird, zentral an der KategorieGeschlecht ansetzt, zu der sich Klasseund Rasse nun ihrerseits als Querschnittsaspekteverhalten.4. Subjektlose HerrschaftEs ist unumgänglich, alle drei Kategorienjeweils in ihrer Eigenart und Eigenständigkeitzu verstehen und sie darüberhinaus zugleich in ihrem Zusammenhangzu sehen. Ein Streit um VoroderNachrang zwischen ihnen, im Sinneder alten Diskussion um Haupt- undNebenwiderspruch ist nicht nur sinnlos,sondern ein Irrweg mit fatalenKonsequenzen für alle Seiten. In diesemKontext bedarf es einer eigenständigenund ausgebauten feministischenSeite 110ver1a~sterreich <strong>juridikum</strong> 3/01

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