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Download - juridikum, zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft

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grund<strong>recht</strong>lichen Gewährleistungen,insbesondere auch des Gleichheitssatzes,zu überprüfen.Gemäß diesem Verständnis darf derStaat die Besonderheiten der Religionsbezügeweder ignorieren nochsich damit identifizieren. Die Verpflichtungdes Staates zu religiös-weltanschaulicherNeutralität darf also nichtim Sinne eines Indifferentismus missverstandenwerden. Obwohl eine institutionelleLösung von Staat und Kirchestattgefunden hat, wurde religiöseNeutralität nicht durch Privatisierungreligiöser Aktivität verwirklicht, sondernin hereinnehmender Weise durchdie Zuerkennung einer der religiös-weltanschaulichenSphäre adäquatenRechtsposition für die Religionsgemeinschaften.In ihrer distanzierendenForm als Ausgrenzung von Religionverwirklicht sich die konfessionelleNeutralität in jenen Bereichen, in denender Staat in ursprünglicher, nichtauswechselbarer Hoheitsfunktion tätigwird und der Bürger ohne Ansehungder Religion oder Weltanschauung erfasstwird.". . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11 Vgl Kalb/Potz/Schinkele, DasKreuz in Klassenzimmer und Gerichtssaal,Freistadt '996,50 ff.12 Vgl Patz, Religionsfreiheit an derWende zum Dritten Jahrtausend, in:Pax et Justitia, FS-Kostelecky, hrsg3.2. Umfassendes Menschen<strong>recht</strong> aufReligionsfreiheitIm mitteleuropäischen Staatskirchen<strong>recht</strong>dominierten bis ins 20. Jh dieden Kirchen korporativ gewährtenGrund<strong>recht</strong>e, die allerdings - wie bereitserwähnt - mit staatlichen Aufsichts<strong>recht</strong>enim Rahmen des Systemsder Staatskirchenhoheit verbundenwaren. Nach dem 2. Weltkrieg trat mitder Entwicklung der Menschen<strong>recht</strong>sideedie Religionsfreiheit als individuellesGrund<strong>recht</strong> in den Mittelpunkt.Das Verhältnis von Staat und Kirchewird damit nicht mehr von staatlicherToleranz, politischem Ausgleich zwischeninstitutionellen Größen oderüberkommener Privilegierung, sonderndurch die Garantie eines zentralenumfassenden Menschen<strong>recht</strong>s geprägt.12 Es gilt nun, eine Zusammenschauder gewachsenen institutionellenGarantien für Religionsgemeinschaftenmit den Menschen<strong>recht</strong>sgarantienvorzunehmen und die öffentlich-<strong>recht</strong>licheStellung von Religionsgemeinschaftendaher auf ihre Kongruenzmit der unterschiedslosen Gewährleistungvon Religionsfreiheit alsIndividual<strong>recht</strong> zu überprüfen. Dassdiese Vereinbarkeit prinzipiell alsmöglich angesehen werden kann, wirdauch unter Einbeziehung einer europäischenPerspektive bestätigt. Sämtlichein Europa verwirklichten religions<strong>recht</strong>lichenSysteme - von den staatskirehlichenSystemen bis hin zu einerstrikten Trennung im Sinn einer Laizität- werden mit dem in Art 9 EMRKverbürgten umfassenden Grund<strong>recht</strong>auf Religionsfreiheit als grundsätzlichvereinbar angesehen. Angesichts deszentralen Stellenwerts der Religionsfreiheitverliert das jeweilige religions<strong>recht</strong>licheSystem an Bedeutung.Gleichzeitig ist in zunehmendem Maßeine Konvergenz zwischen den verschiedenenSystemen festzustellen miteiner Tendenz zur Entstaatlichung vonStaatskirchen einerseits und einer Entwicklungin Richtung Kooperation inden Staaten mit strikter Trennung andererseits.3.3. Wesensgehalt deröffentlich-<strong>recht</strong>lichen StellungWährend die öffentlich-<strong>recht</strong>liche SteIlungder KuR im Jahre 1867 als Mittelangesehen wurde, staatlichen Einflussauszuüben, liegt ihre Bedeutung heutevor allem in der darin zum Ausdruckkommenden staatlichen Anerkennungihres öffentlichen Wirkens sowie inder KlarsteIlung, den religiös-weltanschaulichenBereich nicht in das Privateabdrängen zu wollen, und nicht primärin der positiv-<strong>recht</strong>lichen Zuerkennungbestimmter Befugnisse. Mitder öffentlich-<strong>recht</strong>lichen Stellung istnach dem kirchlichen Selbstverständnisauch ein Auftrag zu öffentlichem<strong>gesellschaft</strong>lichem Wirken verbunden,wobei heute auch eine breite politischeAkzeptanz besteht, dass KuR einewichtige <strong>gesellschaft</strong>liche Funktionausüben,uEs werden allerdings nach wie vorin vielen Rechtsbereichen - entsprechenddem lange Zeit herrschenden AIles-oder-Nichts-Prinzipim österreichischenStaatskirchen<strong>recht</strong>'4 - an das An-<strong>recht</strong>lich-demokratische Ordnungzugebilligt.14 Näheres siehe Kalb/Potz/Schinkele, (FN 7) '9 ff.15 Vgl aus jüngster Zeit Robbers,Sinn und Zweck des Körperschafts-erkanntsein Rechtsfolgen geknüpft,die sich teilweise als Ausfluss dergrund<strong>recht</strong>lichen Gewährleistungendarstellen. Darin liegt ein grundsätzlichesProblem des österreichischen Religions<strong>recht</strong>s,das durch das BekGGnicht ausgeräumt wurde. Dieses stelltlediglich eine systemimmanente Korrekturdar, welche die notwendigeNeukonzeption nur in Ansätzen enthältund dadurch viele Probleme weiterbestehen lässt bzw neue schafft.Mit Blick auf den Wesensgehalt deröffentlich-<strong>recht</strong>lichen Stellung ist dasbesondere Augenmerk auf die in § 11Abs 1 Z 4 BekGG als zusätzliche Anerkennungsvoraussetzunggenannte "positiveGrundeinsteIlung gegenüber Gesellschaftund Staat" zu legen. Mit demin den Erläuterungen erfolgenden Hinweisauf die prinzipielle Konformitätmit dem <strong>gesellschaft</strong>lichen Grundkonsensund den Menschen<strong>recht</strong>en werdenzwei große Themen der gegenwärtigenStaats- und Rechtsphilosophieangerissen. Da das kirchliche Selbstbestimmungs<strong>recht</strong>oftmals eine Herausforderungrur den <strong>gesellschaft</strong>lichenGrundkonsens darstellt und in seinerspezifischen Eigenart als Lebensformgarantieauch in Widerspruch zu anderenGrund<strong>recht</strong>en geraten kann, handeltes sich hier um einen sehr komplexenProblembereich.Mit der in Z 4 enthaltenen Wortfolgesind im Wesentlichen jene Kriterienangesprochen, die unter den Begriffen"Rechtstreue" und "Staatsloyalität" als"ungeschriebene" Anerkennungsvoraussetzungenin Deutschland in Bezugauf die Bestimmung in Art 140 GG iVmArt 137 Abs 5 WRV diskutiert werden.'5Diesen Kriterien wird daher imGegensatz zur schematisch überprüfbarenBestandsdauer und Mitgliederzahp6als Maßstab für die Verleihungdes Körperschaftsstatus in Hinkunftbesondere Bedeutung zukommen. Andem damit angesprochenen "qualitativenGesamtzustand" wird der spezifischeWesensgehalt der öffentlich-<strong>recht</strong>lichenStellung von KuR inerster Linie zu messen sein. Hier liegtder Anknüpfungspunkt für den Staat,sein Selbstverständnis einzubringenstatus im Staatskirchen<strong>recht</strong>, FSHeckel (70), hrsg von Kästner/Nörr/Schlaich, Tübingen '999, insbes4'9 ff.16 Vgl § " Abs, Z, und 2 BekGG.von Kaluza/Klecatsky/Köck/Paarhammer,Wien '99°, 255 ff.13 Anders als in der deutschenStaats<strong>recht</strong>slehre nach dem ZweitenWeltkrieg wurde ihnen jedochkein "Wächteramt" über die grund<strong>juridikum</strong>3/01verla~sterreichSeite 125

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