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Download - juridikum, zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft

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echt & <strong>gesellschaft</strong>behauptet, dass sich "diese Tendenzen... nicht nur gegen die Staaten und dieStaatengemeinschaft, sondern auchgegen andere Religionen"43 richten;wobei auch hier die Begründung dieselbeist: "Insbesondere ist im Hinblickauf die Auslegung der Geheimen Offenbarungvon johannes das Toleranzgebotin jeglicher Hinsicht gegenüber anderenReligions<strong>gesellschaft</strong>en und gegenüberdem Staat zu vermissen".44Vorwürfe bezüglich der Einstellung zupolitischen Wahlen und zur Frage desFahnengrußes und des Singens der Nationalhymne"runden das Bild ab".Bei einer Beurteilung der erstenbei den Vorwürfe, fallt sofort auf, dassihnen ein - iSd Ausführungen unter2.4. - verfassungswidriges Verständnisder Qualifizierung einer Religionsgemeinschaftzugrunde liegt. 45 Bei einerderartigen Bewertung der theologischenLehren einer Religionsgemeinschaftsind die Grenzen säkularer, religiös-neutralerStaatlichkeit überschritten.Denn nicht diese dürfen vom Staatbeurteilt werden, sondern einzig undallein "Handlungsanweisungen", weIcheaus deren religiösen Anschauungenerfließen bzw den Gläubigen vonihrer Glaubensgemeinschaft erteiltwerden. Liest man aber, im Falle derBekenntnisgemeinschaft der Zeugenjehovas, deren religiöses Schrifttumunter diesem Blickwinkel, entsteht -wie im Folgenden zu zeigen sein wird- im Hinblick auf ihre "Einstellung zuStaat und Gesellschaft" ein den obigenBehauptungen völlig konträres Bild..........................................43 Begründung Punkt 5, Seite 5.44 Begründung Punkt 5, Seite 4.45 Es soll daher im Folgenden auchgar nicht weiter der theologischeAspekt der obigen Vorwürfe besprochenwerden. Ganz generell jedochgilt, dass dem Staat die Beurteilungder Exegese von Passagen aus derHeiligen Schrift verboten ist; genausowenig darfer die Religionen in ihrerHeilslehre auf ein Verständnis der Bibelverpflichten, wie es "regelmäßig... in der Religionswissenschaft ...vertreten" wird (Begründung Punkt 5,Seite 3). Es sei daher nur in aller Kürzeein Zitat angeführt, um zumindest eineder in diesem Zusammenhangweit verbreiteten und hartnäckigenFehlinformationen über die Glaubenslehrender Zeugen Jehovas zuwiderlegen: "Unzutreffend wäre allerdingsdie Schlussfolgerung, allePersonen mit Regierungsgewalt seienHandlanger Satans" (Der Wachtturm,1.11.1997, 16).46 All den nachfolgenden Zitatenmuss natürlich der für die meistenchristlichen Religionsgemeinschaften(Ein markantes Beispiel hierfürist die christliche Natur<strong>recht</strong>slehre(Vgl Strömholm, Kurze Geschichteder abendländischen Rechtsphilosophie(1991) 70 ff). Als das Hauptwerkdes gegenwärtigen katholischen Natur<strong>recht</strong>sgilt noch immer das 1950erstmals erschienene Werk vonMessner, Das Natur<strong>recht</strong> 7 (1984)-so auch im Falle der Bekenntnisgemeinschaftder Zeugen Jehovasbindende"Grundsatz der relativenUnterordnung" vorausgeschickt werden,welcher in der Selbstdarstellungder Zeugen Jehovas in Deutschland,in Religionsgemeinschaft der ZeugenJehovas in Deutschland (Hg), Kurzdarstellungihrer inneren Ordnungund ihrer Wirkungsweise (1994) 49,wie folgt dargestellt wird: "JehovasZeugen gehen davon aus, dass Gott. .. die Autorität von ,obrigkeitlichenGewalten' zugelassen hat, die nachseinem Willen von seinen Anbetern3.1. jehovas Zeugen und der Staat4 6Repräsentativ für Handlungsanweisungenin der Literatur der Zeugen jehovasbetreffend deren Verhältnis zumStaat und ihrer Rechtstreue sind etwadie folgenden Zitate: "jehovas Zeugen[anerkennen] die Notwendigkeit, demGesetz zu gehorchen .... Sie [beteiligen]sich nicht an Protestaktionen, Demonstrationen,politischen Verschwörungenund an Aufständen ... ".47 "GottesGrundsatz für den Umgang mit denRegierungen oder Gewalten auf der Erdeist eindeutig definiert .... [Es] heißtin der Bibel: ,Wer sich daher der Gewaltwidersetzt, hat sich der AnordnungGottes entgegengestellt .. .' ...Stellt sich jemand denn nicht gegenGott, wenn er Bestrebungen indirektoder sogar direkt unterstützt, die diebestehende Regierungsgewalt unmittelbarin Frage stellen?"48 ,,[Man] kannjedes verfügbare <strong>recht</strong>liche und friedlicheMittel nutzen, um sein Recht zubefestigen und zu verteidigen und Befreiungvon Unterdrückung zu suchen.Wenn dies nichts fruchtet, wäre esfalsch, zu zivilem Ungehorsam Zufluchtzu nehmen."49 "Auch Zeugen jehovasleisten häufig einen solchen zivilenDienst, der dem Allgemeinwohl dient... es bringt manchmal diejenigen zumSchweigen, die jehovas Zeugen zu Un<strong>recht</strong>der Ablehnung des Staates beschuldigen."5o"Der gute Bürger erkenntan, dass das Recht einen wichtigenBeitrag zum Wohl des Volkes leistet.Nach besten Kräften unterstützt erPolizisten, Richter und andere gewis-senhafte Beamte bei ihren Bemühungen,für Recht und Ordnung zu sorgen."51,,[Zeugen jehovas] bemühensich, den Gesetzen der irdischen obrigkeitlichenGewalten mustergültig zugehorchen".52 "jehovas Zeugen sinddem Staat gegenüber nicht feindlichgesinnt. Viele von ihnen stehen/standenin seinen Diensten (als Richter,Staatsanwalt, Beamter, Angestellter, Arbeiter),ohne allerdings politische Ämterinnezuhaben. jehovas Zeugen werdenzur Zusammenarbeit mit demStaat und dazu angehalten, dem Gemeinwohlzu dienen."53 "jehovas Zeugengehen davon aus, dass Gott ... dieAutorität von ,obrigkeitlichen Gewalten'zugelassen hat, die nach seinemWillen von seinen Anbetern anzuerkennenund zu respektieren sind. Essind dies die in den Nationen der Erdevon Menschen eingesetzten Regierungenund die anderen' staatlichen Einrichtungen."543.2.jehovas Zeugen, Toleranz undGesellschaftBeispiele für Handlungsanweisungen 55in diesem Bereich: "Welch eine hervorragendeEigenschaft Toleranz doch ist!Bestimmt fühlen wir uns in der Gesellschaftvon Personen wohl, die unsereAnschauungen und Glaubensansichtenrespektieren, selbst wenn diese von ihreneigenen abweichen .... Wo der IntoleranzRaum gegeben wird, kannEngstirnigkeit in Vorurteile ausarten;Vorurteile zu haben bedeutet, eineAversion gegen eine bestimmte Grup-vas in Deutschland, in Religionsgemeinschaftder Zeugen Jehovas inDeutschland (Hg), Kurzdarstellungihrer inneren Ordnung und ihrer Wirkungsweise(1994) 44 ff, welcher vollund ganz auch auf die Situation inÖsterreich Anwendung findet.54 Jehovas Zeugen, Kurzdarstellung41 f. Natürlich wird auch hier im Weiterenauf den "Grundsatz der relativenUnterordnung" Bezug genommen:55 Auch hier gilt natürlich, dasstheologische Lehrsätze nicht beurteiltwerden dürfen; die "Wahrheit"gefunden zu haben, kann außerdemwohl als fundamentales Postulat desReligiösen an sich begriffen werden.Dies als "intolerant" zu kritisieren,würde die grund <strong>recht</strong>liche Garantierungder Religionsfreiheit ad absurdumführen.Seite 120anzuerkennen und zu respektierensind. Es sind dies die in den Nationender Erde von Menschen eingesetztenRegierungen und die anderen staatlichenEinrichtungen. Das ändert jedochnichts am Grundsatz der Bibel,dass Gott für Christen die höchsteAutorität ist." Man kann darin durchauseine dem Wesen des Religiöseninnewohnende natur<strong>recht</strong>liche Tendenzsehen (Vgl Koller, Theorie desRechts (1997) 31 f), welche (wie bereitsausführlich dargelegt wurde)durchaus im Rahmenbau der österreichischenRechtsordnung - auchund insbesondere im Rahmen derhier besprochenen Norm des § 11BekGG - ihren von der Verfassungabgesicherten Platz findet.47 Der Wachtturm, 15. 9.197°, 557 f.48 Erwachet, 8. 9. 1987, 22.49 Erwachet, 8. 9. 1987, 23.50 Der Wachtturm, 1. 5. 1996, 19 f.51 Erwachet, 8. 6. 1979, 10.52 Der Wachtturm, 1. 5.1992,10.53 Dies ist ein Auszug aus derSelbstdarstellung der Zeugen Jehoverla~sterreich<strong>juridikum</strong> 3/01

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