@<strong>recht</strong> & <strong>gesellschaft</strong>meinschaft nicht gegen ihr Selbstverständnisgezwungen wird, sich um diegesetzliche Anerkennung zu bemühenund so gewissermaßen in die öffentlich-<strong>recht</strong>licheStellung hineingedrängtwürde, weil außerhalb dieser RechtssteIlungVerkürzungen im Bereich dergrund<strong>recht</strong>lichen Garantien gegebensind. Mit anderen Worten: um einediesbezüglich freie Entscheidung zuermöglichen, müsste sichergestelltsein, dass die korporative Religionsfreiheitin allen ihren Ausprägungenauch den eingetragenen Bekenntnisgemeinschaftengewährleistet undnicht gesetzlich anerkannten KuR vorbehaltenwäre. Dies ist de lege latanicht der Fall,28 und eine durch dasBekGG initiierte Entwicklung in dieseRichtung hat durch die erwähnten Erkenntnissedes VfGH einen bedauerlichenRückschlag erlitten.5. AusblickFragen der sachge<strong>recht</strong>en Zuordnungreligiös-weltanschaulicher Lebensverbände. zum staatlichen Rechtsbereichstellen die zentrale HerausforderungfLir den religiös-weltanschaulich neutralenStaat dar. Angesichts der jüngstenEntwicklungen in Gesetzgebungund Rechtsprechung ist das österreichischeReligions<strong>recht</strong> im Allgemeinenund das Anerkennungs<strong>recht</strong> im Besonderendurch eine Dynamik gekennzeichnet,die eine Neuinterpretationder einschlägigen grund<strong>recht</strong>lichenGewährleistungen fLir Religionsgemeinschaftenwie auch eine Neubestimmungdes Wesensgehalts der öffentlich-<strong>recht</strong>lichenStellung notwendigmachen. Dabei ist zu beachten,dass der mit dieser Stellung charakteristischerweiseverbundene Zugangzur Öffentlichkeit keineswegs als Reliktalter staatskirchlicher Verknüpfungenabgetan werden darf. Er entsprichtdurchaus einer an grund<strong>recht</strong>lichenVerbürgungen orientierten partizipatorischenAusgestaltung desRechts, auch fLir Religionsgemeinschaften,in einer sich ausbreitendenZivil<strong>gesellschaft</strong>. 29 Dies umso mehr,wenn man mit Samuel Huntington das21. Jh als das Jahrhundert der Religionenprognostizieren will.Dr. Brigitte Schinkele arbeitet amInstitut für Recht und Religion derUniversität WienErscheint alle 2 MonateEinzelheft: öS 247,68/€ 18,Iahresabo 2002 (6 Hefte):öS 1.238,43/ € 90,-im gut sortierten BuchhandelRecht und Praxisder öffentlichenAuftragsvergabe2/2001 Kurzn.u:hrlchtcnAufsätzeChecklistRechtspnM:hung• die Informations- undDiskussionsplattform füröffentliche Auftragsvergabe• Beiträge, Checklisten,Entscheidungskommentarevon führenden Experten• Die Antwort auf viele nochunbeantwortete Fragen imVergabe<strong>recht</strong>• die optimale Unterstützungfür das korrekte Verfassenund Beurteilen von Ausschreibungenund Angeboten.........................................28 in diesem Sinn müsste, über dieNeuinterpretation des Art '5 StGGhinausgehend, die gesamte Rechtsordnungdahingehend untersuchtwerden, inwieweit Rechtsfolgen,welche an den Umstand des Anerkanntseinsanknüpfen - so etwa imAbgaben<strong>recht</strong>, Personenstands<strong>recht</strong>,Schulbereich (Erteilung von Religionsunterricht,Anspruch auf Subventionierungvon Privatschulen),Befreiungstatbestände im WehrundZivildienst<strong>recht</strong> ua -, weiterhinzu legitimieren sind oder unsachli-che Differenzierungen gegenüberanderen Religionsgemeinschaften,in erster Linie gegenüber den eingetragenenreligiösen Bekenntnisgemeinschaften,darstellen.29 in der Einleitung zur Neuauflagedes "Strukturwandels der Öffentlichkeit"(FN 6) 46, betont Habermasdie Bedeutung der Kirchen als wichtigefreiwillige Assoziationen, die -neben anderen - als nicht-staatlicheund nicht-ökonomische Zusammenschlüsseden Kern einer sich ausbreitendenZivil<strong>gesellschaft</strong> bilden.Sichern Sie sich IhrenInformationsvorsprungund bestellen Sie bis30. Oktober dasProbeabo 2001 (4 Hefte)zum Preis von öS 619,21/€ 45,per Fax: 01-61077-589 odervia e-mail:order@verlagoesterreich.at"erla~sterreichvormals Verlag derk. u. k. Hof- und StaatsdruckereySeite 128VerlaJ,sterreich <strong>juridikum</strong> 3/01
Vietnamese Law GoesWest - AustralianLawyers Go East (North)Beobachtungen angelegentlich einer Studienreisenach Vietnam1. Die Winter SchoolAm 4. Februar 2001 versammelte sicheine Gruppe von über zwanzig australischenjurastudenten im Gästehaus derPolytechnischen Universität Hanoi. Eswaren dies Teilnehmer der ersten "HanoiWinter School", die vom Centre forAsian and Pacific Law der UniversitätSydney (CAPLUS) in Zusammenarbeitmit dem vietnamesischen Zentrum fürRechtsdienste und Rechtsforschung(LERES) über die Dauer von drei Wochenveranstaltet wurde und eine ständigeEinrichtung werden soll. Vorausgegangenwaren lange jahre der Suchenach einem geeigneten institutionellenPartner in Vietnam für eine solche Unternehmungund die Planung eines intensivenAusbildungsprogramms zurEinführung in alle wesentlichen Gebietedes gegenwärtigen Rechts von Vietnam,das den Standards einer australischen"law school" entsprechen sollteund von daher Studenten als eine anerkannteKomponente zur Erfüllung derAnforderungen des juristischen Grundstudiums(LLB [Bachelor of Laws]) oderdes Postgraduiertenstudiums (LLM) angebotenwerden konnte. Damit folgtediese Konzeption der Form der von CAPLUS in Shanghai veranstalteten"Shanghai Winter School", die bereitsseit 1995 erfolgreich ist und mittlerweilejährlich über 50 Studenten ausaller Welt zum <strong>recht</strong>svergleichendenStudium in Shanghai zusammenbringt.Auch hier gilt, dass einheimischeRechtslehrer eine intensive ÜbersichtKlaus A, Ziegertder wesentlichen Bereiche "ihres"Rechts vermitteln - vorwiegend aufEnglisch und gelegentlich etwas mühsamerMithilfe von Übersetzern, wennkein englischsprachiger Experte im betreffendenRechtsgebiet gefunden werdenkonnte - und dies in einer Weisetun, wie sie als Teil des jurastudiumszum LLB, aber auch LLM, etwa eineraustralischen <strong>recht</strong>swissenschaftlichenFakultät angerechnet werden kann.'Dabei drückt schon der Kurztitel "WinterSchool" die kulturelle und geographischeSpannweite des Programmsaus, denn er bezieht sich auf die, vorallem in den USA, gebräuchliche Formder "Summer School". Gemeint ist einefakultative (Zusatz-)Ausbildung währendder vorlesungsfreien Zeit zwischendem ersten und zweiten Semesterdes akademischen jahres, also imSommer. Dies trifft auch auf Australienzu, denn die Zeit der "großen Sommerferien"ist hier Dezember bis Februar,in denen zusätzliche, aber freiwilligeKurse helfen können, die Studiendauerwirksam zu verkürzen bzw. Versäumnisseaufzuholen. Auf dem Weg zumRecht in Asien ereilt die jungen juristendann aber der Winter der nördlichenHalbkugel, und so eine "WinterSchool" in ihren Sommerferien.2. Eine ideale LernsituationDiese anschwellende Wanderungsbewegungaustralischer und allgemein"westlicher" juristen nach Osten (Norden)ist aber nur eine untergeordneteEntwicklung und Folge einer weitausgrößeren Wanderungsbewegung, diedas eigentliche Thema dieses Reiseberichtsausmacht. Gemeint ist die ungleichgewaltigere Bewegung desRechts in Asien nach Westen. Zugleich,und hier durchaus gewollt, führt daszur Assoziation mit der Diskussiongleichartiger Wanderungsbewegungenin Europa - der juristen und ihrer Doktrinennach Osten, des Rechts nachWesten - die der aufmerksame Leserdieser Zeitschrift sicher schon beim Lesender Überschrift dieses Beitrags gemachthat. 2 Die "Hanoi Winter School"liegt allerdings, genau besehen - undauch dies ist gewollt - etwas quer zumTrend, indem sie ja gerade nicht westlichesRecht nach Osten "exportieren"oder gar "transplantieren" will, sondernzunächst einmal versucht, einefür Rechtsvergleicher nahezu idealeLernsituation herzustellen, nämlich diefremde Rechtsordnung nicht in der allzuvertrauten Umgebung von Rechtstextenzu lernen, sondern sozusagen"von unten" und im <strong>gesellschaft</strong>lichenKontext zu erfassen, nämlich dort wodas (fremde) Recht "lebt" und die Einheimischenihr Recht selbst vermitteln3 • In dieser eher harmlosen Beobachtersituationergibt sich dann dieMöglichkeit, die ungleich gewaltigere,möglicherweise sogar gewalttätigeRechtsveränderung im Osten durch"Einmischung" westlicher juristen undihrer Doktrinen, also in Asien und Osteuropagleichermaßen, wenngleich natürlichnicht umfassend und systematischzu analysieren, aber doch immerhinanzudenken und zu reflektieren.Dabei kann es dann selbstverständlichnicht beim geographischen Euphemismusvon "Ost" und "West" bleiben,noch der Wahrnehmung unterschiedlicherpolit-ökonomischer Systeme, diedieser Euphemismus allzu grobschlächtigverschleiert, sondern müssendie diversen Wanderungsbewegungensicher in ein- und denselbenZusammenhang gestellt werden, denwir hier zunächst einmal vorsichtig alsDifferenzierung eines komplexen globalenRechts bezeichnen wollen, dasimmer existiert hat. Was lässt sich1 Die Verzahnung erfolgt durch diePlanung des Kurses in Sydney zuden Kriterien eines Kurses im LLBoderLLM-Programm der Faculty ofLaw, mit Beteiligung von qualifiziertenRechtslehrerinnen aus Sydney,die in Shanghai (oder Hanoi) anwesendsind und abschließende Prüfungenvornehmen.2 Vgl.<strong>juridikum</strong> 4, 2000, S. 216-235.3 Ohne uns hier schon auf eine bestimmteRechtstheorie einzulassen,ruft der Versuch, eine wie auch immerdefinierte "Rechtswirklichkeit"zu erfassen, die wegweisenden Arbeitendes österreichischen RomanistenEugen Ehrlich (1862-1922) inErinnerung und seine schwer zu widerlegendeErkenntnis eines "lebendenRechts" neben und außerhalbdes Rechts, das sich die Juristenselbst machen (1913).<strong>juridikum</strong> 3/01 verla~sterreiCh Seite 129