GESCHICHTEAbbildung 5-B: Die Absturzstelle des Marineluftschiffs „L 2“ (LZ 18) am 17. Oktober 1913Das ausgebrannte Gerippe des „L 2“.Zu erkennen sind nur noch die Heckkonstruktion und einer der Gondel-Motoren.struktionsfehlers um die eigene Existenzgehen.Überraschend schnell wird von der LuftschiffbauZeppelin GmbH eine Ursachedes Unglücks präsentiert. Schon am 21.Oktober wird von Dr. Eckener, „der bekannteMitarbeiter des Grafen Zeppelin“10 , die These vertreten, dass das Schiffvor der Explosion von einem Knallgasmantelumgeben war, der durch einenFunken in der vorderen Motorgondel entzündetwurde. Ursache für die Bildungdieses Knallgasmantels sind nach seinerAusführung die von der Marine gefordertenkonstruktiven Änderungen, imspeziellen der nach innen verlegte Laufgangund der in der Gondel befindlicheWindschirm. Nach Eckener sorgte derWindschirm dafür, dass sich hinter ihmund in der Motorgondel ein Unterdruckbildete, wodurch sich das Knallgas anreicherte.Zusammen mit der Verlegung desLaufgangs nach innen und dem dadurchverkleinerten Abstand zwischen Motorund Hülle führte dies zur Entzündungdes Gases durch einen Funken in der Motorgondel.Noch überraschender ist, dass diese Theseals offizielle Version des Unfallhergangsangenommen wird und das ohne24einen Widerspruch des Marinebauamtesund des Marineministeriums. Dabei ließesich durchaus dagegen argumentieren.So ist es verwunderlich, dass „L 2“nicht schon bei früheren mehrstündigenAbnahmefahrten explodierte, sondernkurz nach einem Start in Johannisthal.Auch werden Augenzeugenberichte außerAcht gelassen, welche einen Vergaserbrandin der vorderen Motorgondelals primäre Ursache des Unglücks ansehen,darunter einige der renommiertestenfrühen Flieger wie Roth und Hirth.Sie bemerkten hierzu in der VossischenZeitung 11 :„Ich [Roth: Anm. Autor] stand mit Hirth,der gerade einen neuen Eindecker probierenwollte, vor dem Schuppen der Albatroswerke.In diesem Augenblick stieg L II auf.Wir bemerkten, daß die hinteren Motorenrauchten, dachten uns aber nichts Böses.Das Schiff fuhr über unsere Köpfe hinweg.Plötzlich, als das Schiff auf das Feld gekommenwar, sahen wir, daß aus der vorderenMaschinengondel eine helle Flamme emporschlug.In einer Sekunde verbreitete sichdiese über das ganze Schiff, das im nächstenAugenblick einer Feuersäule glich. Dannerfolgte eine Detonation, daß die Fensterscheibenunseres Schuppens platzten und
wir durch den furchtbaren Luftdruck ganzbenommen waren …. Meiner Ansicht nachist die Ursache der Katastrophe auf einenVergaserbrand zurückzuführen.Der Flieger Hirth, der Augenzeuge der Katastrophewar, erzählte einem Mitarbeiter desBerl. L.-Anz., daß zuerst die vordere GondelFeuer gefangen und daß dann die Flammesich blitzschnell über das Luftschiff verbreitethabe. Drei kurz aufeinanderfolgendeExplosionen hätten das Vernichtungswerkvollendet.“Tatsächlich gibt das Reichsmarineamtschon am 19. Oktober als mögliche Ursacheder Katastrophe einen Vergaserbrandan 12 . Im späteren Bericht von Dr.Eckener wird der Vergaserbrand als Ursacheder Katastrophe jedoch mit demVerweis heruntergespielt, dass auch derkleinste Funke, was in einer Motorgondelnie auszuschließen ist, ein möglichesKnallgasgemisch entzünden kann. Diesbringt uns aber wieder zu der Frage,warum das Luftschiff dann nicht schonfrüher, bei sehr viel länger dauerndenFahrten, explodiert ist. Eine endgültigeKlärung der Ursache wird aber ohne entsprechendeVersuche, auf die man zurdamaligen Zeit verzichtete, nicht möglichsein.Trotz der schweren Verluste ist der Marineklar, dass sie auf das AufklärungsundAngriffsmittel Zeppelin bzw. Luftschiffnicht verzichten kann.Anfang November 1913 gibt sie die Besatzungender neuen Marineluftschiffe„L 3“ und „L 4“ bekannt. Kommandantdes „L 3“ vom System Zeppelin soll KapitänleutnantBeelitz werden. Das Kommandovon „L 4“, einem Luftschiff vomTyp Schütte-Lanz, erhält KapitänleutnantFritze. Standort der neuen Luftkreuzersoll im Frühjahr 1914 Cuxhavenwerden, wo neue Luft-Abbildung 7:Das Marineluftschiff „L 3“(LZ 24) im Jahre 1914GESCHICHTEschiffhallen und Unterkunftsräume errichtetwerden. Schon am 1. Dezember1913 verlegt die Marineluftschifferabteilungunter ihrem Kommandanten, KorvettenkapitänStrasser, nach Hamburg –Fuhlsbüttel. Den Vorstand der Abteilungfür Luftfahrwesen im Reichsmarineamtübernimmt Korvettenkapitän Halm vondem beim Absturz des „L 2“ getötetenKorvettenkapitäns Behnisch.Die praktische Ausbildung der neuenMannschaften erfolgt über den Winter1913/14 auf den von der Delag gechartertenLuftschiffen „Sachsen“ und „ViktoriaLuise“. Auf der „Viktoria Luise“werden in Frankfurt am Main drei Offiziereund 35 Mann geschult und auf der„Sachsen“ in Dresden sieben Offiziereund 50 Mann.Anfang Mai 1914 wird die erste Fahrtbesatzungvon Fuhlsbüttel unter Führungdes Kapitänleutnants Fritz nach Friedrichshafenabkommandiert, wo sie dasin Bälde fertig gestellte Luftschiff „L 3“abholen soll. Am 9. Mai erhält das neueLuftschiff „L 3“ seine Gasbefüllung, undam 11. Mai steigt es unter Leitung desGrafen Zeppelin zu seiner ersten Probefahrtauf. Die Überführung nach Johannisthalfolgt in einer 36-stündigenDauerfahrt. Am 21. Mai steigt „L 3“ inFriedrichshafen um 7.15 auf und landetam darauf folgenden Tag nachmittagsum 5.16 Uhr in Johannisthal.Am 28. Mai um 9 Uhr morgens steigt„L 3“ in Johannisthal zu einer Fernfahrtüber Hannover nach Fuhlsbüttel, wo erstationiert wird. Am 18. Juli erfolgt nocheine 22-stündige Testfahrt von Fuhlsbüttelüber Helgoland und Norderney 13 .28. Juni 1914: Der österreichisch-ungarischeThronfolger, Erzherzog Franz Ferdinand,und seine Gemahlin, die Herzoginvon Hohenberg, werden in Sarajewoermordet. Der bis dahin lokal begrenzteBalkankrieg eskaliert in der Folge. Am28. Juli erklärt Österreich-Ungarn Serbienden Krieg. Am 1. August verkündetKaiser Wilhelm II den Beginn der Mobilmachungfür den 2. August. Nach erstenGrenzgefechten folgt am 2. Augustdie Kriegserklärung an Russland. In dennächsten Tagen ergehen Kriegserklärungenvon England an Deutschland, vonÖsterreich-Ungarn an Russland sowievon Russland an Deutschland. Nochahnt keiner, wie dieser Krieg, den manspäter den Großen bzw. Weltkrieg nennenwird, die Welt innerhalb von vierJahren verändern wird.Die Marineluftschiffahrt wird vom Kriegvöllig unvorbereitet getroffen. Mit „L 3“steht ihr nur ein Zeppelin-Luftschiff fürdie vielfältigen Aufgaben zur Verfügung.Dazu gehören zu Beginn vor allem Aufklärungsfahrtenüber der Nordsee mitdem Ziel, britische Flottenverbände undihre Bewegung zeitig zu melden.Zwangsläufig muß die Marine ihre durchden Verlust von „L 1“ und „L 2“ bedingteZurückhaltung bei der Bestellung vonneuen Luftschiffen aufgeben. Von dennach Kriegsbeginn und im Jahr 1914fertig gestellten acht Zeppelin-Kreuzernwerden fünf an die Marine ausgeliefert.So Luftschiff Erstfahrt ist„LL4 (LZ 27) 28.08.19143“L5 (LZ 28) 22.09.1914L6 (LZ 31) 03.11.1914L7 (LZ 32) 20.11.1914L 8 (LZ 33) 17.12.1914auf sich alleine gestellt, als am 28. Augustbei schlechtem Wetter mehreremoderne englische Kreuzer und zweienglische Zerstörerflottillen in die deutscheBucht der Nordsee nordwestlichHelgoland einlaufen. Der Versuch, diedeutschen Marinekräfte bei dem sichentwickelnden Kreuzergefecht zu unterstützen,misslingt jedoch aufgrund desschlechten Wetters 14 .Vom 7. bis 9. September sichert „L 3“ dasSperrunternehmen der Panzerkreuzer„Roon“ und „Prinz Adalbert“ zusammenmit den kleinen Kreuzern „Stralsund“und „Kolberg“ sowie 16 Torpedobooten.Dabei stößt das Luftschiff bis Amelandvor. Im Dezember 1914 wird dann dieveraltete Rahmensteuerung des „L 3“modernisiert 15 .Nach und nach werden die neu fertiggestellten Marineluftschiffe ebenfalls für25