Abenteuer - Anduin
Abenteuer - Anduin
Abenteuer - Anduin
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
die Mithilfe der Götter benötige. Egal was<br />
man wählt, ob Detektivkrimi, Adelsintrige,<br />
Naturerlebnis oder Raumschiffexpedition, das<br />
Ambiente ist meist eng mit dem <strong>Abenteuer</strong>typ<br />
verbunden. Hierbei kann man natürlich auch<br />
mal ungewöhnliche Kombinationen wählen<br />
und z.B. eine Komödie in einer Vampirgruft<br />
schreiben. Damit möchte ich die Themen Typ<br />
und Ambiente beenden, da es nicht mehr als<br />
eine Aufzählung von einer Kombination von<br />
Möglichkeiten sein kann und beim <strong>Abenteuer</strong><br />
schreiben sowieso meist nur eine unbewusste<br />
Vorüberlegung ist. Oft macht man einfach das<br />
Ambiente, den Typ von <strong>Abenteuer</strong>, bei dem man<br />
auch selber ins Kino gehen würde.<br />
Kommen wir also zur Intention meines<br />
Artikels, dem <strong>Abenteuer</strong>schreiben. Das<br />
wichtigste, was ein <strong>Abenteuer</strong>, genau wie<br />
jeder Film, jedes Buch und jedes Theaterstück<br />
benötigt, ist eine Geschichte! Wie gut eine<br />
Geschichte gelungen ist, hängt zum großen Teil<br />
davon ab, wie kreativ sie ist. Ist es nur ein Aufguss<br />
von etwas Althergebrachten oder ist dem Autor<br />
mal etwas neues gelungen. Hierbei kann man sich<br />
ruhig von etwas altem inspirieren lassen, solange<br />
man der Sache eine eigene Note gibt oder es mit<br />
etwas anderem „alten“ völlig neu kombiniert.<br />
Das (für mich) wichtigste an einer Geschichte<br />
sind die Pointen oder Aha-Effekte. Dies ist der<br />
Moment, wo beim Zuhörer der Groschen fällt<br />
und er die Zusammenhänge der Geschichte<br />
(oder Teile davon) begreift. Dann merkt er,<br />
das der Autor wirklich Gedankenschmalz<br />
in die Geschichte investiert hat. Ich möchte<br />
im Folgenden auf einige Standartpointen mit<br />
Beispielen eingehen, da dies für mich der Kern<br />
einer jeden kreativen Geschichte ist. Leider<br />
gelingt es den größten Geschichtenerzählern<br />
der Gegenwart (ich mein Hollywood) ziemlich<br />
selten mal eine Geschichte mit überraschenden<br />
oder kreativen Pointen zu schaffen, welche<br />
einen hinterher noch lange beschäftigt. Wohl<br />
die Standartpointe bei den Charakteren ist der<br />
Identitätswechsel. Dies muss nicht unbedingt<br />
heißen, dass die Person sich als jemand völlig<br />
anderes outet, sondern es reicht schon, wenn<br />
er vom Lager der Guten zu den Bösen wechselt<br />
(oder umgekehrt). Besonders dramatisch wird<br />
es, wenn der Held der Geschichte merkt, dass<br />
er anfangs für die falsche Seite gearbeitet hat.<br />
Ebenfalls in diese Kategorie fällt, wenn eine<br />
unbedeutende Nebenrolle plötzlich die zentrale<br />
Person wird. Die Standartpointe, welche die<br />
Handlungsbandbreite betrifft, ist dass diese sich<br />
massiv erweitert: „Klein angefangen und groß<br />
aufgehört“. Viele Politthriller fangen mit einem<br />
unbedeutendem Fall an und enden mit einem<br />
Skandal in den höchsten Kreisen (meist Mr.<br />
Präsident persönlich). Die größten Knalleffekte<br />
von Pointen erreicht man, wenn eine ganze<br />
Weltsicht oder Realität umgekrempelt wird,<br />
was oft in Science Fiktion Filmen vorkommt. Im<br />
ABENTEUER-<br />
BAUKASTEN<br />
simpelsten Falle erwacht man aus einem Traum<br />
oder man nimmt die rote Pille und erwacht<br />
sogar aus der Matrix. Wenn sich so etwas nach<br />
und nach aufbaut, indem man immer wieder das<br />
Gefühl hat, dass hier etwas nicht stimmt, dann<br />
hat dies Ebenfalls seinen Reiz, da man sich im<br />
Nachhinein fragt, warum man das ganze nicht<br />
schon vorher durchschaut hat. Als Beispiel<br />
fällt mir hierzu Six Sence oder Beautifull Mind<br />
ein. Pointen erreicht man aber nicht nur durch<br />
überraschende Wendungen, sondern es ist<br />
genau so wichtig, dass man alte Vorkommnisse<br />
zu einem späteren Zeitpunkt richtig deuten<br />
kann. Das heißt einen Rückbezug auf den Anfang<br />
des Handlungsstranges. Mit einem solchen<br />
Ringschluss beeindruckt man den Konsumenten,<br />
indem man zeigt, dass zu Beginn der Handlung<br />
schon das Ende vorherbestimmt war. Ein<br />
Ringschluss mit Ansage ist die Prophezeiung mit<br />
der alten Menschenfrage nach dem Schicksal.<br />
Anfangs abstrakte Bilder, Metaphern treffen<br />
später auf das persönlich erlebte zu.<br />
Die große Kunst ist es nun aber einen<br />
Handlungsstrang so zu gestalten, dass die ganzen<br />
Ideen der Aha-Effekte einer nachträglichen,<br />
logischen Überprüfung standhalten. Meist<br />
hat man die Anfangs- und Endpunkte der<br />
Geschichte schon im Kopf und muss sie mit<br />
einem Handlungsstrang verbinden. Mit dem<br />
großen Thema des Handlungsstranges endet<br />
beim <strong>Abenteuer</strong>basteln der intuitive, kreative<br />
Teil und es beginnt der logische Tüftelpart. Hier<br />
ist auch beim Rollenspielabenteuerbasteln die<br />
Schwierigkeit. Alle anderen Geschichtenerzähler<br />
(Filmemacher, Buchautoren) können den<br />
Handlungsstrang exakt festlegen, doch ein<br />
Rollenspielautor muss erahnen, was die Spieler<br />
machen, um den späteren Spielleiter nicht in<br />
Schwulitäten zu bringen. Der Handlungsstrang<br />
sollte so aufgebaut sein, dass die Spieler zu<br />
einem bestimmten Zeitpunkt die Information<br />
haben und die Situation vorfinden, welche<br />
sie alleine veranlasst zur nächsten Station<br />
des Handlungsstranges zu gehen. Eigentlich<br />
soll den Spielern eine Handlungsfreiheit<br />
vorgegaukelt werden, welche sie in Wirklichkeit<br />
gar nicht haben. Erfahrungsgemäß gilt die<br />
Regel: „Je komplexer die Handlung ist, desto<br />
mehr muss die Handlungsfreiheit der Spieler<br />
eingeschränkt werden“, da die Vorhersagbarkeit<br />
der Spielerhandlungen mit zunehmender<br />
Komplexität abnimmt. Handlungsfreiheit und<br />
Komplexität des <strong>Abenteuer</strong>s sind somit die<br />
großen konkurrierenden Ziele im Rollenspiel.<br />
Man begegnet diesem Dilemma damit, indem<br />
man im Handlungsstrang einige Fixpunkte<br />
setzt, welche die Helden passieren müssen.<br />
Anderenorts lässt man ihnen bei autonomen<br />
Teilaufgaben die Freiheit, dass sie ihre eigenen<br />
kreativen Lösungsansätze zur Erreichung des<br />
Teilzieles einbringen können. Man sollte sich<br />
aber bei sensiblen Stellen im Handlungsstrang<br />
Rubriken Lesen & Spielen <strong>Abenteuer</strong> Prosa, Lyrik & Comics Rezensionen<br />
www.anduin.de - © 2003 Tommy Heinig<br />
auch Gedanken machen, was man tun muss,<br />
wenn die Spieler den vorherberechneten Weg<br />
verlassen, um sie wieder auf den „rechten“ Weg<br />
zu bringen. Dann muss entweder der Spielleiter<br />
vor Ort den Handlungsstrang kurzfristig so<br />
umbauen, dass er auf die Veränderungen passt<br />
(was oft mit dem Risiko von logischen Fehlern<br />
verbunden ist) oder der <strong>Abenteuer</strong>autor muss<br />
sogenannte Alternativmodule bereitstellen,<br />
welche die Spieler wieder zurück auf den<br />
ursprünglichen Handlungsstrang führt.<br />
In der Geschichte handeln natürlich nicht<br />
nur die Spieler bzw. Helden, es handeln<br />
genauso die Nebenspielercharaktere (NSC´s).<br />
Mit ihnen treten die Spieler in Interaktion<br />
und sie sind die wichtigsten Inputquellen und<br />
Ereignisauslöser. Jeder wichtige NSC sollte<br />
eine eigene Vorgeschichte im <strong>Abenteuer</strong> haben,<br />
denn die Handlung fängt in den seltensten<br />
Fällen erst dann an, wenn die Helden das<br />
erste mal in Aktion treten. Somit haben die<br />
NSC’s von Anfang an eine Motivation ein<br />
bestimmtes Ziel zu erreichen und sind nicht nur<br />
Informationsquelle oder Schwertgegner für die<br />
Helden. Jederzeit sollten die Entscheidungen<br />
der NSC’s logisch nachvollziehbar sein,<br />
auch wenn die Helden bei der Situation gar<br />
nicht beteiligt sind sondern z. B. mehrere<br />
NSC im Hintergrund ein Eigenleben führen.<br />
Bei mehreren NSC’s und einer komplexen<br />
Handlung kann es schwierig sein den Überblick<br />
zu behalten. Deshalb benutze ich ein Diagramm,<br />
welches die Handlungen jeder Person darstellt.<br />
Dabei bildet die Horizontale den Zeitstrahl<br />
und die Vertikale den Aufenthaltsort einer<br />
Person. Ein Kästchen mit der entsprechenden<br />
Personenfarbe wird im Handlungsdiagramm<br />
so postiert, das Ort und Zeit zutrifft. Was die<br />
Person dort macht und welche Infos sie dort<br />
erhält, steht im Personenkästchen. Handelt sie<br />
zusammen mit einer anderen Person, kann noch<br />
einmal ein Rahmen um beide Kästchen gezogen<br />
werden. Im Anhang der <strong>Anduin</strong> ist ein solches<br />
Handlungsdiagramm zu finden. Als Beispiel hab<br />
ich eine Geschichte gewählt, welche nicht ganz<br />
unbekannt sein dürfte.<br />
Der Zeitpunkt im Handlungsstrang, wo die<br />
Helden das erste Mal in Aktion treten sollen,<br />
muss eine Anfangsqueste enthalten, damit<br />
die Helden sich überhaupt auf das <strong>Abenteuer</strong><br />
einlassen. Dies muss nicht unbedingt die<br />
Hauptqueste des <strong>Abenteuer</strong>s sein, da eine<br />
Zieländerung Abwechslung hinein bringt. Man<br />
sollte als Autor nicht zu viel Energie damit<br />
verschwenden, wie man die Helden zum Startort<br />
des <strong>Abenteuer</strong>s lockt, da dies von Gruppe zu<br />
Gruppe sowieso unterschiedlich ist und dem<br />
Spielleiter vor Ort überlassen werden sollte.<br />
Das Ende der Geschichte ist in den meisten<br />
Fällen grob vom Autor vorgegeben. Idealerweise<br />
sollte dort die Hauptpointe liegen, gewürzt mit<br />
einem typischen Mittel der Spielgestaltung<br />
52