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„Optimierung der ambulanten Versorgung gewaltbetoffener Frauen“

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Defizite in <strong>der</strong> gesundheitlichen <strong>Versorgung</strong>Die befragten Fachkräfte konnten spezifische Defizite benennen sowie konkrete undpraktikable Verbesserungen anregen. Übereinstimmend wird als größtes Problem inallen Bereichen des Gesundheitswesens beschrieben, dass Gewalt nicht als Ursachevon Symptomen und Störungen erkannt wird.Die Professionellen wissen zu wenig über Gewalt und <strong>der</strong>en Auswirkungen. Siehaben in <strong>der</strong> Ausbildung nichts darüber erfahren, kommen gar nicht erst darauf,danach zu fragen.Sie halten sich in <strong>der</strong> Regel nicht für zuständig: Sie sind gewohnt, Gewalt als einsoziales Problem anzusehen.Sie fürchten sich davor, darüber zu sprechen und die Schleusen zu öffnen, weil siekeine Idee haben, was sie dann tun könnten;Sie verfügen nicht über angemessene Handlungskompetenzen und damit dieFähigkeit, eigene Möglichkeiten und Grenzen abzuschätzen. Oft fehlt die Zeit undzum Teil auch die Sensibilität für einfühlsame Gespräche;Sie kennen meist die Ressourcen und Hilfsangebote nicht, die in <strong>der</strong> Regionvorhanden sind, auf die sie verweisen o<strong>der</strong> bei denen sie selbst Rat holen könnten.Aber auch bei den gewaltbetroffenen Frauen bestehen Barrieren;Sie zögern lange, peinliche und private Erlebnisse anzusprechen, auch bei einerÄrztin ihres Vertrauens;Sie haben oft Angst, mit ihren Mitteilungen Handlungsketten auszulösen, die sienicht mehr kontrollieren, und dass alles noch schlimmer wird, wenn <strong>der</strong> Mann davonerfährt o<strong>der</strong> das Jugendamt o<strong>der</strong> die Polizei o<strong>der</strong> die Krankenkasse;Sie spüren, dass die Professionellen für ihre Erlebnisse keine Zeit haben;o<strong>der</strong>Sie wollen selbst nicht glauben, dass die Gewalt so schlimm ist, weil sie dannhandeln müssten, dies aber nicht können.Und schließlich gibt es Hin<strong>der</strong>nisse in <strong>der</strong> Struktur des Gesundheitswesens selbst:die apparative Medizin wird wesentlich üppiger honoriert als die sprechendeMedizin; die traditionellen Denkmodelle <strong>der</strong> Medizin: ’Symptom –Krankheitsdiagnose – Behandlung’ und die ärztliche Anordnung – compliance –Heilung „passen“ nicht auf die Gewaltproblematik; die Organisation <strong>der</strong> <strong>Versorgung</strong>ist nicht auf interdisziplinäre Kooperation angelegt, son<strong>der</strong>n erschwert sie.Dadurch kommt es zu Unter-, Über- und Fehlversorgung, es können sekundäreErkrankungen entstehen o<strong>der</strong> Leiden chronisch werden. Hohe Kosten sind die Folge.Auch wenn Gewalt erkannt o<strong>der</strong> benannt wird, mangelt es an ausgebildeterTraumatherapie, an die überwiesen werden könnte. Aber auch die Möglichkeiten <strong>der</strong>nicht-ärztlichen Gesundheitsberufe werden in Deutschland, verglichen mit demAusland, zu wenig ausgeschöpft.Die gesundheitliche <strong>Versorgung</strong> muss einerseits erfahrene Fachkräfte mitspezifischer Aus- und Weiterbildung in ausreichen<strong>der</strong> Zahl und Verbreitungbereitstellen, damit eine kompetente Diagnose und Therapie möglich ist, wenn einePatientin die Gewaltproblematik anspricht o<strong>der</strong> dies von dem Symptombild und <strong>der</strong>Lebenslage her zu vermuten ist. In dieser Hinsicht ist die <strong>Versorgung</strong> in ihrer Tiefeentwicklungsbedürftig. An<strong>der</strong>erseits muss sie in <strong>der</strong> Breite verbessert werden, damit14

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