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"Astronomie" (pdf, 1,0 MB) - Richard Reindl

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GK Physik 13Astronomie<strong>Richard</strong> <strong>Reindl</strong>1998-2002


Die aktuellste Version des Skriptes findet man unterhttp://www.stbit.deDas Werk steht unter einer Creative Commons- Namensnennung- Nicht-kommerziell- Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported Lizenzhttp://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/3.0/deed.de8. Oktober 2013


1 Grundlagen der Astronomie1.1 GeschichtlichesIn diesem Kapitel wird nur ein ganz kurzer Überblick über die Geschichte der Astronomie gegeben.Näheres ist der Zeittafel im Anhang und den folgenden Kapiteln zu entnehmen.SeitesdenMenschengibt,beobachtet erdentäglichen undjährlichenLaufvonSonne,MondundSternen. Die Denkmäler alter Kulturen (Stonehenge, Carnac, Pyramiden in Ägypten, MittelundSüdamerika) weisen auf erstaunliche astronomische Kenntnisse hin, die besonders die Zeitrechnungund die Voraussage von Sonnen- und Mondfinsternissen betrafen. Für den damaligenMenschen waren die Gestirne direkt mit den Göttern verknüpft. In der Konstellation der Fixsterne,die während eines Lebensalters ihre gegenseitige Lage kaum verändern, wurden Bildergesucht, die ihren Gottheiten entsprachen. Eine besondere Stellung nahmen die Planeten ein,die ihre Lage relativ zu den Fixsternen ständig verändern.Seit Thales von Milet (624-546 v.Chr.) versucht der Mensch, die Natur rational durch mechanischeModelle zu beschreiben, die Naturbeschreibung wurde entmystifiziert. Thales war somitder erste richtige Physiker, obwohl er die Erde noch für eine Scheibe hielt. Pythagoras (589-497v.Chr.) wusste schon dass die Erde eine Kugel ist.Argumente für die kugelförmige Gestalt der Erde: Bei näherkommenden Schiffen sieht man zuerst die Mastspitze. Der Schattenwurf ändert sich mit der geografischen Breite. Der Erdschatten bei einer Mondfinsternis ist immer kreisförmigBei den alten Griechen stand die Erde im Mittelpunkt des Universums, die Himmelskörper bewegtensich auf Kreisbahnen um die Erde (geozentrisches Weltbild). Eudoxus aus Knidos(410-356 v.Chr.) hatte zwar ein heliozentrisches Weltbild entworfen (die Planeten kreisen umdie Sonne), doch es fand keinen Anklang bei seinen Zeitgenossen. Das ausgereifteste geozentrischeModell, das auch die Schleifenbewegungen der Planeten erklärte, wurde von Ptolemäus(90-168 n.Chr.) entwickelt (siehe Aufgaben und Zeittafel im Anhang).Die Lehren der alten Griechen wurden von den Arabern übernommen und gelangten durch diesenach Mitteleuropa. Erst 1543 wurde das geozentrische Weltbild von Nikolaus Kopernikus(1473-1543) abgeschafft und durch eine heliozentrische Weltauffassung ersetzt. Jetzt beginnteine rasante Entwicklung in der Physik und Astronomie (siehe Zeittafel). Die Erfindung desFernrohres (Galilei, 1609) ermöglicht die Entdeckung von Details im Planetensystem (Mondevon Jupiter und Saturn,Ringe des Saturns, Phasen der Venus, Milchstraße besteht aus einzelnenSternen usw.), Kepler (1571-1630) findet heraus, dass sich die Planeten auf Ellipsen um dieSonnebewegen und Newton (1643-1727) kann diese Bewegungen durch die von ihm geschaffeneMechanik erklären.3


1 Grundlagen der AstronomieVerfeinerte Rechenmethoden erlauben dieBerechnung von Planetenbahnen unter demGravitationseinfluss der anderen Planetenund führen zur Entdeckung weiterer Planeten(siehe Tab. 1.1.1).Neue Beobachtungsmethoden (Spiegelteleskope,Spektralanalyse, Fotografie, Radio-,Infrarot-, Röntgen- und Gammateleskope)und neue physikalische Erkenntnisse (Relativitätstheorie,Quantenmechanik, Elementarteilchenphysik)führen im 19. und 20. Jahrhundertzum heutigen Bild des Universumsmit Milliarden von Galaxien, Trilliarden vonSternen, interstellarer und ”dunkler“ Materieund so exotischen Objekten wie Pulsaren,Quasaren und schwarzen Löchern.Planet Entdecker EntdeckungszeitMerkur AltertumVenus AltertumMars AltertumPlanetoiden Piazzi 1801(Ceres)Jupiter AltertumSaturn AltertumUranus Herschel 1781Neptun Galle 1846Pluto Tombaugh 1930Tab.1.1.1 Entdeckung der Planeten1.2 Das heutige astronomische WeltbildEs folgt ein kurzer Überblick über den Aufbau des Universums: Unser PlanetensystemNeun Planeten (von innen nach außen: Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus,Neptun, Pluto) und die Planetoiden (Kleinplaneten) zwischen Mars und Jupiter bewegensich auf annähernd elliptischen Bahnen um die Sonne (die Bahnen wären exakteEllipsen, wenn sich immer nur ein Körper um die Sonne bewegen würde). Der Durchmesserdes Sonnensystems (Plutobahn) ist 1,2·10 13 m ≈ 80AE (siehe Tab. 1.2.1). Die Masseunserer Sonne ist M ⊙ = 1,98892·10 30 kg, die Planeten zusammen haben nur ungefähr einTausendstel der Sonnenmasse. Unsere GalaxisDie Fixsterne sind Sonnen, die aus eigener Kraft leuchten. Der erdnächste Stern ist ProximaCentauri mit einer Entfernung von ≈ 4,2LJ. Unsere Sonne gehört zu einem riesigen,diskusförmigen Haufen von ca. 10 11 Sternen, unserer Galaxis (Milchstraßensystem, Gesamtmasse≈ 1,8 · 10 11 M ⊙ ). Der Durchmesser der Galaxis beträgt ≈ 10 5 LJ, wir sind≈ 26000LJ vom Zentrum der Milchstraße entfernt. Die in einer Spiralstruktur angeordnetenSonnen rotieren um das Zentrum der Galaxis, unser Sonnensystem mit ≈ 220 km s .Neben den Sternen ist die Galaxis von interstellarer Materie (einzelne Atome undMoleküle, Staub) erfüllt, aus der sich neue Sterne bilden. Aus den Zahlenwerten der Rotationsgeschwindigkeitender Sterne um den galaktischen Kern folgt, dass es neben dersichtbaren Materie noch eine Form von ”dunkler Materie“ in der Galaxis geben muss,deren Natur noch nicht eindeutig geklärt ist. Innerhalb der Galaxis gibt es Zusammenballungenvon Sternen, die sogenannten Sternhaufen. Kugelsternhaufen bestehen aus 50000bis 50000000 Sternen, ihre Durchmesser liegen im Mittel bei 30pc. Die Kugelhaufen sindnicht nur auf die Scheibe der Galaxis konzentriert, sondern sie bilden eine Art Halo umunsere Galaxis. Große StrukturenNeben unserer Galaxis gibt es noch Milliarden anderer Galaxien, die die Tendenz zeigensich zu Haufen und diese wiederum zu Superhaufen zusammenzuklumpen. Die Haufenund Superhaufenbilden eine netzartige Struktur im Universum. Direkte Nachbarn unsererGalaxis sind einige kleinere Galaxien (z.B. die große und kleine Magellansche Wolke mit4


1 Grundlagen der Astronomie2,0·10 10 M ⊙ und 1,4·10 10 M ⊙ ) und die Andromedagalaxie mit einer ähnlichen Größe wieunsere Milchstraße in 2000000LJ Entfernung. Das UniversumNach der heute gängigen Auffassung ist das Universum vor ≈ 13,7 Milliarden Jahren auseiner punktförmigen Region (Anfangssingularität) entstanden (Urknall). Seitdem dehntsich das Universum aus undhat heute einen Durchmesser von ≈ 15 Milliarden Lichtjahren.Die Vorstellung eines endlich großen Weltalls ohne Grenzen ist mit der dreidimensionaleneuklidischen Geometrie nicht möglich. Nach der allgemeinen Relativitätstheorie AlbertEinsteins gibt es aber in eine vierte Dimension gekrümmte dreidimensionale Räume, diein sich geschlossen sind. Als Beispiel betrachte man die zweidimensionale Oberfläche einerKugel, die in die dritte Dimension gekrümmt ist.1AE = 1au = 1,49597870 ·10 11 mAstronomische Einheit (astronomical unit),mittlere Entfernung Erde-Sonne1LJ = 1ly = c·1a sid = 9,4608952·10 15 m1pc = 1AEtan1 ′′ = 3,085677581 ·10 16 mLichtjahr (light year), a sid = 31558149,53s(siderisches Jahr) ist die Zeit für einen vollenUmlauf der Erde relativ zu den Fixsternen.Parsec, Entfernung, aus der 1AE unter demWinkel 1 ′′ erscheint.Tab.1.2.1 Längenmaße in der Astronomie1.3 Die Erde als Bezugssystem für Beobachtungen1.3.1 Koordinaten auf der Erde – KugelkoordinatenEine Ebene durch den Mittelpunkt M einerKugel mit Radius R schneidet dieKugeloberfläche in einem Großkreis mitdem Umfang U = 2Rπ. Wir wählen einenbeliebigen Punkt N (Nordpol) auf derKugeloberfläche. Der andereSchnittpunktder Geraden NM mit der Oberfläche istdann der Südpol S. Die Großkreise durchN undSnenenwir Meridiane. Als Äquatorebenebezeichnen wir die Ebene senkrechtaufderAchseSNdurchM,dieÄquatorebeneschneidet die Oberfläche in einemGroßkreis, dem Äquator. Auf demÄquator wählen wir einen Punkt A, denMeridian durch A nennen wir Nullmeridian(Greenwich). Der Meridian durcheinen beliebigen Punkt P auf der Kugeloberflächeschneidet den Äquator in Q undAchseNNullmeridianQ ′WϕMRλAÄquatorSPQOAbb.1.3.1 KugelkoordinatenQ ′ . Q ist derjenige Schnittpunkt mit der kleineren Bogenlänge ( ⌢ PQ< ⌢PQ ′ ). P ist jetzt durch5


1 Grundlagen der Astronomiezwei Winkel eindeutig bestimmt, die Länge λ = ∢AMQ und die Breite ϕ = ∢QMP mit−180 ◦ < λ ≦ 180 ◦ und −90 ◦ ≦ ϕ ≦ 90 ◦ (1.3.1)In der Geografie wird λ in westlicher Richtung positiv gezählt, ϕ ist auf der Nordhalbkugelpositiv. Der Punkt P in Abb. 1.3.1 hat also ein negatives λ und ein positives ϕ.Die Meridiane heißen auch Längenkreise, alle Orte auf der Kugeloberfläche mit gleicher Breiteϕ bilden einen Breitenkreis. Unter den Breitenkreisen ist der Äquator der einzige Großkreis,die anderen sind Kleinkreise.Die kürzeste Weg zwischen zwei Punkten P und Q der Kugelfläche,derauf derKugelfläche verläuft, ist derGroßkreisbogen⌢ PQ. Die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punktenmit gleicher Breite verläuft also nicht auf dem Breitenkreis!Abb. 1.3.2 entnimmt man, dass der kürzeste Weg zwischenzwei Punkten gleicher Breite auf der Nordhalbkugel in nördlicheGefielde abweicht (Flugrouten über Grönland!).PRNµ<strong>MB</strong>reitenkreisQDie Länge des Großkreisbogens ⌢ PQ mit dem Mittelpunktswinkelµ ist⌢PQ= R·µ (1.3.2)ÄquatorSAbb.1.3.2 Kürzeste EntfernungAbb. 1.3.3 entnimmt man die Umrechnungsformeln von Kugelkoordinaten(λ|ϕ) in kartesische Koordinaten:zx = Rcosϕcosλy = Rcosϕsinλz = Rsinϕ(1.3.3)RPDie y-Achse in Abb.1.3.3 zeigt in der Geografie in die andereRichtung!Den Mittelpunktswinkel µ = ∢PMQ von zwei beliebigenPunkten P(λ 1 |ϕ 1 ) und Q(λ 2 |ϕ 2 ) auf der Kugeloberflächekann man mit Hilfe des Skalarprodukts berechnen. Aus derDefinition des Skalarproduktes folgtMP·−−→ −→MQ = |MP|·|MQ|·cosµ = R 2 cosµ == x 1 x 2 +y 1 y 2 +z 1 z 2 (1.3.4)ϕλxAbb.1.3.3 UmrechnungyAus (1.3.3) erhält man die kartesischen Koordinaten der beiden Vektoren:⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞x−→ 1 Rcosϕ 1 cosλ 1MP = ⎝y 1⎠ = ⎝Rcosϕ 1 sinλ 1⎠ und −−→ x 2 Rcosϕ 2 cosλ 2MQ = ⎝y 2⎠ = ⎝Rcosϕ 2 sinλ 2⎠ (1.3.5)z 1 Rsinϕ 1z 2 Rsinϕ 2Aus (1.3.4) und (1.3.5) folgt danncosµ = cosϕ 1 cosλ 1 cosϕ 2 cosλ 2 +cosϕ 1 sinλ 1 cosϕ 2 sinλ 2 +sinϕ 1 sinϕ 2 (1.3.6)Anwenden des Additionstheorems cosλ 1 cosλ 2 +sinλ 1 sinλ 2 = cos(λ 2 −λ 1 ) liefertcosµ = cosϕ 1 cosϕ 2 cos(λ 2 −λ 1 )+sinϕ 1 sinϕ 2 (1.3.7)6


1 Grundlagen der AstronomieMit (1.3.7) und (1.3.2) kann bei bekannten Längen und Breiten von zwei Punkten auf der Kugeldie Länge des sie verbindenden Großkreisbogens berechnet werden.Wird ein Erdnaher Himmelskörper (Mond, innerer Planet,Komet) von zwei Teleskopen an den Orten P und Q aus angepeilt,dann werden etwas unterschiedliche Winkel zu diesemKörper gemessen. Bei Kenntnis der geradlinigen Entfernungder beiden Punkte P und Q kann dann die Entfernungdes Himmelskörpers berechnet werden. Diese geradlinigeEntfernung ist nach Abb. 1.3.4PRµ2µ2RQPQ = 2·Rsin µ 2(1.3.8)MAbb.1.3.41.3.2 Koordinaten für SterneDas HorizontsystemWir denken uns eine sehr große Kugel mit demBeobachter im Mittelpunkt M, die Himmelskugel.Die Tangentialebene an die Erde im Beobachtungsstandortschneidet die Himmelskugelim Horizont. Das Lot aufdieErdeim Beobachtungsstandortschneidet die Himmelskugel imZenit(höchsterPunktamHimmel)undimNadir.Der Punkt auf dem Horizont, der genau imSüden des Beobachters liegt, ist der SüdpunktS. Genauso definiert man den West-, Nord- undOstpunkt W, N und O. Der Großkreis auf derHimmelskugel durchZenit, SüdpunktundNadiristderHimmelsmeridian.DieKoordinateneinesSternes P findet man wie auf der Erdoberfläche,nur die Namen sind anders:WPNhQZenitzzh MAANadirHimmelsmeridianOSHorizontAbb.1.3.5 HorizontsystemAzimut A (statt Länge λ) und Höhe h (statt Breite ϕ). Die Pfeile in Abb. 1.3.5 geben diepositiven Werte von Azimut und Höhe an. z = 90 ◦ − h nennt man die Zenitdistanz. DieKoordinaten im Horizontsystem beschreiben anschaulich und unmittelbar die Richtung, in derman einen Stern vom Beobachtungsstandort aus findet. Der große Nachteil des Horizontsystemsist aber, dass die Koordinaten eines Himmelskörpers vom Standort und von der Zeit abhängen.Daher hat man weitere Systeme eingeführt.7


1 Grundlagen der AstronomieDas feste ÄquatorsystemDa der Radius der Himmelskugel praktisch gegenUnendlich strebt, kann statt des Beobachterstandpunktesauch der Erdmittelpunktals Mittelpunkt der Himmelskugel betrachtetwerden. Beim festen Äquatorsystem wählt mandie Äquatorebene der Erde als Basisebene. DerSchnitt der Äquatorebene mit der Himmelskugelist der Himmelsäquator, kurz Äquator genannt.Der Schnittpunkt des Himmelsmeridiansmit dem Äquator ist der äquatoriale SüdpunktS 1 . Die Schnittpunkte der Erdachse mit derHimmelskugel sinddie Himmelspole. Von S 1 auszählt man in westlicher Richtung den Stundenwinkelt, die Deklination δ ist der Winkelabstandzum Äquator.UKNordpolPδWZParallelkreisOKMeridianζ SM 1δ ttSÄquatorHorizontSüdpolAbb.1.3.6 Festes ÄquatorsystemDer Stundenwinkel wird nicht in Grad, sondern als Zeitmaß angegeben. Dabei entsprechen 24hdem vollen Winkel 360 ◦ :24h ̂= 360 ◦ , 1h ̂= 15 ◦ , 1min ̂= 15 ′ , 1s ̂= 15 ′′ (1.3.9)Im festen Äquatorsystem hat ein Stern immer die gleiche Deklination δ, er bewegt sich imLaufe eines Tages auf einem Parallelkreis zum Äquator. Wenn der Stern genau im Südensteht (t = 0), dann erreicht er, von der Nordhalbkugel der Erde aus gesehen, seinen oberenKulminationspunkt OK (h maximal), steht er genau im Norden (t = 12h), dann erreicht erseinen unteren Kulminationspunkt UK (h minimal).Für den Winkel ζ = ∢Zenit-M-Nordpol gilt ζ = 90 ◦ − ϕ, wobei ϕ die geografische Breite desBeobachtungsstandortes ist.Die Ekliptikε = 23 ◦ 26 ′ 21 ′′θ ≈ 11 ◦ErdachseLot auf BahnebeneWintersonnwende22.12.ÄquatorlinieθÄquinoktiallinieεApsidenlinieHerbstbeginn23.9.Nord-Süd-LinieAphel (2.7.)Perihel (2.1.)SonneSolstitiallinieNFrühlingsbeginn21.3.SSommersonnwende22.6.Abb.1.3.7 Erdumlaufbahn (Schrägbild)8


1 Grundlagen der AstronomieDie Erde bewegt sich auf einer Ellipsenbahn umdie Sonne. Die Erdachse behält dabei im Raumimmer die gleiche Stellung bei (bis auf kleineSchwankungen, die wir später behandeln). DerWinkel zwischen der Erdachse und dem Lot aufdie Bahnebene ist ε = 23,5 ◦ . Der Schnitt derÄquatorebene mit der Bahnebene ist die Äquatorlinie,die Ebene durch die Erdachse unddas Lot auf die Bahnebene im Erdmittelpunktschneidet die Bahnebene in der Nord-Süd-Linie. Zweimal im Jahr, nämlich zur Zeit derSommer-bzw.Wintersonnwende, geht dieNord-Süd-Linie durch den Sonnenmittelpunkt. In diesemFall nennt man die Nord-Süd-Linie die Solstitiallinie.Auch zweimal im Jahr (Frühlings-ErdbahnSonneEkliptikHimmelskugelAbb.1.3.8 Entstehung der Ekliptikund Herbstanfang, Tagundnachtgleiche) liegt der Sonnenmittelpunkt auf der Äquatorlinie, dieman in diesem Fall Äquinoktiallinie nennt. Zur Zeit der Tagundnachtgleichen läuft die scheinbareSonnenbahn, von einem Ort auf dem Erdäquator aus gesehen, durch den Zenit. Wegen derunveränderlichen Erdachse sehen wir die Fixsterne, abgesehen von der täglichen Rotation, immeran der gleichen Stelle der Himmelskugel. Wegen des Umlaufs der Erde um die Sonne sehenwir von der Erde aus die Sonne aber immer an einer anderen Stelle der Himmelskugel (sieheAbb.1.3.8). Die Menge aller Orte auf der Himmelskugel, an denen die Sonne gesehen werdenkann, nennt man die Ekliptik.Die Ekliptik ist ein Großkreisauf der Himmelskugel, nämlich dieSchnittmenge von Himmelskugelund Erdbahnebene. Ekliptik undHimmelsäquator sind, bis auf kleineSchwankungen, relativ zu den Fixsternenin Ruhe. Die Schnittpunktevon Ekliptik und Himmelsäquatorsind der Frühlingspunkt Υ(auch Widderpunkt genannt, weiler im Sternbild des Widders liegt)und der Herbstpunkt. Zur Zeitdes Frühlingsanfangs steht die Sonnegenau im Frühlingspunkt, zurZeit des Herbstbeginns genau imHerbstpunkt. Steht die Sonne imhöchsten Punkt der Ekliptik (Nordhalbkugel),dannist Sommeranfang,NordpolZ90 ◦ −ϕMU 2Sonne am 22.6.HorizontΥWEkliptikSonne am 22.12.HEÄquatorMeridianS 1U 1SüdpolSAbb.1.3.9 Ekliptiksteht sie in ihren tiefsten Punkt, ist Winteranfang. In einem Jahr wandert die Sonne einmaldurch die Ekliptik.Betrachtet man Abb.1.3.9 als festes Äquatorsystem, dann rotiert die Ekliptik einmal in einemSterntag (Zeit zwischen zwei Durchgängen eines Sterns durch den Meridian) um den MittelpunktMderHimmelskugel, der Frühlingspunktdurchläuftdabei einmal den Äquator. Abb.1.3.9ist eine Momentaufnahme zu dem Zeitpunkt eines Tages, zu dem der höchste Punkt HE der Ek-9


1 Grundlagen der Astronomieliptik etwas westlich des Südpunktes steht (z.B. Sommeranfang, etwas nach Mittag). Wenn HEauf dem Meridian liegt (einmal am Tag, z.B. Sommeranfang mittags), dann fällt der FrühlingspunktΥ mit dem Westpunkt W auf dem Horizont zusammen.In Abb.1.3.9 sind auch die scheinbaren Sonnenbahnen zur Winter- und Sommersonnwende mitden Sonnenuntergangspunkten U 1 und U 2 eingezeichnet. Zur Zeit der Tagundnachtgleichenverläuft die scheinbare Sonnenbahn auf dem Himmelsäquator, die Sonne geht dann genau imOsten auf und im Westen unter.Der Winkel zwischen der Ebene der Ekliptik und der Äquatorebene ist gleich dem Winkel zwischenErdachse und dem Lot auf die Bahnebene, also ε = 23,5 ◦ .Das bewegliche ÄquatorsystemIm festen Äquatorsystem beschreibendieFixsterneParallelkreise zumÄquator. Um die Lage der Sterneeindeutig festlegen zu können,wählt man ein Koordinatensystem,in dem die Fixsterne ruhen. Da derFrühlingspunkt Υ relativ zu denSternen ruht, wird er als Bezugspunktdes beweglichen Äquatorsystemsgewählt (beweglich deshalb,weil es sich relativ zum Beobachterauf der Erde bewegt).Der Stundenkreis eines Sterns Pist der Großkreis durch den Sternund den Himmelsnord- und Südpol,den Schnittpunkt des Stundenkreisesmit dem Äquator nennen wir Q.NordpolMeridianpS 1PtδptM α Qα t ΥÄquatorAbb.1.3.10 Bewegliches ÄquatorsystemΥStundenkreisSüdpolAls Koordinaten im beweglichen Äquatorsystem wählt man die schon bekannte Deklination δund den Winkel α vom Frühlingspunkt Υ bis zu Q. Die Rektaszension α wird von Υ aus inöstliche Richtung positiv gezählt. Wie der Stundenwinkel t wird auch α im Zeitmaß zwischen0 und 24h angegeben. Die Poldistanz p ist der Winkel zwischen Stern und Nordpol auf demStundenkreis, d.h. p = 90 ◦ −δ.Die Sternzeit am Beobachtungsort ist definiert als der Stundenwinkel t Υ des Frühlingspunktes.Am Beobachtungsort ist es also 0:00:00 Sternzeit, wenn sich der Frühlingspunkt genau im Südenbefindet.Zwischen dem Stundenwinkel t undder Rektaszension α eines Sterns gilt dieBeziehung(siehe Abb.1.3.10)t Υ = t+α (1.3.10)In jeder Sternwarte gibt es Uhren, die die Sternzeit anzeigen. Sucht man einen Stern, dessenRektaszension und Deklination man einem Sternverzeichnis entnimmt, dann erhält man mit(1.3.10) den Stundenwinkel t. Den Stundenwinkel und die Deklination kann man am Fernrohreinstellen und man hat den Stern gefunden. Ein Motor ändert den Stundenwinkel des Teleskopsso, dass man den Stern dauerhaft beobachten kann.10


1 Grundlagen der AstronomieName” waagrechte“ Koordinate senkrechte“ Koordinate”Erde Länge λ (von Greenwich nach west) Breite ϕHorizont Azimut A (von S nach west) Höhe hÄquator (fest) Stundenwinkel t (von S 1 nach west) Deklination δÄquator (beweglich) Rektaszension α (von Υ nach ost) Deklination δTab.1.3.1 Überblick Koordinatensysteme1.4 Instrumente zur Beobachtung1.4.1 Die LinsengleichungLinsensindsogeschliffen, dassimIdealfallFolgendes gilt:PHf Strahlen parallel zur optischen Achsegehen durch den Brennpunkt F. Strahlen durch den Mittelpunkt derLinse werden nicht gebrochen. Alle Strahlen, die von einem PunktP ausgehend durch die Linse treten,vereinigen sich im Bildpunkt P ′ .Ein rechts von P ′ bzw. der Hauptebenestehender Beobachter sieht das von P ausgehendeLicht so, wie wenn es von P ′ ausgehenwürde.GFoptische AchsegbHauptebeneAbb.1.4.1 SammellinseHauptebenePPG′FBbfgHAbb.1.4.2 ZerstreuungslinseP ′AchseBF BrennpunktP OriginalpunktP ′ BildpunktM Mittelpunkt der LinseH Hauptebene (Ebene senkrecht auf der Achse durch M)f = MF Brennweite (negativ, wenn F links von der Hauptebene)g Gegenstandsweite (positiv, wenn P links von der Hauptebene)b Bildweite (negativ, wenn P ′ links von der Hauptebene)G Gegenstandsgröße (positiv, wenn P oberhalb der Achse)B Bildgröße (negativ, wenn P ′ unterhalb der Achse)Tab.1.4.1 Definitionen der GrößenMit den Strahlensätzen folgt aus Abb.1.4.1 und Abb.1.4.2:−BG = b gund −B G = b−ffGleichsetzen der rechten Seiten von (1.4.1) und Umformen liefert die Linsengleichung(1.4.1)1g + 1 b = 1 f(1.4.2)11


1 Grundlagen der AstronomieFürg → ∞folgtb = f,d.h.dieBildersehrweit entfernter Gegenständeliegen inderBrennebene(Ebene senkrecht auf der Achse durch F). Für g = f (nur bei der Sammellinse) gilt b → ∞, d.h.die von P ausgehenden Strahlen verlassen die Linse als paralleles Lichtbündel.12


1 Grundlagen der AstronomieBeim Hohlspiegel (Konkavspiegel) liegteine ähnliche Situation vor wie bei derSammellinse. b und f sind links vom Spiegelpositiv. Für einen ”flachen“ Spiegelgilt angenähert auch die Linsengleichung(1.4.2). Eine exakte Abbildung erreichtman mit einem Parabolspiegel (siehe Aufgaben).Ist R der Krümmungsradius desParabolspiegels im Scheitel S (Radius einerKugel, die in einer kleinen Umgebungvon S näherungsweise gleich dem Rotationsparaboloidist), dann giltPGFBP ′gAbb.1.4.3 Hohlspiegelbf HAchseSHauptebenef = R 2(1.4.3)1.4.2 FernrohreDas Kepler’sche Fernrohrbesteht auszweiSammellinsenmitdenBrennweitenf 1 undf 2 . Wir betrachten das Parallelbündel einesfernen Punktes, das unter dem Winkelα gegen die optische Achse einfällt. Dasvon der ersten Linse erzeugte Zwischenbildliegt dann in der Brennebene dieserLinse. Die zweite Linse (Okular) wird inderEntfernungf 2 vom Zwischenbildangeordnet,d.h. die vom Zwischenbild ausgehendenStrahlen verlassen das Okular alsParallelbündel, das dann vom Auge entspanntbeobachtet werden kann. Der Austrittswinkeldes Parallelbündels sei β.Wie groß ein Objekt dem Betrachter erscheint,hängt vom Tangens des Blickwinkelsab. In Abb.1.4.6 erkennt man, dassder doppelten Größe auch der doppeltef 1 f 2αBAbb.1.4.4 Keplersches Fernrohrf 1 f 2αBAbb.1.4.5 Galileisches FernrohrββTangens des Blickwinkels entspricht:tanα 2 = 2 tanα 1 (1.4.4)aAls Vergrößerung des Fernrohrs definiert man deshalbv = tanβtanαAbb.1.4.4 und Abb.1.4.5 entnimmt man(1.4.5)aα 2α 1bAbb.1.4.6tanα = B f 1und tanβ = B f 2(1.4.6)13


1 Grundlagen der AstronomieAus (1.4.5) und (1.4.6) folgt dann für die VergrößerungDas eben gewonnene Ergebnis (1.4.7)gilt auch für Spiegelteleskope. Bei diesemFernrohrtyp wird als Objektiv keineSammellinse, sondern ein Hohlspiegel verwendet.Da der Brechungsindex eines Meterialswellenlängenabhängig ist, hat eineLinse für verschiedenfarbiges Licht verschiedeneBrennweiten. Eine Linse kannalso von einem weißen Lichtpunkt keinpunktförmiges Bild erzeugen (chromatischeAberration). Dieses Manko kanndurch die Verwendung von Linsensystemenstatt einer einzigen Linse teilweiseausgeglichen werden, die Verwendung einesSpiegels ist aber einfacher.v = tanβtanα = f 1f 2(1.4.7)βBf 2BrennebeneAbb.1.4.7 Newtonsches SpiegelteleskopDie Auflösung δ eines Fernrohrs ist definiert als der minimale Winkelabstand zweier weit entfernterpunktförmiger Lichtquellen, die gerade noch getrennt beobachtet werden können. EineEinschränkung der Auflösung ist durch die Beugung des einfallenden Lichtes an der Eintrittsöffnungdes Fernrohres gegeben. Die Beugungsscheibchen der beiden Lichtpunkte können nochgetrennt werden, wenn das erste Minimum des einen Scheibchens auf das Hauptmaximum desanderen fällt. Nach der Theorie der Beugung an kreisförmigen Öffnungen gilt daher mit demObjektivdurchmesser D und der Wellenlänge λ des einfallenden Lichtsαsinδ = 1,22 λ D(1.4.8)Wegen sinδ ≈ δ für δ ≪ 1 folgtδ ≈ 1,22 λ D = 4190′ · λD(1.4.9)Die Auflösung des menschlichen Auges, bedingt durch die Beugung an der Pupillenöffnung undden Abstand der Rezeptoren auf der Netzhaut, istδ Auge ≈ 1 ′ (1.4.10)14


1 Grundlagen der Astronomie1.5.3 Der Gauß’sche SatzG(⃗r)⃗g(⃗r) = ⃗ n∑(m = − γM ) n∑ir 3 ·⃗r i = ⃗g i (⃗r) (1.5.12)i=1i=1Gravitationsfeldstärken addieren sich vektoriell! (1.5.13)Für eine radialsymmetrisch verteilte Masse ist auch das von ihr erzeugte Gravitationsfeld radialsymmetrisch(Zentralfeld), d.h. ⃗g(⃗r) zeigt an jedem Ort ⃗r zum Zentrum Z der Masse undder Betrag g von ⃗g ist nur von r = |⃗r|, nicht aber von der Richtung abhängig. Wenn M(r) diegesamte Masse innerhalb einer Kugel mit Radius r um Z bezeichnet, dann gilt für das von derradialsymmetrischen Massenverteilung erzeugte GravitationsfeldAus (1.5.14) folgt:g(r) = γM(r)r 2 (1.5.14)(Gauß’scher Satz für radialsymmetrische Felder)Befindet man sich außerhalb einer radialsymmetrischen Massenverteilung(z.B. außerhalb eines Planeten oder eines Sterns), dann herrscht dort das gleicheGravitationsfeld, das von einer Punktmasse gleicher Größe im Zentrumder Massenverteilung erzeugt würde!18


1.5.4 Das Gravitationspotential1 Grundlagen der AstronomieIm Ursprung eines Koordinatensystems ruht die Masse M. Die Kraft auf eine Masse m am Ort⃗r ist dann eine Zentralkraft (negativ, wenn nach innen gerichtet):F(r) = − γM mr 2 (1.5.15)mit r = |⃗r|. Mit W(r) bezeichnen wir die potentielle Energie der Masse m in der Entfernungr vom Ursprung. Um m mit konstanter Geschwindigkeit zu bewegen, muss die Gesamtkraftauf m verschwinden, d.h. von außen muss auf m die Kraft ⃗ F ∗ = − ⃗ F wirken. Die Arbeit,um m von ⃗r nach ⃗r + d⃗s zu verschieben, ist gleich der Änderung der potentiellen Energie:dW = − ⃗ F(⃗r)·d⃗s = −F(r)·dscosϕ} {{ }dr(1.5.16)Die Änderung der potentiellen Energie hängt nur von derradialen Wegänderung dr ab, nicht jedoch von der Richtungvon d⃗s. Für einen Weg, der auf einer Kugelfläche umZ verläuft, ist dr = 0 und somit ist die potentielle Energieauf Kugelschalen um Z konstant, die Kugelschalen sindÄquipotentialflächen .O⃗F ∗SdrϕQPd⃗s⃗rdr so klein, dass QS≈ ⌢ QSAbb.1.5.4 ZentralkraftDie Masse m wird von einem Punkt auf einer Kugelschale mit Radius r 1 zu einem Punkt aufeiner Kugelschale mit Radius r 2 verschoben. Die Änderung der potentiellen Energie bei dieserVerschiebung ist∫ r 2 ∫ r 2 [γM m∆W = − F(r)dr =r 2 dr = − γM m ] r2( 1= γM m − 1 )rrr 1 r 1r 1 r 21( 1∆W = γM m − 1 )r 1 r 2(1.5.17)(1.5.18)Wegen r im Nenner kann r = 0 nicht als Bezugspunkt für die potentielle Energie verwendetwerden. Wir wählen daher einen unendlich fernen Punkt als Bezugspunkt, d.h. W(r) ist dieÜberführungsarbeit von einem unendlich fernen Punkt (r 1 → ∞) nach r 2 = r. Mit (1.5.17) folgtdann:( ( 1W(r) = lim γM m − 1r 1 →∞ r 1 r))= − γM mr(1.5.19)Das Potential ϕ(r) des Gravitationsfeldes ist die potentielle Energie einer Masse m geteiltdurch m:ϕ(r) = W(r) oder W(r) = ϕ(r)·m (1.5.20)mAus (1.5.19) folgtϕ(r) = − γM r(Potential einer Punktmasse M) (1.5.21)An den Orten ⃗r 1 ,⃗r 2 ,.....,⃗r n befinden sich die felderzeugenden Massen m 1 ,m 2 ,.....,m n . Da dieGesamtkraft auf eine Testmasse m am Ort ⃗r gleich der Summe der Einzelkräfte ⃗ F i ist, ist19


1 Grundlagen der Astronomiedie potentielle Energie im Gesamtfeld auch gleich der Summe der potentiellen Energien in denEinzelfeldern. Nach Division durch m erhält man dann für das Gesamtpotential der n Massenϕ(⃗r) =n∑ϕ i (⃗r) =i=1n∑i=1(− γm )i= −γ ·|⃗r −⃗r i |n∑i=1m i|⃗r −⃗r i |(1.5.22)wobei |⃗r −⃗r i | die Entfernung zwischen den Massen m und m i ist.Der Energiesatz für eine Masse m in einem beliebigen Gravitationspotential ϕ(⃗r) lautetW pot (⃗r)+W kin (⃗r) = W pot (⃗r ′ )+W kin (⃗r ′ ) (1.5.23)bzw.m·ϕ(⃗r)+ m 2 v(⃗r)2 = m·ϕ(⃗r ′ )+ m 2 v(⃗r ′ ) 2 (1.5.24)oder nach Division durch mϕ(⃗r)+ 1 2 v(⃗r)2 = ϕ(⃗r ′ )+ 1 2 v(⃗r ′ ) 2 (1.5.25)Die Geschwindigkeit v Flucht , die man einem Körper an der Oberfläche eines Planeten (Masse M,Radius R) mindestens erteilen muss, damit er den Planeten vollständig verlassen kann, heißtFluchtgeschwindigkeit. ”Vollständig verlassen“ bedeutet, dass der Körper im Unendlichennoch mit einer Geschwindigkeit v ∞ ≥ 0 ankommt. Damit muss auch die kinetische Energie desKörpers im Unendlichen noch größer oder gleich Null sein:Energiesatz:W kin (R)+W pot (R) = W kin (∞)+W pot (∞)} {{ }0(1.5.26)W kin (∞) = W kin (R)+W pot (R) ≥ 0 (1.5.27)Verläßt der Körper den Planeten an seiner Oberfläche mit der Geschwindigkeit v 0 , dann folgtaus (1.5.27)) als Bedingung für das Verlassen des PlanetenoderW kin (∞) = m 2 v2 0 − γM mR ≥ 0 (1.5.28)v 0 ≥√2γMR =: v Flucht (1.5.29)Für die Erde ist die Fluchtgeschwindigkeit√2·6,672·10 −11 m 3·5,98·10kgs 24 kgv Flucht =2 6,378·10 6 = 11,2 km m s(1.5.30)1.6 UmlaufbahnenEin grundlegendes Problem der Himmelsmechanik ist die Berechnung der Bahnen von zweiKörpern, die über die Gravitation in Wechselwirkung miteinander stehen (Zweikörperproblem).Beispiele für das Zweikörperproblem sind Doppelsterne und die Systeme Sonne-Erde,Erde-Mond und Erde-Satellit.20


1 Grundlagen der Astronomie1.6.1 Kreisförmige BahnenWir beschreiben die Bewegung der beiden Körper mitden Massen m 1 und m 2 in einem System, in dem derSchwerpunkt S der beiden Körper ruht. Zunächst nehmenwiran,dassdieUmlaufbahnenderbeidenKörperum den Schwerpunkt S Kreise mit den Radien r 1 undr 2 sind.DergrundlegendeAnsatzfürkreisförmigeUmlaufbahnenistZentripetalkraft = Gravitationskraft (1.6.1)m 2Sr 2m 1r 1rBeachte, dass der Radius der Kreisbahnen nicht gleichder Entfernung der beiden Massen ist!AusfolgtAus (1.6.1) folgt dannAbb.1.6.1 Umlaufbahnm 1 ·r 1 = m 2 ·r 2 und r = r 1 +r 2 (1.6.2)r 1 = m 2rm 1 +m 2und r 2 = m 1rm 1 +m 2(1.6.3)m 2 v 2 2r 2= γm 1m 2r 2 (1.6.4)Mitv 2 = 2r 2π(1.6.5)Tfolgt (T ist die Umlaufdauer)4π 2 r 2T 2 = γm 1r 2 (1.6.6)Einsetzen von (1.6.3) in (1.6.6) ergibt das 3. Kepler’sche Gesetz:Für m 1 ≫ m 2 gilt m 1 +m 2 ≈ m 1 und r 2 ≈ r.r 3T 2 = γ(m 1 +m 2 )4π 2 (1.6.7)21


1.6.2 Ellipsen als BahnkurvenAuf die Masse m 2 wirkt die Kraft1 Grundlagen der AstronomieMit (1.6.3) folgt⃗F = m 2 ¨⃗r2 = − γm 1m 2r 3 ·⃗r (1.6.8)¨⃗r = − γ(m 1 +m 2 )r 3 ·⃗r (1.6.9)Die kinetische Gesamtenergie der beiden Massen istW kin = m 12 v2 1 + m 22 v2 2 (1.6.10)Die Geschwindigkeiten verhalten sich wie die Radien,d.h.v 1= r 1 (1.6.2)= m 2(1.6.11)v 2 r 2 m 1Für die Geschwindigkeit v der Masse m 2 im Systemder Masse m 1 giltvv 1= r r 1undAus (1.6.10), (1.6.3) und (1.6.12) folgtvv 2= r r 2(1.6.12)m 2⃗v 2ϑ⃗r 2SA⃗r 1 ⃗v 1m 1⃗r = −−−−→ m 1 m 2 = ⃗r 2 −⃗r 1Abb.1.6.2 Im Schwerpunktsystemm 2⃗v⃗rϑAm 1Abb.1.6.3 Im System von m 1PPMit der Gesamtmasseund der reduzierten Massegilt dannW kin =m 1 m 22(m 1 +m 2 ) v2 (1.6.13)M = m 1 +m 2 (1.6.14)m = m 1m 2m 1 +m 2(1.6.15)W kin = m 2 v2 , (1.6.16)M ·m = m 1 ·m 2 (1.6.17)undv 1 = m 2M v und v 2 = m 1M v (1.6.18)Damit ist die potentielle Energie der beiden MassenW pot = − γm 1m 2r= − γM mrDer Drehimpuls ⃗ L einer Masse m am Ort ⃗r mit der Geschwindigkeit ⃗v ist definiert durch(1.6.19)⃗L = m·⃗r ×⃗v (1.6.20)Der Gesamtdrehimpuls der beiden Massen im Schwerpunktsystem ist⃗L = m 1 ·⃗r 1 ×⃗v 1 +m 2 ·⃗r 2 ×⃗v 2 == m 1 · m2(M ⃗r × m2)M ⃗v +m 2 · m1(M ⃗r × m1)M ⃗v == m·⃗r ×⃗v (1.6.21)22


1 Grundlagen der AstronomieDer Gesamtdrehimpuls eines abgeschlossenen Systems ist wie der Impuls und die Energie eineErhaltungsgröße, d.h. es gilt ⃗ L = konst.Fassen wir die bisherigen Ergebnisse zusammen:Im Schwerpunktsystem Im System von m 1¨⃗r 2 = − γm 1r 3 ·⃗r ¨⃗r = −γMr 3 ·⃗r (1.6.22)W = − γm 1m 2r+ m 12 v2 1 + m 22 v2 2 W = − γM m + m r 2 v2 (1.6.23)⃗L = m 1 ·⃗r 1 ×⃗v 1 +m 2 ·⃗r 2 ×⃗v 2⃗ L = m·⃗r ×⃗v (1.6.24)Der Tabelle entnimmt man, dass folgende Aufgabenstellungen gleichwertig sind: Die beiden Massen m 1 und m 2 umrunden den gemeinsamen Schwerpunkt. Die Masse m = m 1m 2m 1 +m 2umrundet die festgehaltene Masse M = m 1 +m 2 .Man rechnet natürlich im System von m 1 , da dort die Gleichungen einfacher sind. Anschließendkann man die Lösung wieder ins Schwerpunktsystem umrechnen. Ist m 1 ≫ m 2 , dann ist man oftnur an der Lösung im System des schweren Zentralkörpers interessiert. So gibt man die Bahneines Planeten meistens im System der Sonne an, die Bahnen der beiden etwa gleich schwerenKomponenten eines Doppelsterns dagegen im Schwerpunktsystem.Die Lösung ⃗r(t) der Bewegungsgleichung (1.6.22) ist nicht in geschlossener Form angebbar, aberman kann die Gleichung r(ϑ) der Bahnkurve berechnen. Das Ergebnis lautet:r(ϑ) =p1+e cosϑ(1.6.25)(1.6.25) (1. Kepler’sches Gesetz) ist für nicht zugroße Energiewerte (siehe später) die Gleichung einerEllipse. Den Punkt P (ϑ = 0) nennt man bei Umlaufbahnenum die Sonne den Perihel (sonnennächsterPunkt), A (ϑ = 180 ◦ ) den Aphel (sonnenfernsterPunkt). Der Ort der Masse M ist ein Brennpunktder Ellipse. r 0 = r(0) ist die Entfernung des Perihelsvon der Zentralmasse M, v 0 sei die Geschwindigkeitvon m im Perihel. a und b in Abb.1.6.4 nenntman die große und die kleine Halbachse der Ellipse.bAaAbb.1.6.4 Ellipsem⃗rM ϑd r 0⃗v 0PDa der Drehimpuls eine Konstante ist, kann sein Betrag durch die Daten im Perihel ausgedrücktwerden:L = mr 0 v 0 (1.6.26)Die drei folgenden Formeln werden ohne Herleitung angegeben. Für die Konstante p in (1.6.25)giltp = L2γM m 2 = r2 0 v2 0γM(1.6.27)Die Konstante e in (1.6.25) heißt numerische Exzentrizität und es iste = r 0v 2 0γM−1 (1.6.28)23


1 Grundlagen der AstronomieDie Entfernung d des Brennpunktes vom Mittelpunkt der Ellipse nennt man die lineare Exzentrizität:d = e·a (1.6.29)Aus (1.6.25) und Abb.1.6.4 erhält manund es folgtr 0 = a−ea = a(1−e) und r 0 = r(0) = p1+e(1.6.30)p = a(1−e 2 ) = r 0 (1+e) (1.6.31)Aus (1.6.29) und dem Kosinussatz folgt (sieheAbb.1.6.5, Herleitung z.B. mit MAPLE)d.h.r 1 +r 2 = 2a (1.6.32)Die Ellipse ist der geometrische Ort allerPunkteQ,derenEntfernungssummezuzwei festen Punkten F 1 und F 2 (den beidenBrennpunkten) konstant ist.(1.6.33)Qr 2 r 1ϑF 1 F 2 r 02eaAbb.1.6.5 EllipseAus (1.6.32) und Abb.1.6.6 folgt r = a und somit fürdie kleine Halbachse√b = a 1−e 2 (1.6.34)rbrFür e = 0 giltF 1 F 2ea ear 0r(ϑ) = p = a = b (1.6.35)und die Ellipse entartet zum Kreis.Abb.1.6.6 Berechnung von bDie Fläche dA, die vom Vektor ⃗r(t) in der kleinen Zeitdt überstrichen wird, istdA = 1 2 r(t)·h = 1 r(t)r(t+dt) sindϑ (1.6.36)2Wegen r(t+dt) ≈ r(t) und sindϑ ≈ dϑ istAndererseits giltdA = 1 2 r(t)2 dϑ (1.6.37)vdtQαβ⃗r(t+dt)dA ⃗r(t)dϑ QαϑFPvdtPh βh = vdt·sinβ (1.6.38)Abb.1.6.7 Flächenelementund wegenfolgtsinβ = sin(180 ◦ −α) = sinα (1.6.39)dA = 1 r(t)vdt·sinα (1.6.40)224


1 Grundlagen der AstronomieAus (1.6.20) folgt für den konstanten Betrag des DrehimpulsesAus (1.6.40) erhält man mit (1.6.41)L = | ⃗ L| = mvr sinα (1.6.41)dA = 1 2Ldt (1.6.42)mWegen der Konstanz des Drehimpulses gilt also derFlächensatz oder das 2. Kepler’sche Gesetz:Der Vektor ⃗r(t) überstreicht in gleichenZeiten gleiche Flächen.(1.6.43)t 1A 1A 2Ft 4t 2t 3Die gesamte Fläche der Ellipse ist nach (1.6.37) und(1.6.25)t 4 −t 3 = t 2 −t 1A 1 = A 2A = p22∫ 2π0Abb.1.6.8 Flächensatzdϑ2= abπ (1.6.44)(1+ecosϑ)Die Auswertung des Integrals in (1.6.44) gelingt z.B. mit MAPLE. Aus (1.6.42) folgtmit der Umlaufdauer T. Mit (1.6.26) folgtAus (1.6.46) folgt mit (1.6.31), (1.6.34) und (1.6.27)A = LT = abπ (1.6.45)2mT = 2abπr 0 v 0(1.6.46)a 3T 2 = γM4π 2 (1.6.47)d.h. das 3. Kepler’sche Gesetz gilt auch für elliptische Umlaufbahnen.Wir haben schon bemerkt, dass r(t) und damit auch ϑ(t) nicht in geschlossener Form dargestelltwerden kann, allerdings kann man t(ϑ) in Form eines Integrals darstellen. Start zur Zeit t = 0bei ϑ = 0 vorausgesetzt, gilt wegen des FlächensatzesA(t)A(T) = t T(1.6.48)Wie in (1.6.44) folgt dann nach kleinen Umformungent(ϑ) = TA(T) ·A(t) = T (1−e2 ) 3 22π∫ ϑdϑ·(1+ecosϑ) 2 (1.6.49)Im Perihel (r 0 , v 0 ) und im Aphel (r 1 , v 1 ) ist der Winkel α zwischen ⃗r und ⃗v gleich 90 ◦ . Aus derDrehimpulserhaltung und (1.6.41) folgt dann0r 0 v 0 = r 1 v 1 (1.6.50)25


1 Grundlagen der AstronomieDamit ist die Gesamtenergie des Systems der beiden Massen M und mAus (1.6.52) und (1.6.30) folgt dannW = m 2 v2 1 − γM m = m r 1 2(= r2 0r12 · W + γM m )r 0} {{ }m2 v2 0r02r12v 2 0 − γM mr 1=− γM mr 1== r2 0r12 ·W + γM mr 0r12 − γM m(1.6.51)r 1( )W 1− r2 0r12 = γM m(r 0 −r 1 )r12W (r 1 −r 0 )(r 1 +r 0 ) = γM m(r} {{ } 0 −r 1 ) (1.6.52)2aW = − γM m2aγM m(1−e)= − (1.6.53)2r 0Aus dem Energiesatzerhält man mit (1.6.53)W = m 2 v2 − γM mrv 2 = γM= − γM m2a( 2r − 1 a)(1.6.54)(1.6.55)Mit(1.6.55) kannmanbeiKenntnisdergroßenHalbachseadieGeschwindigkeit desumlaufendenKörpers in jedem Bahnpunkt berechnen. Für ϑ = 0 folgt aus (1.6.55) und (1.6.30)( 2v0 2 = γM − 1 ) ( 2= γM − 1−e )γM (1+e)= (1.6.56)r 0 a r 0 r 0 r 0und damitv 0 =√γM (1+e)r 0(1.6.57)v 4 = √ 2v 5 = 1,54Aus (1.6.53) folgt sehr schnell die Geschwindigkeitv K für eine Kreisbahn (r = r 0 = a):v K =√γMr 0(1.6.58)v 3 = 1,3v 2 = 1−61Ebenfalls erhält man aus (1.6.53) mit a → ∞die Fluchtgeschwindigkeit v F :v 1 = 0,5v F =√2γMr 0= √ 2·v K (1.6.59)M = 1r 0 = 1Für v 0 = v F ist die Bahnkurve eine Parabel,für v 0 > v F eine Hyperbel.Abb.1.6.9 Umlaufbahnen26


1 Grundlagen der AstronomieEs gilt folgende Bahnklassifizierung (siehe Abb.1.6.9, die Masse M befindet sich im Koordinatenursprung):e = −1 v 0 = 0 W = − γM mr 0−1 < e < 0 0 < v 0 < v KGerade− mα22L 2 < W < 0 Ellipse(v 1 in Abb.1.6.9)e = 0 v 0 = v K W = − mα22L 2 Kreis (v 2 in Abb.1.6.9)0 < e < 1 v K < v 0 < v F − mα22L 2 < W < 0 Ellipse(v 3 in Abb.1.6.9)e = 1 v 0 = v F W = 0 Parabel (v 4 in Abb.1.6.9)e > 1 v 0 > v F W > 0 Hyperbel (v 5 in Abb.1.6.9)Tab.1.6.1 BahnklassifizierungZusammenfassung der Keplergesetze:Fassung von KeplerKepler 1 Die Planeten bewegen sich auf Ellipsen, inderen einem Brennpunkt die Sonne steht.Kepler 2 Der Vektor ⃗r(t) überstreicht in gleichen Zeitengleiche Flächen.exakte Fassungr(ϑ) =p1+ecosϑ⃗L = m⃗r ×⃗v = konst.Kepler 3 Die Quadrate der Umlaufszeiten verhaltensich wie die dritten Potenzen der großenHalbachsen.a 3T 2 = γM4π 2Tab.1.6.2 Die Kepler’schen Gesetze1.7 Astronomische Zeitrechnung1.7.1 Das JahrEin siderisches Jahr a sid ist die Zeitspanne zwischen zwei Durchgängen der Sonne durch dengleichen PunktdesFixsternhimmels.a sid istsomitdieUmlaufdauerderErdeumdieSonne(Perihelbis Perihel), betrachtet in einem nichtrotierenden, relativ zur Sonne ruhendenBezugssystem.Dieses Bezugssystem ist wegen der großen Masse der Sonne und wegen der langen Umlaufsdauerder Sonne um das galaktische Zentrum annähernd ein Inertialsystem. a sid ist also maßgeblich fürBerechnungenderArt ”Zentripetalkraft = Gravitationskraft“.Wegen derStörungenderanderenPlaneten weicht die exakte Zeitspanne zwischen zwei Periheldurchgängen (das anomalistischeJahr) etwas von a sid ab.a sid = 365,25636042d = 31558149,53s (1.7.1)Ein tropisches Jahr a trop ist die Zeitspanne zwischen zwei Durchgängen der Sonne durch denFrühlingspunkt. Wegen der Präzession der Erdachse verschiebt sich der Frühlingspunkt langsam(ca. 50,3 ′′ pro Jahr) entgegen der Erdbewegung, d.h. das tropische Jahr ist etwas kürzer als dassiderische Jahr:a trop = 365,24219879d = 31556925,98s (1.7.2)27


1 Grundlagen der AstronomieDie Jahreszeiten und der Kalender sind an das tropische Jahr gekoppelt. Aus praktischenGründen (ganze Anzahl von Tagen) verwendet man im täglichen Leben das bürgerliche Jahr(1a = a bürg = 365,2425d = 365+ 1 4 − 3 )d (1.7.3)400Aus dieser Definition folgt, dass alle vier Jahre ein Schalttag eingefügt wird (Jahreszahl durchvier teilbar), außer in Hunderterjahren, deren Jahreszahl nicht durch 400 teilbar ist (PapstGregor XIII).1.7.2 Sterntag und SonnentagEin Sterntag ist die Zeit zwischen zwei Meridiandurchgängendes gleichen Sterns, ein Sonnentag (genauerein wahrer Sonnentag“) ist die Zeit zwischen”zwei unteren Kulminationen der Sonne. Wegen derellipsenförmigen Umlaufbahn der Erde um die Sonnemit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und derSchiefe der Erdachse sind Sonnentage unterschiedlichlang. In Abb.1.7.1 ist die Zeit zwischen 1 ❥ und 2 ❥ einSterntag, die Zeiten zwischen 1 ❥ und 3 ❥ bzw. zwischen4❥und 5 ❥ sind Sonnentage. Man entnimmt der Abbildung,dass die Sterntage kürzer sind als die Sonnen-54Sonne32Abb.1.7.1 Sterntag und Sonnentag1tage. Die Ungleichheit der Sonnentage macht sie als Zeitmaß unbrauchbar. Man hat daher denmittleren Sonnentag als Mittelwert aller wahren Sonnentage definiert, den wir einfach alsTag“ bezeichnen. Die Sekunde wurde so definiert, dass 86400s genau einen mittleren Sonnentagergeben. Die wahre Sonnenzeit ist der Stundenwinkel des Sonnenmittelpunktes plus 12h,”das ist die Zeit, die von einer Sonnenuhr angezeigt wird.Die mittlere Sonnenzeit ist einfach unsere linearablaufende Zeit mit dem mittleren Sonnentag als Einheit.Die Differenz zwischen wahrer undmittlerer Sonnenzeitnennt man Zeitgleichung:1000 ∆t[s]800600Zeitgleichung = wahre Zeit−mittlere Zeit (1.7.4)Extremwerte der Zeitgleichung:12.02. −14,4min15.05. +3,8min27.07. −6,3min04.11. +16,4min4002000-200-400-600-80050 200300t[d]Tab.1.7.1 ZeitgleichungAbb.1.7.2 ZeitgleichungDie Zahl der Sterntage eines tropischen Jahres ist genau um eins größer als die Zahl der Sonnentage.Ein Sterntag ist dann nach (1.7.1)d sid = 365,25636042d366,25636042= 23h56min4,09s (1.7.5)Die Weltzeit (WZ) oder Universal Time (UT) ist die mittlere Sonnenzeit an einem Ort aufdem Nullmeridian. Die Mitteleuropäische Zeit (MEZ) ist die mittlere Sonnenzeit zwischen7,5 ◦ und 22,5 ◦ östlicher Länge, also bei uns: MEZ = WZ+1h.28


2 Das Sonnensystem2.1 Aufbau des SonnensystemsBesondere Lagen von Planetenrelativ zur Erde:❥1 : Opposition❥2 : Konjunktion❥3 : untere Konjunktion❥4 : obere Konjunktion❥5 : größte westliche Elongation❥6 : größte östliche Elongation❥7 : westliche Quadratur❥8 : östliche Quadraturα : ElongationswinkelDer Winkel ϕ zwischen Erde, Planetund Sonne heißt Phasenwinkel.Dieser Winkel gibt Aufschluss,welcher Bruchteil der von der Erdeaus sichtbaren Planetenscheibevon der Sonne beleuchtet wird (sieheAufgaben).❥7äußerer PlanetErdbahninnerer Planet❥5❥1❥3 Sonneα ϑ❥42 ❥❥8❥6ϕBlick in N-S-Richtung, d.h. aufden N-Pol der ErdeAbb.2.1.1 Lagen der Planeten relativ zur ErdeDie synodische Umlaufszeit T syn eines Planeten ist die Zeitzwischen zwei aufeinanderfolgenden unteren Konjunktionen(für einen inneren Planeten) bzw. die Zeit zwischen zweiaufeinanderfolgenden Oppositionen (für einen äußeren Planeten).Die synodische Umlaufzeit ist von der Erde aus direktbeobachtbar. Die siderische Umlaufszeit T sid ist dieZeit für einen vollen Umlauf, betrachtet in einem Inertialsystem.Von der Sonne aus gesehen befindet sich der Planetnach T sid wieder am gleichen Ort relativ zu den Fixsternen.T sid ist maßgeblich für die Berechnung der Winkelgeschwindigkeitund der Zentripetalkraft!ErdbahnSonne❥1ϑ❥2Abb.2.1.2 Äußerer PlanetWir leiten eine Beziehung zwischen T syn und T sid für einen äußeren Planeten her. In Abb.2.1.2legt der Planet in der Zeit T syn den Winkel ϑ P = ϑ zurück, in der gleichen Zeit überstreicht dieErde den Winkel ϑ E = 2π +ϑ P . Mit den Winkelgeschwindigkeitenfolgt dannω P = 2πT sidund ω E = 2πT sid,Erde(2.1.1)ω E ·T syn = ω P ·T syn +2π (2.1.2)2π·T syn = 2π ·T syn +2πT sid,Erde T sid(2.1.3)29


2 Das Sonnensystem1T sid=1− 1(2.1.4)T sid,Erde T syn(äußerer Planet)Genauso beweist man (Aufgabe!) für einen inneren Planeten1T sid=1+ 1(2.1.5)T sid,Erde T syn(innerer Planet)Da die siderischen Umlaufszeiten im dritten Kepler’schen Gesetz vorkommen, kann man mit ihrerKenntnis die Verhältnisse der großen Halbachsen aller Planetenbahnen annähernd berechnen( ”annähernd“ wegen M = M Sonne +M Planet ≈ M Sonne ). Um die absoluten Größen der Halbachsenzu erhalten, muss mindestens eine Halbachse mit einer anderen Methode gemessen werden.1672 hat Cassini die Entfernung des Mars von der Erde trigonometrisch bestimmt (Winkel vonzwei Orten auf der Erde aus gemessen) und damit aus dem bekannten Verhältnis der großenHalbachsen auch deren wahre Werte ermittelt. Eine weitere Methode ist die Messung der EntfernungVenus-Erde bei einem Durchgang der Venus vor der Sonnenscheibe (Venus in untererKonjunktion, siehe Aufgaben). Man kann auch direkt den Winkel messen, den zwei Punkteder Erde mit dem Sonnenmittelpunkt einschließen (Parallaxe) und daraus die Entfernung Erde-Sonne berechnen. Alle diese Methoden sind relativ ungenau, da sehr kleine Winkel gemessenwerden müssen. Heute schickt man Radarsignale zur Venus und zum Mars und misst die Zeitbis zur Rückkehr der reflektierten Signale. Wegen der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit undder sehr präzisen Zeitmessungen erhält man damit auch sehr genaue Entfernungen.Die Masse der Sonne berechnet sich mit dem 3. Kepler’schen Gesetz aus Umlaufszeit und großerHalbachse eines Planeten. Entsprechend findet man die Planetenmassen aus den Bahndaten ihrerMonde oder von Raumsonden. Erschwerend kommt zu all diesen Berechnungen hinzu, dassdie beiden betrachteten Himmelskörper nicht isoliert sind, sondern auch die Einflüsse aller anderenKörper des Sonnensystems mit berücksichtigt werden müssen. Dies führt auf kompliziertenumerische Rechnungen, da eine analytische Lösung für mehr als zwei Körper unter gegenseitigemgravitativen Einfluss nicht existiert.30


2.2 Eigenschaften der Planeten2 Das SonnensystemDie kleinen Planeten Merkur, Venus,Erde, Mars und Pluto bestehenim Wesentlichen aus einem Eisenkernund einer festen Silikatkruste.Die schweren Planeten Jupiter,Saturn, Uranus undNeptun sind sogenannteGasriesen. Sie haben nureinen sehr kleinen festen Kern (fastkein Eisen) und sind sonst flüssigbzw. gasförmig. Die Dichte der Gasriesenist wesentlich kleiner als dieDichte der festen Planeten. Die Radiusangabebei den Gasriesen beziehtsich auf einen Bereich mitdem Druck 1bar. Das Material derfesten Planeten (schwere Elemente)stammt aus einer Supernova-Explosion, die Gasriesen bestehenhauptsächlich aus leichten Elementen,die kurz nach dem Urknall gebildetwurden, vor allem aus Wasserstoffund Helium.UranusNeptunJupiterSaturnErde, VenusMarsMerkurPlutoAbb.2.2.1 Größenverhältnisse der PlanetenPlanet T sid M RÄquator T rot,sid ̺ gd kg km hgcm 3Merkur 87,968 3,302·10 23 2439 1407,6 5,427 3,70Venus 224,695 4,869·10 24 6052 5832,5 5,204 8,87Erde 365,256 5,975·10 24 6378 23,9345 5,520 9,78Mars 686,980 6,419·10 23 3393 24,6229 3,933 3,69Jupiter 4330,595 1,8986·10 27 71492 9,925 1,326 23,12Saturn 10746,94 5,6846·10 26 60268 10,500 0,687 8,96Uranus 30588,740 8,683·10 25 25559 17.24 1.318 8,69Neptun 59799,9 1,0243·10 26 24766 16,11 1,638 11,00Pluto 90591 1,25·10 22 1137 153,2928 2,050 0,66Tab.2.2.1 Eigenschaften der Planetenms 2Die Stabilität der Planetenatmosphären hängt davon ab, ob die Geschwindigkeit der Molekülein der oberen Atmosphäre größer oder kleiner der Fluchtgeschwindigkeit ist. Eine Atmosphäreist umso stabiler, je schwerer der Planet, je kleiner die Temperatur und je größer die Masse derAtmosphärenmoleküle ist (siehe Aufgaben).Die Planeten und ihre Monde im Einzelnen:Genauere Erklärungen des Zustandekommens der Temperaturwerte folgen im Kapitel über dieSonne.1. MerkurMerkur hat eine sehr dünne Atmosphäre aus Wasserstoff und Helium, die wahrscheinlich32


2 Das Sonnensystemdurch den Sonnenwind immer wieder aufgefrischt wird. Die Rotationsdauer von Merkurbeträgt genau 2 3seiner Umlaufzeit, was wohl auf einen Resonanzeffekt in der kompliziertenGravitations- und Gezeitenwechselwirkung zwischen Sonne und Merkur zurückzuführenist. Eine Seite Merkurs hat eine ziemlich zertrümmerte Oberfläche, was von einem Meteoriteneinschlagauf der anderen Seite des Planeten herrührt (Schockwelle durch denPlaneten). Auf Merkur ist es ungemütlich: ca. 400 ◦ C bis 700 ◦ C auf der Tagseite und-160 ◦ C auf der Nachtseite.2. VenusVenus ist in eine dichte, wolkenreiche Atmosphäre mit hohen Anteilen von CO 2 und SO 3gehüllt. Der Atmosphärendruck an der Venusoberfläche ist ca. 90-mal so groß wie der Luftdruckan der Erdoberfläche. Starker Treibhauseffekt (bis zu 480 ◦ C an der Oberfläche). DieRotationsdauer der Venusatmosphäre beträgt ungefähr 6d. Verglichen mit der Rotationsdauerdes Planeten (243d) ergeben sich erhebliche Windgeschwindigkeiten. Die Rotationder Venus ist retrograd, d.h. auf Venus geht die Sonne im Westen auf und im Ostenunter.3. ErdeDiesen Planeten kennen wir ja. Eine Beschreibung des Erdmondes erfolgt im nächstenKapitel.4. MarsDie Rotationsachse des Marses hat gegen das Lot auf die Bahnebene eine ähnliche Neigungwie die Erde (25 ◦ 12 ′′ ), d.h. auf dem Mars gibt es auch Jahreszeiten. Wegen der sehrdünnen Atmosphäre (p ≈ 6hPa) und fehlender Meere ist das Klima auf dem Mars nichtso ausgeglichen wie auf der Erde: −140 ◦ C im südlichen Polarwinter bis 20 ◦ C am Äquatorim Sommer. Der Mars hat dünne Polarkappen aus Wassereis und Kohlendioxidschnee, diejahreszeitlich bedingt stark in ihrer Größe schwanken.Mars wird von zwei sehr kleinen, unregelmäßig geformten Monden umrundet, Phobosund Deimos.T sid a e M/M Planet Rd km kmPhobos 0,31891 9378 0,015 1,5·10 −8 13,5×10,8×9,4Deimos 1,26244 23459 0,0005 3,0·10 −9 7,5×6,1×5,5Tab.2.2.2 MarsmondeDie Raumsonde Mariner 4 flog 1965 in ca. 10000km Entfernung am Mars vorbei undsendete 21 Aufnahmen zur Erde. Weitere Sonden (Mariner 6 und Mariner 7 im Jahr1969 und Mariner 9 im Jahr 1971) lieferten tausende von hochauflösenden Aufnahmen derMarsoberfläche. Erste weiche Landung einer Sonde auf dem Mars 1976 (Viking 1 im Juli,kurz darauf Viking 2 im August).5. JupiterAn der Jupiteroberfläche ist eine bänderartige Wolkenstruktur parallel zum Äquator zubeobachten. Die einzelnen Bänder habenz.T. große Relativgeschwindigkeiten. EineweitereBesonderheit auf Jupiter ist der Große Rote Fleck, ein gigantisches Wirbelsturmgebietvon der Größe der Erde, das schon mindestens seit der Erfindung des Fernrohres (1609)existiert.Wegen der für seine Größe sehr hohen Rotationsgeschwindigkeit zeigt Jupiter eine deutlich33


2 Das Sonnensystemsichtbare Abplattung:Abplattung = R Äquator −R PolRÄquator= 116,4(2.2.1)Jupiter hat 16 Monde, davon vier große. Die Massen der zwölf kleineren Monde sind umvier Größenordnungen kleiner als die der großen Trabanten.T sid a e M/M Planet Rd 1000km kmIo 1,769138 422 0,004 4,68·10 −5 1815Europa 3,551181 671 0,009 2,52·10 −5 1569Ganymed 7,154553 1070 0,002 7,80·10 −5 2631Callisto 16,689018 1883 0,007 5,66·10 −5 2400Tab.2.2.3 Die großen JupitermondeDie vier großen Monde des Jupiter hat schon Galilei (1610) entdeckt. Die meisten Datenüber Jupiter und seine Monde erhielt man durch Raumsonden: Pioneer 10 (1973), Pioneer11 (1974), Voyager 1 und 2 (1979) und durch die Sonde Galileo, die am 18.10.89 starteteund Jupiter nach komplizierten Swing-By-Manövern am 7.12.95 erreichte.Der innerste Mond Io ist starken Gezeitenkräften ausgesetzt, die sein Inneres erwärmen.Io ist deshalb der vulkanisch aktivste Himmelskörper im Sonnensystem. Die von den Vulkanenhochgeschleuderten, zum Teil ionisierten Atome treten mit dem starken MagnetfeldJupiters in Wechselwirkung. Durch diesen gigantischen Dynamo wird ein geschlossenerStromkreis zwischen Io und Jupiter aufrecht erhalten.Der wohl interessanteste Mond im Sonnensystem ist der von einer kilometerdicken Eiskrusteüberzogene Europa. Es wird vermutet, dass sich unter dem Eis ein Ozean befindet. Inder Nähe von unterseeischen Vulkanen könnte es auf Europa Bedingungen für Lebensformengeben, die in den siebziger Jahren in der Tieefsee auf der Erde entdeckt wurden. Eshandelt sich hierbei um Bakterien und Röhrenwürmer, die ihre Energie aus einer Chemosyntheseund nicht aus der Photosynthese ziehen. Die NASA hat ihre Galileimission zurgenaueren Erforschung Europas um zwei Jahre, d.h. bis 1999, verlängert.6. SaturnSaturn hat die größte Abplattungaller Planeten im Sonnensystem(1:10,4), zum Vergleichdie Abplattung der Erde:1:298.Das hervorstechendste MerkmalSaturns ist sein beeindruckendesRingsystem, dasausvielenkleinenKörpernderGrößen von 0,001m bis 10mbesteht. Das Ringsystem desSaturns hat bei einem Durch-Cassini-TeilungAbb.2.2.2 Saturn60268km138800kmmesser von 277600km nur eine Dicke von ca. 1km. Saturn hat 17 Monde. Die Eigenschaftender größeren Monde sind in folgender Tabelle zusammengefasst:34


2 Das SonnensystemT sid a e M/M Planet Rd 1000km kmMimas 0,942422 185,52 0,0202 8,0·10 −8 196Enceladus 1,370218 238,02 0,00452 1,3·10 −7 250Thetys 1,887802 294,66 0,00000 1,3·10 −6 530Dione 2,736915 377,40 0,002230 1,85·10 −6 560Rhea 4,517500 527,04 0,00100 4,4·10 −6 765Titan 15,945421 1221,83 0,029192 2,38·10 −4 2575Hyperion 21,276609 1481,1 0,104 3·10 −8 205×130×110Iapetus 79,330183 3561,3 0,02828 3,3·10 −6 730Tab.2.2.4 Die großen Saturnmonde7. UranusUranus wurde 1781 von W. Herschel entdeckt. Uranus ist kleiner als Jupiter, aber vonähnlichem Aufbau. Uranus hat 15 Monde.T sid a e M/M Planet Rd 1000km kmAriel 2,520379 191,02 0,0034 1,8·10 −5 579Umbriel 4,144177 266,30 0,0050 1,2·10 −5 586Titania 8,705871 435,91 0,0022 6,8·10 −5 790Oberon 13,463239 583,52 0,0008 6,9·10 −5 762Miranda 1,413479 129,39 0,0027 0,2·10 −5 240Tab.2.2.5 Die großen Uranusmonde8. NeptunLeverrier und Adams berechneten aus Bahnstörungen des Uranus die Bahn eines weiterenPlaneten, der dann 1846 von Galle entdeckt wurde. Neptun hat acht Monde.T sid a e M/M Planet Rd 1000km kmTriton 5,876854 354,77 < 0,1 2,09·10 −4 1350Nereid 360,2 5513 0,7483 2·10 −7 170Tab.2.2.6 Die großen Neptunmonde9. PlutoAufgrund von Störungen der Neptunbahn wurde ein weiterer Planet vorhergesagt, derdann 1930 von Tombaugh auf Fotoplatten entdeckt wurde (allerdings nicht am vorhergesagtenOrt). Die Bahn von Pluto ist in vielerlei Hinsicht extrem: größte Halbachse, größteUmlaufdauer, größte Inklination und größte Exzentrizität. Die Plutobahn verläuft teilweisesogar innerhalb der Neptunbahn, wegen der großen Inklination gibt es aber keineSchnittpunkte der Bahnen. Pluto hat einen Begleiter, Charon, der das größte VerhältnisMondmassePlanetenmasseim ganzen Sonnensystem hat.35


2 Das SonnensystemT sid a e M/M Planet Rd km kmCharon 6,3872 19,13 0,0 0,15 593Tab.2.2.7 Plutomond2.3 Der MondDie Erde hat einen Begleiter, ”den“ Mond. Zu den Bahndaten vergleiche Abb.2.1.3, wobei mansich am Ort der Sonne die Erde denken muss.a e i T sid M R384400km 0,0549 5 ◦ 9 ′ 27,32166d 7,35·10 22 kg 1738kmTab.2.3.1 Eigenschaften des ErdmondesDer erdnächste Punkt des Mondes ist das Perigäum, der erdfernste Punkt das Apogäum. DerMond führt eine gebundene Rotation aus, d.h. T sid,rot = T sid . Daher zeigt der Mond einemBeobachter auf der Erde immer die gleiche Seite. Der Grund für die gebundene Rotation desMondes ist wahrscheinlich die Gezeitenreibung in der Frühphase des Mondes, als er noch nichtvollständig erkaltet war. Bedingt durch Störungen der Mondbahn und durch den Standort desBeobachters auf der Erde können von der Erde aus ca. 59% der Mondoberfläche gesehen werden(natürlich nicht zu einem Zeitpunkt).Die Umlaufsinn des Mondes um die Erde ist der Gleiche wie der der Erde um die Sonne.Der siderische Monat T sid ist die Umlaufdauer des Mondes relativ zu den Fixsternen, dersynodische Monat T syn ist seine Umlaufdauer relativ zur Sonne. Der synodische Monat istdie Zeit zwischen zwei Vollmonden. Ähnlich wie für einen äußeren Planeten beweist man (siehe(2.1.4))1T syn,Mond=1T sid,Mond−1T sid,Erde(2.3.1)Die reine Keplerellipse des Mondes um die Erde wird am stärksten durch den Einfluss der Sonnegestört. Dadurch ergibt sich eine Drehung der Knotenlinie entgegen der Mondbewegung mitder Periode 18,61a und eine Drehung der Apsidenlinie (Perigäum-Apogäum) mit der Periode8,847a. Genauer gilt:Ω(t) = Ω 0 − 2π ·t18,61a(2.3.2)˜ω(t) = Ω(t)+ω(t) = ˜ω 0 + 2π ·t8,847a(2.3.3)˜ω = Ω+ωheißtLänge des Perigäums.DieZeitzwischenzweiaufeinanderfolgendenDurchgängendes Mondes durch den aufsteigenden Knoten heißt drakonitischer Monat.T sid T syn T drak27,32166d 29,53059d 27,21222dTab.2.3.2 MonateWenn Sonne, Mond undErde(fast) auf einer Geraden liegen, gibt es eine Finsternis. EineMondfinsterniskann es nur bei Vollmond, eine Sonnenfinsternis nur bei Neumond geben. Außerdemmuss der Mond bei einer Finsternis in der Erdbahnebene liegen, d.h. er muss im aufsteigendenoder absteigenden Knoten sein.36


2 Das SonnensystemDer wahre Kernschatten der Erdeist kürzer als der in Abb.2.3.1 gezeichneteKernschatten, da Sonnenlichtin der Erdatmosphäre gebrochenwird. Auch bei einer totalenMondfinsternis fällt somit noch etwasLicht auf den Mond und derMond wird nicht total unsichtbar.Ist der Mond nur teilweise im Kernschattender Erde, spricht man voneiner partiellen Mondfinsternis.SonneHalbschattenErdeKernschattenMondAbb.2.3.1 MondfinsternisDer Sichtbarkeitsbereich einer totalenSonnenfinsternis ist nicht sehrgroß und hängt von den momentanenEntfernungen Erde-Mond undErde-Sonne ab. Ist die Erde zuweit vom Mond entfernt, dann istder scheinbare Durchmesser (Winkeldurchmesser)des Mondes kleinerals der der Sonne und man beobachteteine ringförmige Sonnenfinsternis(siehe Aufgaben).SonneHalbschattenMondKernschattenErdeAbb.2.3.2 SonnenfinsternisIn 1000 Jahren sind auf der Erde ungefähr 1500 Mond- und 2400 Sonnenfinsternisse (davonca. 800 total) beobachtbar. Da die Sonnenfinsternisse nur von bestimmten Orten aus sichtbarsind, ist die Häufigkeit der Mondfinsternisse an einem Ort größer als die der Sonnenfinsternisse.Wegen242·T drak = 6585,36d ≈ 223·T syn = 6585,32d (2.3.4)wiederholen sich gleichartige Finsternisse alle 6585d = 18a11d (Saroszyklus).2.4 Allerlei Kleinzeug2.4.1 PlanetoidenZwischen Mars und Jupiter gibt es einige Millionen Kleinplaneten, auch Planetoiden oderAsteroiden genannt. Die Gesamtmasse der Asteroiden beträgt ungefähr 0,002 Erdmassen. Dererste Planetoid, Ceres, wurde in der Neujahrsnacht von 1800 auf 1801 von Piazzi entdeckt.Es folgten die Entdeckungen von Pallas (Olbers, 1802), Juno (Harding, 1804) und Vesta(Olbers, 1807). Die Asteroiden werden in der Reihenfolge ihrer Entdeckung durchnummeriert.37


2 Das SonnensystemNr. Name T sid a e i R Md AE in ◦ km kg1 Ceres 1680 2,7669 0,0767 10,601 1003 1·10 212 Pallas 1685 2,7701 0,2348 34,813 608 2,5·10 203 Juno 1592 2,6697 0,2572 12,992 247 2·10 194 Vesta 1325 2,361 0,091 7,1 538 3·10 20243 Ida 1770 2,862 0,044 2,1 58×23×12 4·10 16433 Eros 643 1,4583 0,2229 10,831 41×15×14 5·10 15951 Gaspra 1200 2,210 0,146 5,1 19×12×11 1·10 16Tab.2.4.1 Einige AsteroidenDieRaumsondeGalileoflogaufihremWegzumJupiternahandenAsteroidenGaspra(29.10.1991)und Ida (28.08.1993) vorbei und lieferte hochauflösende Bilder dieser Planetoiden. Dabei entdeckteGalileo den ersten Mond eines Asteroiden: Ida hat einen Begleiter mit der ungefährenGröße 1,2km × 1,4km × 1,6km, der Daktyl getauft wurde. Die Orbitdaten von Daktyl sindnicht leicht zu ermitteln, da fast alle Aufnahmen (bis auf eine) gemacht wurden, als sich Galileoin der Bahnebene von Daktyl befand.Am 17.02.1996 startete die Raumsonde NEAR (Near Earth Asteroid Rendevous) zur Erforschungvon Asteroiden, die der Erde ziemlich nahe kommen. Am 27.06.1997 flog NEAR naheam Asteroiden Mathilde vorbei, am 20.12.1998 war geplant, NEAR in eine Umlaufbahn umEros zu bringen. Wegen eines Triebwerkausfalls scheiterte aber dieses Unterfangen, es soll abernachgeholt werden.Eine besondere Gruppe von Planetoiden sind die Trojaner, die sich in der Nähe der LangrangepunkteL 4 und L 5 des Jupiters aufhalten.Die Bahnen von Asteroiden können durch Einflüsse von Planeten, vor allem durch Jupiter,stark verändert werden. So haben einige Körper sehr große Exzentrizitäten und kreuzen sogardie Bahn der Erde.2.4.2 KometenKometen bestehen aus Eis (Wassereis und gefrorene Gase), Staub und anderen festen Stoffen( ”schmutzige Schneebälle“). Die Durchmesser der Kometen liegen im Bereich von 1km bis100km.Die Bahnen der Kometen sind meist langgestreckte Ellipsen mit großen Halbachsen zwischen2AE und 50000AE.In der Nähe der Sonne verdampft ein Teil des Kometenkerns und es bildet sich eine Gaswolkeum den Kern, die Koma. Durch den Sonnenwind (geladene Teilchen, die von der Sonneabgestrahlt werden) werden Teile der Koma weggeblasen und es kommt zur Ausbildung des bekanntenSchweifs, der i.a. von der Sonne weggerichtet ist. Der Schweif kann bis zu 300 Millionenkm lang werden.Die meisten Kometen haben ihren Ursprung in der Oort’schen Wolke oder zirkumsolarenKometenwolke, einer kugelsymmetrischen Ansammlung von ca. 10 11 Kometen in der Entfernungvon 40000AE bis 100000AE zur Sonne. Durch den gelegentlichen Vorbeizug naher Sternewurden die Bahnen einiger Kometen so verändert, dass sie tief in das Sonnensystem eindringenkonnten.Zur Tabelle der Bahnelemente vergleiche Abb.2.1.3. Mit P bezeichnen wir den Perihelabstandund mit A den Aphelabstand.38


2 Das SonnensystemKomet T sid P A e i Ω ω PerihelaAE AE in ◦ in ◦ in ◦ durchgangTempel-Tuttle 32,9 0,982 19,6 0,904 162,7 235,1 172,6 27.02.1998Halley 76,0 0,587 35,3 0,967 162,2 58,9 111,9 09.02.1986Hale-Bopp 2400 0,914 373 0,99511 89,43 282,47 130,59 01.04.1997Tab.2.4.2 Bahnelemente einiger Kometen2.4.3 Meteore und MeteoriteMeteore (Sternschnuppen) sind Leuchterscheinungen am Himmel, die durch Meteorite ausgelöstwerden. Meteorite sind also alle Körper (von der Größe eines Staubteilchens bis zurGröße eines Berges), die in die Erdatmosphäre eindringen und, je nach Größe, die Erdoberflächeerreichen. Die enorme, durch Luftreibung hervorgerufene Erhitzung führt dann zu den Leuchterscheinungen.Kleinere Meteorite verdampfen vollständig und erreichen die Erdoberfläche nicht.Die Kometenbahnen in Sonnennähe sind Trassen unzähliger Meteorite (Überbleibsel des Kometenschweifs).Kreuzt die Erde eine Kometenbahn, kommt es zu regelrechten Meteorschauern(z.B. die Leoniden im November).Die Einschläge größerer Meteorite richten gewaltige Verwüstungen an (siehe Aufgaben). DasAussterben der Dinosaurier vor 65 Millionen Jahren wird auf den Einschlag eines ca. 10kmgroßen Asteroiden auf der Halbinsel Yucatan zurückgeführt. Der dabei entstandene Krater hateinen Durchmesser von ca. 180km.2.5 Nützliches aus der Theorie der Wärme und der Strahlung2.5.1 Kinetische GastheorieDer Druck eines Gases auf die Gefäßwand entsteht durch die Impulsänderungen der MolekülebeimAbprallenan derWand. Einegenaue Analysedieses Vorgangs führtunterBerücksichtigungder Tatsache, dass die Moleküle verschiedene Geschwindigkeiten haben, auf folgende Beziehungfür die mittlere kinetische Energie eines Moleküls:〈W kin 〉 = 3 kT (2.5.1)2Dabei ist T die Temperatur des Gases (natürlich in K) und k ist die Boltzmann-Konstante:k = 1,380658·10 −23 J K(2.5.2)Die Konstante der aus der Mittelstufe bekannten GasgleichungpVT= konst. (2.5.3)ist N ·k, wobei N die Zahl der Moleküle des Gases ist. Damit schreibt sich die Gasgleichung2.5.2 TemperaturstrahlungpV = N kT (2.5.4)In diesem Kapitel steht das Wort ”Strahlung“ für ”elektromagnetische Strahlung“. Trifft dieStrahlungsleistung P auf einen Körper (senkrechter Einfall!), dann wird̺·P reflektiert (̺: Reflexionsgrad)α·P absorbiert (α: Absorptionsgrad)τ ·P geht durch (τ: Transmissionsgrad)39


Wegen des Energiesatzes gilt2 Das Sonnensystem̺+α+τ = 1 (2.5.5)Ein Körper, der die ganze einfallende Strahlung absorbiert, ist vollkommen schwarz:schwarzer Körper ⇐⇒ α = 1 , ̺ = τ = 0 (2.5.6)Jeder Körpermit einer TemperaturT > 0sendet Strahlungaus (Temperaturstrahlung). Es zeigtsich, dass bei gleicher Temperatur ein schwarzer Körper die meiste Strahlungsleistung abgibt.Ist P s die von einem schwarzen Körper emittierte Leistung, dann emittiert ein beliebiger KörperP(T) = ε·P s (T) (2.5.7)mit dem Emissionsgrad ε. Nach Kirchhoff ist der temperaturabhängige Emissionsgrad einesKörpers gleich seinem Absorptionsgrad:Es gilt alsoε(T) = α(T) (2.5.8)schwarzer Körper ⇐⇒ α = ε = 1 (2.5.9)Das Stefan-Boltzmann’sche Gesetz besagt, dass die emittierte Leistung proportional zurstrahlenden Fläche A S und zu T 4 istP(T) = σεA S T 4 (2.5.10)Die Proportionalitätskonstante σ ist die Stefan-Boltzmann-Konstante oder Strahlungskonstante:σ = 5,67051·10 −8 Wm 2 K 4 (2.5.11)Die Strahlungsleistung pro strahlender Fläche ist die spezifische Ausstrahlung F:F(T) = σεT 4 (2.5.12)(2.5.10) gilt für die gesamte abgestrahlte Leistung. Die pro Wellenlängenintervall und Flächeabgestrahlte Leistungeines schwarzen Körpers(spektrales Emissionsvermögen ) wurde1900von Max Planck berechnet, der dabei gleich die Planckkonstante h mitentdeckte:K(λ,T) = dFdλ = 2πhc2 1λ 5 ·e hckλT −1(2.5.13)Die Integration von (2.5.13) über alle Wellenlängen (übersteigt unsere mathematischen Fähigkeiten)liefert (2.5.12) und gleich den Zahlenwert der Stefan-Boltzmann-Konstante:σ = 2π5 k 415h 3 c 2 (2.5.14)40


2 Das SonnensystemAbb.2.5.1zeigt denVerlaufdesspektralenEmissionsvermögensK(λ,T) für zwei verschiedeneTemperaturen. Das Maximum dieser Kurvenliegt bei dem temperaturabhängigen WertKλ max = 2,898·10−3 mKT(2.5.15)1010 14 W m 3 6000K10000K(2.5.15) ist das Wien’sche Verschiebungsgesetz. Mit Hilfe dieses Gesetzes können dieOberflächentemperaturen von Himmelskörpernbestimmt werden. Dazu wird das Licht desHimmelskörpers spektral zerlegt und es werdendie Strahlungsleistungen von schmalen Wellenlängenbereichengemessen. Die Messwertewerden gegen die Wellenlänge in einem Diagrammaufgetragen und aus dem Grafen (odermit einem CAS) wird λ max ermittelt. Mit(2.5.15) erhält man dann T. Die Güte des sogefundenen Temperaturwertes hängt davon ab,wie nahe das Verhalten des Himmelskörpers andas eines schwarzen Strahlers herankommt.86420 200 400 600 800Abb.2.5.1 K(λ,T)λnmDie spezifische Ausstrahlung F ist die Strahlungsleistung pro strahlender Fläche A S . Die Strahlungsleistungpro Empfängerfläche A E ist die Bestrahlungsstärke, Strahlungsflussdichteoder Intensität:E = dPdA E(2.5.16)Die Intensität der Sonnenstrahlung am Ort der Erde (r = 1AE), die sogenannte Solarkonstante,istS ⊙ := 1367 W m 2 (2.5.17)Da die Erdatmosphäre etwas Strahlung absorbiert, wird S ⊙ zweckmäßigerweise mit Hilfe einesSatelliten gemessen. Die gesamte abgestrahlte Leistung eines Sterns wird auch seine Leuchtkraft(Strahlungsfluss) L genannt. L ist das P(T) in (2.5.10). Aus dem Energiesatz folgt dannfür die Intensität der Strahlung eines Sterns in der Entfernung r vom SternmittelpunktE(r) = L4πr 2 (2.5.18)Für die Leuchtkraft unserer Sonne folgt aus (2.5.17) und (2.5.18) mit S ⊙ = E(1AE)Die spezifische Ausstrahlung der Sonne istL ⊙ := S ⊙ ·4π(1AE) 2 = 3,84·10 26 W (2.5.19)F ⊙ := L ⊙4πR 2 ⊙= 6,32·10 7 W m 2 (2.5.20)Unter der Annahme, dass die Sonne ein schwarzer Strahler ist (ε = 1), folgt dann aus (2.5.12)für die Oberflächentemperatur der SonneT ⊙ =(F⊙σ)14= 5,78·10 3 K (2.5.21)41


2 Das SonnensystemWir versuchen jetzt, die Oberflächentemperatur eines Planeten auf Grund der Sonneneinstrahlungzu berechnen. Die Albedo A eines Planeten ist der Bruchteil der gesamten auftreffendenStrahlungsleistung, der reflektiert wird (die Albedo ist nicht der Reflexionsgrad, der für senkrechtenEinfall definiert ist). Die vom Planeten (Radius R, Entfernung r zur Sonne) absorbierteStrahlungsleistung ist dannP A = (1−A)·R 2 L ⊙π ·4πr 2 (2.5.22)Mit (2.5.10) (ε = 1) folgt dannL ⊙ = σ ·4πR⊙ 2 ·T4 ⊙ (2.5.23)und damitP A = (1−A)·R 2 π · σ ·R2 ⊙ ·T4 ⊙r 2 (2.5.24)Im Gleichgewicht muss die vom Planeten emittierte Leistung P E gleich P A sein. Mit dem Emissionsgradε P und der Temperatur T des Planeten folgt wiederum aus (2.5.10)P E = σε P ·4R 2 π ·T 4 (2.5.25)Dabei haben wir die Temperatur auf dem ganzen Planeten als konstant vorausgesetzt! Gleichsetzenvon (2.5.24) und (2.5.25) liefert dann für die Temperatur T der Planetenoberfläche( )11−A 4 R⊙T = T ⊙ · ·√ε P 2r(2.5.26)Die Albedo für die Erde ist A = 0,37. Theoretisch kann aus diesem Wert ε P berechnet werden,aber die Sache hat einen Haken: A ist der Wert für Strahlung mit einer spektralen VerteilungK(λ,T ⊙ ) der Sonne, ε P ist aber der Wert für die von der Erde abgegebene Strahlung mit demSpektrumK(λ,T) (ε ist von λabhängig). Nehmenwir inerster NäherungdieErdeals schwarzenStrahler an (ε P = 1), dann ergibt sich T = 248K. Die Erdatmosphäre lässt aber die langwelligeTemperaturstrahlungderErdenicht100%-igdurch,d.h.ε P < 1.JemehrCO 2 inderAtmosphäreist, umso kleiner ist ε P (Treibhauseffekt). Mit dem Wert ε P = 0,6 erhält man T = 282K.42


2 Das Sonnensystem2.5.3 Kurzer Abriss der QuantenmechanikEinTeilchen mitdemImpulspzeigt Interferenzerscheinungen wieeineWelle mitderWellenlängeλ = h p(de Broglie-Relation) (2.5.27)Mit der Wellenzahl k = 2π λPlanckkonstante: h = 6,6260755·10 −34 Js (2.5.28)und der Definition =h2π giltp = ·k (2.5.29)Für die beobachtbaren Größen in der QM kann man i.a. keine exakten Werte, sondern nurWahrscheinlichkeiten messen und berechnen. Die Berechnung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiteines Teilchens im Intervall x ∈ [a,b] geschieht mit der i.a. komplexen Wellenfunktion ψ(x,t):P(a,b) =∫ baw(x,t)dx mit der Wahrscheinlichkeitsdichte w(x,t) = |ψ(x,t)| 2 (2.5.30)Die Wellenfunktion eines freienTeilchens mit der kinetischen Energie W im konstanten PotentialV = 0 ist die Überlagerung ebener Wellen (Wellenpaket):ψ(x,t) =Dabei gilt neben der de Broglie-Relation die Planck-Relationund die (nichtrelativistische) Dispersionsrelation∫ ∞0A(k)e kx−ω(k)t dk (2.5.31)W = h·f = ·ω (2.5.32)ω(k) = k22m(2.5.33)Für Materieteilchen (kein Licht) ist f bzw. ω keine messbare Größe, sondern eine reine Rechengrößezur Formulierung der Wellenfunktion.Für geeignet definierte Breiten ∆x und ∆p der Ortsverteilung |ψ| 2 und der Impulsverteilunggilt die Unschärferelation (Heisenberg)∆x·∆p ≈ h (2.5.34)Analog gilt für ein System, das sich die Zeit ∆t in einem gewissen Energiezustand befindet∆W ·∆t ≈ h (2.5.35)Für ein konkretes Problem (Potential gegeben) ermittelt man die Wellenfunktion als Lösung derSchrödingergleichungiψ(x,t) ˙ = − 22m ·ψ′′ (x,t)+V(x)·ψ(x,t) (2.5.36)Für stationäre Zustände (die Wahrscheinlichkeitsdichte ist zeitlich konstant)vereinfacht sich die Schrödingergleichung zuψ(x,t) = ϕ(x)·e −iωt =⇒ |ψ| 2 = |ϕ| 2 (2.5.37)− 22m ·ϕ′′ (x)+V(x)·ϕ(x) = W ·ϕ(x) (2.5.38)43


2 Das SonnensystemTunneleffekt: Nach der Quantenmechanik kann ein Teilchen (W ges = W kin +W pot ) mit einergewissen Wahrscheinlichkeit einen Potentialwall überwinden, der nach der klassischen Physik zuhoch wäre (W ges < V max ).Für ein gebundenes Teilchen (eingesperrtes Teilchen, Potentialtopf) ist die Wellenfunktion einestehende Welle. Aus den Randbedingungen (Stetigkeit und Differenzierbarkeit) folgt, dassdas eingesperrte Teilchen nur bestimmte Energiewerte annehmen kann (diskretes Energiespektrum).Beispiele für Systeme mit diskreten Energien sind das Teilchen im rechteckigenPotentialtopf, der harmonische Oszillator (quadratisches Potential) und die Atome. Die kleinsteEnergie eines gebundenen Teilchens ist immer größer als null, d.h. es gibt kein ruhendes, eingesperrtesTeilchen!FürdieWechselwirkungelektromagnetischer Strahlungmit quantenmechanischenSystemengilt:Ein Atom (oder ein anderer quantenmechanischer Zustand) mit den EnergieeigenwertenW ν kann nur Licht absorbieren oder aussenden, dessen Frequenzgleich einer der Resonanzfrequenzenf mn = 1 h (W m −W n )(2.5.39)ist.Ein Atom (oder ein anderer quantenmechanischer Zustand) kann aus einemelektromagnetischen Wellenfeld der Frequenz f nur den EnergiebetragW = hf(2.5.40)aufnehmen.Bei der Wechselwirkung elektromagnetischer Strahlung mit Materie wird auchImpuls ausgetauscht. Dabei verhält sich die absorbierte oder emittierte Welleder Frequenz f wie ein Teilchen mit der EnergieW = hf und dem Impuls p = hf c .(2.5.41)Solche Portionen des Wellenfeldes nennt man Lichtteilchen, Lichtquantenoder Photonen.Photonen sind keine kleinen Teilchen, sondern Portionen des Wellenfeldesmit der Energie W = hf und dem Impuls p = hf c .DieEnergiestufenineinemEinelektronensystem(H-Atom, He + -Ion,...)mitderKernladungszahlZ sindW n = −Z 2 1 ·C ·n 2 mit C = m ee 48ε 2 = 13,6eV (2.5.42)0h2 Die von einem Einelektronensystem ausgesandten Photonen haben die Wellenlängen λ mn mit(1 1= Z 2 ·R ∞ ·λ mn n 2 − 1 )m 2mit R ∞ = m ee 48ε 2 0 h3 c = 1,097·107 1 m(2.5.43)Das Unendlichzeichen in der Rydbergkonstante R ∞ steht für ”unendliche Kernmasse“ (alsruhend angenommener Kern). Wegen m e ≪ m Kern ist R ∞ eine ausgezeichnete Näherung für denexakten Wert der Rydbergkonstante.Die wichtigsten Wechselwirkungen elektromagnetischer Strahlung mit Materie44


2 Das Sonnensystemelastische Streuung:⃗p ′ γM⃗p γvorherM ⃗p MnachherW γ ≪ M c 2 =⇒ W γ ′ ≈ W γDas Atom nimmt Impuls, aber fast keineEnergie auf!Comptoneffekt“ am ganzen Atom!”Klassisch erklärbar durch Mitschwingender Elektronen (Atom als Dipol).Comptoneffekt:⃗p ′ γm ϕ⃗p γvorhermnachher⃗p eW ′ γ < W γ ; W e ≈ W γ −W ′ γDas Elektron nimmt nicht nur Impuls,sondern auch eine beträchtliche MengeEnergie auf!∆λ = λ ′ −λ = hm e c (1−cosϕ)Fotoeffekt:⃗p γvorherM⃗p emM ⃗p MnachherA ist die Austrittsarbeit (Ionisierungsenergie).A < W γ ≪ M c 2 =⇒ W e = W γ −ADas Atom nimmt Impuls, aber fast keineEnergie auf!Kein gestreutes γ-Quant!!Paarerzeugung:⃗p e −M ⃗p e +mm⃗p γM ⃗p Mvorher nachherW γ ≪ M c 2 =⇒ W e + +W e − ≈ W γDas Atom nimmt Impuls, aber fast keineEnergie auf!W γ > 2·m e c 2 !!2.5.4 Atome als Sender und Empfänger von StrahlungWenn Atome mit elektromagnetischer Strahlungder Frequenz f undder Wellenlänge λ in Wechselwirkungtreten, können nur die Energiebeträge∆W = hf = hcλ(2.5.44)ausgetauscht werden.Einensolchen wechselwirkungsfähigen Teil desStrahlungsfeldesnenntmanein Photon oder Lichtquant. Bei der Wechselwirkung von Materie mit Photonen wird auchImpuls ausgetauscht. Dabei verhält sich ein Photon wie ein Teilchen mit dem Impulsp = hfc = h λ(2.5.45)Aus (2.5.44) folgt, dass ein Atom mit den Energiestufen W n nur Licht mit den Wellenlängenλ mn =hcW n −W m(2.5.46)aussenden kann. Das Spektrum eines zum Leuchten angeregten Gases aus einer Atomsorte bestehtalso nur aus einzelnen Linien (diskretes Spektrum, Linienspektrum) im Gegensatz zum45


2 Das Sonnensystemkontinuierlichen Spektrum eines schwarzen Strahlers. Das Linienspektrum ist gewissermaßender ”optische Fingerabdruck“ einer Atom- oder Molekülsorte.Tritt weißes Licht (Gemisch aus allen Wellenlängen) durch ein Gas, dann absorbieren die Atomedie Wellenlängen λ mn und senden anschließend wieder ein Photon aus, allerdings in eine beliebigeRichtung. Im durchgehenden Strahl sind dann die Wellenlängen λ mn nur mit sehr geringerIntensität vertreten und erscheinen im Spektrum als dunkle Linien (Absorptionslinien). DieAbsorptionslinien im Sonnenspektrumnennt man Frauenhoferlinien. Diese Linien geben Auskunftüber die Atome in der äußersten Schicht der Sonne, die von den etwas tiefer erzeugtenPhotonen duchdrungen wird.Die Energiestufen des Wasserstoffatoms sindWW n = − m (e e2) 28 · 1·ε 0 h n 2 = −13,60eVn 2 (2.5.47)Die Ionisierungsenergie des H-Atoms im Grundzustand istW Ion = W ∞ −W 1 = 13,60eV (2.5.48)Beim Übergang von W m nach W n wird elektromagnetische Strahlungder Wellenlänge λ mn ausgesandt. Es gilt1= W m −W nλ mn hc( 1= R ∞ ·n 2 − 1 )m 2(2.5.49)0W 3W 2W ∞mit der RydbergkonstantenR ∞ = m ee 48ε 2 0 h3 c = 1,097·107 1 m(2.5.50)W 1Abb.2.5.2 Energiespektrum2.5.5 Scheinbare HelligkeitenDie scheinbare Helligkeit eines Himmelskörpers hängt sicher von der Intensität E seinerStrahlung am Ort des Beobachters ab. Der Mensch empfindet aber eine Strahlung der doppeltenIntensität nicht doppelt so hell. Vielmehr gilt hier ein logarithmischer Zusammenhang, denWeber und Fechner 1859 gefunden haben (psychophysisches Grundgesetz). Bezeichnetm(von magnitudo, lat. Größe) denphysischenReiz (HelligkeitsempfindungdesMenschen), danngiltm = C ·lgE +K mit C,K = konst. (2.5.51)Mit m 1 = C ·lgE 1 +K und m 2 = C ·lgE 2 +K folgtm 1 −m 2 = C ·lg E 1E 2(2.5.52)Schon im Altertum (Hipparch, 150 v.Chr.) wurden Sterne in sechs Größenklassen eingeteilt,wobei die hellsten Sterne ”von 1. Größe“ und die gerade noch sichtbaren Sterne ”von 6. Größe“waren. Es gibt verschiedene Schreibweisen für ”ein Stern ist von der Größe 1,5“:m = 1,5 , m = 1,5mag , m = 1,5 m und m = 1, m 5 (2.5.53)m ist eigentlich eine reine Zahl ohne Einheit, das mag oder m ist nur ein Hinweis, dass es sich umeine scheinbare Helligkeit handelt. Die Konstante C in (2.5.51) wird zu C = −2,5 m festgelegt,was den Größenklassen des Altertums ziemlich nahe kommt. C ist negativ, weil einer größeren46


2 Das SonnensystemIntensität eine kleinere Größenklasse (scheinbare Helligkeit) entspricht. Aus (2.5.52) wird jetztAus (2.5.54) folgtm 1 −m 2 = −2,5 m ·lg E 1E 2(2.5.54)Em 2 −m 1 1= 10 2,5 m (2.5.55)E 2Einer Differenz von fünf Größenklassen (m 2 − m 1 = 5 m ) entspricht also das Verhältnis 100der Intensitäten. (2.5.54) legt nur fest, was Differenzen von Größenklassen bedeuten. Um denNullpunkt der Größenklassenskala festzulegen, muss einem bestimmten Stern ein bestimmterWert zugewiesen werden. Früher verwendete man den Polarstern, dem m = 2,12 m zugeordnetwurde.DaderPolarsternaberleicht veränderlichist,hatmaneineReihevonanderenSternenalsReferenzsterne gewählt. Es fehlt uns noch immer eine konkrete Umrechnung von GrößenklasseninIntensitäten, d.h.derWert derKonstanteK in(2.5.51) ist nochunbekannt.Dieses Problemistabernichtsoleichtzulösen,daderphysiologischeHelligkeitseindruck nichtnurvonderIntensitätE, sondern auch noch von der spektralen Verteilung des beobachteten Lichtes abhängt. Fürmonochromatisches Licht der Wellenlänge λ = 555nm, das dem Auge besonders hell erscheint,gilt der ZusammenhangE = 3,90·10 −9 W m 2 ·10− m2,5 m (2.5.56)Für ”normales“ Sternenlicht mit einem kontinuierlichen Spektrum ist die Intensität größer alsin (2.5.56). Für die spektrale Verteilung unserer Sonne giltE = 24,9·10 −9 W m 2 ·10− m2,5 m (2.5.57)Allgemein ist alsooderE = E ∗ ·10 − m2,5 m (2.5.58)m = −2,5 m lg E E ∗ (2.5.59)mit einer vom Sternspektrum und daher von der Oberflächentemperatur des Sterns abhängigenKonstante E ∗ .Als absolute Helligkeit M definiert man die scheinbare Helligkeit in der Entfernung r 0 =10pc = 32,615LJ vom Stern. Ist r die Entfernung des Sterns zum Beobachter, dann giltund damit wegen (2.5.59)E(r 0 ) = r2r02 ·E(r) (2.5.60)M = −2,5 m lg E(r 0)E ∗ == −2,5 m lg E(r)r2E ∗ r02 =(= −2,5 m lg E(r) )E ∗ +lg r2r02 == −2,5 m lg E(r)E ∗ −2,5 m ·2·lg r =r 0= m−5 m lg r r 0(2.5.61)47


2 Das SonnensystemDamit giltm−M = 5 m lg r r 0(2.5.62)m − M nennt man Entfernungsmodul, da bei Kenntnis dieses Wertes die Entfernung r desSterns berechnet werden kann. M kann manchmal über das Spektrum des Sterns bestimmtwerden (siehe später). Aus (2.5.18) und (2.5.58) folgt für die Leuchtkraft eines SternsL = 4πr 2 0 ·E∗ ·10 − M2,5 m (2.5.63)und damit für die Leuchtkräfte zweier beliebiger SterneLM 2 −M 1)1= 10 2,5 m oder M 1 −M 2 = 2,5 m L2·lg(L 2 L 1(2.5.64)48


3 Sterne3.1 GravitationsenergieLeuchtende Himmelskörper, die ihre Strahlungsenergie selbst erzeugen, nennt man Sterne. Deruns am nächsten liegende und damit am besten erforschte Stern ist unsere Sonne.M ⊙ R ⊙ L ⊙ T ⊙,Oberfläche1,9891·10 30 kg 696000km 3,84·10 26 W 5780KTab.3.1.1 Eigenschaften der SonneDie gewaltigen Energiemengen, die von der Sonne und den anderen Sternen abgestrahlt werden,können nicht durch chemische Reaktionen erzeugt werden (siehe Aufgaben).Wenn ein Stein nach unten fällt, wird Gravitationsenergiefrei, d.h. potentielle Energie im Gravitationsfeldverwandelt sich in kinetische Energie. Genausowird Gravitationsenergie frei, wenn sich eine Wolkesehr dünnen Gases infolge der Gravitation zu einemStern verdichtet. In erster Näherung betrachten wirSterne als radialsymmetrische Gebilde, d.h. die Zustandsgrößen(Dichte ̺, Temperatur T, Druck p) desSterns hängen nur von der Mittelpunktsentfernung rab. Wenn eine Masse dm aus dem Unendlichen bis zurOberfläche des sich bildenden Sterns fällt (momentanerRadius r), dann ändert sich die Energie des Gesamtsystemsumdmdrrm(r)dmAbb.3.1.1 GravitationsenergiedW = −γ m(r)dm(3.1.1)rDie Masse dm bildet auf dem Stern eine Schicht der Dicke dr, d.h. mit der Dichte ̺(r) giltdm = 4π̺(r)r 2 dr (3.1.2)m(r) =∫ r0∫ r̺(r ′ )dV = 4π0̺(r ′ )r ′ 2 dr′Damit erhält man für die Gravitationsenergie eines Sterns mit Radius R und Masse M(3.1.3)∫ R ∫r1W G = −γr 4π0= −16π 2 γ0̺(r ′ )r ′ 2 dr′} {{ }m(r)∫ R0∫ r̺(r)r04π̺(r)r 2 dr =} {{ }dm̺(r ′ )r ′ 2 dr ′ dr (3.1.4)49


3 SterneUnter der nicht sehr realistischen Annahme einer konstanten Dichte ̺ des Sterns gilt∫ r0̺r ′ 2 dr ′ = 1 3 ̺r3 (3.1.5)und damitMitfolgt aus (3.1.6)W G = − 163 π2 γ∫ R0̺2r 4 dr = − 1615 π2 γ̺2R 5 (3.1.6)̺ = M V = M 3M=R3 4πR 3 (3.1.7)4π3W G = − 3 5 · γM2R(für konstantes ̺)(3.1.8)Für eine andere Dichteverteilung ̺(r) ändert sich in (3.1.8) lediglich der Zahlenfaktor. Für dieDichteverteilung der Sonne ist der Wert ungefähr dreimal größer. Damit erhält man für dieSonneW G⊙ ≈ − 9 5 · γM2R = −6,8·1041 J (3.1.9)Aus geologischen Untersuchungen weiß man, dass die Erde schon einige Milliarden Jahre vonungefähr der gleichen Sonnenenergie getroffen wird. Ein Satz der statistischen Physik, der sogenannteVirialsatz,besagt,dassnurdieHälftederfreiwerdendenGravitationsenergieabgestrahltwerden kann, die andere Hälfte ist thermische Energie der Sonne. Die Zeit ∆t, die die Sonne aufGrund der Gravitationsenergie mit konstanter Leuchtkraft strahlen könnte, ist∆t = |W G⊙|2L ⊙=6,8·1041 J2·3,84·10 26 W = 8,9·1014 s = 2,8·10 7 a (3.1.10)Diese Zeit ist ungefähr um den Faktor Hundert kleiner als dietatsächliche bisherige Lebensdauerder Sonne, d.h. es muss eine andere, sehr ergiebige Energiequelle in der Sonne und den Sternenvorhanden sein.3.2 Druck und Temperatur in SternenEine dünne Schicht Sternmaterie der Dicke dr und der Fläche A (die Fläche stehe senkrechtauf einem Radiusvektor) hat die Masse dm ∗ = ̺(r)Adr. Durch die Gewichtskraft dF diesesMassestücks ändert sich der Druck auf der Strecke dr umdp = − dF A = −γm(r)dm∗ r 2 A= − γm(r)̺(r)Adrr 2 A= − γm(r)̺(r)drr 2 (3.2.1)Das Minuszeichen deshalb,weil einer Verkleinerungvon r (dr < 0) eine Vergrößerung desDrucksentspricht. Aus (3.1.10) folgtdpdr = −γm(r)̺(r)r 2 (3.2.2)Als Randbedingung für den Druck nehmen wir p(R) = 0, d.h. wir integrieren von R bis r:∫ rp(r) = −Rγm(r)̺(r)r 2dr = γ∫ Rrm(r)̺(r)r 2 dr (3.2.3)50


3 SterneFür ̺ = konst. (homogene Kugel) folgtMit (3.1.7) folgtp(r) = γ∫ Rr4π̺2r3dr = 2π3 γ̺2R 2 (1− r2R 2 )( )p(r) = 3γM28πR 4 1− r2R 2(für konstantes ̺)Im Zentrum der Sonne erhält man mit dieser Näherung(3.2.4)(3.2.5)p(0) = 3γM2 ⊙8πR 4 ⊙= 1,3·10 14 Pa (3.2.6)Beim Druck versagt unser einfaches Modell, denn der tatsächliche Wert liegt bei 3·10 16 Pa.Zur Berechnung der Temperatur gehen wir von der allgemeinen Gasgleichung aus (siehe (2.5.4)).Als Volumenelement wählen wir wieder eine Kugelschale der Dicke dr mit Radius r:p(r)·dV = kT(r)dN (3.2.7)Die Teilchenzahl dN erhält man aus der Masse dm der Kugelschale und der mittleren Teilchenmasseµ:p(r)·dV = kT(r) dm ̺(r)dV= kT(r) (3.2.8)µ µUmstellen ergibtT(r) = µp(r)(3.2.9)k̺(r)Mit (3.2.5) und (3.1.7) folgt für die Temperatur in einer Gaskugel mit konstanter DichteT(r) = γµM ) (1− r22kR R 2 (3.2.10)(Für konstantes ̺)Ungefähr 75% der Masse unserer Sonne sind Wasserstoff, der Rest Helium. Auf ein Heliumatom(m He ≈ 4u) kommen also 12 Wasserstoffatome (m H ≈ 1u). Da die Atome bei den hohenTemperaturen in der Sonne vollständig dissoziiert sind (Materie in dieser Form nennt man einPlasma), kommen zu dem He-Kern und den 12 H-Kernen noch 14 freie Elektronen. Auf dieMasse16u treffenalso 27Teilchen, d.h.diemittlere Teilchenmasseistµ = 1627u. FürdasZentrumder Sonne erhält man dann in der Näherung eines Sterns konstanter Dichte aus (3.2.10)Der tatsächliche Wert ist ungefähr 1,5·10 7 K.T(r) = 8uγM ⊙27kR ⊙= 6,8·10 6 K (3.2.11)Es sei noch kurz skizziert, wie man die ”tatsächlichen“ Werte von Druck und Temperatur in denSternenermittelt. Zunächstfassen wirdiedreischon bekanntenZustandsgleichungen zusammen,nämlich (3.1.2), (3.2.2) und (3.2.9):dmdr = 4π̺(r)r2 (3.2.12)dpdr = −γm(r)̺(r)r 2 (3.2.13)T(r) = µp(r)k̺(r)(3.2.14)51


3 SterneWeiter nehmenwiran, dass sich ein Sternim Gleichgewicht befindet,d.h. dievom SternerzeugteLeistung P erz wird vollständig abgestrahlt und ist somit gleich seiner Leuchtkraft. AllgemeinbezeichnenwirmitL(r)dieLeistung,diedurcheineKugelflächemitRadiusrnachaußenströmt.Mit ε(r) bezeichnen wir die pro Masse erzeugte Leistung und erhalten als weitere GleichungdLdr = 4π̺(r)r2 ·ε(r) (3.2.15)Für uns nicht so leicht zu verstehen ist die letzte Gleichung, die die den Strahlungstransport aufdem Weg durch den Stern beschreibt:dTdr = − 364π · κ(r)̺(r)L(r)σr 2 T 3 (3.2.16)Dabei ist σ die Stefan-Boltzmann-Konstante und κ der Absorptionskoeffizient. Die konkretePhysik des Sterns steckt in ε und κ, die komplizierte Funktionen von p, T und der chemischenZusammensetzung des Sterns sind und über diese Größen wieder von r abhängen. In ε ist dieganze Energieerzeugung durch alle möglichen Kernfusionsprozesse enthalten, κ beschreibt dieWechselwirkungen der Photonen mit der Sternmaterie. Bei Kenntnis von ε und κ hat man mit(3.2.12)-(3.2.16) fünf Gleichungen für die fünf Funktionen m(r), ̺(r), p(r), T(r) und L(r). Mitgeeigneten Randbedingungen (z.B. m(R) = M) findet man dann numerisch die Lösungen. Fürsehr dichte Sterne treten quantenmechanische Effekte auf und die Zustandsgleichung (3.2.13)muss durch eine andere ersetzt werden ( ”entartetes Elektronengas“).3.3 Energieerzeugung in Sternen3.3.1 Ein Ausflug in die KernphysikIn der Atom- und Kernphysik verwendet man die atomare Masseneinheitu = 112 ·Masse des 12 6 C-Atoms = 1,66054021 ·10−27 kg (3.3.1)Eine genaue Bestimmung aller Atommassen mit einem Massenspektrometer ergibt: Die Masse m eines Atoms ist ungefähr ein ganzzahliges Vielfaches der atomaren Masseneinheit:m ≈ A·u Es gibt chemisch gleichartige Atome (gleiche Ordnungszahl bzw. Kernladung Z) mit verschiedenenMassen (Isotope). Es gibt chemisch verschiedene Atome mit gleichen Massen (Isobare).Diese Versuchsergebnisse werden mit folgender Modellvorstellung erklärt:Der Atomkern besteht aus Protonen (p oder p + ) und Neutronen (n).Das Neutron wurde 1932 von Chadwick entdeckt (wegen der Unschärferelation gibt es keineKernelektronen, d.h. der Kern besteht nicht aus Protonen und Elektronen).Protonen und Neutronen nennt man auch Nukleonen (Kernteilchen).Name Beschreibung ZeichenKernladungszahl, Ordnunggszahl Zahl der Protonen ZNeutronenzahl Zahl der Neutronen NMassenzahl, Nukleonenzahl Zahl der Nukleonen A52


3 SterneElektron Positron Proton Antiproton Neutron AntineutronZeichen e − e + p oder p + p oder p − n nLadung −e +e +e −e 0 0Masse m e m e 1,007276470u m p 1,008664904u m nDie Masse m eines Atoms oder Moleküls wird in der FormA = Z +N N = A−Z (3.3.2)m = A r ·u (3.3.3)mit der relativen Atommasse A r angegeben. Nach Definition hat das chemisch wichtigsteAtom 12 6C exakt die Masse m = 12u, für die anderen Atome giltA r ≈ A (3.3.4)d.h. die relative Atommasse ist ungefähr gleich der ganzzahligen Massenzahl.Die Ladung des Kerns ist Q = Z ·e.Mit dem chemischen Symbol X gibt es folgende Schreibweisen für Atome mit der OrdnungszahlZ und der Nukleonenzahl A:AZX = A X = XA (3.3.5)Beispiel:42 He = 4 He = He4 (α-Teilchen)Die schweren Isotope des Wasserstoffs habeneigene Namen:IsobareIsotoneDeuterium:Tritium:21H oder 2 1D31 H oder 3 1 TNach einem Vorschlag von E. Segrè stelltmandiebekanntenKernewieinAbb.3.3.1in einer Nuklidkarte übersichtlich dar.Kerne mit gleicher Neutronenzahl N heißenIsotone.ZIsotope45444349484746 48 50 52 54 56NAbb.3.3.1 Nuklidkarte5860Die Grundgleichung für Energiebetrachtungen in der Kernphysik ist die Masse-Energie-ÄquivalenzW = mc 2 (3.3.6)Zwischen Nukleonen wirkt eine kurzreichweitige, anziehende und sehr starke Kraft (starkeWechselwirkung). In Entfernungen r 10 −15 m ist diese Kraft größer als die elektrischeAbstoßung der Protonen und ermöglicht so das Zusammenhalten der Kerne. Die negative potentielleEnergie der Nukleonen im Atomkern bezüglich der starken Wechselwirkung nennt mandie Bindungsenergie B K der Kerne. Die Gesamtenergie eines Kerns mit Z Protonen und NNeutronen ist die Summe der Energien seiner Bausteine plus der negativen Bindungsenergie:W K = (Zm p +N m n )c 2 +B K < (Zm p +N m n )c 2 (3.3.7)Die Gesamtmasse eines Kerns ist also kleiner als die Massensumme seiner Bausteine:m K = W gesc 2 = Zm p +N m n + B Kc 2 < Zm p +N m n (3.3.8)53


3 SterneDie Gesamtenergie eines Atoms setzt sich aus den Energien des Kerns, der Elektronen und dernegativen Bindungsenergie der Elektronen an den Kern zusammen:Die Atommasse ist damitAus (3.3.8) und (3.3.10) folgtW A = (Z m p +Zm e +N m n )c 2 +B K +B e (3.3.9)m A = Zm p +Zm e +N m n + B K +B ec 2 (3.3.10)m K = m A −Zm e − B ec 2 (3.3.11)Die Atommassen sind experimentell mit dem Massenspektrometer sehr genau bestimmbar. Danackte Atomkerne höherer Ordnungszahlen nur bei sehr hohen Temperaturen existieren, gibtes keine Messwerte der Kernmassen schwerer Atome. Genauso schwierig wäre die Messung dertotalen Elektronenbindungsenergien B e , denn dazu müsste man die Elektronen eines Atoms derReihe nach entfernen und jedesmal die dazu nötige Energie messen. Zur Bestimmung der Kernmassenmuss man entweder B e berechnen (bei höheren Ordnungszahlen ein äußerst schwierigesUnterfangen) und mittels (3.3.11) auf die Atommassen zurückgreifen oder man muss B K berechnen(noch schwieriger, da die starke Kraft noch nicht so gut verstanden ist wie die elektrische)und (3.3.8) verwenden. Bei vielen Kernreaktionen liegen die Ausgangs- und Endprodukte alsvollständige Atome vor, so dass man mit der Kenntnis der Atommassen auskommt. In Sternenallerdings sind die Atome vollständig ionisiert, d.h. es liegt ein Plasma aus nackten Kernen undElektronen vor. Da B e gegen B K sehr klein ist, kann man B e entweder ganz vernachlässigenoder eine Näherungsformel dafür verwenden (Bergmann/Schäfer, Band IV, S. 1161):B e ≈ −15,73eV ·Z 7 3 (3.3.12)Teilchen Masse in kg Masse in u mc 2 in MeVElektron 9,109389754 ·10 −31 0,00054857990 0,51099906Proton 1,6726231·10 −27 1,007276470 938,27231Neutron 1,6749286·10 −27 1,008664904 939,565631u 1,66054021 ·10 −27 1 931,49432Mit (3.3.11) und (3.3.12) berechnete Werte von relativen Kernmassen (Nuklidmassen) N r :Atom A Z A r N r Name11H 1 1 1,00782503 1,00727647 Wasserstoff21D 2 1 2,01410177 2,01355321 Deuterium31T 3 1 3,01604926 3,01550070 Tritium32He 3 2 3,01602930 3,01493223 Helium 342He 4 2 4,00260325 4,00150617 Helium 453Li 5 3 5,01253779 5,01089227 Lithium 563Li 6 3 6,01512227 6,01347675 Lithium 6126 C 12 6 12,00000000 11,99670963 Kohlenstoff 12136 C 13 6 13,00335484 13,00006446 Kohlenstoff 13147 N 14 7 14,00307400 13,99923553 Stickstoff 1454


Zwei 3 2 He-Kerne reagieren zu 32 He+ 3 2He → 4 2He+2 1 1H+12,86MeV (3.3.18)3 SterneDer Radius eines Atomkerns der Massenzahl A wird durchfolgende Näherungsformel beschrieben:Ladungsdichte: R ≈ 1,1·10 −15 m·A 1 3 (3.3.13)Massendichte: R ≈ 1,3·10 −15 m·A 1 3 (3.3.14)̺̺0̺02(Ladungsdichte)Dabei ist zu beachten, dass es keinen scharfen Rand einesAtomkerns gibt (siehe Abb.3.3.2).RAbb.3.3.2 Kernradiusr3.3.2 KernfusionBei der Fusion (Verschmelzung) von zwei Protonen zu einem Deuteriumkern entsteht noch einPositron (e + ) und ein Neutrino (ν e , Ruhmasse 0). Das Positron zerstrahlt mit einem Elektronnach kurzer Zeit in Photonen (γ) (mindestens zwei wegen des Impulssatzes):Bei dieser Reaktion wird die Energie1,44MeV{ }} {11H+ 1 1H+e − → 2 1D+e} + {{+e − 2}+ν e → 1D+γ +ν} {{ } e (3.3.15)→γ 1,19MeV∆W = (2m p +m e −m K,D )c 2 = 1,44MeV (3.3.16)frei,wobei0,25MeVaufdasNeutrinoentfallen,dieverbleibenden1,19MeVverteilen sichaufdenDeuteriumkern (kinetische Energie) und auf die Photonen. Die Wechselwirkung der Neutrinosmit Materie ist soschwach, dassdieseTeilchen fastungehindertdurcheinenganzen Sternfliegen.Die 0,25MeV Neutrinoenergie trägt also nichts zur Leuchtkraft eines Sterns bei.Ein entstandener Deuteriumkern kann jetzt weiter mit einem Proton verschmelzen:21 D+1 1 H → 3 2He+5,49MeV (3.3.17)Zweimal die Reaktionen (3.3.15) und (3.3.17) und einmal die Reaktion (3.3.18) ergeben zusammen(pp-Kette)4·11 H+2e− → 4 2 He+26,22MeV +2ν e +0,5MeV} {{ }Neutrinos(3.3.19)Die Verschmelzung von vier Protonen zu einem He4-Kern (H-Brennen) trägt also die Energie26,22MeV zur Leuchtkraft eines Sterns bei.Damit die Fusion zweier Protonen einsetzenkann, müssen sie sich bis auf ca. 6 · 10 −15 mannähern. Die potentielle Energie zwischen zweiProtonen setzt sich aus dem Anteil der starkenKraft (Yukawa) und dem der elektrischenKraft (Coulomb) zusammen:mitW pot = − A r e−µr + e24πε 0 r(3.3.20)W pot0,2MeVtunneln10 −14 mrAbb.3.3.3 p-p-Fusion55


3 SterneA = c4πundµ = m pc(3.3.21)Das Maximum von W pot (r) liegt bei r 0 = 5,84·10 −15 m und W pot (r 0 ) = 0,197MeV. Wenn dieProtonen zentral und mit gleichen Geschwindigkeiten zusammenstoßen, muss jedes Proton diekinetische Energie W 0 = 0,5·W pot (r 0 ) besitzen. Wenn die mittlere Energie der Protonen gleichW 0 wäre, müsste die Temperatur wegen32 kT = W 0 (3.3.22)den sehr hohen Wert T 0 = 7,6·10 8 K haben, die Temperatur im Zentrum der Sonne ist aber nurT Z = 1,5·10 7 K. Wenn die Temperatur den Wert T 0 hätte, würden allerdings alle Protonen inkürzester Zeit fusionieren und die Sonne würde explodieren (riesige Wasserstoffbombe!).NachderMaxwellschenGeschwindigkeitsverteilung (sieheAufgabenzudenPlanetenatmosphären)ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Proton bei der Temperatur T Z eine Energie ≧ W 0 besitzt,nur p(W 0 ) = 7,4·10 −131 . Die Zahl der Protonen in der Sonne istN p = 0,75·M ⊙m p= 9,0·10 56 , (3.3.23)d.h. kein Proton in der Sonne (p · N p = 6,7 · 10 −74 !!) hat die nötige Energie, eine Fusioneinzuleiten! Aber hier kommt die Quantenmechanik ins Spiel, genauer gesagt der Tunneleffekt.Die Protonen müssen nicht über den Gipfel des Potentialwalls, sondern sie können mit einergewissen Wahrscheinlichkeit p T (W) schon beim Erreichen der potentiellen Energie W durch denWall hindurchtunneln (siehe Abb.3.3.3). Die Wahrscheinlichkeit p(W), dass ein Proton bei derTemperatur T Z eine Energie ≧ W besitzt, hängt sehr stark von W ab, wie folgende Wertetabellezeigt:W 0 W 0 W 0 W 0W W 02 4 8 16p(W) 7,4·10 −131 2,7·10 −65 1,4·10 −32 2,6·10 −16 3,1·10 −8Tab.3.3.1 Die Zahlenwerte erhält man durch Integration der MaxwellverteilungEiner Verringerung von W auf ein Viertel entspricht eine Änderung der Wahrscheinlichkeit umhundert Zehnerpotenzen! Das ist die Arbeitsweise von Exponentialfunktionen. Die Tunnelwahrscheinlichkeitp T (W) hängt exponentiell von der Dicke der Potentialbarriere ab und ist nur fürdünne Barrieren wesentlich von null verschieden. Die Gesamtwahrscheinlichkeit für eine Fusionhängt auch noch von der Zahl der Protonenstöße in der Zeiteinheit ab; diese Zahl wächst mitder Dichte. Alles in allem ergibt sich, dass im Zentrum der Sonne jede Sekunde ungefähr einesvon 2,5·10 16 Protonen eine Fusion eingeht. Für die pp-Kette ist die pro Masse erzeugte Leistung(Energieerzeugungsrate, siehe (3.2.15)):Allgemein gilt für Fusionsprozesseε(r) ≈ 2,2·10 −44 m 5kgs 3 K 5 ·̺(r)T(r)5 (3.3.24)ε(r) ≈ α·̺(r)T(r) ν (3.3.25)56


3 SterneDie Bindungsenergie pro Nukleonder verschiedenen Kerne hat bei Eisen(A = 56) ein Minimum (sieheAbb.3.3.4). Kernfusionen, derenErgebnis ein Kern mit A ≦ 56ist, laufen exotherm ab, d.h. sieliefern Energie. Andererseits liefertdie Spaltung schwerer Kerne, derenBruchstücke Kerne mit A ≧ 56sind, auch Energie (Kernreaktoren,Atombombe).BAA 1 A 2 = 2A 1A 1X+ A 1X −→ A 2Y+Qb 1b 2Q = 2A 1 b 1 −A 2 b 2 = 2A 1 (b 1 −b 2 ) > 0AAbb.3.3.4 Bindungsenergie pro NukleonIn Sternen mit höheren Temperaturen (1,5·10 7 K bis 3·10 7 K) gibt es eine andere Reaktionsfolgedes H-Brennens, den CNO-Zyklus (Bethe-Weizsäcker):126 C+ 1 1 H → 13 7N +1,94MeV (3.3.26)137 N+e − → 13 6C+e} − {{+e +}+1,51MeV +(ν e +0,71MeV) (3.3.27)→γ136 C+ 1 1 H → 14 7N +7,55MeV (3.3.28)147 N+ 1 1H → 15 8O +7,30MeV (3.3.29)158 O+e − → 15 7 N+e− } {{+e +}+1,76MeV +(ν e +0,99MeV) (3.3.30)→γ157 N+ 1 1 H → 12 6 C+4 2He +4,96MeV (3.3.31)Zusammenfassend lautet die Bilanz des CNO-Zyklus ( 12 C dient nur als Katalysator):4·11H+2e − → 4 2He+25,02MeV +2ν e +1,70MeV} {{ }Neutrinos(3.3.32)Der Exponent ν der Energieerzeugungsrate ε in (3.3.25) hat für den CNO-Zyklus, je nach Dichteund Temperaturbereich, Werte zwischen 12 und 18. Für höhere Temperaturen überwiegt alsoder CNO-Zyklus gegen die pp-Kette.3.3.3 Ein einfaches Modell junger SterneJunge“ Sterne (sie können durchaus einige Milliarden Jahre alt sein) erzeugen ihre Energie”durch die Wasserstofffusion (pp-Kette). Diese Sterne werden durch die Gleichungen (3.2.12)bis (3.2.16) und (3.3.24) beschrieben (es fehlt noch eine Gleichung für κ). Die Lösungen diesesGleichungssystems sind nicht in geschlossener Form darstellbar, aber es gibt relativ einfacheNäherungen. Die folgenden Grafen für die Sonne sind mit der Näherung⎛⎞m(r) = M · ⎜⎝ 1− 1) 2⎟ (3.3.33)(32,768· r3R 3 +1 ⎠und MAPLE erstellt worden. Für die Gravitationsenergie ergibt sich mit diesem Modell derWertW G = −6,9·10 41 J = −1,8· γM2(3.3.34)R57


3 Sterne10,810,80,60,60,40,40,20,20 0,2 0,4 0,6 0,8 r/R 0 0,2 0,4 0,6 0,8Abb.3.3.5 ̺(r)/̺(0), ̺(0) = 9,2·10 4 kgmAbb.3.3.6 m(r)/M, M = 2,0·10 30 kg3r/R110,80,80,60,60,40,40,20,20 0,20,40,60,8r/R0 0,20,40,60,8r/RAbb.3.3.7 p(r)/p(0), p(0) = 2,2·10 16 PaAbb.3.3.8 T(r)/T(0), T(0) = 1,6·10 7 K0,00250,00200,00150,00100,000510,80,60,40,20 0,2 0,4 0,6 0,8 r/R0 0,20,40,60,8r/RAbb.3.3.9 ε(r) in W/kgAbb.3.3.10 L(r)/L(R), L(R) = 3,84·10 26 WVergleicht man die Grafen mit folgender Tabelle, die mit einem genaueren Modell berechnetwurde, dann sieht man die Brauchbarkeit des einfachen Modells.58


3 SternerR̺(r)̺(0)m(r)Mp(r)p(0)T(r)T(0)L(r)L(R)0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,01 0,56 0,25 0,08 0,03 0,006 0,003 5·10 −4 1·10 −4 1·10 −5 2·10 −90 0,07 0,35 0,64 0,85 0,94 0,98 0,99 1 1 11 0,7 0,2 0,03 0,007 0,001 0,0003 3·10 −5 7·10 −6 3·10 −7 3·10 −131 0,84 0,61 0,43 0,31 0,22 0,14 0,08 0,05 0,02 0,00040 0,3 0,9 1 1 1 1 1 1 1 1Tab.3.3.2 Im Inneren der Sonne: M = 1,989·10 30 kg, R = 6,96·10 8 m, ̺(0) = 1,6·10 5 kgm 3p(0) = 3·10 16 Pa, T(0) = 15,5·10 6 K, L(R) = 3,84·10 26 W3.4 Grobe Beziehungen zwischen M, L, R und TWir suchen grobe Zusammenhänge zwischen der Massse M, der Leuchtkraft L und dem RadiusR eines Sterns. Vereinfachend gehen wir von einem Stern mit konstanter Dichte ̺ aus:M = 4π̺3R 3 d.h. ̺ ∼ M R 3 (3.4.1)Die Temperatur des Sterns ist nach (3.2.10)T(r) = γµM2kR(1− r2R 2 )(3.4.2)Für die Temperatur T 0 im Zentrum des Sterns folgtT 0 = γµM2kRd.h.T 0 ∼ M R(3.4.3)Aus (3.2.16) folgt mit (3.4.2) und als konstant angenommenem κ− γµM rkR 3 = − 364π · κ̺L(r)σr 2 T(r) 3 (3.4.4)Mit L ( (R2)≈ L(R) = L und TR)2 =34 T 0 folgt aus (3.4.4), wenn man r = R 2 setzt:und darausDamit haben wir die Masse-Leuchtkraft-Beziehunggefunden.− γµM2kR 2 = − 128κk327πσγ 3 µ 3 · L̺ RM 3 (3.4.5)L = konst.· M4̺R 3 = konst.·M3 (3.4.6)L ∼ M 3 (3.4.7)59


3 SterneAus (3.2.15), (3.3.25) und (3.2.10) folgt für die Leuchtkraft L eines Sterns mit konstanter DichteL = 4π̺Mit (3.4.7) folgt daraus∫ R0= konst.· ̺2M νr 2 ε(r)dr = 4πα̺2R ν= konst.· ̺2M νR ν= konst.· ̺2M νR ν∫R0R∫0R∫0∫ R0r 2 T(r) ν dr =r 2 (1− r2R 2 ) νdr =r 2 (1+a 1r 2(r 2 +a 1r 4̺2M ν ( R3= konst.·R ν 3 + a 1R 35R 2 +a 2R 2 +a 2+ a 2R 37r 4R 4 +...+a νr 2ν )R 2ν dr =r 6R 4 +...+a r 2ν+2 )νR 2ν dr =+...+ a νR 3 )2ν +3̺2M ν Mν+2= konst.· = konst.·Rν−3 R ν+3 (3.4.8)M 3 ∼ Mν+2R ν+3 (3.4.9)und damit die Masse-Radius-BeziehungR ∼ M ν−1ν+3 (3.4.10)Beim H-Brennen liegt ν zwischen 5 und 18, d.h. der Exponent von M in (3.4.10) liegt zwischen0,5 und 0,8.Nach dem Stefan-Boltzmann’schen Gesetz gilt mit der effektiven Oberflächentemperatur T eff desSternsL = 4πσR 2 T 4 eff (3.4.11)Aus (3.4.7) und (3.4.10) folgtund damitL ∼ R 2 Teff 4 ∼ M 2ν−2ν+3 Teff 4 ∼ L2ν−2 3ν+9 Teff 4 (3.4.12)2ν−21−L 3ν+9 = L ν+113ν+9 ∼ Teff 4 (3.4.13)Für die Zahlenwerte ˜L und ˜T eff gilt dann (Benennungen kann man schlecht logarithmieren)˜L ν+113ν+9 = C · ˜T 4 eff =⇒ν +113ν +9 lg ˜L = 4 lg ˜T eff +konst. (3.4.14)oderlg ˜L 12ν +36=ν +11 lg ˜T eff +konst. (3.4.15)Der Bruch in (3.4.15) liegt zwischen 6 und 8,7, da ν zwischen 5 und 18 liegt. Näherungsweisenehmen wir den Wert 8, d.h. für Sterne, in denen das H-Brennen dominiert, gilt näherungsweiseDie absolute visuelle Helligkeit M V des Sterns ist nach (2.5.61)lg ˜L ≈ 8 lg ˜T eff +konst. (3.4.16)M V = −2,5 m lg E(r 0)E ∗ (3.4.17)60=


Dabei ist3 SterneE(r 0 ) = L4πr 2 0(3.4.18)die Intensität in der Entfernung r 0 = 10pc vom Stern. Im Folgenden bezeichnet die Tilde (˜)wieder reine Zahlenwerte, d.h. ˜L = L/W und ˜T eff = T eff /K:M V = −2,5 m lgMit (3.4.16) folgt darausL4πr 2 0 E∗ = −2,5m lg˜L4π˜r = 0Ẽ∗ 2 −2,5m lg ˜L−2,5 m lg(4πẼ∗ ) (3.4.19)M V ≈ −20 m lg ˜T eff +konst. (3.4.20)Aus der absoluten Helligkeit unserer Sonne (M V = 4,72 m ) und ihrer effektiven Temperatur(T eff = 5780K) gewinnt man die Konstante in (3.4.20):M V ≈ 80 m −20 m lg ˜T eff (3.4.21)(3.4.21) ist ein ungefährer Zusammenhang zwischen absoluter visueller Helligkeit und effektiverOberflächentemperatur eines Sterns, in dem die Energie hauptsächlich durch H-Brennen erzeugtwird.Für sonnennahe Sterne kann die Entfernungr trigonometrisch bestimmtwerden und aus der scheinbarenHelligkeit erhält man dann mit(2.5.62) die absolute Helligkeit M V .Aus dem Spektrum des Sternsgewinnt man mit dem Wien’schenVerschiebungsgesetz die effektiveTemperatur T eff . Trägt man alleDaten in ein logT eff -M V -Diagramm(Hertzsprung-Russel-Diagramm,HRD) ein, kann die Beziehung(3.4.21) überprüft werden.M Vmag−10−50+5+10+1540HauptreiheWeiße ZwergeÜberriesenRiesenUnterriesenSonne20 10 8 6 5 4 32T eff10 3 KAbb.3.4.1 Hertzsprung-Russel-DiagrammDieGeradeinAbb.3.4.1zeigtdenVerlaufderNäherung(3.4.21).DieSternemithauptsächlichemH-Brennen bilden die Hauptreihe im HRD. Auf der Hauptreihe liegen die meisten Sterne, d.h.die meisten Sterne befinden sich im Stadium des H-Brennens.3.5 Der sichtbare Bereich der SterneAußer überNeutrinos, dieihrenUrsprungim Inneren(Fusionsbereich) eines Sternshaben,erhaltenwir nur Informationen über die äußeren Bereiche der Sterne. Als mittlere freie Weglängeeines Photons bezeichnet man den Mittelwert des Weges, nach dem ein Photon mit einem Kern,einem Elektron oder einem Atom in Wechselwirkung tritt und damit absorbiert oder umgelenktwird. Da die mittlere freie Weglänge im sehr dichten Inneren eines Sterns sehr klein ist, müssensich die im Sternzentrum entstehenden Photonen mühsam ihren Weg nach außen bahnen.61


3 SterneDabei wird der Weg des Photons so oft umgelenkt,dass es ca. eine Million Jahre braucht, umdie äußeren Schichten des Sterns zu erreichen.Auf diesem Weg verliert das Photon zunächstEnergiedurchdieStößemitdenKernenunddenElektronen des Plasmas in den inneren Schichten.Dadurch erhitzt sich das Plasma und beiStößen der geladenen Teilchen untereinanderentstehen wieder neue Photonen. Weiter außen,wenn die Temperatur des Sterns soweit gesunkenist, dass es wieder Atome gibt, werden diePhotonen von den Atomen absorbiert und mitdergleichen odereineranderenWellenlänge wie-ChromosphärePhotosphärePhotonenFusionszoneAbb.3.5.1 Schichten eines Sternsder emittiert. Insgesamt entstehen während der langen Reise durch den Stern aus wenigen, sehrenergiereichen Photonen (Gammaquanten) viele energiearme Photonen mit Wellenlängen imsichtbaren Bereich. Erst in der Photosphäre, einer relativ dünnen Schicht an der Sternoberfläche(≈200km beiderSonne),wirddiemittlerefreieWeglänge derPhotonensogroß, dasseinigedavon (innen weniger, außen mehr)den Stern ohne weitere Wechselwirkung verlassen können.Die Temperatur in der Photosphäre beträgt einige Tausend Kelvin.Das ist zu wenig für ein Plasma, aber die Atome mit kleiner WIonisierungsenergie (hauptsächlich Metallatome) sind ionisiert. Esgibt also genügend freie Elektronen in der Photosphäre, die eine0beliebige Energie W > 0 haben können. Diese freien Elektronenkönnen mit einem H-Atom ein H − W 3-Ion bilden. Das zweite Elektronim H − -Ion hat nur die Bindungsenergie −0,75eV. Wenn einW 2H-Atom also ein freies Elektron der Energie W einfängt, sendet esein Photon der Frequenz0,75eV +Wf = > 1,8·10 14 Hz (3.5.1)hund der Wellenlängeλ = c W 1f < 1700nm (3.5.2)freieElektronenhfAbb.3.5.2 KontinuierlichesSpektrumaus. Es entsteht also ein kontinuierliches Emissionsspektrum und kein Linienspektrum, wiees sonst bei Gasen üblich ist.In der Photosphäre entstehen auch die Fraunhoferlinien: Trifft ein Photon der Energie hf aufein Atom im Energiezustand W n und ist W m = W n +hf auch ein möglicher Energiezustand diesesAtoms, dann wird das Photon mit großer Wahrscheinlichkeit absorbiert und in eine beliebigeRichtung wieder ausgesandt (Resonanzstreuung). Im geradlinig durchgehenden Licht fehlenalso die Wellenlängen, die den vorhandenen Energiedifferenzen entsprechen, fast völlig und sieerscheinen als schwarze Linien im kontinuierlichen Spektrum (Absorptionslinien, Fraunhoferlinien).Durch Konvektion (Aufwärtsströmen heißer Gase aus den Schichten unter der Photosphäre,Abwärtsströmen der um einige hundert Grad kälterer Gase) zeigt die Photosphäre eine körnigeStruktur (Granulation). Die einzelnen Granulen haben einen Durchmesser von ca. 1000kmund eine mittlere Lebensdauer von ungefähr zehn Minuten.62


3 SterneAndiePhotosphäreschließen sich noch dieChromosphäreund die Korona an. Die Chromoshäre ist bei einer totalenSonnenfinsternis kurz sichtbar, wenn der Mond gerade diePhotosphäre bedeckt. Einige Sekunden später verschwindetauch die Chromosphäre hinter dem Mond. Aus der Sichtbarkeitsdauerfolgt die Dicke der Chromosphäre, die bei derSonne ungefähr 10000km beträgt. Das Spektrum der Chromosphäreist ein reines Linienspektrum (Resonanzstreuungdes Photosphärenlichts an den Atomen der Chromosphäre),das wegen der sehr geringen Dichte der Chromosphärekaumzur Gesamtstrahlung der Sonne beiträgt. In der Chromosphäresteigt die Temperatur nach außen hin wieder an (biszu 10 5 K) und erreicht in der Korona sogar 10 6 K. Die Energiedazu stammt aus Schallwellen, die durch die Konvektionsströmeunter der Photosphäre erzeugt werden. Durchdie hohe Temperatur gibt es in der Korona wieder vielefreie und heiße (schnelle) Elektronen. Das Koronalicht isthauptsächlichStreulicht derPhotosphäreandenfreienElektronenund zeigt daher das gleiche Spektrum wie das Pho-PhotosphäreChromosphäreMondDie Chromosphäre istnoch nicht sichtbar, dasie vom Licht der vielhelleren Photosphäreüberstrahlt wird.Jetzt wird die Chromosphäregerade sichtbar.Abb.3.5.3 Sonnenfinsternistosphärenlicht. Im Koronalicht fehlen aber die Fraunhoferlinien, die durch den Dopplereffekt(die schnellen Elektronen sind die Lichtquellen) verschmiert werden.Die hohen Koronatemperaturen und die daraus folgenden hohen Teilchengeschwindigkeiten inder Korona bewirken ein Entweichen der Koronamaterie nach außen. Dieser Sonnenwind bestehthauptsächlich aus Protonen, Elektronen und α-Teilchen. Die Dichte des Sonnenwindes amOrt der Erde liegt zwischen zwei und zehn Teilchen pro cm 3 , die Teilchengeschwindigkeit liegtbei 500 km s .Über die aktive Sonne (Sonnenflecken, Protuberanzen) siehe Buch.3.6 Informationen im SternenlichtDie Hauptinformation über Sterne und andere Himmelskörper erhalten wir in Form von elektromagnetischerStrahlung aller Wellenlängen, von der langwelligen Radiostrahlung über Infrarot,sichtbares Licht, Ultraviolett und Röntgenstrahlung bis hin zur extrem kurzwelligen undenergiereichen Gammastrahlung. Neben der elektromagnetischen Strahlung erreichen uns nochNeutrinos undmassereichere Teilchen, hauptsächlich Elektronen, Protonen undα-Teilchen. Eineweitere Möglichkeit, InformationausdenTiefendesAlls zuerhalten, sinddieGravitationswellen,dievon großen, beschleunigten Massen (Doppelsterne, Sternexplosionen, Fall eines Sterns inein schwarzes Loch) abgestrahlt werden. Leider stehen uns noch keine Gravitationswellendetektorenzur Verfügung, deren Empfindlichkeit ausreicht, die kosmischen Ereignisse zu registrieren.Die Existenz von Gravitationswellen folgt aus der allgemeinen Relativitätstheorie Einsteins.63


3 SterneSpaltFernrohr GitterAbb.3.6.1 GitterspektrografH γ He +H δ He H β H α300 400 500 600 700Abb.3.6.2 Verschiedene SpektrenFilmAber zurück zum Licht der Sterne. Die InfomationstecktnatürlichinderspektralenZusammensetzung des Lichtes. Mit einemSpektrografen (siehe Abb.3.6.1) wird dasSternenlicht zerlegt und fotografiert. Ausder Lage, der Stärke und der Form (Breite)der Absorptionslinien (Fraunhoferli-blaurotO9B0G0nien) schließt man auf die chemische Zusammensetzung,die Temperatur und denDruck in der Photosphäre. Die mit H αusw. bezeichneten Linien gehören zur Balmerseriedes Wasserstoffs. Die Breite derLinienin Abb.3.6.2 ist nicht ihretatsächlicheBreite, sondern ein Maß für ihreStärke ( ”Schwärze“). Die wirkliche Formeiner Spektrallinie erhält man mit einerFotozelle, die als Lichteinlass einen sehrschmalen Spalt hat. Mit dieser Fotozellefährt man langsam durch das ganze Spekλnmtrum und misst so die Intensität inAbhängigkeit von der Wellenlänge (siehe IntensitätAbb.3.6.3).Ähnlich aussehende Spektren werden dergleichen Spektralklasse zugeornet. DieHauptspektralklassen werden mit Großbuchstabenbezeichnet. Nach absteigendenTemperaturen geordnet lauten dieseλKlassen O-B-A-F-G-K-M. Ein Merksatzfür diese Reihenfolge ist:” Oh, Be A Fine Girl, Kiss Me“. Abb.3.6.3 SpektrogrammDiese Hauptklassen werden durch Anhängen einer Ziffer von 0 bis 9 noch in Unterklassen aufgeteilt.Unsere Sonne hat den Spektraltyp G2.Typ O5 B0 B5 A0 F0 G0 K0 M0T in K 44500 30000 15400 9520 7200 6030 5250 3850Tab.3.6.1 Spektralklasse und Oberflächentemperatur für HauptreihensterneEin roter Zwerg und ein roter Riese mit gleicher effektiver Temperatur gehören zur gleichenSpektralklasse. Eine genauere Untersuchung des Spektrums zeigt aber, dass die Form der Spektrallinienvon der Leuchtkraft abhängt (kleine Leuchtkraft, breite Linien). Durch eine genaueAnalyse des Spektrums eines Sterns erhält man also Informationen zur effektiven Temperaturund zur Leuchtkraft. Die so bestimmte Temperatur ist genauer als die über das Wiensche Verschiebungsgesetzermittelte (die Sterne sind eben nur in grober Näherung schwarze Strahler).Sternentfernungen, die über spektroskopisch bestimmte Leuchtkräfte und die scheinbare Helligkeitermitteltwerden(Entfernungsmodul,(2.5.62)), nenntmanspektroskopische Parallaxen.64


3 SterneFür eine weitere Information im Licht der Sterne sorgt der Dopplereffekt:Lichtquelle undBeobachter bewegen sich mit derRelativgeschwindigleitv = βc. Ist λ die Wellenlänge im System der Lichtquelle,dann misst der Beobachter die Wellenlänge√λ ′ 1+β= λ·1−β(3.6.1)Dabei ist β > 0 für die gegenseitige Entfernung (Rotverschiebung)und β < 0 für die Annäherung (Blauverschiebung) vonSender und Empfänger.Für |β| ≪ 1 giltund es folgt11−β≈ 1+β (3.6.2)λ ′ ≈ λ·(1+β) (3.6.3)oder∆λ = λ ′ −λ ≈ λ·β (3.6.4)Vergleicht man die Linien im Spektrum eines Himmelskörpers mit denen einer ruhenden Lichtquelle,dann lässt sich mit der Dopplerformel die Relativgeschwindigkeit des Himmelskörperszur Erde berechnen.65


3 Sterne3.7 Entwicklung der Sterne3.7.1 Geburt der SterneSterne entstehen aus riesigen Wolken interstellaren Gases (hauptsächlich Wasserstoff und Helium)durch die Wirkung der Gravitation. Die genauen Bedingungen, denen Masse, Dichte undTemperatur solcher Gaswolken genügen müssen, um eine Sternentstehung zuzulassen, sind Gegenstandder aktuellen Forschung. Je nach Bedingungen müssen die Massen der Wolken größerals 10 3 bis 10 4 Sonnenmassen sein. Aufgrund von Schwingungsinstabilitäten und Problemen mitder Rotation können keine Sterne mit mehr als ungefähr 90M ⊙ entstehen. Die untere Grenzefür Sternmassen liegt bei ungefähr 0,08M ⊙ . Es entstehen zwar Himmelskörper mit kleinerenMassen, doch reicht bei diesen die Zentraltemperatur nicht aus, um das H-Brennen einzuleiten.Solche Himmelskörper nennt man braune Zwerge. Bei Objekten mit mehr als 0,08M ⊙ reichtdie freiwerdende Gravitationsenergie aus, die Zentraltemperatur so weit zu erhöhen, dass dasH-Brennen einsetzt: Ein junger Hauptreihenstern ist entstanden.3.7.2 Entwicklung der SterneDie dem Stern durch das H-Brennen zur Verfügung stehende Energie ist zur Sternmasse Mproportional: W H = α · M. Mit τ H bezeichnen wir die Zeitdauer des H-Brennens eines Sterns.Da die Leuchtkraft L des Sterns seine abgestrahlte Leistung ist, giltMit der Masse-Leuchtkraftbeziehungfolgt dannτ H = W HL(3.7.1)L ∼ M 3 (3.7.2)τ H ∼ M M 3 = 1M 2 (3.7.3)Die Verweildauer auf der Hauptreihe ist also für massereiche Sterne kleiner als für leichte Sterne.τ H liegt ungefähr zwischen 10 6 und 10 11 Jahren.Spektraltyp O5 B0 A0 F0 G0 K0 M0τ H in Jahren 2·10 6 2·10 7 6·10 8 2·10 9 5·10 9 9·10 9 2·10 10Tab.3.7.1 Verweildauer τ H auf der HauptreiheWährend des H-Brennens sammelt sich immer mehr Helium im Zentralgebiet des Sterns an, derBereich des H-Brennens ist dann eine zum Mittelpunkt konzentrische Kugelschale, die immerweiter nach außen wandert. Das H-Brennen endet, wenn im Zentralgebiet mit der erforderlichenhohen Temperatur aller Wasserstoff in Helium verwandelt wurde. Das ist der Fall, wenn ungefähr10% des ursprünglichen Wasserstoffs verbrannt sind. Seiner Energiequelle beraubt kühltdas Zentralgebiet jetzt aus und der Gasdruck wird dadurch geringer. Die Gravitation gewinntalso wieder die Oberhand und das Zentralbegiet kontrahiert. Die dabei freigesetzte Gravitationsenergieheizt das Helium soweit auf, bis das He-Brennen zündet. Die beim He-Brennenentstehende Strahlung heizt jetzt den angrenzenden Wasserstoff auf und es entsteht um dasZentrum eine Kugelschale, in der H-Brennen stattfindet. Das He-Brennen liefert zwar pro Masseweniger Energie als das H-Brennen, aber es läuft schneller ab: Die Leistung beim He-Brennenist größer als die Leistung beim H-Brennen. Der Druck der nach außen strebenden Strahlungwird jetzt so groß, dass die Hülle des Sterns nach außen gedrängt wird, es entsteht ein roterRiese. Die eben geschilderten Abläufe gelten für Sterne mit M 2M ⊙ .66


3 SterneBei Sternen mit M 2M ⊙ sinddie Verhältnisse etwas komplizierter,da die Dichte im Kern sogroß wird, dass quantenmechanischeEffekte (entartetes Elektronengas)wirksam werden und derKern somit nicht mehr als idealesGas betrachtet werden kann.Insbesonderesteigt die Temperaturdes Kerns bei der Kontraktionnicht mehr an und es kommtzunächst nicht zum He-Brennen.He-BrennenHeH-Brennen H-BrennenH-BrennenAuf der Hauptreihe Roter RieseAbb.3.7.1 Vom H-Brennen zum He-BrennenIn einer Schale um den Kern findet auch hier H-Brennen statt. Die Leuchtkraft des Sternshängt nicht mehr von M, sondern von der Masse M c des entarteten Kerns ab und steigt mitwachsendem M c stark an (um mehrere Zehnerpotenzen bei Verdopplung von M c ). Bei M c ≈0,45M ⊙ setzt auch hier das He-Brennen ein. Wegen der Entartung dehnt sich der Kern beider folgenden Erhitzung nicht aus und das He-Brennen schaukelt sich sehr schnell auf, bis esim Helium-Flash endet. Dabei steigt die Leistung des Kerns für einige hundert Sekunden aufdie Leistung einer ganzen Galaxie an! Diese gewaltige Energiemenge wird hauptsächlich zurErhitzung des Sterns selbst aufgebraucht, die Entartung des Zentralgebiets wird aufgehobenund der Stern geht in ein gleichmäßiges He-Brennen über. Im HRD durchläuft der Stern jetztlangsam eine Schleife im Gebiet der roten Riesen.Bei roten Riesen mit ihren Radien vonR ≈ 1AE ist dieFluchtgeschwindigkeit ander Oberfläche so klein, dass ständig Materieentweicht. Um die roten Riesen bildetsich langsam ein planetarischer Nebel.Ist das Helium verbrannt, fällt deraus C und O bestehende Kern wieder zusammen.Bei massearmen Sternen (M 10M ⊙ ) wie unserer Sonne genügt die dabeientstehende Strahlung, die äußerenSchichten des Sterns wegzublasen. Zurückbleibenein entarteter Zwergstern (weißerZwerg) und ein planetarischer Nebel.M Vmag−10−50+5+10+1540O5 B0Weiße Zwerge2010ÜberriesenSonne8A0 F06G0Hauptreihe54Rote Riesen32T eff10 3 KK0 M0 SpektralklasseAbb.3.7.2 Sternentwicklung im HRD3.7.3 Weiße ZwergeBei normalenSternenwächst derRadiusmit derMasse. Aus(3.4.10) folgt fürHauptreihensterneR ∼ M α mit 0,5 α 0,8 (3.7.4)Bei weißen Zwergen gilt statt der Zustandsgleichung des idealen Gasesaber die Zustandsgleichung eines entarteten Elektronengases:pV = N kt (3.7.5)p ∼ ̺53 (3.7.6)67


3 SterneAus (3.2.5) ergibt sich für den Zentraldruck in einem SternMit der offensichtlichen Proportionalitätp ∼ M2R 4 (3.7.7)̺ ∼ M R 3 (3.7.8)folgtdannaus(3.7.6) und(3.7.7) (Aufgabe!)füreinenweißen ZwergdieMasse-Radius-BeziehungR ∼ M −1 3 (3.7.9)Der Radius eines weißen Zwerges wird also mit wachsender Masse kleiner! Typische Größenordnungenfür weiße Zwerge sind M ≈ M ⊙ und R ≈ R Erde .Weiße Zwerge haben keine Energiequelle mehr: Für Kernfusionen ist die Temperatur zu niedrig,eine Kontraktion wirddurchdenstarken Gegendruck desentarteten Elektronengases verhindert.In den nichtentarteten Atomkernen ist aber noch genügend kinetische Energie gespeichert, umden Sternmit seiner sehrkleinen Oberflächenoch einige 10 9 Jahreleuchten zu lassen. Allmählichkühlt der weiße Zerg aber aus, wird zum roten Zwerg (Wanderung im HRD nach rechts unten)und schließlich zu einem nicht mehr leuchtenden braunen Zwerg. Damit ist der Endzustandder masseärmeren Sterne erreicht.3.7.4 NeutronensterneIst die Masse des verbleibenden Kerns eines roten Riesen größer als 1,4·M ⊙ (Chandrasekhar-Grenze), dann ist der Gravitationsdruck größer als der Druck des entarteten Elektronengasesund der Stern kollabiert weiter. Dabei werden die Elektronen nache − +p + → n+ν (3.7.10)förmlich in die Protonen gedrückt (inverser Betazerfall) und es entstehen lauter Neutronen undNeutrinos. Das verbleibende, fast nur aus Neutronen bestehende und äußerts kompakte Gebildeist ein Neutronenstern. In der Nähe der Oberfläche des Neutronensterns gibt es auch nochneutronenreiche Atomkerne und somit auch noch Elektronen. Die Radien der Neutronensterneliegen im Bereich von ungefähr 10km bis 100km. Beim Kollaps bleibt der Drehimpuls desSterns erhalten und seine Winkelgeschwindigkeit erhöht sich drastisch (siehe Aufgaben). DieRotationsdauer der Neutronensterne liegt zwischen 1,5ms und 4s.Da ein Neutron aus geladenen Quarks besteht,hat ein Neutron ein Magnetfeld und wirkt wieein kleiner Elementarmagnet. Im NeutronensternsinddieseElementarmagneteziemlich ausgerichtet,wodurch ein gigantisches Magnetfeldmit Werten bis zu 10 8 T an den Polen entsteht.Wenn die Dipolachse ⃗µ des Magnetfeldesnicht mit der Drehachse ⃗ Ω des Neutronensternszusammenfällt, dann werden geladene Teilchen(hauptsächlich Elektronen und Atomkerne diesich aufgrund induzierter elektrischer Felder etwasvon der Oberfläche entfernt haben) durchdie riesigen Zentrifugalkräfte nach außen geschleudertund im Magnetfeld auf Spiralbahnengezwungen. Dabei treten gewaltige Beschleuni-⃗Ω βω⃗BSαNγAbb.3.7.3 Neutronenstern als Pulsar⃗µγ68


3 Sternegungenauf unddajedebeschleunigte Ladungstrahlt, werdenin Bewegungsrichtung derTeilchenPhotonen abgestrahlt (Synchrotronstrahlung). Die Intensität dieser Strahlung nimmt mitdemWinkel β zwischen Magnetfeldachse ⃗µ undRichtungzum Beobachter ab. Da sich β währendder Rotation des Neutronensterns laufend ändert, nimmt der Beobachter (Erde) eine mit derDrehfrequenz des Sterns pulsierende Strahlungsintensität wahr (Pulsar). Die Frequenzen derPulsarstrahlung reichen vom Radio- bis in den Röntgen- und Gamma-Bereich. 1967 entdeckteA. Hewish mit dem Cambridger Radioteleskop den ersten Pulsar mit einer Periode von 1,337s.Mittlerweile sind einige Hundert Pulsare entdeckt worden. Der bekannteste ist der Crabpulsarim Zentrum des Krebsnebels. Der Neutronenstern und derNebel sind die Überreste einer Supernova, die 1054 von Chinesenbeobachtet und aufgezeichnet wurde. Die Energie derPulsarstrahlung wird im Endeffekt der Rotationsenergie desNeutronensterns entogen, d.h. seine Drehfrequenz (Winkelgeschwindigkeit)wird allmählich kleiner.Pulsare, die hauptsächlich im Röntgenbereich strahlen, sindenge Doppelsternsysteme, bestehend aus einem Neutronensternund einem normalen Stern. Vom normalen Stern fließtAbb.3.7.4 Der Krebsnebelständig Materie zum Neutronenstern und spiralt um dessen magnetische Feldlinien auf seineOberfläche. Durch das starke Gravitationsfeld in der Nähe der Oberfläche des Neutronensternswerden die einfallenden Teilchen sehr schnell, erfahren dadurch eine große Lorentzkraft und einegroße Beschleunigung, was wiederum zur Abstrahlung von energiereichen Photonen führt.3.7.5 SupernovaBei massereichen Sternen mit einer Anfangsmasse M 10M ⊙ setzt nach dem He-Brennen dasC-Brennen, dann das Ne-Brennen, O-Brennen und das Si-Brennen ein. Jedesmal durchläuft derSterndabeiimHRDeineSchleifenachlinksundwiedernachrechts (sieheAbb.3.7.2). DiegroßenEnergiemengen, die dabei im Kern erzeugt werden, heizen auch die äußeren Sternschichten soweitauf, dass dort in Kugelschalen die vorhergehenden Kernreaktionen weiter ablaufen. Da dieKernfusionen der schwereren Elemente bei immer höheren Temperaturen ablaufen, verbrennendiese Elemente auch immer schneller. Schließlich geht im Kern des Sterns der Brennstoff aus,wenn das ganze Silizium in Eisen, Kobalt und Nickel, die stabilsten Elemente die es gibt, verwandeltwurde. Jetzt hält der Kern dem ungeheueren Gravitationsdruck nicht mehr stand undkollabiert in einigen zehntel Sekunden zu einem Neutronenstern. Dabei entsteht nach (3.7.10)für jedes entstehende Neutron ein Neutrino. Der Rückprall der zusammenstürzenden Materieim Zentrum des Sterns erzeugt eine nach außen laufende Stoßwelle (eine Welle mit nur einemWellenberg sehr dichter Materie). Diese Stoßwelle trifft auf die mit ca. einem Viertel der Lichtgeschwindigkeitnach innen fallende Materie der Sternhülle. Bei diesem Zusammenprall entstehteine Schicht ungeheuer dichter Materie, die in der Lage ist, einige Prozent der nach außen eilendenNeutrinos zu absorbieren. Dabei wird genug Energie frei, um den Stern zu zerfetzen,die gesamte Hülle des Sterns wird ins All geblasen. Die nicht absorbierten Neutrinos verlassenden Stern mit praktisch Lichtgeschwindigkeit und tragen dabei eine Energiemenge fort, die umeinige hundertmal größer ist als die gesamte im sichtbaren Bereich ausgestrahle Energie. DieStoßwelle ist viel langsamer als die Neutrinos (≈ 0,02c) und erreicht die Sternoberfläche erstnach einigen Stunden und bewirkt dann das sichtbare Aufleuchten des Sterns. Insgesamt wirdbei einer Supernova ungefähr hundertmal soviel Energie frei, wie die Sonne in ihrem ganzenLeben abstrahlt! Bevor die Sternhülle aber im All verschwindet, setzen bei den hohen Temperaturenund dem riesigen Neutronenfluss endotherme, d.h. energieverbrauchende Kernfusionenein. Dabei entstehen alle Elemente, die jenseits des Eisens liegen.Alle schweren Elemente im Kosmos sind in Supernovaexplosionen entstanden!!69


3 SterneJedes Atom des menschlichen Körpers war also schon einmal Bestandteil eines massereichenSterns und wurde bei einer Supernova in den Raum geschleudert. Unsere Sonne mit ihren Planetenentstand dann aus den Überresten von einer oder mehreren Sternexplosionen. Außer denganz leichten Elementen (H, He, Li, Be, B), die schon beim Urknall erzeugt wurden, ist jedesElement in einem Stern entstanden.Am 23.2.1987 wurde in der 160000Lj entfernten großen Magellanschen Wolke, einer kleinenNachbargalaxie, eine Supernova beobachtet, die mit SN 1987A bezeichnet wird. Da der explodierendeStern schon vorher bekannt war (Sanduleak 69202, ein blauer Riese mit ca. 18 Sonnenmassen),konnten die Theorien der Astrophysiker an diesem Ereignis überprüft werden: MitErfolg! Insbesondere wurden die Neutrinos von SN 1987A vor dem sichtbaren Aufleuchten desSterns registriert.H-Brennen He-Brennen C-Brennen Ne-Brennen O-Brennen Si-Brennen1·10 7 a 1·10 6 a 12000a 12a 4a 1WocheTab.3.7.2 Werdegang von Sanduleak 69202In den letzten 2000 Jahren gab es, historischen Quellen zufolge, nur neun Supernovae in unsererGalaxis. Die beiden letzten wurden 1572 von Tycho Brahe und 1604 von Kepler entdeckt.Gerade die Seltenheit der Supernovae macht die Entdeckung von SN 1987A so wertvoll.70


3 SterneIn einem engen Doppelsternsystem, bestehend aus einem weißen Zwerg und einem Hauptreihensternoder besser noch einem roten Riesen, kann der weiße Zwerg ständig Materie aus denlocker gebundenen oberen Schichten des anderen Sterns an sich ziehen. Wird die Masse desweißen Zwerges größer als die Chandrasekharmasse 1,44M ⊙ , dann kollabiert er zu einem Neutronenstern,es entsteht eine Nova. Der Ablauf der Nova ist ähnlich dem einer Supernova, nurum einige Größenordnungen kleiner, da einerseits die kollabierende Masse M c kleiner ist (diefreiwerdende Gravitationsenergie ist proportional zu M 2 c !) und andererseits keine Sternhülle zurUmsetzung der Neutrinoenergien vorhanden ist.3.7.6 Schwarze LöcherDie Fluchtgeschwindigkeit v F an der Oberflächeeiner radialsymmetrischen Massenverteilung derGesamtmasse M und mit dem Radius R erhält man aus dem Energiesatz:m2 v2 F = γM mR=⇒ v F =√2γMR(3.7.11)Aus der offensichtlichen Bedingung v F ≦ c folgtR ≧ 2γMc 2 (3.7.12)Ist der Radius eines Himmelskörpers also kleiner als der SchwarzschildradiusR S = 2γMc 2 , (3.7.13)dann kann nichts, nicht einmal Licht, die Oberfläche dieses Gebildes verlassen, es liegt einschwarzes Loch vor. Diese Ideen wurden erstmals von John Mitchell 1783 und unabhängigdavon von Pierre-Simon Laplace 1796 veröffentlicht. Diese einfachen Rechnungen, basierendauf dem Newtonschen Gravitationsgesetz, liefern aber nur zufällig den richtigen Wert fürden Schwarzschildradius. Bei den starken Gravitationsfeldern so kompakter Objekte versagt dieNewtonsche Theorie und man muss mit der Einsteinschen Gravitationstheorie, der allgemeinenRelativitätstheorie, rechnen. Einstein veröffentlichte seine Theorie am 25.11.1915 in denSitzungsberichten der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Diese Sitzungsberichte erhieltauch der Astrophysiker Karl Schwarzschild (1873-1916), der gerade als Soldat (aber nichtals einfacher Schütze, sondern als Mathematiker) an der Ostfront diente. Schwarzschild machtesich sofort daran, die neue Theorie auf Sterne anzuwenden. Er fand eine Lösung der EinsteinschenFeldgleichungen für den Außenraum eines radialsymmetrischen, nicht rotierenden Sterns,die am 13.01.1916 von Einstein im Namen Schwarzschilds der Preußischen Akademie der Wissenschaftenvorgetragen wurde. Ein paar Wochen später fand Schwarzschild auch eine Lösungfür das Innere eines radialsymmetrischen, nicht rotierenden Sterns. Leider starb Schwarzschildim Mai 1916 an einer Krankheit, die er sich an Ostfront zugezogen hatte.Aus den Lösungen Schwarzschilds folgt, dass ein Stern, dessen Radius kleiner als R S ist, derGravitation nicht mehr standhalten kann, er kollabiert bis zu einem Punkt mit unendlicherDichte (Singularität). Weiter folgt, dass nichts innerhalb einer Kugelfläche mit Radius R S(Ereignishorizont) über diese Fläche hinaus gelangen kann. Somit kann auch die beim Kollapsfreiwerdende Gravitationsenergie nicht abgestrahlt werden. Der Ereignishorizont trennt dasInnere des schwarzen Lochs vom übrigen Universum ab.71


3 SterneBerücksichtigt man jedoch quantenmechanische Effekte,dann kann ein schwarzes Loch doch Strahlung abgeben,die nach seinem Entdecker Stephen Hawking benanntist. Hawking veröffentlichte seine Berechnungen 1974 in derZeitschrift Nature. Nach der Quantenmechanik ist das Vakuumnicht vollständig leer, sondern es entstehen für kurzeZeiten ∆t virtuelle Teilchen-Antiteilchen-Paare (Vakuumfluktuationen).∆t genügt dabei der UnschärferelationEreignishorizont2mc 2 ∆t h, (3.7.14)wobei m die relativistische Masse eines der beiden Teilchenist. Entstehen die virtuellen Teilchen ganz nah am Ereignishorizont,dann kann es vorkommen, dass während der Lebensdauer∆t eines der beiden Teilchen hinter dem HorizontverschwindetundsodasandereTeilchenalsjetztreellesTeil-Abb.3.7.5 Hawkingstrahlungchen zurückbleibt. Die Energie mc 2 wirddabei dem schwarzen Loch entzogen (freiwerdendeGravitationsenergiedes hineinfallenden Teilchens). Ist die kinetische Energie des zurückbleibendenTeilchens genügend groß, dann kann es dem schwarzen Loch entweichen. Die Hawkingstrahlungkann aus allen möglichen Teilchen bestehen (Photonen, Elektronen, Positronen, Protonen, ...),jedoch ist die Erzeugungswahrscheinlichkeit für leichtere Teilchen größer. Hawking berechneteauch, wie lange es dauert bis ein schwarzes Loch verdampft ist. Für ein Loch von etwas mehrals zwei Sonnenmassen sind das 10 67 a, ungefähr das 10 57 -fache des Alters des Universums! ImEndstadium aber, wenn die Masse des Lochs irgendwo zwischen 10 3 kg und 10 11 kg liegt (genaueresist noch nicht bekannt), verdampft das Loch in einer gewaltigen Explosion. Es ist möglich,dass beim Urknall sehr leichte schwarze Löcher entstanden sind, die sogenannten primordialen(urzeitlichen) schwarzen Löcher. Nach der Strahlungsolcher primordialen Löcher wurdegesucht,aber nichts gefunden. Entweder sind nicht sehr viele dieser leichten Löcher erzeugt worden oderes sind schon alle verdampft.Wenden wirunsjetzt derFrage zu, wieschwarze Löcher entstehen. Die Antwort ist einfach: BeimKollaps eines Sterns mit genügend großer Masse. Genauer gesagt, muss der entstehende Neutronensterneine gewisse Grenzmasse M LOV (Landau-Oppenheimer-Volkoff)überschreiten,um zu kollabieren. Da die exakte Zustandsgleichung eines Neutronensterns noch nicht bekanntist, kann M LOV nur näherungsweise angegeben werden (siehe Aufgaben):1,5M ⊙ M LOV 3M ⊙ (3.7.15)Ein schwarzes Loch kann auch aus einem Neutronenstern in einem engen Doppelsternsystementstehen: Der Neutronenstern entzieht dem anderen Stern Materie, bis M LOV erreicht wird.Noch ein Szenario, das in einem schwarzen Loch endet: Einsehr enges Doppelsternsystem, bestehendaus zwei Neutronensternen, verliert Energie durch die Abstrahlungvon Gravitationswellen(eine Folgerung aus der allgemeinen Relativitätstheorie). Die Neutronensterne kommen sichimmer näher und kollidieren. Dabei wird ein gigantischer Schwall von Gammaquanten emittiert(eventuell eine Quelle der geheimnisvollen Gammaray-Bursts) und zurück bleibt ein schwarzesLoch.72


3 SterneM a 0,08M ⊙ 0,08M ⊙ M a 10M ⊙ 10M ⊙ M a 40M ⊙ M a 40M ⊙M e 0,08M ⊙ 0,08M ⊙ M e 1,44M ⊙ 1,44M ⊙ M e 3M ⊙ M e 3M ⊙brauner Zwerg weißer Zwerg Neutronenstern schwarzes LochTab.3.7.3 Endstadien eines Sterns (M a : Anfangsmasse, M e : Endmasse)Wir haben jetzt schon viel über schwarze Löcher geredet, aber wie kann man so ein Gebilde,das keine Strahlung aussendet (die Hawkingstrahlung ist viel zu schwach) überhaupt nachweisen?Eine Möglichkeit ist die Suche nach Doppelsternen mit einem unsichtbaren Partner, dessenMasse größer als M LOV ist, auf die andere Möglichkeit kommen wir im Kapitel über Galaxienund Quasare zu sprechen.Der wohl aussichtsreichste Kandidat für ein schwarzesLoch in einem Doppelsternsystem ist Cygnus X-1.Cygnus steht für das Sternbild Schwan und X für X-Ray (Röntgenstrahlung). Cygnus X-1 ist also die ersteRöntgenquelle, die im Sternbild Schwan entdeckt wurde(1962).DieAuflösungderRöntgenteleskope istsehrgering, aber 1972 wurde eine Radioquelle in derselbenGegend entdeckt, die den gleichen Schwankungen unterworfenist wie Cygnus X-1. Die Radioquelle wurdeals der schwache optische Stern HDE226868 identifiziert,ein blauer Überriese in der Entfernung 6000LJmit der scheinbaren Helligkeit 9 m . Abb. 3.7.6, die derAbb.3.7.6 Radialgeschwindigkeit vonHDE226868Webseite von Steven Degennaro entnommen wurde, zeigt die von der Erde aus über dieDopplerverschiebung gemessene Radialgeschwindigkeit von HDE226868, d.h. dieser Stern ist einPartner eines Doppelsternsystems. Die Umlaufdauer beträgt T = 5,6d. Aus dem Spektrum vonHDE226868 wird seine Masse zu M 1 20M ⊙ bestimmt. Der Winkel i zwischen der Blickrichtungauf das Doppelsternsystem und dem Lot auf die Bahnebene ist zunächst unbekannt. Mitdem Index 1 bezeichnen wir HDE226868, mit 2 den unsichtbaren Begleiter. Aus dem drittenKeplergesetz folgt für kreisförmige Umlaufbahnen mit der Radialgeschwindigkeit v 1 = 75 km sv 3 1 T2πγ = M3 2 sin3 i(M 1 +M 2 ) 2 (3.7.16)Der kleinste Wert für M 2 ergibt sich aus i = 90 ◦ (siehe Aufgaben), worausM 2 5M ⊙ > M LOV (3.7.17)folgt. Der Begleiter von HDE226868 muss also ein schwarzes Loch sein, da er für einen Neutronensternzu schwer ist und ein normaler Stern dieser Masse sichtbar wäre.73


3 Sterne3.8 Veränderliche Sterne3.8.1 BedeckungsveränderlicheBlickt man unter einem sehr kleinen Winkelauf die Bahnebene eines Doppelsternsystemsmit den Komponenten A und B, dann schiebtsich während eines Umlaufs einmal B vor Aund einmal A vor B. Dabei tritt jedesmal eineSchwächung der scheinbaren Helligkeit mdes Doppelsterns ein. Aus der Lichtkurve (tm-Diagramm)kann dann die Periode T, dasVerhältnis der Flächenhelligkeiten und damitder Effektivtemperaturen und das Verhältnisder Sternradien zum Bahnradius ermittelt werden(siehe Aufgaben). Ist der Doppelstern nichtzuweitentferntundgewinntmansoeinaussage-BABlickrichtungAbb.3.8.1 DoppelsternmB vor AA vor BtLichtkurvekräftiges Spektrum, dann können mit der Dopplerverschiebung die Radialgeschwindigkeiten derbeiden Komponenten gemessen werden. Da die Spektren der beiden Sterne etwas gegeneinanderverschoben sind, können auch dieSpektralklassen unddamit die ungefährenMassen der Komponentenermittelt werden. Mit Kepler 3 berechnet man dann die Bahnradien und die Sternradien.Es gibt zwar nur wenige Doppelsternsysteme, bei denen die Blickrichtung genau in der Bahnebeneliegt, aber aus der genauen Vermessung einiger dieser Systeme können Rückschlüsse aufdie Beziehungen zwischen Spektralklassen, Massen, Radien und Leuchtkräfte der Sterne gezogenwerden.3.8.2 δ-Cepheiden und EntfernungsmessungNeben den Bedeckungsveränderlichen gibt es noch diePulsationsveränderlichen, das sind Sterne, die ihrenRadius und damit auch ihre effektive Temperaturund ihre Leuchtkraft periodisch verändern. Ursachenfür diese Pulsationen sind Instabilitäten in den Lösungender Grundgleichungen (3.2.12)-(3.2.16) fürSterne.Einen wesentlichen Beitrag zu den Pulsationen liefertderAbsorptionskoeffizient κ(T(r),p(r)) indiesenGleichungen,der regelt, wieviel Energie aus dem Strahlungsstromin Schwingungsenergie verwandelt wird.Die wichtigsten Veränderlichen für die Entfernungsmessungim Weltall sind die δ-Cepheiden, benanntnach ihrem Prototyp, dem vierthellsten (δ) Stern imSternbild Cepheus.M Vmag−50+510Sonne8A0 F0δ-CepheidenHauptreihe6G054K0 M0Abb.3.8.2 δ-Cepheiden im HRDT eff10 3 K74


3 SterneDieSpektrallinieneines Pulsationsveränderlichen pendelnmit der gleichen Periode wie die Leuchtkraft umeinenMittelwert. Damit istüberdenDopplereffekt dieGeschwindigkeit ∆v(t) messbar, mit der sich die Sternoberflächeauf- und abbewegt. Der Mittelwert entsprichtder Radialgeschwindigkeit, mit der sich derStern relativ zur Erde bewegt. Die Integration über∆v ergibt dann die Radiusänderung ∆R des Sterns.Abb.3.8.3 zeigt die Lichtkurve ∆m(t) und die dazugehörendenÄnderungen der Geschwindigkeit unddes Radiuses bei einem δ-Cepheiden. Bemerkenswertist, dass die maximale Helligkeit nicht gleichzeitig mitdem maximalen Radius auftritt, sondern vielmehr mittdermaximalenExpansionsgeschwindigkeit einhergeht.Typische Maximalwerte von ∆v liegen zwischen 10 km sund 20 km s, die Radienänderungen betragen ungefähr∆m0∆v0∆R0P2Abb.3.8.3 Lichtkurve von δ-CepheidenPtt10% des mittleren Radiuses. Die Schwankungen der scheinbaren Helligkeit der Cepheiden liegenin der Größenordnung 1 m , die Perioden liegen zwischen 2d und 50d. Die Bedeutung der Cepheidenliegt in einer eindeutigen Beziehung zwischen absoluter Helligkeit und Periode. Durchdie Untersuchung aller Cepheiden in der kleinen Magellanschen Wolke (SMC, small magellaniccloud), die also alle fast die gleiche Entfernung zur Erde haben, fand man eine logarithmischeBeziehung zwischen der scheinbaren Helligkeit m V und der Periode P:m V = ̺′ +δlg P d(3.8.1)Mit dem Entfernungsmodul (2.5.62) folgt dann für die absolute Helligkeit M VM V = m V −5 m lg r = ̺′ −5 m lg r +δlg P r 0 r} {{ 0 d}̺(3.8.2)Der heute (1999) beste Wert für die entfernungsunabhängige Konstante δ ist −2,81 m , für denWert von ̺ gibt es in der Literatur verschiedene Werte, abhängig von der angenommenen Entfernungr der SMC. Da die kosmische Entfernungsbestimmung (siehe später) noch mit großenFehlern behaftet ist und es richtiggehend zwei Schulen gibt (Sandage und Vaucouleurs),kommt es zu den unterschiedlichen Werten von ̺. Seit 1997 gibt es aber direkte Entfernungsmessungen(trigonometrische Parallaxe) der nächsten Cepheiden (Solaris mit 130pc und δ-Cepmit 300pc, ...) mit dem Satelliten Hipparcos. Die Auswertung dieser Daten mit raffiniertenstatistischen Methoden (F. Pont, 1998, siehe [47]) liefert ̺ = −1,43 ±0,16. Damit lautet diePerioden-Helligkeits-Beziehung für δ-CepheidenM V = −1,43−2,81lg P d(3.8.3)75


4 Galaxien4.1 Die MilchstraßeDie Sterne sind nicht gleichmäßig über dasganze All verteilt, sondern sie konzentrierensich in Galaxien (Sternsystemen). UnsereGalaxis besteht aus ca. 4 · 10 11 Sternen, derenMasse ungefähr 1,75 · 10 11 M ⊙ beträgt.Die Sterne der Galaxis konzentrieren sich aufeinedünneScheibemit verdicktem Kern.DerKern ist ein riesiger Sternhaufen mit einigen10 10 M ⊙ , in dem die Abstände zwischenden Sternen sehr klein sind (einige Lichtwochen).Ganz im Zentrumder Galaxis wirdeinriesiges schwarzes Loch mit ≈ 2,5 · 10 6 M ⊙vermutet. Von oben gesehen ist die Scheibein Spiralarme aufgeteilt. Die Scheibe ist voneinem kugelsymmetrischen Halo umgeben,≈ 15000LJHaloSonne26000LJ≈ 100000LJ≈ 160000LJder hauptsächlich aus Kugelhaufen besteht. Die Massedes sichtbaren Teils des Halos ist ca. 1·10 10 M ⊙ . DieUmlaufgeschwindigkeit unserer Sonne um das galaktischeZentrum istAbb.4.1.1 Sichtbarer Teil unserer Galaxisv ⊙ ≈ 220 km s(4.1.1)Die Rotationsgeschwindigkeiten von kleinen Nachbargalaxienum die Milchstraße lassen darauf schließen,dass unsere Galaxis in eine kugelsymmetrische KoronaausdunklerMaterieeingebettet ist,derenMasse≈ 1 · 10 12 M ⊙ beträgt. Die Untersuchung der Rotationskurvenv(r) anderer Galaxien ergibt das gleichePhänomen, d.h. nur ca. ein Prozent der Masse desUniversums ist sichtbar, der Rest ist dunkle Materie,SonneAbb.4.1.2 Spiralstruktur der Galaxisderen Zusammensetzung noch nicht geklärt ist. Kandidaten für die dunkle Materie sind sogewöhnliche“ ObjektewiebrauneZwerge, schwarze Löcher oder Neutrinos bis hinzu noch nicht”nachgewiesenen Teilchensorten (Axionen, SUSY-Teilchen), die von modernen Theorien derElementarteilchen vorhergesagt werden. Nach den großen vereinheitlichten Theorien (GUT’s,grandunifiedtheories)mitSupersymmetriegibteszujedembekanntenTeilchen einensupersymmetrischenPartner, eben die SUSY-Teilchen. Diese Teilchen stehen nur überdie Gravitation mitdergewöhnlichen Materie inWechselwirkung, d.h.es könntenganze Schattenwelten“ existieren,”ohne von uns bemerkt zu werden (jedenfalls nicht über die elektromagnetische Wechselwirkung).Die dunkle Materie darf aber nicht mit der interstellaren Materie verwechselt werden, die in76


4 Galaxienunserer Galaxis eine Gesamtmasse von ≈ 10 10 M ⊙ aufweist. Die interstellare Materie besteht zuca. einem Prozent aus festen Teilchen (Staub) und zum überwiegenden Teil aus Gasen (Atome,Moleküle, Elektronen, Protonen). Hochenergetische Teilchen der interstellaren Materie (bis zu10 19 eV) werden als kosmische Strahlung bezeichnet.Der interstellare Staub erscheint in Form von Dunkelwolken, die das Licht der dahinterliegendenSterne absorbieren oder auch in Form von Reflexionsnebeln, die das Licht naher Sternereflektieren und das gleiche Spektrum wie diese Sterne aufweisen. Die Schwächung des Sternenlichtesdurch den Staub muss bei der Entfernungsbestimmung mittels der spektroskopischenParallaxe berücksichtigt werden. Der interstellare Staub verhindert auch einen direkten Blickauf das Zentrum der Galaxis. Informationen von dort erhält man aber im Radio- und im Infrarotbereich.Entdeckt wurden interstellare Gase durch Absorptionslinien im Spektrum von Doppelsternen,die keine periodische Dopplerverschiebung mitmachen. Der Hauptteil der interstellaren Gaseist Wasserstoff, der entweder als neutraler Wasserstoff (H I-Regionen) oder als ionisierter Wasserstoff(Protonen und Elektronen, H II-Regionen) auftritt. Die H II-Regionen sind als schwachleuchtendeNebel(Emissionsnebel) sichtbar(PhotonenerzeugungbeimEinfangeinesElektronsvon einem Proton). Die Emissionsnebel beziehen ihre Energie (Ionisation des Wasserstoffs) vonnahen Sternen. Diese Ionisation ist aber nur mit energiereichen Photonen (ultroviolett) möglich,die wiederum nur von heißen Sternen (T eff 20000K) in genügender Zahl ausgestrahlt werden.Emissionsnebel findet man daher nur in der Umgebung von Sternen des Spektraltyps B1 oderfrüher. Eine besondere Form der Emissionsnebel sind die abgestoßenen Hüllen von Supernovaausbrüchen.Schwieriger ist der Nachweis des neutralen Wasserstoffs. Der Grundzustand des Wasserstoffatomsbesteht aus zwei eng benachbarten Energieniveaus (∆W = 6·10 −6 eV), die der parallelenbzw. derantiparallelen Einstellungdes Spins von Elektron undProton entsprechen. Der Spinisteine Art Eigenrotation der Teilchen, die wegen der Teilchenladung kleine Kreisströme und damitein Magnetfeld der Teilchen erzeugt. Die parallele Einstellung dieser kleinen Magnete ist energetischetwas höher als die antiparallele Einstellung. Der Übergang dieser beiden benachbartenEnergiezustände entspricht einer Strahlung der Wellenlängeλ = hc∆W= 21cm (4.1.2)Diese 21cm-Linie des neutralen Wasserstoffs kann mit Radioteleskopen empfangen werden. DieUntersuchung der räumlichen Verteilung der 21cm-Strahlung hat viel zur Aufklärung der Strukturunserer Galaxis beigetragen.4.2 Die kosmische Entfernungsskala1. Die Astronomische EinheitDie Entfernungen zu Planeten (Venus, Mars) werden über Laufzeitmessungen von Radarsignalengemessen und daraus wird mittels Trigonometrie die AE bestimmt (großeGenauigkeit).2. Die trigonometrische ParallaxeDie Entfernungen sonnennaher Sterne werden mit der trigonometrischen Parallaxe gemessen,was die Kenntnisder AE voraussetzt. Seit demEinsatz des Satelliten Hipparcos wurdedie Genauigkeit dieser Methode stark verbessert. Hipparcos misst auf 0,001 ′′ genau, wasEntfernungsmessungen bis ca. 1500LJ gestattet. Die Messfehler werden durch statistischeMethoden verkleinert, wenn die Entfernung zu Sternhaufen (viele Einzelmessungen) be-77


4 Galaxienstimmt wird. Die geplante GAIA-Mission soll mit einer Genauigkeit von 0,00001 ′′ ca. eineMilliarde Sterne erfassen!!3. Die spektroskopische ParallaxeMit der trigonometrischen Parallaxe wird die spektroskopische Parallaxe geeicht, die wiederumam besten bei Sternhaufenfunktioniert: In ein HRD zeichnet man die absolute unddie scheinbare Helligkeit aller Sterne des Haufens ein. Die Differenz M V −m V ist dann genaumessbar und mit dem Entfernungsmodul berechnet man die Entfernung. Funktioniertbis ≈ 300000LJ.4. Perioden-Leuchtkraft-Beziehung bei δ-CepheidenDie direkte Vermessung der nächsten Cepheiden mit Hipparcos und die Beobachtungvon Cepheiden in Sternhaufen bekannter Entfernung liefert die Perioden-Leuchtkraft-Beziehung. Mit dem HST können Cepheiden bis zu einer Entfernung von ≈ 10 8 LJ beobachtetwerden.5. Galaktische StandardkerzenMit der Cepheidenmethode werden die Entfernungen zu den Galaxien in unserer Nachbarschaftgemessen und es wird nach Größen gesucht, die Funktionen dieser Entfernungsind. In Frage kommen die Leuchtkräfte bei Supernovaausbrüchen, die hellsten Riesensterne,die Ausdehnung der größten H II-Region und ein Zusammenhang zwischen derRotationsgeschwindigkeit (Dopplereffekt der 21cm-Linie) und der Gesamtleuchtkraft beiSpiralgalaxien (Tully-Fisher-Relation). Sind solche Methoden mit Hilfe der Cepheidengeeicht, kann man damit die Entfernung von Galaxien jenseits der 10 8 LJ-Grenze ermitteln.Bei jeder Eichung einer Methode mit der Vorgängermethode werden allerdings dieFehler größer, die bei den entfernteren Galaxien durchaus bis zu 25% betragen.4.3 Die Expansion des Universums - Kosmologie1929 entdeckte der amerikanische Astronom Edwin P. Hubble, dass die Spektren der entfernterenGalaxien alle rotverschoben sind. Weiter untersuchte er den Zusammenhang zwischen derEntfernung D der Galaxien und der durch die Rotverschiebung gemessenen Radialgeschwindigkeitv r und entdeckte dabei das nach ihm benannte Gesetz:v r = H 0 ·D (4.3.1)mit der Hubble-Konstanten H 0 . Bei Kenntnis der Hubblekonstanten hat man damit dasideale Werkzeug zur Entfernungsbestimmung von Galaxien, da die Rotverschiebung problemlosmessbar ist. Der Haken liegt aber gerade im Wert von H 0 , zu dessen Bestimmung zunächst vonvielen Galaxien die Entfernung nach herkömmlichen Methoden gemessen werden muss. DabeidürfendievermessenenGalaxien abernichtzunahesein,dasonstdiestatistisch verteilten Eigenbewegungen(Pekuliarbewegungen) die Radialgeschwindigkeit überdecken. Es ist also nichtverwunderlich, dass der Wert von H 0 mit einem großen Fehler behaftet ist. Je nach Schule für(Sandage) und 100kmsMpc (Vaucouleurs).die Entfernungsmessung liegt H 0 zwischen 50 kmsMpcNach neuesten Arbeiten, die schon die Hipparcosdaten berücksichtigen (J. Nevalainen, M.Roos, 1998), giltH 0 = (68±5) kmsMpc(4.3.2)H 0 hat eigentlich die Dimension einer reziproken Zeit, aber die angegebene Einheit ist praktischer,da v r meistens in km sangegeben wird.Ist λ die Wellenlänge der unverschobenen Spektrallinie und λ ′ die der rotverschobenen, dann78


4 Galaxienlautet die Dopplerformel für die Rotverschiebung z√z = ∆λλ = λ′ −λ= λ′λ λ −1 = 1+β1−β−1 (4.3.3)Daraus folgt für die Radialgeschwindigkeit v r einer Galaxie, die auch ihre Fluchtgeschwindigkeitgenannt wirdv r = βc = c· (1+z)2 −1(1+z) 2 (4.3.4)+1Wir werden sehen (Gleichung (4.3.24)), dass diese Formel noch revidiert werden muss, da dieHubblerotverschiebungkeinereineDopplerverschiebungist. FürkleineRotverschiebungen (z ≪1) und damit auch kleine Fluchtgeschwindigkeiten (β ≪ 1) gilt aberv r = βc ≈ zc (4.3.5)Die große Bedeutung des Hubblegesetzes liegt nicht nur in einer praktischen Methode zur Entfernungsmessungvon Galaxien, sondern in der Tatsache, dass sich alle entfernteren Galaxienvon uns fortbewegen, und zwar um so schneller, je weiter sie entfernt sind. Dies bedeutet jedochnicht, dass wir der Mittelpunkt des Weltalls sind, sondern dass sich das Universum alsGanzes ausdehnt. Da jeder Punkt des Universums aus Symmetriegründen gleichwertig ist (Relativitätsprinzip),kann es keine ausgezeichneten Punkte und besonders keine Randpunkte desUniversums geben. Die Expansion stellt man sich so vor: Ist D die Entfernung zwischen denGalaxien A und B, dann gilt mit R 0 = R(t 0 )D(t) = R(t)R 0·D(t 0 ) = ϕ·R(t) (4.3.6)mit dem Skalenfaktor R(t) und einer von der Lage der beiden Galaxien abhängigen aber zeitlichkonstanten Größe ϕ. (4.3.6) bedeutet, dass sich die Entfernungen zwischen allen Galaxienum den gleichen Faktor ändern. Verdoppelt sich z.B. die Entfernung zwischen zwei ausgewähltenGalaxien in einem bestimmten Zeitraum, dann verdoppeln sich die Entfernungen von allenGalaxien im gleichen Zeitraum. Für die gegenseitige Fluchtgeschwindigkeit der beiden GalaxienA und B folgt aus (4.3.6)(4.3.7) ist aber gerade das Hubblegesetz, wenn manv r (t) = Ḋ(t) = ϕ·Ṙ(t) = Ṙ(t) ·D(t) (4.3.7)R(t)H(t) = Ṙ(t)R(t)(4.3.8)setzt. Die Hubblekonstante ist also zeitabhängig und unser oben angegebenes H 0 ist dann H(t 0 ),wennt 0 dengegenwärtigen Zeitpunktbezeichnet. UntersuchungenderräumlichenLagederGalaxienzeigen, dass sich die Sternsysteme zu Galaxienhaufen und diese wiederum zu Superhaufenanordnen. Die Haufen und Superhaufen bilden auch eine girlandenartige Struktur, d.h. längsfadenartiger Linien sind viele Galaxien angeordnet und dazwischen gibt es Räume mit wenigenSystemen. Im ganz Großen (ab ≈ 100Mpc) aber ist die Verteilung der Galaxien homogenund isotrop, d.h. in jeder Entfernung und in jede Richtung finden wir im Mittel gleich vieleGalaxien. Mit der Annahme eines homogen aufgebauten Universums folgen aus den EinsteinschenFeldgleichungen der Gravitation zwei relativ einfache Differentialgleichungen für R(t), dieEinstein-Friedmann-Gleichungen (1922):H(t) 2 = Ṙ(t)2R(t) 2 = 8πγ3·̺− kc2R(t) 2 mit k ∈ {−1, 0, 1} (4.3.9)¨R(t)R(t) = −4πγ ·̺ (4.3.10)379


4 GalaxienDie Einstein-Friedmann-Gleichungen sind die Grundgleichungen der Kosmologie, wie man dieTheorie von der Entwicklung des ganzen Universums nennt. Welcher der möglichen Werte für kin (4.3.9) gewählt werden muss, hängt von der mittleren Dichte ̺ des Universums ab. Mit derkritischen Dichte̺c,0 = 3H2 08πγ ≈ g 8,7·10−30 cm 3 (4.3.11)und ̺0 = ̺(t 0 ) folgt aus (4.3.9)k = −1 für ̺ < ̺c,0 (4.3.12)k = 0 für ̺ = ̺c,0 (4.3.13)k = +1 für ̺ > ̺c,0 (4.3.14)Mit dem MassenparameterΩ 0 = ̺0̺c,0(4.3.15)RΩ 0 < 1Ω 0 = 1gibt es drei Klassen von Lösungen der Einstein-Friedmann-Gleichungen, die in Abb.4.3.1 dargestelltsind. Für Ω 0 ≦ 1 dehnt sich das Weltallimmer weiter aus und für Ω 0 > 1 gibt es einemaximale Ausdehnung mit einer nachfolgendenKontraktion. Allen drei Lösungen gemeinsamisteineunendlichgroßeDichtebeit = 0,dieAnfangssingularität oder der Urknall (BigBang). Wegen derdurchdieGravitation bedingtenAbbremsung sind die Grafen von R(t) nachrechts gekrümmt, d.h. ¨R(t) < 0 oder Ṙ(t) istmonoton fallend. Das tatsächliche Alter t 0 desUniversums ist also kleiner als die Hubblezeitt H = 1 H 0≈ 14·10 9 a (4.3.16)Die Hubblezeit wäre das Alter des Universums,wenn Ṙ(t) konstant wäre, denn aus (4.3.1) folgt dannFür das wahre Weltalter t 0 gilt0Abb.4.3.1 R(t)RΩ 0 > 1t Ht 0tAbb.4.3.2 Alter des Universumst = D v r= 1 H 0(4.3.17)t 0 < 2 3 t H für Ω 0 > 1 (4.3.18)t 0 = 2 3 t H für Ω 0 = 1 (4.3.19)23 t H 1 =⇒ geschlossener Raum mit endlichem Volumen (positive Krümmung)Ω 0 = 1 =⇒ euklidischer Raum mit unendlichem Volumen (Krümmung ist null)Ω 0 < 1 =⇒ offener Raum mit unendlichem Volumen (negative Krümmung)t80


4 GalaxienRein rechnerisch sind diese gekrümmten dreidimensionalen Räume leicht zu behandeln, wennman sich den dazu nötigen Formalismus (Differentialgeometrie, Tensorrechnung) einmal angeeignethat. Die anschauliche Vorstellung dieser Räume aber ist für den menschlichen Verstand,der von einem dreidimensionalen euklidischen Raum geprägt ist, eine harte Nuss: Wie soll z.B.ein dreidimensionaler Raum mit endlichem Volumen aber ohne Grenzflächen aussehen?Hier hilft nur die Verminderung um eine Dimension,d.h. wir versetzen uns in die Vorstellungsweltvon ”Flachländern“, die in einerzweidimensionalen Welt leben. Auch dieFlachländer haben festgestellt, dass sich ihrUniversum ausdeht und sie stehen vor derFrage, wie ein endlicher zweidimensionalerRaum ohne Grenzlinie aussehen soll, in demjeder Punkt gleichwertig ist. Mit unseremdreidimensionalen Vorstellungsvermögen istdie Beantwortung dieser Frage einfach: DasFlachländeruniversum ist die Oberfläche einerKugel mit wachsendem Radius R(t). Derzweidimensionale Flachländerraum ist alsoin die dritte Dimension gekrümmt. Genausomüssen wir uns vorstellen, dass unserAD(t 2 )AD(t 1 )R(t 1 )ϕ BR(t 2 )Abb.4.3.3 FlachländeruniversumBdreidimensionaler Raum gekrümmt ist. R(t) ist im Fall Ω 0 > 1 der Radius einer vierdimensionalenKugel, deren ”Oberfläche“ unser dreidimensionales aber gekrümmtes Universum ist. DieKrümmung des Raumes durch die Anwesenheit von Massen ist übrigens der zentrale Inhalt vonEinsteins allgemeiner Relativitätstheorie. In Abb.4.3.3 sind zwei Galaxien A und B zu verschiedenenZeiten t 1 und t 2 zu sehen. Das sich ausdehnende Flachländeruniversum kann man sichwie einen Luftballon mit aufgemalten Galaxien vorstellen, der aufgeblasen wird. Die Konstanteϕ in (4.3.6) ist dann einfach der in Abb.4.3.3 eingezeichnete Winkel ϕ.Die Vorstellung eines Raumes mit negativer Krümmung ist noch schwieriger als die eines Raumesmit positiver Krümmung. Hier ist schon das zweidimensionale Analogon, eine Fläche die derOberfläche eines Sattels gleicht, nicht mehr leicht zu verstehen. Eine Hilfe ist es, sich die Gitterlinieneines Koordinatensystems vorzustellen, die als die Wege von Lichtstrahlen definiertsind: Im geschlossenen Universum mit positiver Krümmung gibt es keine Parallelen, d.h. zweiparallel abschickte Lichtstrahlen schneiden sich in weiter Ferne. Im offenen Universum mit negativerKrümmung dagegen laufen parallel abgeschickte Lichtsignale immer weiter auseinander.Den Grenzfall des flachen Raumes (euklidischen Raumes) mit Ω 0 = 1 und verschwindenderKrümmung kann man sich als normalen dreidimensionalen Raum vorstellen, bei dem allerdingsdie drei Achsen mit dem Faktor R(t)R 0laufend gestreckt werden.Am 4. Oktober 1998 wurde in Washington eine große Konferenz zum Thema Cosmology Solved?(Sind die Rätsel der Kosmolgie gelöst?) abgehalten. Einem ausgezeichneten Überblicksartikel zudiesem Thema von Michael S. Turner (siehe [46], [45]) zufolge gibt es viele Hinweise dafür,dass exakt Ω 0 = 1 gilt. In diesem Fall lautet die Lösung der Einstein-Friedmann-GleichungenR(t)R 0=( 3H0 t2)2 ( )23 t 3=t 0(4.3.21)unddie Gesamtenergie des Universums (Summealler Teilchenenergien plus Gravitationsenergie)ist exakt null. Die exakte Formel für die Rotverschiebung einer Galaxie in der Entfernung D81


4 Galaxienlautet nach der allgemeinen Relativitätstheorie für Ω 0 = 1 (siehe [33, S. 485] oder [42, S. 359])D = 2c (· 1−H 0) (1√ = 3ct 0 · 1− 1+z)1√ 1+z(4.3.22)Wegen (4.3.7) und (4.3.8) gilt das Hubble-Gesetz (4.3.1) auch allgemein relativistisch in derFormḊ(t 0 ) = H 0 ·D(t 0 ) (4.3.23)Damit lautet die richtige Form von (4.3.4) für Ω 0 = 1( )v r = Ḋ(t 10) = 2c· 1− √ 1+z(4.3.24)(4.3.4) ist deshalb nicht korrekt, weil der Beitrag der Ausdehnung des Weltalls zur Rotverschiebungnicht berücksichtigt wurde. Außerdem ist die Radialgeschwindigkeit Ḋ(t 1 ) während desAussendens viel kleiner als die Radialgeschwindigkeit Ḋ(t 0 ) während des Empfangs. Bemerkenswertan (4.3.24) ist, dass v r größer als c werden kann. Das ist aber kein Widerspruch zurspeziellen Relativitätstheorie, weil es sich beim ausdehnendenUniversum um kein Inertialsystemhandelt. Wenn die Rotverschiebung z gegen Unendlich geht, wird die Photonenenergie null, d.h.die Strahlung ist nicht mehr wahrnehmbar. Die weiteste Entfernung, aus der wir Informationenerhalten können, ist demnach für Ω 0 = 1d H = limz→∞D = 2cH 0= 3ct 0 ≈ 3·10 10 LJ (4.3.25)Eine Kugelschale um den Beobachter mit dem Radius d H nennt man den Teilchenhorizont.Im Fall des flachen, unendlich ausgedehnten Universums ist also d H der Radius des sichtbarenBereichs des Universums. Im flachen Universum ist zwar die Gesamtenergie null, aber wegen dernichtverschwindenden Dichte ̺0 = ̺c,0 ist die gesamte Ruhmasse des Universums unendlich.Für ein geschlossenens Universum (Ω 0 > 1) lautet die Lösung der Einstein-Friedmann-Gleichungenin Parameterform:Dabei giltR = R 0Ω 0 ·(1−cosη) (4.3.26)2(Ω 0 −1)Ω 0t = ·(η −sinη) (4.3.27)2H 0 (Ω 0 −1) 3 2R 0 = cH 0√1Ω 0 −1(4.3.28)Die durch die Parametergleichungen (4.3.26) und (4.3.27) beschriebene Funktion R(t) ist eineZykloide (siehe Abb.4.3.1) mitR max = R 0 ·Ω 0Ω 0 −1undDas geschlossene Universum kollabiert zur Zeitt max = t(R max ) = π 2 · Rmaxc(4.3.29)t koll = 2t max (η max = 2π) (4.3.30)im Schlussknall (Big Crunch). Das heutige Weltalter im geschlossenen Universum ist(t 0 = 1 ) )Ω 0 2arccos(−1 − 1 (4.3.31)H 0 2(Ω 0 −1) 3 2 Ω 0 Ω 0 −182


4 GalaxienDer Durchmesser des geschlossenenUniversums istBd HBd HBd(t) = 2πR(t) (4.3.32)R maxIn Abb.4.3.4 ist wieder dasFlachländeruniversum dargestellt.B markiert den Standortdes Beobachters und derUmfangeinesGroßkreisesentsprichtd(t). Für den TeilchenhorizontimgeschlossenenR(t)At < t max t max t > t maxAbb.4.3.4 Teilchenhorizont im geschlossenen Universumd HUniversum gilt mit dem Parameter η aus (4.3.27)ηd H (t) = d(t)· = R(t)·η (4.3.33)2πIn der Expansionsphase des Universums (t < t max ) sieht man nur einen Bruchteil des Alls, imUmkehrpunkt (t = t max ) sieht man das ganze Universum bis zu den Antipoden“. In der Kontraktionsphase(t > t max ) sind Teile des Universums in entgegengesetzten Richtungen sichtbar,”allerdings in verschiedenen Entwicklungszuständen. Man könnte meinen, dass der Beobachterim geschlossenen Universum Licht sieht, das von ihm selbst ausgegangen ist. Das ist aber nurmöglich, wenn der Teilchenhorizont d H größer oder gleich dem Durchmesser d(t) des Universumsist. Das ist wegen (4.3.33) nur für η = 2π, d.h. während des Schlussknalls möglich.Licht, das mit der Rotverschiebung z empfangen wird, wurde im geschlossenen Universum zurZeit (t E = 1 ( ) √ )Ω 0 2−Ω0 (1−z) 1+Ω0 zarccos −(4.3.34)H 0 2(Ω 0 −1) 3 2 Ω 0 (1+z) (Ω 0 −1)(1+z)in der Entfernung( ( ) ( ))c 2(Ω0 −1)D(z) = √ arccosH 0 Ω0 −1 Ω} {{ } 0 (1+z) −1 Ω0 −2−arccos (4.3.35)Ω 0R 0ausgesandt, d.h. wir blicken um so weiter in die Vergangenheit, je größer z ist. Licht mit z → ∞(eigentlich nicht sichtbar, da λ → ∞) stammt vom Teilchenhorizont und wurde zur Zeit null,also während des Urknalls, ausgesandt.Das Volumen des geschlossenen Universums istV(t) = 2π 2 R(t) 3 (4.3.36)Mit (4.3.26), (4.3.11) und (4.3.15) folgt für die Gesamtmasse des AllsTab.4.3.1 entnimmt man, dass dasmaximale Alter eines geschlossenenUniversums für H 0 = 60 kms·Mpc beit 0 ≈ 11 · 10 9 a liegt, für H 0 =75 kms·Mpc gilt t 0 ≈ 8,7 · 10 9 a. AusdemAlter von Kugelhaufenfolgt fürdas Universum ein Alter zwischen9,6·10 9 a und 15·10 9 a (siehe [44]),was mit dem kosmologischen Alternoch zusammenpasst. GenauereMesswerte werden hier in ZukunftKlarheit bringen. Sollte sich heraus-M = Ω 0̺c,0 ·2π 2 R(t 0 ) 3 3πΩ 0 c 3=4γH 0 (Ω 0 −1) 3 2(4.3.37)Ω 0 1,00 1,01 2,00t 0 10,87·10 9 a 10,76·10 9 a 9,31·10 9 at max ∞ 2,59·10 14 a 51,23·10 9 aR 0 nicht def. 1,63·10 11 LJ 1,63·10 10 LJR max ∞ 1,65·10 13 LJ 3,26·10 10 LJd(t 0 ) ∞ 1,02·10 12 LJ 1,02·10 11 LJd max ∞ 1,03·10 14 LJ 2,05·10 11 LJd H (t 0 ) 3,26·10 10 LJ 3,25·10 10 LJ 2,56·10 10 LJM ∞ 4,94·10 56 kg 9,79·10 53 kgTab.4.3.1 Daten möglicher Universen für H 0 = 60 kms·Mpc83


4 Galaxienstellen, dass das heutige Weltalter größer als 11·10 9 a ist, dann ist entweder das Universum offenoder unsereeinfachen kosmologischen Modelle müssenmodifiziert werden: Durch Einführungeines weiteren Terms in den Einstein-Friedmann-Gleichungen, der die sogenannte kosmologischeKonstante Λ enthält (wir haben bisher der Einfachheit halber Λ = 0 gesetzt) ergebensich Weltmodelle, die auch bei Ω 0 < 1 geschlossene Universen mit größerem t 0 ermöglichen.Genaueres siehe z.B. in [42], [43] und [48].4.4 Der Aufbau des UniversumsDie Andromeda-Galaxie (M31 oderNGC224) ist das unserer Milchstraße amnächsten stehende größere Sternsystem(≈ 1 · 10 11 M ⊙ ). Mit einigen kleineren Galaxienbilden die Milchstraße und M31 eingravitativ gebundenes System, die lokaleGruppe. Aus den Umlaufgeschwindigkeitender Zwerggalaxien um die beidengroßen Sternsysteme können die Massender Milchstraße und von M31 berechnetwerden. Insgesamt gehören mehr als 25kleinere Sternsysteme zur lokalen Gruppe.Der nächste größere Galaxienhaufen ist derrund 70MLJ entfernte Virgohaufen, der ca.M33M32M31SculptorFornax2,2MLJUrsa minorDracoMilchstraßeLeo IIMagellanscheWolken Leo IAbb.4.4.1 Schema der lokalen Gruppe2500 Galaxien enthält. Die Galaxienhaufen in einem kugelförmigen Gebiet um den Virgohaufenmit einem Radius von ungefähr 80MLJ bilden den Virgo-Superhaufen. Die Haufen und Superhaufenbilden eine netzartige Struktur, die von fast galaxienfreien Blasen durchsetzt ist. Damitsind wir bei den größten Strukturen des Universums angelangt.Die Gesamtzahl der Galaxien im sichtbarenUniversum, also innerhalb des Teilchenhorizonts,ist ≈ 10 11 , der Beitrag der hellenSterne zur Masse des sichtbaren Universumsist dann ≈ 10 22 M ⊙ ≈ 10 52 kg, die Gesamtmassedes beobachtbaren Weltalls liegt beiungefähr 10 54 kg. Nach Turner (siehe [46])ist die Hauptmasse im Universum die MassedervirtuellenTeilchen(Vakuumfluktuationen)mit ungefähr 60%. Die Reliktteilchen,Überbleibsel des Urknalls, die nur gravitativmit der normalen Materie wechselwirken,machen weitere 35% aus. DadieHauptmasseder ”normalen Materie“ aus Baryonen besteht(siehe nächstes Kapitel), fasst man dieuns vertraute Materie unter dem Sammelbe-70MLJlokale GruppeVirgohaufenAbb.4.4.2 Der Virgo-Superhaufengriff ”baryonischeMaterie“ zusammen.FürdenDichteparameter gilt nach TurnerΩ 0 = 1±0,2.84


4 GalaxienMaterieVakuumenergie40% 60%Baryonen Reliktteilchen5% 35%sichtbare schwarze Löcher NeutrinosSterne braune Zwerge0,5% 4,2% 0,3%Dunkle Materie99,5%Tab.4.4.1 Massenverteilung im UniversumDie leuchtkräftigsten Objekte im Weltall sind die Quasare (Quasistellar Objects). Quasare erscheinenim Fernrohr als punktförmige Quellen wie Sterne, ihre absolute Leuchtkraft liegt imBereich 10 12 L ⊙ ...10 15 L ⊙ . Quasare werden nur mit großen Rotverschiebungen beobachtet, d.h.es sind Objekte des noch jungen Universums. Die gängigste Theorie der Quasare besagt, dasses sich dabei um riesige schwarze Löcher (bis zu 10 10 M ⊙ ) in Zentrum junger Galaxien handelt.Die Energiequelle der Quasare ist die freiwerdende Gravitationsenergie der in das schwarze Lochfallenden Materie. Das Licht eines fernen Quasars muss durch viele Galaxienhaufen eilen, umuns zu erreichen. In den Absorptionslinien des Quasarlichts steckt somit Information über allediese Galaxien und Protogalaxien (viele Lyman-α-Linien mit verschiedenen Rotverschiebungen,Lyman-Wald, siehe [19]). Große Massenansammlungen (Galaxienhaufen) lenken das vorbeigehendeLicht etwas ab, wobei ein Linseneffekt entsteht (Gravitationslinsen). So können mehrererEinzelbildereinesQuasarsoderim Idealfall ein Quasarals Ring(Einstein-Ring) beobachtetwerden. Die Lyman-Wälder derBilder eines Quasars können etwas verschieden sein, woraus manauf die Ausdehnung der durchstrahlten Galaxien und Wasserstoffwolken schließen kann.4.5 Das Standardmodell der ElementarteilchenDie Fülle von bekannten ”Elementarteilchen“ versuchte man in den Sechzigerjahren durch folgendeKlassifikation in den Griff zu bekommen:Von der starken Nicht von der starkenWW beeinflusst WW beeinflusst(Hadronen)Fermionen Baryonen Leptonen(halbzahliger Spin) (p, n, Λ, Σ, ...) (e − , µ − , τ − , ν, ...)Bosonen Mesonen Photon, Graviton(ganzzahliger Spin) (π, K, µ, ...) W + , W − , Z 0Tab.4.5.1 Klassifikation der ElementarteilchenDie meisten dieser Teilchen sind aber nicht wirklich elementar, sondern aus anderen Teilchen zusammengesetzt.Nach heutiger Sicht gibt es zwei elementare Teilchenfamilien, die Quarks unddie Leptonen und zusätzlich noch die Austauschteilchen der Wechselwirkungen zwischendiesen Teilchen. Die Eigenschaften dieser Teilchen des Standardmodells der Elementarteilchenfindet man in den Tabellen Tab.4.5.2 und Tab.4.5.4, die dem ausgezeichneten Buch vonYuval Ne’eman und Yoram Kirsh entnommen sind (siehe [6]).85


4 GalaxienQuarksLeptonenelektrische GenerationLadung in e 1 2 3u c t2Up Charm Top3W 0 = 5Mev W 0 = 1500Mev W 0 = 174000Mevd s b− 1 Down Strange Bottom3W 0 = 10Mev W 0 = 200Mev W 0 = 4700Mevν e ν µ ν τ0 Elektronneutrino Myonneutrino TauneutrinoW 0 ≈ 0 W 0 ≈ 0 W 0 ≈ 0e − µ − τ −−1 Elektron Myon TauonW 0 = 0,511Mev W 0 = 105Mev W 0 = 1777MevTab.4.5.2 Die Elementarteilchen des Standardmodells. Zu jedem der aufgeführten Teilchengibt es noch das Antiteilchen mit entgegengesetzter Ladung. Zudem erscheint jedes Quark indrei verschiedenen ”Farben“.Nach dem Standardmodellbestehen die Baryonen ausdrei Quarks, die Anitbaryonenaus drei Antiquarksund Mesonen aus einemQuark-Antiquark-Paar (sieheTab.4.5.3).Baryonen MesonenTeilchen Antiteilchen Teilchen Antiteilchenp = uud p = uud π + = ud π − = dun = udd n = udd π 0 = uu π 0 = uu = π 0Λ 0 = uds Λ 0 = uds B 0 = bd B 0 = dbΩ − = sss Ω + = sss B + = ub B − = buTab.4.5.3 Beispiele für den Aufbau von Teilchen aus QuarksEigenschaften der AustauschteilchenWechselwirkung Teilchen W 0 Ladung Spin Lebensdauerstark 8 Gluonen 0 0 1 stabilelektromagnetisch Photon 0 0 1 stabilschwachW + , W − 80GeV +1, −1 1 1,5·10 −25 sZ 0 91GeV 0 1 1,3·10 −25 sGravitation Graviton 0 0 2 stabilTab.4.5.4 Die Austauschteilchen der fundamentalen WechselwirkungenDer grundlegende physikalische Formalismus zur Beschreibung der Teilchen ist die Quantenfeldtheorie(QFT),einespeziell-relativistische Verallgemeinerung derQuantenmechanik. Inderklassischen Physik entsprechen der QFT die Newton’schen Gesetze. Wie die Newton’sche GravitationstheorieeinespezielleWechselwirkung imRahmenderNewton’schen Mechanik beschreibt,gibt es Beschreibungen der fundamentalen Wechselwirkungen im Rahmen der QFT:WechselwirkungTheorieelektrischQED: Quanten- Theorie derelektrodynamik elektroschwachenschwachWechselwirkung GUTstarkQCD: QuantenchromodynamikGravitation QuantengravitationTab.4.5.5 Die Theorien der fundamentalen WechselwirkungenTOE86


4 GalaxienDas Kapitel Quantengravitation ist im Rahmen der QFT leider noch nicht geschrieben. Diebisher beste Beschreibung der Gravitation liefert Einsteins allgemeine Relativitätstheorie. Einguter Kandidat für die Quantengravitation und eine Vereinheitlichung aller vier Wechselwirkungen(TOE: Theory Of Everything) ist die Theorie der Superstrings, die Teilchen als schwingendeSaiten in mehrdimensionalen Räumen behandelt. Eine weitere Theorie, an der fieberhaftgearbeitet wird, ist die Vereinheitlichung der elektroschwachen und der starken Kraft (GUT:Grand Unified Theory).4.6 Entwicklung des UniversumsDie wichtigsten Daten der Geschichte unseres Universums findet man in Tabelle 4.6.1.Die wichtigsten experimentellen Bestätigungen der Urknallhypothese sind: Die Rotverschiebung des Lichtes ferner Galaxien. Das3:1-Verhältnis vonWasserstoff zuHeliumimUniversum(sieheTab.4.6.1). EinegenaueBeschreibung der Nukleosynthese findet sich in [21]. Diekosmische Hintergrundstrahlung(CBR,CosmicBackgroundRadiation),die1964von Robert Wilson und Arno Penzias (Nobelpreis 1978) entdeckt wurde und einRelikt des Urknalls ist (siehe Tab. 4.6.1).Die Hintergrundstrahlungbesteht aus energiearmen Photonen, deren Energieverteilung die Gleicheist wie die der Wärmestrahlung eines schwarzen Körpers mit der Temperatur T = 2,735K.1989 wurde das Spektrum und die Richtungsabhängigkeit der Hintergrundstrahlung mit demCOBE-Satelliten (COsmic-Background-Explorer) genau vermessen. Die Hintergrundstrahlungzeigt ein Abbild des Universums zur Zeit des Entkoppelns von Strahlung und Materie. Bei einerTemperatur von ≈ 3500K sind noch ungefähr 10% der H-Atome ionisiert. Das Alter desUniversums mit der Temperatur 3500K sei T E . Die für alle kosmologischen Modelle gültigeRotverschiebungsformel lautet (die Wellen dehnen sich wie das Universum)R(t 0 )R(t E ) = λ 0λ E= λ 0 −λ Eλ E+1 = z +1 (4.6.1)Der Einfachheit halber rechnen wir mit Ω 0 = 1, d.h. aus (4.3.21) folgt( )2R(t 0 )R(t E ) = t0 3= 1+z (4.6.2)t EAus dem Wien’schen Verschiebungsgesetz folgt, wenn λ 0 und λ E die Wellenlängen maximalerIntensität sind und T Temperaturen bezeichnetT E= λ ( )2 ( )20 t0 3 2 3= 1+z = =T 0 λ E t E 3H 0 t E(4.6.3)Mit T E = 3500K und T 0 = 2,735K folgt dann t E ≈ 7·10 12 s ≈ 2·10 5 a und z ≈ 1300.Die COBE-Daten zeigen, dass die Hintergrundstrahlung ungeheuer isotrop ist, aber es wurdenauch kleine Schwankungen (die sogenannten ”Ripples“) um den Faktor ≈ 10 −7 entdeckt. Darausfolgt, dass es im frühen Universum kleine Dichteschwankungen gab, ohne die es nicht zur Bildungvon Galaxien und Sternen gekommen wäre. Wären diese Ripples nicht gefunden worden,müßte man die Urknallhypothese verwerfen (siehe [18], [22]).Die Isotropie der Hintergrundstrahlung gilt nicht im Bezugssytem der Erde, da sich die Erdeum die Sonne und die Sonne um das galaktische Zentrum bewegt und auch die Milchstraße eine87


4 GalaxienPekuliarbewegung ausführt. Aus der Anisotropie der Hintergrundstrahlung kann mit der Dopplerformeldie Geschwindigkeit der Erde relativ zum Kosmos berechnet werden. Im Universumgibt es also ein ausgezeichnetes Bezugssystem, in dem die Hintergrundstrahlung isotrop ist.Der Entstehungsort der momentan empfangenen Hintergrundstrahlungliegt etwas innerhalb desTeilchenhorizonts. Nach (4.3.22) und(4.3.25) gilt fürdie Entfernungdieser Entstehungsorte vomBeobachterD = 2c ( ) (1· 1− √ = d H · 1− 1 )√ = 0,97d H (4.6.4)H 0 1+z 1300Zwei gegenüberliegende Ausstrahlungsorte A und B haben dann die Entfernung AB = 1,94d Hundsindsomitkausalnichtvoneinanderabhängig,daz.B.AaußerhalbdesTeilchenhorizonts vonB liegt. Dass trotzdem eine so hohe Isotropie der Hintergrundstrahlung vorliegt, kann nur durchdie Theorie der Inflation (Alan Guth, 1980) erklärt werden (siehe [22]). Nach dieser Theoriewuchs das Universum in der Zeit von 10 −34 s bis 10 −32 s exponentiell um ungefähr den Faktor10 50 !! Angetrieben wurde die Inflation durch das von den GUT’s vorhergesagte Higgs-Feld,das einer enormen Vakuumenergie entspricht. Durch die Inflation wurden alle vorhandenen Unebenheiten(Dichteschwankungen)geglättet unddaherhabenauchkausal unzusammenhängendeGebiete des Universums die fast gleiche Temperatur.Noch eine Bemerkung zur dunklen Materie, die ja maßgeblich an der Galaxienbildung beteiligtwar. Neuere Untersuchungen haben ergeben, dass nur kalte dunkle Materie (CDM, Cold DarkMatter) in der erforderlichen Zeit die Entstehung von Galaxien bewirkt haben kann, da heißedunkle Materie (relativistische Teilchen, Neutrinos) wegen der großen Geschwindigkeit der Teilchennicht so schnell in Klumpen zerfallen wäre. Mit heißer dunkler Materie würden sich zuerstdie Superhaufen, dann die Haufen und schließlich die Galaxien formieren, mit kalter dunklerMaterie ist es genau umgekehrt. Die neuesten Beobachtungen zeigen aber, dass sich Galaxienbei Rotverschiebungen von z = 2 bis z = 4, Haufen bei Rotverschiebungen von z = 0 bis z = 1und Superhaufen sich erst heute richtig bilden. Die Beobachtungen sprechen also eindeutig fürdie kalte dunkle Materie.88


4 GalaxienZeit(in s) (in K)Temperatur Ereignis0 Urknall, Ära der Quantengravitation (TOE)Alle vier Wechselwirkungen sind identisch.1·10 −43 1·10 32 Gültigkeitsgrenze der allgemeinen Relativitätstheorie. Ära der GUT’s,die starke und die elektroschwacheKraft sind identisch, aber verschiedenvon der Gravitation.1·10 −35 1·10 28 Spontane Symmetriebrechung der GUT’s, elektroschwache und starkeWW sind jetzt verschieden.1·10 −34 1·10 27 Start der inflationären Phase (schnelle Ausdehnung)1·10 −32 1·10 27 Ende der inflationären Phase1·10 −11 3·10 15 Spontane Symmetriebrechung der elektroschwachen Kraft, elektromagnetischeund schwache WW sind jetzt verschieden, das Universum isteine Suppe aus Quarks, Leptonen und den Austauschteilchen (Gluonen,W ± , Z 0 , Photonen).2·10 −7 2·10 13 Tauon-Antitauon-Zerstrahlung ( 3 2 kT < m τ)1·10 −5 2·10 12 Quarks vereinigen sich zu Mesonen und Baryonen7·10 −5 1·10 12 Myon-Antimyon-Zerstrahlung ( 3 2 kT < m µ)1·10 1 5·10 9 Elektron-Positron-Zerstrahlung ( 3 2 kT < m e)1·10 2 1·10 9 Typische Photonenenergien fallen unter die Bindungsenergie des Deuterons:Beginn der Nukleosynthese (D und 4 He).1·10 3 4·10 8 Teilchen können die Coulombbarrierennicht mehrüberwinden: EndederNukleosynthese. Das Universum besteht im Wesentlichen aus Neutrinos,Photonen, freien Protonen und Elektronen und 4 He-Kernen, wobei auf12 freie Protonen ungefähr ein 4 He-Kern trifft. 25% der Materie bestehenaus Helium, der Rest aus Wasserstoff. Starke Wechselwirkungen derPhotonen mit den freien Elektronen (Strahlungsära).7·10 12 3500 Elektronen und Protonen rekombinieren zu H-Atomen, die Wechselwirkungvon Strahlung mit Materie wird viel unwahrscheinlicher (die Photonenenergiensinken unter die Ionisierungsenergiedes Wasserstoffs),dasUniversum wird durchsichtig“ (Entkopplung von Strahlung und Materie).Die Wellenlänge der Photonen wird im gleichen Maße größer, wie”sichdasUniversumausdehnt,d.h.ihreEnergiewirdimmerkleiner.DiesePhotonen schwirrenheute noch durch das Universum und bilden die kosmischeHintergrundstrahlung, die einen der wichtigsten experimentellenEckpfeiler für die Urknallhypothese bildet.2·10 16 20 Start der Galaxienbildung2·10 17 3,7 Bildung unseres Sonnensystems3·10 17 2,735 heuteTab.4.6.1 Kurze Geschichte des Universums89


Literaturverzeichnis[A] Klassische Physik (allgemeinverständlich):[1] Ivars Peterson. Was Newton nicht wusste, Chaos im Sonnensystem. Birkhäuser,1994Eine gelungene Darstellung der Geschichte der Newton’schen Mechanik, bis hin zu den kompliziertenComputersimulationen unseres Sonnensystems.[B] Quantenmechanik, Teilchenphysik, Weltformel (allgemeinverständlich):[2] John Gribbin. Auf der Suche nach Schrödingers Katze. Piper, 1987Ein faszinierendes Buch über die Quantenmechanik und ihre Interpretationen.[3] JohnGribbin.SchrödingersKätzchenund dieSuche nachder Wirklichkeit.S.Fischer,1996Neuere Einsichten in die Quantenmechanik und ihre Interpretationen. Fortsetzung von Auf derSuche nach Schrödingers Katze.[4] <strong>Richard</strong> P. Feynman. QED. Piper, 1992Eine anschauliche Einführung in die Quantenelektrodynamik, von einem ihrer großen Meister.[5] Murray Gell-Mann. Das Quark und der Jaguar. Piper, 1995Der Nobelpreisträger und Entdecker der Quarks beschreibt in seinem ersten populärwissenschaftlichenBuch zunächst die Grundgesetze unserer Welt (Quantenmechanik, Elementarteilchen) unddann die komplexen Strukturen, die aus den ”einfachen“ Gesetzen entstehen.[6] Yuval Ne’eman, Yoram Kirsh. Die Teilchenjäger. Springer Verlag, 1995Ein hervorragendes Buch, das neben der Theorie auch die Werkzeuge (Beschleuniger und Detektoren)und die geschichtliche Entwicklung der Teilchenphysik darstellt.[7] Paul Davies, Julian R. Brown (Hrsg). Superstrings, Eine Allumfassende Theorie derNatur in der Diskussion. dtv, 1996Superstrings bieten die verlockende Aussicht, die Weltformel vielleicht gefunden zu haben.[8] Paul Davies, John Gribbin. Auf dem Weg zur Weltformel. dtv, 1996Superstrings, Chaos, Komplexität. Ein äußerst lesenswertes Buch über den neuesten Stand derPhysik.[9] Steven Weinberg. Der Traum von der Einheit des Universums. C. Bertelsmann, 1993Das zweite populärwissenschaftliche Werk des bakannten Physikers und Nobelpreisträgers. Hervorragend![10] John D. Barrow. Theorien für Alles, Die philosophischen Ansätze der modernenPhysik. Spektrum, Akad. Verl., 1992Grundlegende Untersuchungen zur Ideenbildung in der Physik.90


Literaturverzeichnis[C] Relativitätstheorie, schwarze Löcher, Kosmologie (allgemeinverständlich):[11] Kip S. Thorne. Gekrümmter Raum und verbogene Zeit. Droemer Knaur, 1994Eine anschauliche und gut lesbare Darstellung der allgemeinen Relativitätstheorie und ihrer Auswirkungenauf die moderne Astrophysik und Kosmologie, verfasst von einem der führenden Wissenschaftlerauf diesem Gebiet (Roger Penrose). Wohl die beste allgemein verständliche Einführungin die Theorie der Gravitation und der schwarzen Löcher, bis hin zu den Wurmlöchern und derMöglichkeit von Zeitreisen.[12] Frank J. Tipler. Die Physik der Unsterblichkeit. Piper, 1994Moderne Kosmologie, Gott und die Auferstehung der Toten“, nicht aus der Sicht eines Esoterikers,”sondern aus der eines renommierten Physikers. Tipler entwickelt seine Ideen auf der Grundlage vonQuantenmechanik, allgemeiner Relativitätstheorie und Informationstheorie.[13] Stephen W. Hawking. Eine kurze Geschichte der Zeit. Rowohlt, 1988Der populärwissenschaftliche Klassiker von einem der besten Physiker unserer Zeit.[14] Stephen W. Hawking. Einsteins Traum. Rowohlt, 1993Fortsetzung von ”Eine kurze Geschichte der Zeit“.[15] Paul Davies. Die Unsterblichkeit der Zeit. Scherz, 1997Urknall, schwarze Löcher, Überlichtgeschwindigkeit, Zeitreisen: Nicht als Sciencefiction, sondernals pure Science, dargestellt von dem berühmten theoretischen Physiker.[16] Paul Davies. Sind wir allein im Universum? Über die Wahrscheinlichkeit außerirdischenLebens. Scherz, 1996Der bekannte Physiker spielt mit klarer Logik alle Argumente für und gegen die Existenz außerirdischenLebens durch und zeigt die Konsequenzen auf, die die Entdeckung von Leben nichtirdischenUrsprungs für unser Weltbild hätte.[17] John Gribbin. Jenseits der Zeit, Experimente mit der 4. Dimension. bettendorf, 1995Relativitätstheorie, schwarze Löcher, Zeitreisen ..., ähnlich wie [15].[18] John Gribbin. Am Anfang war ... Neues zum Urknall und der Evolution des Kosmos.Birkhäuser, 1995DieEvolutiondesUniversumsvomUrknallbiszumMenschen.DasUniversumalslebendigesSystemneben vielen anderen Universen.[19] John Gribbin, Martin Rees. Ein Universum nach Maß. Insel Verlag, 1994Die Feinabstimmung der Naturgesetze und Naturkonstanten, die unsere Existenz erst ermöglicht.[20] John Gribbin. Auf der Suche nach dem Omega-Punkt. Piper, 1987Die Zukunft des Universums: Unendlichkeit oder Big Crunch?.[21] Steven Weinberg. Die ersten drei Minuten. Piper, 1978Der allgemeinverständlicheKlassikerzum Thema Urknall,verfasst vondem internationalbekanntenPhysiker und Nobelpreisträger.[22] Michael Riordan, David N. Schramm. Die Schatten der Schöpfung, Dunkle Materieund die Struktur des Universums. Spektrum, Akad. Verl., 1993Vom Urknall zur großräumigen Struktur des heutigen Universums und die Rolle, die die DunkleMaterie (ca. 90% der Gesamtmasse des Universums!) dabei spielt. Eine detaillierte Beschreibungder Vorgänge nach dem Urknall. Lesenswert!!91


Literaturverzeichnis[23] Michael Rowan-Robinson. Das Flüstern des Urknalls. Spektrum, Akad. Verl., 1994Ein hervorragendes Buch über den Urknall, hauptsächlich aus der Sicht der Infrarotastronomie.Rowan-Robinsonist am ProjektIRAS, der Erfoschungdes Alls mit einem Infrarotsatelliten,führendbeteiligt.[24] I. D. Nowikow. Schwarze Löcher im All. Verlag Harri Deutsch, 1989Ein kleines, aber feines Büchlein des bekannten russischen Physikers.[25] George Gamov. Mr. Tompkins’ seltsame Reisen durch Kosmos und Mikrokosmos.Vieweg, 1980Mr. Tompkins Berichte über seine Reisen durch das Relativitätsland und den Quantendschungelsind amüsant zu lesen.[26] Leslie Marder. Reisen durch die Raum-Zeit. Vieweg, 1979Ein Buch über die spezielle Relativitätstheorie mit einer ausführlichen Darstellung des Zwillingsparadoxons.[27] Albert Einstein. Über spezielle und allgemeine Relativitätstheorie. Vieweg, 1969Das allgemein verständliche Büchlein Einsteins über sein Werk.[28] Albert Einstein. Grundzüge der Relativitätstheorie. Vieweg, 1973Einsteins Darstellung der Relativitätstheorie für den mathematisch gebildeten Leser.[29] Lawrence M. Krauss. Die Physik von Star Trek. Heyne, 1996Die physikalischen Erungenschaften der Science Fiction Serie STAR TREK (Warp-Geschwindigkeiten, Beamen, Zeitreise, ...) werden auf ihren möglichen Realitätsgehalt hinuntersucht. Krauss ist Professor für Physik und Astronomie an der Case Western University inCleveland, Ohio.92


Literaturverzeichnis[D] Lehrbücher Physik:[30] Paul A. Tipler. Physik. Spektrum-Akademische VLG, 1994EinPhysiklehrbuch,dasfür guteLK-SchüleralsBegleitlektürezum Unterrichtundzum Einarbeitenin neue Gebiete (z.B. für Facharbeiten oder Wettbewerbsaufgaben) gut geeignet ist.[31] Bergmann,Schaefer. Lehrbuch der Experimentalphysik (8 Bände).WalterdeGruyter,1997Ein ausführliches Standardwerk der Physik, von der Mechanik bis zur Kosmologie.[32] L. D. Landau, E. M. Lifschitz. Lehrbuch der theoretischen Physik (10 Bände).Akademie-Verlag, Berlin, 1967Das Standardwerk der theoretischen Physik, anspruchsvoll, elegant, grandios.[33] Steven Weinberg. Gravitation and Cosmology. John Wiley & Sons, 1972Ein Klassiker für allgemeine Relativitätstheorie und Kosmologie.[34] Hans C. Ohanian, Remo Ruffini. Gravitation and Spacetime. W. W. Norton & Company,1994[35] Robert M. Wald. General Relativity. The University of Chicago Press, 1984[36] C. W. Misner, Kip S. Thorne, J. A. Wheeler. Gravitation. W. H. Freeman andCompany, 1973Das wohl ausführlichste Werk über die allgemeine Relativität.[E] Lehrbücher Astronomie:[37] A. Weigert, H. J. Wendker. Astronomie und Astrophysik. VCH, 1996[38] A. Guthmann. Einführung in die Himmelsmechanik und Ephemeridenrechnung. BI,1994[39] A. Unsöld, B. Baschek. Der neue Kosmos. Springer-Verlag, 1981[40] J. B. Hagen, A. Boksenberg. The Astronomical Almanach for the Year 1991. U.S.Government Printing Office, 1990Tabellen zur Astronomie, hauptsächlich Sonnensystem.[41] P.K.Seidelmann. Explanatory Supplementto the Astronomical Almanach.UniversityScience Books, 1992Eine Fundgrube für Daten und Rechenmethoden in der Astronomie.[42] Bergmann, Schaefer. Lehrbuch der Experimentalphysik, Band 8: Sterne und Weltraum.Walter de Gruyter, 1997[43] E. W. Kolb, M. S. Turner. The Early Universe. Addison-Wesley, 1990Standardwerk zur Frühgeschichte des Universums.[F] Preprints:[44] Brian Chaboyer. The Age of the Universe. astro-ph/9808200, 19 Aug 1998[45] P. J. E. Peebles. Cosmology Solved? An Astrophysical Cosmologist’s Viewpoint. astroph/9810497,30 Oct 1998[46] M. S. Turner. Cosmology Solved? Quite Possibly!. astro-ph/9811364, 23 Nov 199893


Literaturverzeichnis[47] F. Pont. The Cepheid Distance Scale after Hipparcos. astro-ph/9812074, 3 Dec 1998[48] M. S. Turner. Dark Matter and Energy in the Universe. astro-ph/9901109, 10 Jan1999[49] M. S. Turner, J. A. Tyson. Cosmology at the Millenium. astro-ph/9901113, 10 Jan1999[50] M. S. Turner. Cosmology Update 1998. astro-ph/9901168, 13 Jan 199994


Inhaltsverzeichnis1 Grundlagen der Astronomie 31.1 Geschichtliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.2 Das heutige astronomische Weltbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.3 Die Erde als Bezugssystem für Beobachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51.3.1 Koordinaten auf der Erde – Kugelkoordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . 51.3.2 Koordinaten für Sterne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71.4 Instrumente zur Beobachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111.4.1 Die Linsengleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111.4.2 Fernrohre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131.4.3 Teleskope für nicht sichtbare Wellenlängen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151.4.4 Reduktion der Beobachtungsdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151.5 Gravitation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161.5.1 Das Gravitationsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161.5.2 Das Gravitationsfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171.5.3 Der Gauß’sche Satz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181.5.4 Das Gravitationspotential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191.6 Umlaufbahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201.6.1 Kreisförmige Bahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211.6.2 Ellipsen als Bahnkurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221.7 Astronomische Zeitrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271.7.1 Das Jahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271.7.2 Sterntag und Sonnentag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 Das Sonnensystem 292.1 Aufbau des Sonnensystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292.2 Eigenschaften der Planeten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322.3 Der Mond . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362.4 Allerlei Kleinzeug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372.4.1 Planetoiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372.4.2 Kometen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382.4.3 Meteore und Meteorite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392.5 Nützliches aus der Theorie der Wärme und der Strahlung . . . . . . . . . . . . . 392.5.1 Kinetische Gastheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392.5.2 Temperaturstrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392.5.3 Kurzer Abriss der Quantenmechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432.5.4 Atome als Sender und Empfänger von Strahlung . . . . . . . . . . . . . . 452.5.5 Scheinbare Helligkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463 Sterne 493.1 Gravitationsenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493.2 Druck und Temperatur in Sternen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 503.3 Energieerzeugung in Sternen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523.3.1 Ein Ausflug in die Kernphysik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523.3.2 Kernfusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553.3.3 Ein einfaches Modell junger Sterne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573.4 Grobe Beziehungen zwischen M, L, R und T . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5995


Inhaltsverzeichnis3.5 Der sichtbare Bereich der Sterne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 613.6 Informationen im Sternenlicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 633.7 Entwicklung der Sterne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 663.7.1 Geburt der Sterne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 663.7.2 Entwicklung der Sterne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 663.7.3 Weiße Zwerge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 673.7.4 Neutronensterne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 683.7.5 Supernova . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 693.7.6 Schwarze Löcher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 713.8 Veränderliche Sterne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 743.8.1 Bedeckungsveränderliche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 743.8.2 δ-Cepheiden und Entfernungsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 744 Galaxien 764.1 Die Milchstraße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 764.2 Die kosmische Entfernungsskala . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 774.3 Die Expansion des Universums - Kosmologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 784.4 Der Aufbau des Universums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 844.5 Das Standardmodell der Elementarteilchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 854.6 Entwicklung des Universums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87Literaturverzeichnis 9096


IndexÄquator, 4-ebene, 4, 6-linie, 7-systembewegliches, 9festes, 6Himmels-, 6Äquinoktiallinie, 8Äquipotentialfläche, 17Aberration, 13Abplattung, 33Absorptionsgrad, 39Absorptionskoeffizient, 52Absorptionslinien, 46Achse, optische, 10Additionstheorem, 5aktive Sonne, 64Albedo, 42Andromeda-Galaxie, 86Anfangssingularität, 82Aphel, 21Apogäum, 35Asteroiden, 37Atmosphäre, 31Auflösung, 12Ausstrahlung, spezifische, 40Austauschteilchen, 88Axionen, 78Azimut, 6Bahnebene, 7Bahnelemente, 30Bahnkurve, 25Baryonen, 87, 88Bedeckungsveranderliche, 75Bestrahlungsstärke, 41Bildpunkt, 10Bildweite, 10Bindungsenergie, 54Blauverschiebung, 66Boltzmann-Konstante, 39Bosonen, 88braune Zwerge, 67brauner Zwerg, 69Breitenkreis, 4Brennebene, 10Brennpunkt, 10, 21Cepheiden, 75Chandrasekhar-Grenze, 69chromatische Aberration, 12Chromosphäre, 64Datenreduktion, 13Deklination, 6, 9Deuterium, 54Dichte, kritische, 81Doppelstern, 75Dopplereffekt, 66Dunkelwolken, 78dunkle Materie, 77Einheit, astronomische, 3Einstein-Friedmann-Gleichungen, 81Einstein-Ring, 87Ekliptik, 7, 8, 30Elektronengas, entartetes, 68Ellipse, 21Emissionsgrad, 40Emissionsnebel, 78Emissionsvermogen, spektrales, 40Entfernungsmodul, 48Entfernungsskala, 79Erdachse, 8Erde, 32Ereignishorizont, 72Eudoxus aus Knidos, 1Exzentrizitätlineare, 22numerische, 22Fensteroptisches, 13Radio-, 13Fermionen, 88Fernrohre, 11Fluchtgeschwindigkeit, 25, 80Frühlingspunkt, 8, 9Frülingspunkt, 30Frauenhoferlinien, 4697


IndexFraunhoferlinien, 63Fusion, 56Galaxien, 77Galaxis, 2Gammaray-Bursts, 73Gasgleichung, 39Gasriese, 31Gauß’scher Satz, 16Gegenstandsweite, 10Granulation, 64Gravitation-sfeld, 15-sgesetz, 15-skonstante, 15-spotential, 17Gravitationsenergie, 50Gravitationslinsen, 87Gravitationswellen, 65, 73Graviton, 88Greenwich, 4Großkreis, 4GUT, 78, 89H-Brennen, 56Höhe, 6Hadronen, 88Halbachse, 21Hauptebene, 10Hauptreihe, 62Hawking, Stephen, 73Helium-Flash, 68Helligkeitabsolute, 48scheinbare, 47Herbstanfang, 8Hertzsprung-Russel-Diagramm, 62Higgs-Feld, 91Himmelskugel, 6Himmelsmechanik, 19Himmelspole, 6Hintergrundstrahlung, 90Horizont, 6Horizontsystem, 6Hubble, 80Hubblezeit, 82Hyperbel, 25Inflation, 91Inklination, 30Intensität, 41interstellare Materie, 78Isobare, 53Isotone, 54Isotope, 53Jahranomalistisch, 26siderisch, 3, 26tropisch, 26Jupiter, 33Kepler, 2-sche Gesetze, 25Kernfusion, 56Kernphysik, 53Kirchhoff, 40Kleinkreis, 4Kleinplaneten, 37Knotenabsteigender, 30aufsteigender, 30Knotenlinie, 30Koma, 38Kometen, 38Konvektion, 64Koordinatenkartesische, 5Kugel-, 4Kopernikus, 2Korona, 64, 77Kosmologie, 81kosmologische Konstante, 86Kulminationspunkt, 7Längenkreis, 4Leoniden, 39Leptonen, 88Leuchtkraft, 41Lichtjahr, 3Lichtkurve, 75Lichtquant, 46Linsengleichung, 10Mars, 32Massenparameter, 82Meridian, 4Himmels-, 6Null-, 4Merkur, 32Mesonen, 88Meteore, 39Meteorite, 39Milchstraße, 2, 77Mittelpunktswinkel, 4Monatdrakonitisch, 36siderisch, 3698


Indexsynodisch, 36Mond, 35Mondfinsternis, 36Myon, 88Myonneutrino, 88Nadir, 6Nebelplanetarischer, 68Neptun, 35Neutrino, 56Neutron, 53Neutronenstern, 69Newton, 2Nord-Süd-Linie, 7Nordpol, 4Nukleonen, 53Nuklidkarte, 54Objektiv, 12Okular, 11Oort’sche Wolke, 38Ordnungszahl, 54Parabel, 25Parallaxe, 13spektroskopische, 66trigonometrische, 14Parallelkreis, 7Parsec, 3Pekuliarbewegung, 80Perigäum, 35Perihel, 21, 30Photon, 46Photosphäre, 63Planck, Max, 40PlanetenEntdeckung, 2Planetensystem, 2, 28, 31Planetoiden, 37Plasma, 52Pluto, 35Poldistanz, 9Positron, 56pp-Kette, 56Proton, 53Protuberanzen, 64Ptolemäus, 1Pulsar, 70Pythagoras, 1Quantenchromodynamik, 89Quantenelektrodynamik, 89Quantenfeldtheorie, 89Quantengravitation, 89Quarks, 70, 88Quasare, 87radialsymmetrisch, 16Radioteleskope, 13Reduktion von Beobachtungsdaten, 13Reflexionsgrad, 39Reflexionsnebel, 78Rektaszension, 9Relativitätstheorieallgemeine, 72Resonanzstreuung, 63retrograd, 32Rotationskurve, 77roter Riese, 68Rotverschiebung, 66, 80Südpunkt, 6äquatorialer, 6Saroszyklus, 37Saturn, 34Schlussknall, 85schwarzer Körper, 40schwarzes Loch, 65, 72Schwarzschildradius, 72Schwerpunkt, 19Skalarprodukt, 5Skalenfaktor, 81Solarkonstante, 41Solstitiallinie, 7Sonne, 49Sonnenbahn, scheinbare, 8Sonnenfinsternis, 36Sonnenflecken, 64Sonnentag, 27Sonnenwind, 38, 64Sonnenzeitmittlere, 27wahre, 27Sonnwende, 7Spektralklasse, 65Spiegelteleskop, 12Spin, 78, 88Standardmodell der Elementarteilchen, 88Stefan-Boltzmann, Gesetz von, 40Sterne, 49Energieerzeugung, 53Sternschnuppen, 39Sterntag, 8, 27Sternzeit, 9Strahlung, kosmische, 78Strahlungsfluss, 41Strahlungsflussdichte, 4199


IndexStundenkreis, 9Stundenwinkel, 6, 9Supernova, 31Superstrings, 89SUSY-Teilchen, 78Synchrotronstrahlung, 70TagSonnen-, 27Stern-, 27Tagundnachtgleiche, 8Tauon, 88Tauonneutrino, 88Teilchenhorizont, 84Temperaturstrahlung, 39Thales von Milet, 1TOE, 89Transmissionsgrad, 39Tritium, 54Umlaufbahn, 19Universal Time, 27UniversumAufbau, 86UniversumsEntwicklung, 90Expansion, 80Uranus, 34Urknall, 3, 82Vakuumfluktuationen, 73Venus, 32Vergrößerung, 11virtuelle Teilchen, 73VLBI, 13Wechselwirkungelektroschwache, 89schwache, 89starke, 54, 88, 89Weltbildgeozentrisches, 1heliozentrisches, 1Weltraumteleskope, 13Weltzeit, 27Widderpunkt, 8Wien’sches Verschiebungsgesetz, 41Zeit, 26Zeitgleichung, 27Zenit, 6-distanz, 6Zentralfeld, 16zirkumsolare Kometenwolke, 38Zweikörperproblem, 19100

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