Der Schönfelder…denn sie wissen nicht,was sie tunJunge Grenzgänger in der institutionellen Engezwischen Jugendhilfe und EingliederungshilfeSIEGEN. Am 25. März f<strong>an</strong>d in Siegeneine Fachtragung über das Thema„Junge Grenzgänger in der institutionellenEnge zwischen Jugendhilfe undEingliederungshilfe“ statt. Eingeladenhatte das Sozialwerk St. Georg e.V.Als Referenten waren geladen: Prof.Dr. Werner Freig<strong>an</strong>g aus Neubr<strong>an</strong>denburg,Prof. Dr. Michael Macsenaereaus Mainz und Dr. Charlotte Köttgenaus Hamburg. Zur <strong>an</strong>schließendenFallbesprechung kamen hinzu: HelmutSieker, Schmallenberg, ein Vertreterdes örtlichen Jugendamtes sowie alsModeratorin Monika Stich, Warstein.Die Überschrift lässt vermuten, dass hiermitjunge Menschen mit dissozialem undtherapieresistentem Verhalten <strong>an</strong>gesprochensind. Es sind jedoch eher <strong>die</strong> Einrichtungengemeint, <strong>die</strong> sich wenig odergar nicht mit den Auswirkungen vonMaßnahmeabbrüchen, wie sie besondersbei <strong>die</strong>sem Personenkreis auftreten, ausein<strong>an</strong>dersetzen.Diese „Systemsprenger“be<strong>an</strong>spruchen mitunter <strong>die</strong> gesamteAufmerksamkeit der Betreuer bzw. desTeams. Das ständige Austesten des Umfeldesmit extremen Verhaltensweisenund ständigem Brechen von Regeln führtsehr häufig zu massiven Konflikten in derBetreuungssituation. Das hat zur Folge,dass <strong>die</strong> Jugendlichen oftmals von einerEinrichtung in <strong>die</strong> nächste weitergereichtwerden. Die Situation verschlechtert sichim Lauf der Vita in der Regel zusehends,bis hin zur Delinquenz und Unterbringungin geschlossenen Einrichtungen.Es ist festzustellen, dass viele Einrichtungender Jugendhilfe massive Schwierigkeitenim Umg<strong>an</strong>g mit <strong>die</strong>ser Klientel haben. EinGrund ist sicherlich, dass <strong>die</strong>se Klientelsich nicht eindeutig einer Diagnosegruppezuordnen lässt, sondern vielmehr in allenbek<strong>an</strong>nten Kr<strong>an</strong>kheitsbildern auftretenk<strong>an</strong>n. Dadurch m<strong>an</strong>gelt es häufig noch <strong>an</strong>der entsprechenden konzeptionellen Ausrichtung,<strong>die</strong> <strong>die</strong>sem „Begleitphänomen“entsprechend Rechnung trägt.Es verwundert daher nicht, dass <strong>die</strong> Eingliederungin <strong>die</strong> Gesellschaft, insbesondere<strong>die</strong> Teilhabe am Arbeitsleben aufTeilnehmer des Schönfelderhofes (von links): Elisabeth Lindner, Wolfg<strong>an</strong>g Michaely,Bruno Wallenborn, Torsten Deutsch und Albert M<strong>an</strong>dler.dem Ersten Arbeitsmarkt, selten zu realisierenist. Die Quote bei Ausbildungs- undJobabbrüchen ist extrem hoch.Der Überg<strong>an</strong>g von Jugendhilfeeinrichtungenzu Einrichtungen der Eingliederungshilfeist daher nicht selten. DieSchnittstellen sind jedoch meist nicht klar.Der Überg<strong>an</strong>g ist demzufolge nicht fließendund aufein<strong>an</strong>der aufbauend, sondernbedeutet in der Regel einen krassen Einschnittin der Entwicklung des Klienten.Hier fordern <strong>die</strong> Experten dringend Abhilfe,um Lücken im Hilfesystem zu schließen,zumal <strong>die</strong> Zahl der betroffenen Klientenin den letzten Jahren rapide zugenommenhat. Sie rufen dazu auf, sich intensivermit den Ursachen und den Auswirkungen<strong>die</strong>ses Phänomens zu beschäftigen, umsinnvolle rehabilitative Perspektiven <strong>an</strong>bietenzu können.Anh<strong>an</strong>d eines Fallbeispieles konnte sehr<strong>an</strong>schaulich dargestellt werden, wie wichtig<strong>die</strong> Verfügbarkeit von <strong>an</strong>amnestischenDaten zur Interpretation der Auffälligkeitenist, denn <strong>die</strong> Ursachen liegen sehrhäufig im frühen Kindesalter z.B. in einerBindungsproblematik durch frühe Trennungvon der Mutter, in Missbrauchserlebnissenetc. In besagtem Fall äußerte sich<strong>die</strong>s u.a. durch pyrom<strong>an</strong>ische Aktionen,<strong>die</strong> der derzeit beh<strong>an</strong>delnden Einrichtunggänzlich unbek<strong>an</strong>nt waren, weil sie inder Kr<strong>an</strong>kheitsgeschichte nicht vermerktwaren. Das Ergebnis war: Es kam zu diversenBr<strong>an</strong>dlegungen in der Einrichtung,ohne dass <strong>die</strong> Person gleich ermittelt werdenkonnte. Der Klient befindet sich derzeitin einer forensischen Einrichtung. Dieweitere Perspektive ist noch unklar.Unserer Einrichtung sind <strong>die</strong>se Klientelund <strong>die</strong> damit verknüpfte Problematiknicht unbek<strong>an</strong>nt. Deshalb ist es wichtig,sich den Herausforderungen zu stellenund entsprechend zu positionieren. Aus<strong>die</strong>sem Grund ist eine Arbeitsgruppe gebildetworden, <strong>die</strong> sich sehr intensiv <strong>die</strong>serAufgabestellungen widmet.Die Ausein<strong>an</strong>dersetzung mit <strong>die</strong>sem Themaist Best<strong>an</strong>dteil unserer strategischkonzeptionellenWeiterentwicklung.Hinweis: Für <strong>die</strong>se Fachtagung wird eseine sehr ausführliche Dokumentationgeben. Interesse? wenden Sie sich <strong>an</strong>:Sozialwerk St. Georg e.V.Geschäftsbereich Westfalen-SüdBreite Wiese 36, 57392 SchmallenbergTelefon 02972/9773-100, Fax -111Bruno Wallenborn16
Der SchönfelderWie viel verträgt <strong>die</strong> Gemeindepsychiatrie?Welches System hält Sie aus, <strong>die</strong> „jungen Wilden, Systemsprenger,das forensische Klientel etc.“TRIER. Im Mai treffen sich Mitarbeiteraus den Einrichtungen Saffig, Rilchingenund dem Schönfelderhof, um gemeinsamin einem Workshop des BBTe.V., Ressort IV, Behindertenhilfe,den Ausbau, <strong>die</strong> Weiterentwicklungund <strong>die</strong> Anpassung der Leistungsspektrender o.g. Einrichtungen <strong>an</strong><strong>die</strong> aktuelle Nachfrage und den fachlichenBedarf zu forcieren.Seit zirka sechs Jahren ist in den Einrichtungeneine Veränderung des Aufnahmeklientelsfestzustellen: Junge psychischkr<strong>an</strong>ke Menschen mit Suchtproblemen(Alkohol/Drogen), mit ausgeprägten dissozialenVerhaltensmustern, mit massivenSelbstverletzungstendenzen, mitVerwahrlosungsproblematiken etc. stellen<strong>die</strong> Einrichtungen vor <strong>neue</strong> Herausforderungen.Albert M<strong>an</strong>dler - Leiter der GPA,Schönfelderhof) – formulierte es treffendin dem er sagte: „Wir haben <strong>die</strong> jungenpsychisch kr<strong>an</strong>ken Menschen auf dem Wegin der Entwicklung der Gemeindepsychiatrienicht mitgenommen. Jetzt erwartet <strong>die</strong>Politik von den Trägern, eine Abstimmungbei der Entwicklung und Umsetzung vonKonzepten für <strong>die</strong>ses Klientel“.Gemeinsam <strong>neue</strong>Herausforderung meisternIn den Situationsbeschreibungen derEinrichtungen wird festgestellt, dass <strong>die</strong>Schnittstellen zur Jugendhilfe und zurForensik eine immer stärker werdendeRolle im Betreuungsalltag spielt. In Saffigerhielten z.B. in den letzten 15 Jahren40 Klienten mit einem forensischenHintergrund ambul<strong>an</strong>te und stationäreLeistungen durch das Soziale Zentrum.Vom Schönfelderhof erwarten <strong>die</strong> Kooperationsklinikenin Trier und GerolsteinKonzepte, <strong>die</strong> den Versorgungsauftragfür Menschen mit einer intensiven psychiatrischenBehinderung - z.B. Klientenmit einer hebephrenen Psychose und einerSuchterkr<strong>an</strong>kung – gewährleistenkönnen. „Im Einzugsgebiet - L<strong>an</strong>dkreisSaarbrücken - von Rilchingen befindetsich auf einer kleinen Fläche eine hoheTrägerstruktur und <strong>die</strong>s hatte in der Verg<strong>an</strong>genheitzur Folge, dass <strong>die</strong>ses Klientelnicht zu uns gekommen ist. Dochseit zwei bis drei Jahren nehmen wir eineTrendveränderung wahr. Menschen miteiner Persönlichkeitsstörung, Forensiker,Suchtprobleme und <strong>die</strong> „Drehtürpatienten“werden in Zukunft ein zentralesThema für Rilchingen sein“, fasste Fr<strong>an</strong>kJord<strong>an</strong> zusammen.Auffällig – Schwierig –Geschlossene Unterbringung?Bei der bisher praktizierten Einstreuung<strong>die</strong>ses Klientels in <strong>die</strong> vorh<strong>an</strong>denen Gruppenstrukturen,kommen Klienten wieMitarbeiter zunehmend <strong>an</strong> ihre Grenzen.„Um <strong>die</strong>se für alle Seiten unbefriedigendeSituation zu ändern, müssen wir uns spezialisieren“,betont Jörg Nagel (Saffig).Werden entwickelte Konzepte nach demSoteriaged<strong>an</strong>ken umgesetzt, oder müssenwir uns doch mit dem Ged<strong>an</strong>ken nachbeschützten und geschlossenen Wohneinrichtungenfür <strong>die</strong>ses Klientel befassen.Wo sollen sie entstehen: Im Gelände einespsychiatrischen Wohnheimes, in der Gemeindein einem Wohngebiet? Kommen mitder Spezialisierung und Weiterentwicklungunsere Gemeinden Saffig, Rilchingen undZemmer <strong>an</strong> ihre Grenzen? Müssen d<strong>an</strong>nnicht <strong>neue</strong> Leistungs<strong>an</strong>gebote wie z.B. ein„nasses Haus“ für Alkoholiker ohne Compli<strong>an</strong>cezwingend dezentral entstehen?Der Schönfelderhof ist kein suchtfreierRaum. Aber das hier nicht getrunken undkonsumiert wird, birgt schon Zündstoffund bedingt Konflikte. Wir benötigen dringendeine konzeptionelle Positionierung zuThemen wie u.a. Alkoholkontrollen, Drogenscreening,verpflichtende Nachsorge,und Antworten auf Fragen wie z.B. lassenwir Rückfälle zu und welche S<strong>an</strong>ktionenmüssen bei einem positiven Testergebnisgreifen? Alte WfbM- und Berufliche Bildungsstrukturenerreichen das <strong>neue</strong> Klientelnicht mehr. Es müssen <strong>neue</strong> begleitendeAngebote geschaffen werden. DieKonzepte müssen zwischen GPA und WfbM17