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Broschüre zur Arbeitsstiftung - Erfahrung zählt!

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EinleitungDie Regionalstiftung für Ältere> <strong>Erfahrung</strong> <strong>zählt</strong>!sinnvollen Tätigkeit in einem geeignetenUnternehmen ist dabei genauso entscheidendwie die Vorbereitung der Unternehmenauf die Herausforderungälter werdender Belegschaften.Seit nunmehr sieben Jahren befasst sichdie Regionalstiftung für Ältere > <strong>Erfahrung</strong><strong>zählt</strong>! sowohl mit der Beratung ältererarbeitsuchender Personen als auch mit dergezielten Beratung von Unternehmen mitPersonalbedarf. Ältere werden vorwiegendüber individuelle Vereinbarungen undKündigungen abgebaut. Dadurch gibtes kaum brauchbare Strukturen für einegezielte Integration älterer Personen wie siebei traditionellen Outplacementstiftungen imSinne einer Brückenfunktion zu finden sind.Auch gelten für ältere Arbeitslose nicht diegleichen Arbeitsmarktregeln wie für Jüngere.Qualifikationen, die gar nicht oder nur nochzum Teil verwertbar sind, und das „Stigma“,wegen des Alters nicht mehr gebraucht zuwerden, verlangen individuell angepassteBewältigungsstrategien und Gegenmaßnahmen.Um den Wiedereinstieg zu erleichtern,ist es notwendig, den Schwerpunktdieser Maßnahmen (neben Outplacement-)auf Implacement-Aktivitäten zu setzen.Diese ermöglichen es den Älteren, einneues Unternehmen zu finden und, beiBedarf, über passgenaue Qualifizierungenden Einstieg in ein Arbeitsverhältnis zuerreichen. Die individuelle Suche nach einerDie Regionalstiftung für Ältere > <strong>Erfahrung</strong><strong>zählt</strong>! ist folglich eine Implacementstiftung,die arbeitslosen Personen ab 45 Jahrenden Übergang zu einer neuen Beschäftigungerleichtert und Unternehmen mitPersonalbedarf einen besseren Zugang zudieser Personengruppe ermöglicht. Bereitsseit dem Jahr 1999 wird > <strong>Erfahrung</strong><strong>zählt</strong>! in Graz und Graz-Umgebung, seit2001 auch in der Obersteiermark (Brucka.d. Mur, Mürzzuschlag/Leoben ab 2006)und seit 2003 an drei Standorten im steirischenSüden (Deutschlandsberg, Leibnitzund Mureck) im Auftrag des LandesSteiermark und des Arbeitsmarktservicedurchgeführt. Die Erfolge der Stiftungsprechen für sich. Von 1999 bis Mitte 2006wurden 1300 Personen betreut, wovon60% bereits bei Austritt aus der Stiftung einDienstverhältnis aufgenommen haben.Dass > <strong>Erfahrung</strong> <strong>zählt</strong>! solche Erfolgeverzeichnen kann, liegt sowohl im altersgerechtenZugang zu den betroffenenPersonen und der ziel- und lösungsorientiertenArbeitsweise der MitarbeiterInnen alsauch in einer klaren Stiftungsstruktur undeiner erprobten Ablauforganisation. Dazuwerden einerseits die arbeitsuchendenPersonen mit Trainings und Einzelbegleitungzu „Fachleuten ihres spezifischenArbeitsmarktes“ und können so aufeffiziente Art auf die Unternehmen dieses6


Marktes zugehen. Auf der anderen Seitekommt die Stiftung den Bedürfnissen derUnternehmen in der Phase der Personalauswahloptimal entgegen, indemz. B. Erprobungsphasen mit punktgenauenQualifizierungen für potentielle Arbeitskräfteangeboten werden. Weiters steht eine eigeneAnsprechperson, die PlacementberaterIn,den Unternehmen als Kontaktperson <strong>zur</strong>Verfügung. Über diese Kombination einerfundierten Qualifizierung verbunden mitindividueller Betreuung wird eine schnelleund nachhaltige Vermittlung älterer Arbeitsuchenderin den Arbeitsmarkt erreicht.In die vorliegenden Fachbeiträge sind<strong>Erfahrung</strong>en und Wissen aus unserer Arbeitin der Regionalstiftung > <strong>Erfahrung</strong> <strong>zählt</strong>!sowie Hintergrundrecherchen zum Thema„ältere ArbeitnehmerInnen“ eingeflossen.Diese <strong>Broschüre</strong> soll damit allen, die amThema „Ältere und Arbeit“ interessiert sind,auf gut lesbare Weise vielfältige Einblickein diesen Bereich gewähren.Mag. Alois DeutschmannGeschäftsführung move-ment7


Strategische Überlegungen„Erster wichtiger Aspekt bei der Analyse der Ausgangssituation ist es, gut zudifferenzieren zwischen tatsächlich im Einzelfall vorhandenen Einschränkungenwie Qualifikationsdefiziten, körperlichen Einschränkungen etc. einerseits undZuschreibungen bzw. Vorurteilen andererseits, also zwischen individueller Realitätund ‚Altersmythen’, die eine wirkungsvolle Reintegrationsstrategie in den Köpfenaller Beteiligten sehr erschweren.“Strategische Überlegungen <strong>zur</strong> Reintegrationälterer Arbeitsuchender aus der Sicht desArbeitsmarktserviceDr. Herta Kindermann-WlasakWas auch immer der viel zitierte demographischeWandel auf dem Arbeitsmarktbewirken mag, eines ist gewiss:Die altersmäßige Zusammensetzungunserer Gesellschaft verändert sich deutlich,die Belegschaften in den Betrieben werdenälter und auch wir im Arbeitsmarktservicesind mit steigenden Zahlen von älterenArbeitsuchenden konfrontiert. Dazu kommt,dass die europäische Zielsetzung derErhöhung der Erwerbsbeteiligung derÄlteren (die in Österreich im Vergleich zuden anderen europäischen Ländern sehrniedrig ist) und die Veränderungen imösterreichischen Pensionssystem die Lageauf dem Arbeitsmarkt für Ältere verschärfen.Die Strategie vorzeitiger Pensionierungsmöglichkeiten<strong>zur</strong> Entlastung des Arbeitsmarktessteht nicht mehr <strong>zur</strong> Verfügung.Österreich steht demnach vor der großenHerausforderung, wirksame Strategien <strong>zur</strong>Verlängerung der tatsächlichen Lebensarbeitszeitder Beschäftigten zu entwickeln,das Arbeitsmarktservice im Besonderenist gefordert, seine Dienstleistungen undMaßnahmen so weiterzuentwickeln, dass8


die Reintegration von älteren Arbeitslosenbesser als bisher gelingen kann.Tatsache ist, dass Ältere bei der Wiedereingliederungin den Arbeitsmarkt erheblichgrößere Schwierigkeiten als die anderenAltersgruppen haben, dass sie trotz gesetzlichemDiskriminierungsverbot häufig durchden Rost der Selektionsverfahrenfallen, bevor sie sich überhaupt alsIndividuen in einem Bewerbungsverfahrenbewähren können.Die strategische Ausrichtung des AMSmit seinen jährlichen Zielfestlegungenfordert uns auf, der Zielgruppe der Älterenbesondere Aufmerksamkeit zu widmen(als „älter“ gelten <strong>zur</strong> Zeit Personen über50 Jahre).Der Zielkatalog 2006 beinhaltet zweieinschlägige Ziele:• Arbeitslosigkeit Älterer kurz halten(Messung: Übertritte Älterer übersechs Monate Vormerkdauer; sowohlArbeitsaufnahmen als auch Besuch einerMaßnahme verhindern diesen Übertritt)• Erhöhung der Arbeitsmarktchancen vonÄlteren durch Qualifizierung (Messung:Zugänge von älteren Frauen und Männernin Qualifizierungsmaßnahmen)Diese schon seit mehreren Jahrenbestehende Fokussierung Älterer imZielsystem hat zu vermehrtem Maßnahmeneinsatzfür diese Zielgruppe geführt – derarbeitsmarktpolitische Erfolg diesesEinsatzes bleibt analog zu den Vermittlungsbemühungenmeist deutlich hinter denErfolgsraten der anderen Altersgruppen<strong>zur</strong>ück. Gerade ältere Arbeitsuchende äußernauch vermehrt Unzufriedenheit über dieVerpflichtung zu wiederholtem Kursbesuch,wenn trotz aller Bemühungen der arbeitsmarktpolitischeErfolg ausbleibt.Auch die Geschäftsziele des AMS für 2007beinhalten wieder das erstgenannte Ziel(Arbeitslosigkeit Älterer kurz halten), wobeidie Altersgrenze bei Frauen auf 45 Jahregesenkt wurde. Wir haben uns sehr umdiese Differenzierung zwischen Frauen undMännern bemüht, da einerseits durch die9


Strategische Überlegungenunterschiedlichen Erwerbsverläufe bisherwesentlich mehr Männer als Frauen inder Zielgruppe erfasst wurden andererseitsaber klar ist, dass Frauen in vielenBeschäftigungsbereichen tatsächlich schonfrüher mit dem Problem des „Für-zu-altgehalten-Werdens“konfrontiert wurden.Im Bereich der Qualifizierungsziele wirdsich unser Steuerungssystem im nächstenJahr stark verändern. An die Stelle derbisherigen zielgruppenorientierten Vorgaben(bestimmte Menge an Zugängen pro Zielgruppezu Qualifizierungsmaßnahmen) trittein neues Ziel, das die Effektivität aller vomAMS eingesetzten Schulungsmaßnahmenmessen wird. Das Spannungsfeld, dassich hier auftut, zwischen der Notwendigkeitder „Übertrittsverhinderung“ undder Herausforderung, die Effektivitätunserer Maßnahmen zu erhöhen, wirdbei der Zielgruppe der Älteren amdeutlichsten spürbar. Wir werden in dennächsten Jahren in unserem begrenztenEinflussbereich gefordert sein, unsereHandlungsspielräume genau auszulotenund Verbesserungspotenziale bei unserenarbeitsmarktpolitischen Interventionenjeglicher Art zu nutzen, um hier Fortschrittezu erzielen. Wie internationale Recherchenzeigen, ist für erfolgreiche Strategien indiesem Bereich immer das Zusammenspielvieler verschiedener Faktoren undAktivitäten in unterschiedlichen Politikbereichennotwendig, um Veränderungenzu erreichen.Auch das AMS-Programm zumEuropäischen Sozialfonds (ESF) für dieneue Förderperiode 2007 bis 2013, stelltdas Thema „Productive Ageing“ in denMittelpunkt der strategischen Ausrichtung.Ausgehend von der Feststellung, dassÖsterreich „auf keinen kohärenten, holistischenPolitikansatz <strong>zur</strong> Aktivierung vonÄlteren in Verbindung mit einem ganzheitlichen,arbeitsmarktpolitischen ‚Lebenszyklusansatz’verweisen“ könne, wird festgelegt,dass das AMS Österreich mit der geplantenUmsetzung des ESF im Ziel 2b einenspezifischen Beitrag leisten werde, um älterwerdende Arbeitskräfte in Beschäftigung zubringen bzw. in Beschäftigung zu halten.Wir starten mit unseren strategischenÜberlegungen natürlich nicht bei Null,gerade im Bereich des Zukaufs externerMaßnahmen gibt es bereits einigezielgruppenspezifische Ansätze, wie dieImplacementstiftung für Ältere, verschiedeneOrientierungs- bzw. Aktivierungsmaßnahmenfür die Zielgruppe, Maßnahmen ineinem von der Arbeiterkammer Österreichinitiierten Sonderprogramm (Qualifizierung,gemeinnützige Arbeitskräfteüberlassungfür Ältere) etc. Auch im derzeit laufendenEqual-Programm werden in mehrerenEntwicklungspartnerschaften innovativeIdeen <strong>zur</strong> Beschäftigungssicherung undReintegration Älterer erprobt, von denenproduktive Impulse für das Regelsystemzu erwarten sind.Herausforderung der nächsten Jahre wirdes sein, aus diesen bisher eher punktuellenAnsätzen eine umfassende Betreuungsstrategiefür die Zielgruppe zu entwickeln, diealle relevanten Handlungsfelder, von derBetreuung der Zielgruppe durch das Servicefür Arbeitsuchende über den gesamtenFördermaßnahmeneinsatz bis hin <strong>zur</strong> Arbeitim Service für Unternehmen und zu unserenInformations- und Marketingaktivitäten,umfasst. Dort, wo wir an die Grenzenunseres direkten Einflussbereiches stoßen,gilt es, die Möglichkeiten der kooperativenBeschäftigungspolitik im Sinne eines politikübergreifendenAnsatzes zu nutzen, umrelevante Zielgruppenfragen zum Thema10


zu machen. Die Beschäftigungspakte, diesich im Rahmen von Equal bereits aktiv fürdiese engagieren, werden ein wichtigesForum dafür sein.Zum jetzigen Zeitpunkt geht es vor allemdarum, die für eine derartige Planungrelevanten Fragestellungen herauszuarbeitenund zu diskutieren.Erstes wichtiges Themenfeld ist natürlichdie Zielgruppe selbst. Schon allein mitihrer Festlegung und Abgrenzung im Sinneder organisationsinternen Steuerungslogiksind wir gleichzeitig immer auch Teil desstigmatisierenden Systems, das zu dieserChancenungleichheit führt, die wir durchebendiese Planung gerade abbauen wollen.Erster wichtiger Aspekt bei der Analyseder Ausgangssituation ist es, gut zudifferenzieren zwischen tatsächlich imEinzelfall vorhandenen Einschränkungen wieQualifikationsdefiziten, körperlichen Einschränkungenetc. einerseits und Zuschreibungenbzw. Vorurteilen andererseits, alsozwischen individueller Realität und „Altersmythen“,die eine wirkungsvolle Reintegrationsstrategiein den Köpfen aller Beteiligtensehr erschweren.Eine ganzheitliche Betrachtung desBetreuungsprozesses dieser Zielgruppedurch das AMS wird natürlich zu derumfassenden Frage führen, wann / für wen /welche externen Maßnahmen eingesetztwerden sollen. Die neue ESF-Strategie setztim Bereich der Interventionen für ältereArbeitslose einen eindeutigen Schwerpunktim Bereich der Qualifizierung und betontbesonders die Bedeutung der Qualifizierungälterer Frauen. Die Benachteiligungen aufdem Arbeitsmarkt summieren sich im Laufeeines Frauenlebens und führen zugravierenden Unterschieden in den LebensundEinkommenschancen von älterenFrauen und Männern. Ausbildungenanbieten zu können, die älteren Frauentatsächlich bessere Beschäftigungs- undEinkommenschancen vermitteln, ist einwesentlicher Aspekt gleichstellungsorientierterArbeitsmarktpolitik.Wie auch das ESF-Programm betont, sindInnovationen im Bereich der QualifizierungÄlterer gefragt. Die <strong>Erfahrung</strong>en habengezeigt, dass hier zielgruppenspezifischeÜberlegungen sowohl hinsichtlich derInhalte als auch hinsichtlich der Lernmethodenanzustellen sind. Für Ältere hatQualifizierung sicherlich einen anderenStellenwert als für jüngere Arbeitsuchende,sie sind weniger bereit, sich quasi aufVorrat Kenntnisse anzueignen. Akzeptanzfinden vor allem Maßnahmen, die einenkonkreten Bezug zu den Anforderungenan einen bestimmten Arbeitsplatz bzw. ineinem konkret angestrebten Arbeitsfeldhaben. Betriebsnahe, stark individualisierteAusbildungsformen, wie die Älterenstiftungoder die Zentren für Ausbildungsmanagementfür Frauen, sind hier zukunftsweisendeAnsätze.Altersgerechte Aus- und Weiterbildungsmethoden,adäquate Angebote für sogenannte„lernferne“ Personen, diversity in denKursen versus spezifische Maßnahmen nurfür Ältere – viele Fragen, die im Zuge einerStrategieentwicklung zu bearbeiten sindund die der „älter werdende“ Arbeitsmarktin den nächsten Jahren immer stärker indas Zentrum unserer Aufmerksamkeitrücken wird.11


<strong>Erfahrung</strong> <strong>zählt</strong>!„Erfahrene ArbeitnehmerInnen sind ExpertInnen im Umgang mit unvorhergesehenenSituationen. Sie lassen sich von Ihrem Gefühl leiten und tasten sich explorativ an dierichtige Vorgehensweise heran.“<strong>Erfahrung</strong> <strong>zählt</strong>!Dr. Renate Bartoniczek<strong>Erfahrung</strong> als Defizit?In Zeiten des Wandels in der Arbeitswelt undin Anbetracht der demographischen Entwicklung,stellt sich die Frage, welchen Wertdie <strong>Erfahrung</strong> älterer ArbeitnehmerInnen inZukunft einnehmen wird. In unserer schnelllebigenund hoch technisierten Arbeitswelt,in der Wendigkeit, Flexibilitätund Neuerungswille gefordert sind, scheint<strong>Erfahrung</strong> manchmal ein Relikt vergangenerZeiten zu sein und modernen Arbeitsanforderungenim Weg zu stehen. Wir assoziierenAlter mit Abbau und Verlust vonkörperlichen, geistigen, wirtschaftlichen undsozialen Möglichkeiten.Besonders im Erwerbsleben ist Alter jedocheine „soziale Konstruktion“, die sich anBranche, Tätigkeit, Beruf, Geschlecht, Alterder Belegschaft oder am Arbeitskräfteangebotorientiert. Mit 35 Jahren <strong>zählt</strong> manals Informatiker bereits zu den „Alten“.Politiker oder Top-Manager wird man auchmit 60 noch nicht „zum alten Eisen“ zählen.Sehr wenig hat „Alter“ im Kontext von Arbeitmit realer Leistungsfähigkeit zu tun.Individuelle Leistungsfähigkeit im Berufkann auch bei gleichaltrigen Personenstark differieren, da sie durch Faktoren wie12


Einflussfaktoren <strong>zur</strong> LeistungsfähigkeitAlterIntelligenz und BegabungPersönliche Biografieund <strong>Erfahrung</strong>IndividuelleLeistungGesundheitlicheKonstitutionMöglichkeiten <strong>zur</strong>BildungArt der Berufstätigkeiten,BerufserfahrungIntelligenz und Begabung, gesundheitlicheKonstitution, Art der Berufstätigkeit, Möglichkeiten<strong>zur</strong> Bildung und der persönlichenLebensbiografie mitbestimmt wird. 1Worin liegt der Wert der <strong>Erfahrung</strong>?Bei näherer Betrachtung „<strong>zählt</strong>“ <strong>Erfahrung</strong>gerade in einer technisierten, flexibilisiertenArbeitswelt. 2 Beim <strong>Erfahrung</strong>swissen handeltes sich weniger um SpezialistInnenwissen,sondern um Fähigkeiten, die sichim Laufe eines Berufslebens entwickeln.Branchenkenntnisse, Produktkenntnisse,Menschenkenntnis, Organisationstalent,Verhandlungs- und Akquisitionsgeschick,also implizites Wissen, das man nicht inDatenbanken finden kann, <strong>zählt</strong> dazu.<strong>Erfahrung</strong> ist sehr stark an das Subjekt, anden jeweiligen Menschen gebunden, der<strong>Erfahrung</strong> besitzt. Es handelt sich dabeium eine besondere Qualität menschlichenArbeitsvermögens, die sich in einer aktivenAuseinandersetzung mit der Arbeit herausbildetund welche im Lauf der Zeit und mitansteigendem Alter wächst. <strong>Erfahrung</strong>sgeleitetesHandeln und Arbeiten wird als besondereArbeitsmethode verstanden, wobeiobjektivierendes Handeln durch die Kompetenzzu einer subjektivierenden Arbeitsweiseerweitert wird. Diese erfahrungsgeleiteteArbeitsweise erfordert eine ganzheitlichesinnlich-körperliche Wahrnehmung, die sehrkomplex ist, da sie unterschiedliche Sinnesempfindungen,Gefühle und Vorstellungenmit einbezieht. <strong>Erfahrung</strong>sgeleitete Arbeitsweiseist sinnliches Arbeiten. Die eigentlicheQualität besteht in der ganzheitlichen Nutzungund Kombination mehrerer Sinne. Esist ein Arbeiten mit Gefühl, mit Gespür undmit Herz. 3 <strong>Erfahrung</strong>sgeleitetes Arbeiten bedingteine persönliche Beziehung und Verbundenheitzum Arbeitsgegenstand. KleineVeränderungen werden erspürt oder intuitiverahnt. Es entsteht subjektive Sicherheitim Umgang mit auftretenden Problemen.Auf sinnlich-körperlicher Ebene geht eshier beispielsweise beim Hören nicht umgerichtete Aufmerksamkeit, sondern umein „Hören ohne zu Horchen“ oder wie esein Facharbeiter ausdrückt: die „Melodie“der Maschine zu kennen und daher auchjeden Missklang sofort herauszuhören. DieNormalsituation ist verinnerlicht und manspürt, dass etwas nicht stimmt. Jede Abweichungfällt unwillkürlich auf. Situationenkönnen auf einen Blick erfasst werden. Imvisuellen Bereich geht es um ganzheitliches,fotografisches Sehen. Beim Bedienen einer13


<strong>Erfahrung</strong> <strong>zählt</strong>!Maschine wird beispielsweise die Anzeigeauf dem Bildschirm mit den tatsächlichenAbläufen in der Maschine in Verbindunggebracht. Kenntnisse, die durch konkretepraktische Tätigkeiten auf einer Anlageerworben wurden, prägen sich dabei besondersins Gedächtnis ein, wodurch sichein visuelles, akustisches und motorischesGedächtnis ausbildet, das bei der Beurteilungder aktuellen Situation durch assoziativesDenken – das Herstellen vonZusammenhängen – aktiviert wird. BeimAuftreten von Situationen, die sich nichtnach standardisierten Vorschriften lösenlassen, sondern Improvisationsgeschickerfordern, hat diese Vorgehensweise beispielsweisebesonderen Wert.<strong>Erfahrung</strong>sgeleitetes Arbeiten impliziertsoziales <strong>Erfahrung</strong>swissen, das heißt einGespür für soziale Beziehungen in unmittelbarerArbeitsumgebung, für Unterschiedezwischen Personen und Arbeitsrollen,für betriebliche Milieus und Subkulturen,Normen, Traditionen, kulturelle Werte inbestimmten Abteilungen/Gruppen undeinen flexiblen und effizienten Umgangmit Zielkonflikten.<strong>Erfahrung</strong>sgeleitetes Arbeitenals Erfolgsfaktor?Die Beschleunigung von Abläufen im betrieblichenAlltag erfordert eine höhereReaktionsgeschwindigkeit und Entscheidungssicherheit.Qualitäts-, Zeit-, Flexibilitäts-und Kostenziele werden nur dann erreichbarsein, wenn <strong>Erfahrung</strong>swissen zumTragen kommt. Auch für hochautomatisierteProduktionssysteme lässt sich nachweisen,dass deren Nutzungsgrad wesentlich vonder Qualifikation und dem <strong>Erfahrung</strong>swissender Operateure abhängt. 4 Wird <strong>Erfahrung</strong>swissenausgeblendet, schränkt dies dieLeistungsfähigkeit der MitarbeiterInnen unddie Voraussetzungen für die Steuerung vonArbeitsvollzügen massiv ein. Dies gilt auchfür die Fehlerfrüherkennung. Die Qualität derFrüherkennung von Fehlern besteht unteranderem darin, dass durch rechtzeitigesEingreifen Störungen verhindert oder Auswirkungengemildert werden können. Fähigkeiten,die für erfahrungsgeleitetes Arbeitennotwendig sind, decken wichtige Aspekteder vieldiskutierten Schlüsselqualifikationenab. 5 Erfahrene ArbeitnehmerInnen sindExpertInnen im Umgang mit unvorhergesehenenSituationen. Sie lassen sich vonIhrem Gefühl leiten und tasten sich explorativan die richtige Vorgehensweise heran,wobei Reaktionen abgewartet werden, umdann wiederum darauf reagieren zu können.Die Wissenschaft stellt der älteren Arbeitspersonein gutes Zeugnis aus: In den meistenberuflichen Bereichen wirkt sich der invielen „Laboruntersuchungen“ beobachtete„kognitive und physiologische Abbau“ nichtaus, da diese für die berufliche Leistungnicht entscheidend sind. Es gibt viele Berufsbereichein denen <strong>Erfahrung</strong> und Übungwichtiger sind. 6 Vor allem höheres Engagementund Zufriedenheit zeichnen ältereArbeitnehmerInnen aus. Die Anpassungan neue Anforderungen dauert zwar etwaslänger, das Lebensalter stellt jedoch keinwesentliches Kriterium für die beruflicheLeistungsfähigkeit dar. 7Zu einem Wachstum der geistigen Fähigkeitenkommt es in Bezug auf folgendeMerkmale: stärkeres Engagement bei derArbeit, höheres Vertrauen in Arbeitgeberbzw. Vorgesetzte, weniger Fehlzeitenbei der Arbeit, größere Arbeitserfahrung,höhere Motivation zu lernen, scharfeAuffassungsgabe, die Fähigkeit, über eineAngelegenheit sorgfältig nachzudenken,logisches Denkvermögen, die Fähigkeit,komplexe Zusammenhänge zu verstehen,bessere Ausdrucksfähigkeit bei der Gestaltungvon Arbeitsanweisungen, bessere14


Kontrolle der eigenen Lebenssituation,Lebenserfahrung und die Fähigkeit, in einerbestimmten Problemsituation die wichtigstenAspekte aufzuspüren, festzuhalten,sie wertend einzuordnen und dann einen„guten“ Vorschlag zu entwickeln, wie diesezu lösen wäre. 8, 9In Anbetracht der demographischen Entwicklung(Kippen der Alterspyramide) zeichnetsich ein neuer Trend bereits ab: der „MegatrendReife“ 10 . Politik, Bildungswesen undGesellschaft können es sich künftig nichtmehr leisten, das <strong>Erfahrung</strong>swissen reiferMenschen links liegen zu lassen. Angesichtseiner rückläufigen und alternden Erwerbsbevölkerungwird schon in wenigen Jahrenein Mangel an Fachkräften deutlich sichtbarwerden. Nicht zuletzt sind Menschen in derzweiten Lebenshälfte eine wichtige Konsumentengruppe.Potenziale für neue Angeboteergeben sich in den Bereichen Medizin,Gesundheit, geistige Leistungsfähigkeit,Finanzdienstleistungen, Versicherungen,Technologie, Bildung, Reisen, Kultur,Unterhaltung/Information, Körperpflege,Handel, Fahrzeuge, Mode, Wohnen,Haushaltsausstattung, Unterhaltungselektronik,Gartenbedarf usw. 11Neue Arbeitsformen und älter werdendeBeschäftigte sind durchaus kein Gegensatz.Nach einer Analyse wesentlicher Aspektefür die Arbeitsanforderungen der Zukunftkönnen gerade die Stärken älter werdenderArbeitnehmerInnen wie Weisheit, Urteilsfähigkeit,Motivation, Bedächtigkeit, dieFähigkeit <strong>zur</strong> verbindenden und Ziel führendenKommunikation die Verknüpfung vonArbeits- und Lebenserfahrung, Arbeitsethik,Loyalität und Verantwortung sowie Stabilitätdazu beitragen, den Erfordernissen modernerArbeitswelten gerecht zu werden. 12 DieChancen der Älteren am Arbeitsmarkt werdendort gesehen, wo „ …es um die Qualitätder Prozesse, um die Stabilität der Kundenbeziehungund der Teams geht. Älteresenken Stress bei jungen MitarbeiterInnen“. 13Ältere MitarbeiterInnen mit Berufs- undLebenserfahrung „geben jungen UnternehmenReife“. Altersgemischte Belegschaftenwirken sich günstig auf Effektivitätund Effizienz aus. 14 Mittlerweile gibt es bereitsviele Unternehmen, welche die ArbeitspotenzialeÄlterer wieder gezielt aufgreifen. 15Literatur1 Lehr, U. (2003) Psychologie des Alterns. Quelle & Meyer VerlagWiebelsheim.2 Böhle & Rose, (1992) Technik und <strong>Erfahrung</strong> – Arbeit in hochautomatisiertenSystemen, Frankfurt/New York.3 Krenn, M. (2000) Wissen für die technisierte Arbeitswelt – erfahrungsgeleitetesArbeiten als Erfolgsfaktor. Verlag Dr. Kovac inHamburg, Krenn, M. (2001) <strong>Erfahrung</strong>swissen als Ressource füraltersgerechten Personaleinsatz. Neue Wege zu höherer Beschäftigungssicherheitfür ältere ArbeitnehmerInnen. FOBRA-Forschungsbericht4/2001. Studie im Auftrag der Kammer für Arbeiter undAngestellte Wien.4 Ulich E., (2001) Arbeitspsychologie, Schäffer-Böschl, VDF.5 Krenn, M. (2000) Wissen für die technisierte Arbeitswelt – erfahrungsgeleitetesArbeiten als Erfolgsfaktor. Verlag Dr. Kovac inHamburg.6 Dittmann-Kohli F. & Von der Heijden, B. (1996) Leistungsfähigkeitälterer Arbeitnehmer – interne und externe Faktoren.Zeitschrift für Gerontologie 29, 323-327.7 Schooler, C., Caplan L.& Oates, G. (1998) Aging and work: anoverview. In: K.W. Schaie & C. Schooler (Hrsg) Impact of work onolder adults (S. 1-19). New York: Springer Publ.8 Baltes & Smith 1990, Ruoppila & Suutama 1994, Ruoppila 1996,zitiert nach Illmarinen J., Tempel J. (2002) Arbeitsfähigkeit 2010. Waskönnen wir tun, damit Sie gesund bleiben? Hrsg: M. Giesert,VSA-Verlag Hamburg.9 Ruoppila & Suutama 1994, zitiert aus Illmarinen, J. (1999), AgeingWorkers in the European Union-Status and promotion of work ability,employability and employment. Helsinki, Finnish Institute of OccupationalHealth, Ministry of Labour.10 Giger, A. (2003) Megatrend Reife. Verlag für die DeutscheWirtschaft.11 Hock, E & Bader B. (2001/3) „Kauf- und Konsumverhalten der55plus-Generation“ (Thexis, Fachbericht für Marketing 2001/3,Universität St. Gallen).12 Maintz G. (2000) Neue Arbeitsformen und älterwerdende Beschäftigte:Ein Gegensatz? Sicherheitsingenieur 8/2000, S. 34-38.13 Karazmann R. in „<strong>Erfahrung</strong> <strong>zählt</strong>“ Kopf.J., Vogt I. März 2003update Focus, ESF. am 11.3.2004http://www.esf.at/downloads/update/productive_ageing_2.pdf.14 Gloger, A. (2002) Die alten Meister sind wieder gefragt. FinancialTimes. 22.11.2002.15 Adenauer Sibylle (2002a) Die Älteren und Ihre Stärken – Unternehmenhandeln. In Angewandte Arbeitswissenschaft, Nr.174, S36-52Brümmer R. & Szoga Ch. 2004 Gesucht: Erfahrene Mitarbeiter mit„drive“. http://bwhw.de/t11-3235.pdf 10.03.2004.David Ch. Durchstarten mit Vierzig.http://www.akwien.at/1741-6335.htm 10.06.2003.Müller Fabrice (2003) <strong>Erfahrung</strong> <strong>zählt</strong> wieder etwas.http://www.skv.ch/sw1665.asp am 15.09.2003.15


Erlebnisse von Stellensuchenden über 45„Ich denke mir, es ist nicht das Alter oder die Jugend, es ist das Bild, das sie davonhaben. Und sobald man es schafft, als einzelner Mensch hinter dem Bild hervorzukommen,dann hat man eine Chance. Es braucht halt sehr viel Kraft.“Erlebnisse von Stellensuchenden über 45Mag. Michael WoggJenseits der 40 wird es, das sagen<strong>Erfahrung</strong>sberichte wie Statistiken, immerschwieriger, eine Stelle zu finden.Zunehmende Berufs- und Lebenserfahrungverringern die Chancen am Arbeitsmarkt,vor allem dann, wenn man auf die 55 odergar 60 zugeht. Eine paradoxe Situation, dieviele anfangs falsch einschätzen: „Ich wardavon überzeugt, dass ich nie Problemehaben werde, eine Stelle zu finden“, erinnertsich Herr K., Servicetechniker. „Am Anfang,gleich nach der Kündigung, hat auch allessuper ausgeschaut: Abfertigung auf derHand, viel Freizeit – endlich die Dingeaufarbeiten, die jahrelang liegen gebliebensind – und viel Zuversicht. Schließlich kannstdu was nach fast dreißig Jahren im Beruf.Du weißt, was du kannst, und du weißt, wasdu wert bist. Du hast eine Menge Kontakte,Bekannte, Informationen, du kennst dichaus im Geschäft. Viele sagen: ‚Wir werdenschon was auf die Beine stellen, keinProblem.’ Und du glaubst daran. Natürlich.“16


Die AusgangslageDie Ausgangssituationen sind so unterschiedlichwie die Personen, die arbeitsloswerden – vielleicht erklärt das zumindestteilweise den Umstand, dass, von vereinzelten<strong>Erfahrung</strong>sberichten abgesehen, keinequalitativen Studien zum Thema existieren.Dennoch lassen sich einige typischeSzenarien skizzieren; neben dem eingangsbeschriebenen „Kein-Problem-Szenario“etwa ein „Erlösungsszenario“: Wer schonlange um den Job bangen musste, wer Zielvon Mobbing wird, wer nur noch aus Notoder Gewohnheit in die Firma geht, der wirddie Beendigung des Dienstverhältnisses– zumindest auch – als große Erleichterungempfinden. Frau C., Versicherungsangestellte:„Ich bin erst regelrecht dahingeschwebt.Ich war erleichtert und gut drauf.Ich habe ein, zwei Monate gebraucht, bisich die Kündigung überhaupt realisiert habe.Erst da hab’ ich gemerkt, wie dringendich das Loslassen und Weggehen schongebraucht habe.“Viele erleben ein „Schockszenario“:Die Kündigung trifft sie wie ein Blitz ausheiterem Himmel – nach zehn, zwanzig,dreißig Jahren der Firmenzugehörigkeit istdie Kündigung vielfach ein Stressfaktor,der, das sagen auch arbeitsmedizinischeUntersuchungen, in seiner Heftigkeit nurmit einer Scheidung oder dem Verlust einesnahen Angehörigen zu vergleichen ist.Vielfach erzwingt die plötzliche Veränderungeine Neuordnung der gesamten Lebensplanung.Latente Schwierigkeiten treten zuTage und werden zu ernsthaften Problemen:Finanzielle Verbindlichkeiten werdengerichtsanhängig, persönliche Konfliktebrechen auf, gesundheitliche Beschwerdenerfordern Operationen und langfristigeTherapien, soziale Kontakte enden abrupt,etc. Dazu findet man sich plötzlich amunteren Ende der sozialen Skala.Frau H., gelernte Schneiderin, jetztVerkäuferin: „Das erste Mal AMS war einSchock. Ich hab’ geglaubt, ich geh’ heimund bring’ mich um. Lauter graue Leute,lange Gesichter. Da denkst du: Ich gehör’da nicht dazu! Dann stecken sie dichirgendwo hin. Dafür hast du jahrelanggezahlt? Und das in einem Alter, wo andere17


Erlebnisse von Stellensuchenden über 45schon längst ihre Pension haben! Ich hab’eine Riesen-Wut gehabt am Anfang. Aufmeine Firma, auf das AMS, auf die anderen.Im Endeffekt dann auf mich selber, dass essoweit gekommen ist und ich nicht sofortwieder was gefunden hab’.“Der ZeitfaktorVor allem Personen ohne klare Zukunftsperspektivenlaufen Gefahr, in die Langzeitarbeitslosigkeitzu geraten. Die Dauerder Arbeitslosigkeit wiederum ist einer derbestimmendsten Faktoren für die Arbeitsaufnahme;je länger sie dauert, destogeringer werden die Chancen. Und geradedie Altersgruppen von 45 aufwärts habendie längste Verweildauer in der Arbeitslosigkeit.Herr DI M., Bautechniker: „Manwill ja nicht begreifen, dass die Zeit soschnell vergeht. Bis sich ein tauglicher Suchformalismuseingependelt hat, bis man dieInformationen, Tipps und Diskussionen alleverarbeitet hat, bis die Vorarbeit greift, sindschnell drei, vier Monate vergangen! Dannerst läuft das Werkl richtig, und bis dahinist ja eigentlich noch gar nicht viel passiert.Der Zeitfaktor ist immens wichtig, vor allem,dass man nicht unterschätzt, wie lange esbis zum Job dauern kann.“Wie mit der zunehmenden Dauer der Arbeitslosigkeitrapide die Zuversicht schwindet,zeigt die <strong>Erfahrung</strong> eines Außendienstlers:„Du telefonierst, fährst herum, redest. Die,die „schon was haben werden“, vertröstendich. Die Zeit vergeht. Die meistengeschäftlichen Kontakte sind da schon weggebröselt– was sollst du ihnen auch sagen?Am Ende stehst du da, praktisch allein, dieletzten Hoffnungen sind weg, nichts hat sichergeben, gar nichts.“Dabei spielt es kaum eine Rolle, welcheArt von Berufsbiographie man hat. Dieeinen, mit sehr konstantem Lebenslauf,stehen nach zwanzig, dreißig Jahren steterberuflicher Weiterentwicklung in einem oderzwei Unternehmen oft vor dem Problem,dass es „ihren Job“ (nämlich den, den sieihr Leben lang gemacht haben) woandersnicht oder überhaupt nicht mehr gibt.Andere, sehr flexible Personen, die einigeMale den Job, oft auch die Branche unddie Tätigkeit gewechselt haben, stellenfest, dass es ab 50 sehr schwierig wird, mitderselben Flexibilität weiterzumachen, weilman Ihnen die Bereitschaft <strong>zur</strong> Anpassungnicht mehr abnimmt – und weil sie vielleichtauch nicht mehr da ist.Daneben gibt es natürlich Personen, diesich mit der Zeit – zumindest vordergründig– gut in die Arbeitslosigkeit einfinden.Manche kommen mit Abfertigung, Ererbtemund Erspartem über die Runden bis <strong>zur</strong>Pension, andere entdecken, dass siemit <strong>zur</strong>ückgeschraubten Ansprüchen dieJahre halbwegs überstehen werden, oftmit geringfügigen oder inoffiziellen Nebentätigkeiten.Manche betreiben ihre vorzeitigePensionierung, sammeln die dafür dienlichenlangen Krankenstände und zeigen demArbeitsamt solange ihren guten Willen. HerrL., Programmierer, sagte im dritten Jahrseiner Arbeitslosigkeit: „Gut, ich habe keineStelle, aber ich werde mir schon was finden.Ich sitze nicht zuhause. Ich betreibe Sport,ich besuche Veranstaltungen, ich kenne sehrviele Leute. Es geht mir ja nicht schlecht.Vielen von ihnen ist gemein, dass sie denrichtigen Job sofort annehmen würden.“Thema Nummer EinsUntersuchungen zufolge ist fortgeschrittenesAlter einer/s BewerberIn fürrund die Hälfte der PersonalistInneneindeutig negativ besetzt. Dem gemäßbewerten viele BewerberInnen ihre18


Bewerbungserfahrungen eindimensional,nämlich vor dem Hintergrund des Alters.Frau B., Versicherungsangestellte:„Die Dreißigjährigen haben alle Angst, dassman ihnen den Job wegnimmt. Die lassenja gar keinen heran, der was kann. Es sagtdir aber keiner ins Gesicht, was er wirklichdenkt. Er sagt: Leider haben wir uns füreine andere Bewerberin entschieden, und inWahrheit meint er: Wir haben uns gegen Sieentschieden, weil Sie uns zu alt sind.“Gelegentlich haben ältere Stellensuchenderegelrecht keine Ruhe, bis sie nicht die Ablehnungauf das Alter <strong>zur</strong>ückgeführt haben.Herr B., gelernter Schlosser, Qualitäts- undPrüftechniker: „Ich hake fast immer nach.Man merkt eh gleich, ob jemand was sagenwird oder nicht. Und sehr, sehr oft bist dudann an dem Punkt, wo er nach Luftschnappt und nicht aus, noch ein weiß undeinfach keine Argumente mehr hat, unddann sagt er: Wir sind ein junges Team.Oder fängt an, von Atmosphäre zu schwafeln.“Die – unterstellte oder reale, aber das machtim Endeffekt keinen Unterschied – Stigmatisierungwird auf diese Weise von denStigmatisierten selbst gefördert oder sogarerst erzeugt. Wenn jemand (und das ist keinhypothetischer Fall) bei Firmen anruft undsagt: „Ich bin fünfundfünfzig, und ich möchtees jetzt ruhiger angehen, habt ihr was fürmich?“, dann erzeugt er trivialerweise genaujene Bilder im Kopf des Gesprächspartners,die ihn selbst stigmatisieren.Dadurch beugt er jedem Interesse desGegenübers vor und schützt sich davor,als Person hinter dem anonymen Vorurteilhervortreten zu müssen. Dabei wäre genaudas der entscheidende Punkt: „Ich denkemir, es ist nicht das Alter oder die Jugend,es ist das Bild, das sie davon haben. Undsobald man es schafft, als einzelner Menschhinter dem Bild hervorzukommen, dann hatman eine Chance“, sagte Frau M., Vertriebsspezialistin,in einer Diskussion: „Es brauchthalt sehr viel Kraft.“Konkurrenz und KooperationDabei sind die Bewerbungserfahrungenvon Personen über 45, wenngleich oftfrustrierend, durchwegs nicht schlecht.Regelrechte Beleidigungen, offenes19


2004 höher als jenes der 15 bis 24-jährigen.1991 wurden noch einmal mehr Jugendlichege<strong>zählt</strong> als Personen, die 50 und älterwaren. Das hat viele Ursachen, zeigt aberdeutlich, dass die Belegschaften in den Betrieben„altern“. Oder: In der Bilanz des AMSSteiermark <strong>zur</strong> Entwicklung des Arbeitsmarktesim ersten Halbjahr 2006 wirdausgewiesen, dass die Zahl der Beschäftigungsverhältnissegenerell um 1,2 %gestiegen ist. Die Zahl der Beschäftigungsverhältnissevon Älteren (50+) hat demgegenüberum 6,8 % zugenommen. 1 „Überalterung“ist das zugehörige Schlagwort, dassuggeriert, dass wir zu viele Ältere habenund, dass das ein Problem ist – nicht nur fürdie Pensionskassen. Verbunden mit diesenGrundhaltungen sind in der Regel Auffassungen(Altersmythen), die kontraproduktivsind für betriebliche und auch individuelleInvestitionen <strong>zur</strong> Erhaltung bzw. Verbesserungder Beschäftigungsfähigkeit. 2 Dasdazu passende Bild ist die Veränderungder Bevölkerungspyramide in den nächstenJahrzehnten. Man könnte dieses Bild auchdahingehend interpretieren, dass wir zuwenig Junge haben und, dass die Veränderungenim Erwerbssystem schonheute zunehmend von den Älteren getragenwerden. „Probleme“, die sich aus diesenHaltungen ergeben, machen wir uns überwiegendselbst, was nicht bedeutet, dasssie deswegen leichter zu beseitigen sind.Daten <strong>zur</strong> betrieblichen Weiterbildungsbeteiligungund auch die Aussagen vonPersonalentwicklerInnen scheinen dieseAltersmythen, dass Ältere weniger bereitund fähig seien Neues zu lernen, ja auchzumindest teilweise zu bestätigen. ImMikrozensus 2003 wurde die Beteiligung anWeiterbildungskursen der österreichischenWohnbevölkerung erhoben und dieErgebnisse bestätigen die Annahme vonder Altersabhängigkeit der Beteiligung anberuflichen Weiterbildungsmaßnahmen:Der Anteil der Befragten, die sich in Kursenberuflich weitergebildet haben, beträgt biszum 44. Lebensjahr ca. 25 % und sinkt abdiesem Alter bis zu den 55 bis 59-jährigenauf ca. 9 % ab. 3 Betrachtet man dieBeteiligung an „privater“ Weiterbildung, soist diese Altersabhängigkeit nicht festzustellen.Der Anteil der Bevölkerung, der23


Lernen und Qualifizierung „Älterer“private Weiterbildungsveranstaltungenbesucht hat, beträgt über alle Altersgruppenca. 7 % der Bevölkerung.Zur Bildungsbeteiligung <strong>zählt</strong> auch derAnteil an Älteren in AMS-Maßnahmen, derdeutlich unterdurchschnittlich ist, d.h., dassweniger Personen in den Altersgruppen45+ in Maßnahmen vertreten sind als manes aus ihrem Anteil an allen vorgemerktenArbeitslosen erwarten würde.Einen deutlichen Hinweis dafür, dass essich bei der Abnahme der Beteiligungan Weiterbildungsmaßnahmen nicht um„Lernabstinenz“ handelt, sondern dasses nur der Ort bzw. der Rahmen ist, derzunehmend gemieden wird, zeigen dieDaten aus dem deutschen „BerichtssystemWeiterbildung“:Beschränkt man die Frage nach der WeiterbildungÄlterer im Vergleich zu Jüngerennicht auf die Beteiligung an Weiterbildungsmaßnahmen,sondern bezieht auch die nichtorganisierte und formalisierte Weiterbildungein, so ergeben auch hier die Erhebungendes „Berichtssystems Weiterbildung“, dass,bezogen auf die älteren ArbeitnehmerInnenvon heute, so gut wie nicht mehr von„Weiterbildungsabstinenz“ gesprochenwerden kann. 4Die Weiterbildungsbeteiligung hängt sehreng mit der beruflichen Vorbildungzusammen: Im Bereich mittlerer und höhererQualifikationen wird Weiterbildung zumBestandteil der gesamten Erwerbsbiografie.Lernen können (müssen) gehört zumberuflichen Alltag.Bei Niedrigqualifizierten ist der Stellenwertgering. Das hat aber mit dem Alter nichts zutun: Dieser Zusammenhang gilt für Jüngeregleich wie für Ältere.2. Altersspezifischer Leistungswandelund Wandel der LerngewohnheitenDie geringere Beteiligung an Aus- undWeiterbildungsmaßnahmen Älterer bzw.die Nichteinbeziehung in betrieblicheWeiterbildungsaktivitäten wird häufig mitdem altersspezifischen Leistungswandelinterpretiert: Ältere „können“ nicht mehrso gut bzw. sie „wollen“ nicht mehr, wobeiKönnen und Wollen sehr eng miteinanderverbunden sind.Dazu existiert eine ganze Reihe von Bildern,die unter die „Defizit-Hypothese“ desAlterns zu subsumieren sind: Es gibt einennatürlichen (biologisch bedingten) Abbauder Fähigkeiten generell und im Besonderender Fähigkeit zu lernen und sich neue Fertigkeitenund Wissen anzueignen.Zu diesen Bildern gibt es klare Antwortenaus der Forschung:• „ ... die von Unternehmen häufig vertreteneund selbst von Belegschaften teilweiseakzeptierte, so genannte ‚Defizit-Hypothese’des Alterns, die Vermutung eines‚natürlichen’, altersbedingten Abbaues vonBefähigungen, ist empirisch nicht belegt.“ 5• „Die größten Leistungs- und Lernbarrierenfür Ältere sind vielmehr langzeitig ausgeführteTätigkeiten, in denen es nichts zulernen gibt, sodass über das Verlernen bereitserworbener Fähigkeiten hinausgehendsogar das Lernen verlernt wird.“ 6 (Dequalifizierung)• „Gerontologische, arbeitswissenschaftlicheund arbeitspsychologische Untersuchungenhaben gezeigt, dass Leistungsproblemeälterer MitarbeiterInnen imAllgemeinen nicht Folge eines biologischenDeterminismus im Sinne altersbedingterAbbauvorgänge sind, sondern vielmehr24


Resultat grundlegender Mängel in derArbeits- und Organisationsgestaltung.“ 7• Auf allen Altersstufen gibt es Unterschiedezwischen den Menschen hinsichtlich ihrerLernfähigkeit und Lernbereitschaft.Mit zunehmendem Alter werden dieseUnterschiede deutlich größer.Dies ist überwiegend eine Konsequenzdes „Nicht-Gebrauches“ (Dis-use) vonKompetenzen bzw. des einseitigenGebrauches von Kompetenzen.• „Klar schwieriger ist es für Ältere, wennes ums Umlernen geht. Das heißt, wenn z.B.die gleiche Arbeit auf neue Art gemachtwerden muss, wenn neue Produktionsmethodenfür das gleiche Produkt eingeführtwerden. Da sind Jüngere im Vorteil, weil sienoch nicht so stark geprägt sind von derHaltung ‚das macht man so’. Betriebe miteiner ‚Mitdenkkultur’ sind hier klar im Vorteil.Wo die Mitarbeitenden schon immer zumMitdenken aufgefordert waren, ist auchdas Bewusstsein groß, dass alles immerauch noch anders oder besser gemachtwerden kann.“ 8Durch diese Feststellungen soll nichtgeleugnet werden, dass sich das Lernverhaltenund die Anforderungen an dieLernprozesse verändern. Es wird damit nichtbehauptet, dass Personen in der zweitenHälfte der Lebensarbeitsspanne locker mitKindern und Jugendlichen in schulischenLernsettings mithalten könnten.Die psychologische Forschung hat hier zahlreicheUnterschiede hinsichtlich derVerarbeitungsgeschwindigkeit von Reizen,der Merkfähigkeit, der „fluiden“(theoretischen) Intelligenz u.a. nachgewiesen.Im Kontext von Lernen undQualifizierung geht es jedoch letztlich nurum die Relevanz von Veränderungen für denErwerb wichtiger beruflicher Kompetenzen:Dazu ist klar zu sagen, dass es für Älterekeinerlei Hindernisse gibt, die auf biologischesAltern <strong>zur</strong>ückzuführen sind. Esscheint im Gegenteil so zu sein, dass dasLernen neuer Inhalte, das auf bisher erworbenesWissen aufbaut, effektiver erfolgenkann als gänzliches Neulernen. Dies wirdauch ausgedrückt im sog. Matthäusprinzip:„Wer hat, dem wird gegeben“. Diesbedeutet, dass die Voraussetzungen, neue25


Lernen und Qualifizierung „Älterer“Inhalte zu erwerben, mit dem Ausmaß anvorhandenem Wissen besser werden. Ichvermeide auch bewusst die Aussage, dassÄltere anders lernen, weil ich meine, dasssie sich lediglich bestimmte Formen desUmganges mit Lernenden in schulischenoder kursmäßigen Lernsettings nicht mehrgefallen lassen. Es würde auch bei Kindern,Jugendlichen oder jungen Erwachsenenzu „anderen“ Lernformen führen, wennmethodisch/didaktische Grundsätze, diedas „lebendige“ Lernen zum Ziel haben, dieFormen des mechanischen Lernens schonin frühen Jahren ablösen würden. Ältere lernenauch nicht mehr auf Vorrat, sondern sielernen dann, wenn sie eine Herausforderungsehen oder ein Problem zu lösen haben.3. Lernförderliche ArbeitsgestaltungDas wichtigste Ergebnis der Forschungsarbeitenzum Thema des altersspezifischenWandels scheint die Vergrößerung derinterindividuellen Unterschiede in der Lernfähigkeitund Lernbereitschaft. Dies verweisteindeutig auf die Notwendigkeit lebensbegleitendenLernens in allen Altersstufen undvor allem auf die lernförderliche Gestaltungder Arbeit. Hierzu gibt es reichlich Erkenntnisseund auch <strong>Erfahrung</strong>en, die in der folgendenAufstellung zusammengefasst sind:a) „Vollständige“ Tätigkeiten bzw.ganzheitliche Aufgabenb) Tätigkeitsspielraum mit zeitlichen undinhaltlichen Freiheitsgraden zuunterschiedlichem aufgabenbezogenenHandelnc) Eigenständige Zielsetzung sowieselbstständiges Planen und Entscheidenbei der Aufgabenbearbeitungd) Durchschaubarkeit des Arbeitssystemsund Selbstkontrolle des Arbeitsprozessesund der Arbeitsergebnisse (z.B. Einbezugin die Qualitätskontrolle)e) Anforderungsvielfalt durch Aufgabenintegrationund Aufgabenwechselbzw. flexible Aufgabenzuordnungf) Kooperations- und Kommunikationsmöglichkeitenals Grundlage von Zusammenarbeitund sozialer Unterstützung sowieder Entwicklung sozialer Handlungsfähigkeit,Mitwirkung bei der Aufgabenverteilung“9Ähnliche Kataloge findet man auch imZusammenhang mit der Gestaltung vonArbeitsbedingungen <strong>zur</strong> Förderung desMotivationspotenziales von Arbeitstätigkeiten.Arbeitstätigkeiten, die solche Merkmalenicht aufweisen, tragen ein hohesDemotivierungs- und Dequalifizierungsrisikoin sich.4. Formen des LernensWenn über Lernen gesprochen wird,dann stehen in der Regel die klassischenFormen der Qualifizierung in Kursen oderin ähnlicher Form <strong>zur</strong> Diskussion. Das istwieder ein Problem, das wir uns selbstmachen. Es gibt eine ganze Reihe vonGestaltungsmöglichkeiten und auch Institutionalisierungenvon Lernen im Unternehmen,die schon zum klassischen Inventarder Kompetenzentwicklung bzw. Personalentwicklungzählen, aber trotzdem nichtsystematisch eingesetzt werden.Gregor Fasl und Norbert Kailer haben inihrem „Leitfaden <strong>zur</strong> Entwicklung undNutzung der Kompetenzen älterer ArbeitnehmerInnen“10 einen Katalog von Formender Kompetenzentwicklung zusammengestellt,der 21 Ansätze umfasst. „Teilnahmean externen und internen Schulungsveranstaltungen“ist nur eine Möglichkeit,die Kompetenzen der MitarbeiterInnen zuentwickeln und zu sichern. Dazu zählenunter anderem Job-rotation, Job-enrichement,Qualitätszirkel oder auch die Teilnahme anKunden-/Händlerschulungen.26


Literatur1 AMS Steiermark media: direct: „Bilanz zum 1. Halbjahr 2006“,S. 3f.2 Winfried Hacker: „Leistungs- und Lernfähigkeit älterer Menschen.“In: Cranach/Schneider/Ulich/Winkler: „Ältere Menschenim Unternehmen“. Haupt, Bern 2004. S. 161f.3 Quelle: Statistik Austria, MZ, Juni 2003.4 Barbara Koller/Hans-Eberhard Plath: „Qualifikation und Qualifizierungälterer Arbeitnehmer“. MittAB, 1/2000, S. 116.Im Rahmen des „Berichtssystems Weiterbildung“ wird neben derBeteiligung an Lehrgängen und Maßnahmen auch die „informelleberufliche Weiterbildung“ erfasst, die sich auf Kategorien wie„Lesen berufsbezogener Fachzeitschriften“ oder „Selbstlernendurch Beobachten und Ausprobieren am Arbeitsplatz oder in derFreizeit“ bezieht. Hier zeigen sich erstmals in der Erhebung von1997 so gut wie keine Unterschiede zwischen den Altersgruppen.5 Barbara Koller/Hans-Eberhard Plath: „Qualifikation und Qualifizierungälterer Arbeitnehmer“. MittAB, 1/2000, S. 112-125.6 Barbara Koller/Hans-Eberhard Plath: „Qualifikation und Qualifizierungälterer Arbeitnehmer“. MittAB, 1/2000, S. 112-125.7 Barbara Koller/Hans-Eberhard Plath: „Qualifikation und Qualifizierungälterer Arbeitnehmer“. MittAB, 1/2000, S. 118.8 Ruedi Winkler: „Ältere lernen anders, aber sie lernen“. SchweizerArbeitgeber 10, Mai 2002, S. 3.9 Barbara Koller/Hans-Eberhard Plath: „Qualifikation und Qualifizierungälterer Arbeitnehmer“. MittAB, 1/2000, S. 119.10 Fasl/Kailer: „Ältere ArbeitnehmerInnen – Last oder Ressource“.Leitfaden <strong>zur</strong> Entwicklung und Nutzung der Kompetenzen ältererArbeitnehmerInnen. Schriftenreihe des Wirtschaftsförderungsinstitutes323, Wien 2000, S. 28.27


Arbeitsleistung und Alter – ein Widerspruch?„Weil Altern in unserer Gesellschaft ein Tabu ist, daher als innere <strong>Erfahrung</strong> kaum<strong>zur</strong> Sprache kommt, hingegen mit allen körperlichen Indizien in Erscheinung tritt,neigen wir dazu, in erster Linie die körperlichen Indizien zu fürchten – die bekanntenAlters-Erscheinungen:…, eben was der Umwelt sichtbar wird trotz Tabu.“ 1Arbeitsleistung und Alter – ein Widerspruch?Mag. Judith SchneiderIm folgenden Beitrag soll ein kleiner Einblickin ein Thema gegeben werden, das in derÖffentlichkeit immer stärker diskutiert wird.Hierbei lässt sich auf eine gut dokumentiertegerontologische Forschung <strong>zur</strong> körperlichenund kognitiven Entwicklung ältererMenschen ebenso <strong>zur</strong>ückgreifen, wie aufbetriebswirtschaftliche, arbeitsmedizinischeund psychologische Studien und Praxisberichte.Trotzdem merkt man in der Arbeitmit Unternehmen, Organisationen undEinzelpersonen, dass diese theoretischeVielfalt bisher die Praxis nicht durchdringenkonnte und, von Einzelpersonen bis hin zuUnternehmen, sehr un<strong>zur</strong>eichendes Wissenin Bezug auf Veränderungen besteht, diemit dem Alterungsprozess einhergehen.Weitgehend herrscht auch heute nochdie Sichtweise des sogenannten „Defizit-Modells“ des Alterns vor, das eine reinnegative Altersentwicklung in Form einesQualifikationsabbaus und Leistungsabfallsmit fortschreitendem Lebensalter unterstellt.Im angloamerikanischen Sprachraum wurdefür diese Art der Altersdiskriminierungdas Wort „ageism“ geprägt, das, zusammengesetztaus den Wörtern „age“ und „racism“,28


die Voreingenommenheit gegenüber Älterenbeschreibt.Die Beurteilung Älterer wird von einer Reihesubjektiver Faktoren bestimmt, beispielsweisevom Alter des Beurteilenden, dessenStellung im Unternehmen und dessen biographischerSituation. Interessant ist auch,dass Vorgesetzte, die mit Älteren in Kontaktstehen, diese positiver beurteilen als Vorgesetzte,die nicht mit Älteren in Kontaktstehen. 2 Als weitere Einflussfaktoren für dieEinstellung gegenüber Älteren werden dieKontakthäufigkeit mit älteren Menschen imBetrieb, die Anzahl der geführten Mitarbeiter-Innen und die Einstellung gegenüber demRückzug älterer Menschen aus derGesellschaft genannt.Definitionsfalle „Älterwerden“„Ein Mensch ist so alt wie seine Adaptionsfähigkeit,sein Anpassungsvermögenan jeweils gegebene Situationen. Dabeispielt für die Bewertung das biologischeAlter eine wesentlich größere Rolle alsdas kalendarische. (...) Die Forschungsergebnisseder Gerontologie haben gezeigt,dass biologisches und kalendarisches Alteroft erheblich auseinanderklaffen.“ 3 Darausergibt sich die Problematik einer genauenAltersgrenzendefinition, ab der man von„älteren Personen“ bzw. von „älteren ArbeitnehmerInnen“sprechen kann. Zusätzlichlaufen unter dem Sammelbegriff „biologischesAlter“ verschiedenartige Prozessein unterschiedlicher Geschwindigkeit ab,die hinsichtlich ihrer Entwicklung vonzahlreichen Faktoren abhängig sind. ZurBeurteilung des „Alters“ einer Person musszusätzlich eine genaue Vorstellung darüberbestehen, bezüglich welcher Anforderungdie Beurteilung stattfinden soll. Eine Personkann „alt“ im Hinblick auf die Sehfähigkeitund „jung“ im Hinblick auf Aspekte dergeistigen Leistungsfähigkeit sein.Die Anzahl der Lebensjahre ist somit einsehr un<strong>zur</strong>eichendes Mittel <strong>zur</strong> Beschreibungder Arbeitsleistung einer/s älterenArbeitnehmerIn. Um im betrieblichenKontext Entscheidungen zu vereinfachen,wird jedoch häufig von einer einheitlichen,kalendarischen Altersgrenze ausgegangen,die nach der obigen Erklärung nurin einem geringen Umfang der Fälle29


Arbeitsleistung und Alter – ein Widerspruch?tatsächlich das relevante biologischeAlter, im Hinblick auf die betrieblicheAufgabenstellung, miterfassen kann. Aufdie einzelnen Aspekte des biologischenAlters wirken Faktoren wie ausgeübterBeruf, Geschlecht, Betrieb, die Tätigkeit imspeziellen, regionale, epochal-zeitbedingteund persönlichkeitsspezifische sowiegenetische Faktoren. Für die Bewertungdes Alters einer Person wirkenauch spezifische <strong>Erfahrung</strong>en undpersönlichkeitsspezifische Gegebenheitendes Beobachters mit. Im betrieblichenKontext heißt das z. B., dass die Art, wieeine Führungskraft mit einem älterenArbeitnehmer umgeht bzw. eine älterePerson wahrnimmt zunächst mit derFrage beginnt, „... wie der Vorgesetzteseinem eigenen Alterungs-prozessgegenübersteht. Ist seine Haltung negativ,besteht die Gefahr, dass er bei älterenMitarbeiterInnen überwiegend negativeVeränderungen wahrnimmt. Eine positiveEinstellung gegenüber dem eigenenÄlterwerden stützt sich auf die <strong>Erfahrung</strong>,dass bei diesem Prozess auch positiveVeränderungen stattfinden können.“ 4Als Entscheidungsbasis im betrieblichenKontext sollte also immer die spezifische,betriebliche Anforderung mit demindividuellen Leistungspotential inZusammenhang gebracht werden. DasAlter kann kein Sammelkriterium liefern,nach welchem entschieden werdenkann, ob eine Person, jung oder alt, einerbestimmten Anforderung gewachsen ist.Zusammenfassend kann gesagt werden,dass eine einheitliche Aussage zumAlterungsprozess und zu Altersgrenzensehr schwierig ist, da sowohl insgesamteine hohe interindividuelle Variabilität desAlterns besteht und auch intraindividuellkein einheitlicher Alterungsprozessstattfindet. Außerdem wird das Altersbildgesellschaftlich definiert. Daher ist die/der alternde ArbeitnehmerIn immer unterindividuellen Gesichtspunkten und imHinblick auf die konkrete betrieblicheAnforderung zu sehen, zu beurteilen und zubehandeln.Veränderungen im AlterungsprozessAuch aus den vorhergehenden Ausführungengeht hervor, dass der Alterungsprozessnicht primär als ein Reduktionsprozesszu sehen ist, sondern sich ausverschiedenen, gleich- und gegenläufigen,zeitlich variablen Veränderungsprozessenzusammensetzt. Dabei gibt es ebensoabnehmende wie auch gleichbleibende undzunehmende Potentiale. Die Veränderungsgeschwindigkeitund -intensität ist individuellstark unterschiedlich. Trotzdem sind durchverschiedene Studienergebnisse Veränderungstendenzenvon Alterungsprozessenfestgestellt worden, die teilweise bereits indie Phase der Berufstätigkeit wirken.Kaum ein Veränderungsprozess ist jedocheinzig und eindeutig dem „Älterwerden“zuzuordnen und einige Prozesse, vor allemkörperliche Abbauprozesse (z. B. im BereichMuskel- und Skelettsystem, Lunge, kardiopulmonaleLeistungsfähigkeit) können zumTeil schon in jungen Jahren beobachtetwerden und können weiters durch gezielteMaßnahmen (z. B. Training, Ernährung,angepasste Rahmenbedingungen derArbeit, ...) bis in die nachberufliche Phaseauf einem sehr günstigen Niveau gehaltenwerden. Mit dem Alter zunehmendePotentiale resultieren vor allem aus Veränderungenim mentalen Bereich, wo es zu einerVerschiebung zwischen fluider (erfahrungsunabhängiger,„mechanischer“ Anteil derIntelligenz; kognitive Basisprozesse für dieBewältigung neuartiger, kognitiver Problem-30


stellungen) und kristalliner Intelligenz(erfahrungsgebundener Anteil der Intelligenz,der für die Bewältigung vertrauter, kognitiverProbleme zuständig ist) zu Gunsten derkristallinen Intelligenz kommt. 5 Dadurchnehmen viele Potentiale zu, die sich auferfahrungsbasiertes Wissen stützen(Konfliktfähigkeit, Kooperationsfähigkeit,Qualitätsbewusstsein, Kommunikationsfähigkeit,Urteilsfähigkeit, ...). 6Unternehmen und ältere ArbeitskräfteFest steht, dass nicht generell von einemLeistungsabfall im späten Berufslebenausgegangen werden kann. Die erbrachtenLeistungen hängen stärker von Faktorenwie Aus- und Weiterbildung, lebenslangemTraining, angepassten beruflichen Anforderungen,spezifischen Arbeitsbedingungen,dem Gesundheitszustand und dembetrieblichen und sozialen Umfeld ab,als vom Alterungsprozess. 7Durch diese schwer einzuordnenden Veränderungsprozesseist es für Unternehmenumso schwieriger, mit dem Thema „Alter“umzugehen. Empfehlenswert ist jedoch,Arbeitseinsätze primär nach dem Kriteriumder Leistungsfähigkeit zu planen.Hierbei ist auch zwischen dem Potential derArbeitskraft und der tatsächlichen Nutzungvon Potential zu unterscheiden.In der Beratungserfahrung hat sich gezeigt,dass gerade in diesen Bereichen in Unternehmenhäufig Verbesserungsbedarf besteht:Ältere sind von Maßnahmen der AusundWeiterbildung oftmals ausgeschlossen,Karriereschritte, die mit herausfordernden,neuen Tätigkeiten verbunden sind, gibt eshäufig nur bis ins vierte Lebensjahrzehnt,berufliche Anforderungen werden kaumjemals an sich verändernde Potentiale angepasst– Über- oder Unterforderung entsteht. 8Um MitarbeiterInnen bis zum Pensionseintrittproduktiv und motiviert im Unternehmenhalten zu können, ist es notwendig, in derPersonalpolitik neue Wege zu gehen.Langfristiges Denken ist gefragt, dennfür eine Erhaltung der Leistungsfähigkeitmüssen die Grundsteine bereits in jungenJahren gelegt werden.Literatur1 Frisch, M.: Tagebuch 1966-1971, 1972.2 Lehr, U.: Der ältere Mensch im Arbeitsprozess – Stereotypenund Tatsachen, in: Z Gerontol Geriat 8, 1975, S. 306-314.3 Schütz, R. M. (Hrsg.): Alter und Krankheit, München/Wien 1987.4 Ilmarinen, J./Tempel, J.: Arbeitsfähigkeit 2010, 2002.5 z. B. Kruse/Rudinger: Lernen und Leistung im Erwachsenenalterin: Weinert/Mandl (Hrsg.): Enzyklopädie der Psychologie-Pädagogische Psychologie: Psychologie der Erwachsenenbildung,Göttingen, 1997; Neumann: Körperliche und geistigeFähigkeiten älterer Arbeitnehmer aus entwicklungspsychologischerSicht, in: Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.):Bedeutung des demographischen Wandels, Bonn 1994.6 Bruggmann, M.: Die <strong>Erfahrung</strong> älterer Mitarbeiter alsRessource, Wiesbaden 2000.7 Ahrend, K. D./Konietzko, J.: Der ältere Mensch am Arbeitsplatz,in: Konietzko/Dupuis: Handbuch der Arbeitsmedizin-15 Erg. Lfg. 12/95.8 Regent, E.: Mit 40 – war das schon alles? Fach- undFührungskräfte im mittleren Lebensalter; in: DCFP e. V. (Hrsg.):Personalentwicklung für ältere Mitarbeiter, Bielefeld, 2004.31


<strong>Erfahrung</strong> <strong>zählt</strong>! für Unternehmen„Die Qualifizierung muss auf die Bedürfnisse der Person und des Unternehmensabgestimmt sein, damit sie auch wirklich entsprechenden Nutzen hat!“ (Personalverantwortlicheeines Unternehmens aus dem Gesundheitsbereich)Die Regionalstiftung > <strong>Erfahrung</strong> <strong>zählt</strong>!für Unternehmen – Angebote und Best PracticeMag. Erika Kolouch-NeuholdDer demographische Wandel in Österreichund seine Auswirkungen werden von derWirtschaft noch kaum als Herausforderungerkannt. Nach dem Jahr 2021 werden viervon zehn ArbeitnehmerInnen in Österreichüber 45 Jahre alt sein. Das heißt auch,dass die verfügbaren jüngeren ArbeitnehmerInnenzunehmend knapper werden,die Anzahl der Älteren hingegen steigt.Trotzdem ist heute erst für wenige Betriebedie Nutzung des Potentials älterer ArbeitnehmerInnensowie die Erhaltung derArbeitsfähigkeit der eigenen MitarbeiterInnenaller Generationen ein Thema. Und dies,obwohl ein ausgewogener Generationenmixim Unternehmen nachweislich deren Wettbewerbsfähigkeitpositiv beeinflusst.In den nächsten Jahren werden sich vieleUnternehmen gezwungen sehen, neuePotentiale von MitarbeiterInnen zuerschließen, ältere und jüngere Mitarbeiter-Innen gleichermaßen zu fördern undfrühzeitig Maßnahmen <strong>zur</strong> Erhaltung derArbeitsfähigkeit zu implementieren. Unterdem Begriff „Age Management“ werdenin diesem Zusammenhang die wichtigstenAspekte und Aufgaben einer demographie-32


FindenBehaltenRegionalstiftung für ÄltereUnternehmensattraktivitätVerabschiedenVorbereitenAusstiegPersonalentwicklungsansatzEinstiegAuswählenIntegrierenEntwicklungWollenKönnenAbb. 1: Personalentwicklungskreislauf von move-mentgerechten Personalpolitik zusammengefasst,darunter fallen Bereiche wie Weiterbildung,Gesundheitsförderung, Arbeitsgestaltungund -organisation, Unternehmenskultursowie Personalmanagement und Führungsverhalten.In unserer Arbeit mit Unternehmengehen wir von einem Personalentwicklungskreislaufaus, der mit der Attraktivität desUnternehmens als Arbeitgeber beginnt, überEinstieg und Entwicklung der Mitarbeiter-Innen im Unternehmen bis hin zum Ausstiegreicht. Alle diese Bereiche beeinflussen sichgegenseitig und werden bei uns immer indie Gesamtbetrachtung mit einbezogen,die Schwerpunkte der Beratung variierenentsprechend dem jeweiligen Thema. Beider Regionalstiftung liegt dieser Schwerpunktim Bereich Einstieg, hat jedoch auch Auswirkungenauf die Bereiche Unternehmensattraktivitätund Entwicklung.In der Beratungstätigkeit hat sich gezeigt,dass Einzelmaßnahmen im Bereich AgeManagement ohne die Betrachtung desGesamten wenig zielführend sind. Wennein Unternehmen nachhaltige Maßnahmenfür eine demographiegerechte Personalpolitikeinführen will, muss es sich mit allenAspekten des oben dargestellten Kreislaufsauseinandersetzen und ein individuellauf die eigene Situation abgestimmtesMaßnahmenbündel zusammenstellen.33


<strong>Erfahrung</strong> <strong>zählt</strong>! für UnternehmenDie Regionalstiftung > <strong>Erfahrung</strong> <strong>zählt</strong>!Die Regionalstiftung für Ältere > <strong>Erfahrung</strong><strong>zählt</strong>! ist eine Implacementstiftung, die Unternehmenmit Personalbedarf einen leichterenZugang zu Personen ab 45 Jahrenermöglichen soll. Sie setzt im dargestelltenPersonalentwicklungskreislauf in denBereichen „Einstieg“ und „Entwicklung(Qualifizierung)“ an und kommt den Unternehmenin diesen Phasen optimal entgegen.Dazu wurden verschiedene Werkzeugeentwickelt, die sowohl für die Arbeitgeber-Innen-, als auch für die ArbeitnehmerInnenseiteeine erfolgreiche Stellenbesetzungermöglichen. Neben der Information zumThema ältere ArbeitnehmerInnen oder demErstellen von Stellen- und Anforderungsprofilengemeinsam mit dem Betrieb, stelltdie Stiftung betriebsnahe Angebote wiePraktikum, Arbeitserprobung oder bedarfsgerechteQualifizierung <strong>zur</strong> Verfügung.Arbeitserprobung – eine Möglichkeitder praktischen Erprobung zukünftigerZusammenarbeitIm Rahmen der Arbeitserprobung bestehtdie Möglichkeit, bereits innerhalb derPhase der Personalsuche, Personen imArbeitsprozess kennen zu lernen. Über denRahmen des vor allem im Handel üblichenSchnupperns hinaus, können die TeilnehmerInnender Stiftung bis zu zwei Wochenim Unternehmen mitarbeiten. Sie bleibenformal-rechtlich jedoch TeilnehmerInnender Stiftung und beziehen eine Geld- undVersicherungsleistung durch das Arbeitsmarktservice.Damit muss für diese Zeitvom Unternehmen keine Anmeldungerfolgen und auch kein Entgelt bezahltwerden. Erst wenn die Arbeitserprobungerfolgreich war, erfolgt die endgültige Stellenbesetzung.Zusätzlich bietet die Zeit derArbeitserprobung die Möglichkeit, etwaigenotwendige Qualifizierungen der/desBewerberin/s zu erkennen und im Rahmeneines weiteren Stiftungsangebotes, derArbeitsanbahnung, zu erwerben (mehr dazuim Abschnitt „Arbeitsanbahnung“).Unsere <strong>Erfahrung</strong> zeigt, dass Unternehmendie Arbeitserprobung immer häufigernutzen. Sie können dadurch die Personalentscheidungin der Praxis überprüfen, eineoptimale Personalauswahl unterstützen undFehlbesetzungen vermeiden.Von der Produktionstischlereiin einen FachbetriebIn der südsteirischen Tischlereisemmernegg Möbelwerkstätten GmbHwaren einige Facharbeiterstellen zubesetzen. „Aufgrund unserer guten Auftragslagesind wir schon seit einigen Monatenauf der Suche nach qualifizierten Tischlern,da diese Aufträge ein hohes Maß an selbstständigemArbeiten verlangt. Es ist jedochsehr schwierig, die offenen Stellen zubesetzen.“ 1Dem Betrieb waren <strong>Erfahrung</strong> undFlexibilität der BewerberInnen eine wichtigeVoraussetzung. „Fachwissen und handwerklichesGeschick im Bereich des hochwertigenMöbelbaus sowie selbständigesArbeiten und Genauigkeit waren für diekonkrete Stelle besonders wichtig.“ 2 Herr R.,50 Jahre, hatte bisher als gelernter Tischlerhauptsächlich in der Fensterproduktionin Kleinbetrieben gearbeitet, konnte sichdie ausgeschriebene Tätigkeit jedoch gutvorstellen. Zum gegenseitigen Kennenlernenund <strong>zur</strong> Abklärung, ob die <strong>Erfahrung</strong> vonHerrn R. im Unternehmen umsetzbar war,wurde eine Arbeitserprobung vereinbart.Dabei wurde bald klar, dass die Zusammenarbeitsehr gut funktionierte und kleineWissenslücken schnell aufgeholt waren. „DaHerr R. bis dato vorwiegend im Bereich Bautischlereitätig war, konnte die Praxiszeit fürdie Einführung in den hochwertigen Möbel-34


au genutzt und zu einer Vollbeschäftigungumgesetzt werden. Wir konnten dadurcheinen wertvollen Mitarbeiter gewinnen.“ 31, 2, 3Herr Ferdinand Semmernegg,Geschäftsführer semmerneggMöbelwerkstätten GmbHNeue Aufgabe in der ProduktionDurch mehrere langfristige, neue Aufträgewar die Firma Johann Eberhard GmbHaus St. Josef-Oisnitz auf der Suche nachweiterem qualifizierten Personal. „Wir habenin unserem Unternehmen eine sehr geringeFluktuation. Aus diesem Grund haben wirdoch einige Mitarbeiter, die bereits über 10,20 und sogar 30 Jahre in unserem Unternehmenbeschäftigt sind. An diesen Mitarbeiternschätzen wir vor allem die reiche<strong>Erfahrung</strong> für die Herstellung qualitativ hochwertigerWerkzeuge. In unserem Unternehmenist die richtige Mischung jüngerer undälterer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wichtig.Deshalb bilden wir auch Lehrlinge aus,und mit Stolz kann ich sagen, dass etwasüber 50% unserer Facharbeiter ehemaligeLehrlinge sind.“ 1Die Anforderungen an den neuen Mitarbeiter/dieneue Mitarbeiterin waren daher sehrvielseitig. „Die Herausforderung bestanddarin, eine Mitarbeiterin zu finden, die sichin das soziale Umfeld gut einfügt, und vonder wir glauben sich mit dem Unternehmenund mit der Arbeit zu identifizieren. Genauigkeit,Zuverlässigkeit, Lernbereitschaft, dieFähigkeit sich anzupassen und Arbeitswillenmussten wir voraussetzen, notwendigeFachkenntnisse und Fähigkeiten können wirdurch Einschulung vermitteln.“ 2Frau W., 51 Jahre, war bisher als Produktionsmitarbeiterinund im Lager tätig undkonnte im Vorstellungsgespräch durch ihrePersönlichkeit überzeugen. Im Rahmen derzweiwöchigen Arbeitserprobung konntensich Frau W. und das Unternehmen besserkennen lernen und waren sich schnell übereine weitere Zusammenarbeit einig, sodassan die Arbeitserprobung direkt ein Dienstverhältnisanschloss. „Durch die Zusammenarbeitmit der Regionalstiftung konntenwir innerhalb kürzester Zeit die Stelle zuunserer vollsten Zufriedenheit besetzen. Esmussten keine Inserate geschaltet werden,35


<strong>Erfahrung</strong> <strong>zählt</strong>! für Unternehmendurch die Praxiserprobung konnte dasRisiko einer falschen Entscheidung geringgehalten werden.“ 31, 2, 3Ing. Manfred Kögl, ProduktionsleitungJohann Eberhard GmbHArbeitsanbahnung – 100%igeVorbereitung auf die zukünftigeTätigkeit im UnternehmenDas Angebot der Arbeitsanbahnung sollBetrieben einerseits die Möglichkeit bieten,eine Person unternehmensintern auf alleAnforderungen der offenen Stelle vorzubereiten,andererseits können durch gezielteexterne Schulungen Qualifizierungslücken geschlossenund Wissen aktualisiert werden.Diese Form der Qualifizierung bietet nichtnur den Vorteil, dass für eine offene Stelledie Person ausgewählt werden kann, die ambesten ins Unternehmen passt, zusätzlichwird diese Person auch exakt auf dieAnforderungen der zu besetzenden Stellequalifiziert. Die mögliche Qualifizierungsdauerwird von Unternehmen, Stiftung undpotenzieller/m ArbeitnehmerIn in gemeinsamerAbsprache festgelegt. Erst zu demZeitpunkt, an dem eine Person für einespezifische Stelle eingearbeitet und vollqualifiziert ist, beginnt das reguläre Dienstverhältnis.Davor beteiligt sich das Unternehmenmit einem Qualifizierungsbeitrag.Als zusätzliches Angebot bleibt die begleitendeUnterstützung durch das Stiftungspersonalfür die Dauer der Arbeitsanbahnungaufrecht, um Unternehmen und zukünftigeMitarbeiterInnen optimal zu betreuen.Unsere <strong>Erfahrung</strong> zeigt, dass ältere ArbeitnehmerInnendurch das Modell der Arbeitsanbahnungsehr gut in ein Unternehmeneinsteigen können. Kleine Qualifizierungsdefizitekönnen durch diese meist inwenigen Wochen geschlossen werden,sodass die BewerberInnen auf diezukünftigen Tätigkeiten im Unternehmen100%ig vorbereitet sind.Lohnverrechnerin gesuchtDurch den geplanten Mutterschutz einerMitarbeiterin, die mit sämtlichen zu betreuendenKlientInnen vertraut war, suchte dieDSW Daten- u. Steuerservice WirtschaftstreuhandgesmbHin Bruck/Mur einen neuen36


Mitarbeiter/ eine neue Mitarbeiterin für dieBereiche Lohnverrechnung, Buchhaltungund Sekretariat. Voraussetzung für die zubesetzende Stelle waren vor allem Lohnverrechnungskenntnisseund zusätzlichpraktische <strong>Erfahrung</strong>. In Zusammenarbeitmit dem Arbeitsmarktservice Bruck wurdenach geeigneten BewerberInnen gesucht,„allerdings hatten fast sämtliche Bewerberkeine entsprechende Ausbildung und schongar keine Praxis-<strong>Erfahrung</strong>, sodass wir letztendlichkeine große Auswahl hatten.“ 1Die Wahl des Unternehmens fiel schließlichauf Frau B., 53 Jahre, die bereits die letztenJahre als Lohnverrechnerin tätig war. „Beider Neueinstellung unserer nunmehr neubeschäftigten, älteren Mitarbeiterin war vorallem die Praxis-<strong>Erfahrung</strong> entscheidend.Der positive Aspekt ist für uns das großeFachwissen, das man als Berufseinsteigereinfach nicht vorweisen kann. Allerdings gibtes im Vergleich zu jüngeren MitarbeiternProbleme mit der Einarbeitung am Computerund der Bedienung von anderen technischenGeräten.“ 2Im Rahmen einer zweiwöchigen Arbeitserprobungvon Frau B. wurde versucht, dengenauen Einschulungsbedarf für die offeneStelle zu identifizieren und einen Einschulungsplanfür die anschließende dreimonatigeArbeitsanbahnung zu erstellen. „Es istrelativ schwer, die Schwächen der neuenMitarbeiter einzuschätzen und die notwendigenAusbildungsmaßnahmen richtig zusetzen. Da die Einarbeitung im konkretenFall so lange gedauert hat, half uns der Zuschussder Stiftung die Kosten im Rahmenzu halten.“ 3Nach der Arbeitsanbahnung und der damitverbundenen Einschulung konnte Frau B.als neue Mitarbeiterin in der DSW Daten- u.Steuerservice WirtschaftstreuhandgesmbHeinsteigen.1, 2, 3Mag. Sigrid Steinkellner, DSW Daten- u.Steuerservice WirtschaftstreuhandgesmbHVom Taxifahrer ins BüroDas Unternehmen Express Taxi GesmbH inBruck suchte für seine Telefonzentrale unddas Büro eine Mitarbeiterin/einen Mitarbeiter.Man dachte dabei an einen arbeit-37


<strong>Erfahrung</strong> <strong>zählt</strong>! für Unternehmensuchenden, damals geringfügig beschäftigten,45-jährigen Taxilenker aus diesemBetrieb. Aufgrund der bisherigen gutenZusammenarbeit und seines Interesses fürdie Stelle war Herr R. ein interessanter Bewerber.„Besondere Voraussetzung für diezu besetzenden Stellen waren Verantwortungsbewusstseinund Organisationstalent.Die Stellenbesetzung war mit wenig Problemenverbunden, da wir sie aus den eigenenPersonalreserven besetzen konnten.“ 1Herrn R. fehlten allerdings noch Kompetenzenim Bereich Büro und Organisation.Im Rahmen einer rund zweimonatigen Arbeitsanbahnungkonnte er diese Kenntnissedurch interne Schulungen erwerben undanschließend die Arbeit optimal ausführen.„Wir haben positive <strong>Erfahrung</strong>en mit älterenArbeitnehmerInnen, da sie sehr verantwortungsbewusstsind. Die Stiftungsangebotehalfen uns in diesem Fall die Einschulungszeitgut zu überbrücken.“ 21, 2Herr Herbert Köck, GeschäftsführerExpress Taxi GesmbHGegensatz: Kindergarten-PflegeheimDurch die Neustrukturierung und Veränderungender Aufgabenbereiche im VolkshilfeSeniorenzentrum Graz-Wetzelsdorf wurdeeine Mitarbeiterin/ein Mitarbeiter für dieUnterstützung der BewohnerInnen bei denMahlzeiten und für die Reinigung gesucht.„Die Besetzung der Stelle war nicht leicht,da besonders die zwischenmenschlicheBeziehung im Vordergrund steht.“ 1 Außerdemwar es dem Unternehmen besonderswichtig, eine Person mit „einer gefestigtenPersönlichkeit mit ausreichender Lebenserfahrung,ruhig im Auftreten, hilfsbereit,kooperativ und freundlich“ 2 zu finden undzusätzlich eine langfristige Besetzung derStelle zu gewährleisten.Frau P., 52 Jahre, war als ausgebildeteKindergartenhelferin in den letzten Jahrenals solche beschäftigt. Da sie gerne ihrenberuflichen Tätigkeitsbereich verändern,aber weiterhin den Kontakt zu Menschenpflegen wollte, absolvierte sie im VolkshilfeSeniorenzentrum Graz-Wetzelsdorf einPraktikum und konnte so von ihrer Eignungfür die zu besetzende Stelle überzeugen. Dasie aufgrund ihrer beruflichen Vorerfahrunggroße persönliche Kompetenz, jedoch nichtausreichende Kenntnisse der notwendigenHygiene- und Pflegevorschriften mitbrachte,wurde eine viermonatige Arbeitsanbahnungvereinbart. „Aus unserer <strong>Erfahrung</strong> sind dieAngebote der Regionalstiftung für dieheutigen Anforderungen bei einer Personalaufnahmegenau passend. Wir hattenzusätzlich den Nutzen, dass die Stiftung dasangebotene Personal schon kannte und einbisschen einschätzen konnte.“ 3In der Zeit der Arbeitsanbahnung konntesich Frau P. sehr gut in das Unternehmeneinarbeiten, zusätzlich die notwendigenKenntnisse aneignen und im Anschluss einDienstverhältnis beginnen.1, 2, 3Herr Gerhard Wagendorfer, Hausleitungdes Volkshilfe SeniorenzentrumsGraz-WetzelsdorfWeiterführende Literatur und Internetlinks:www.inqua.dewww.bildungundberuf.atwww.arbeitundalter.atZentralstelle für die Weiterbildung im Handwerk e.V. (Hrsg.):awise – ageing workforce in small enterprises: Good PracticeStudie, Deutschland 2005.Mag. Bettina Hooshmandi-Robia: Age Management – EineStudie im Auftrag von Go Best, Österreich 2004 (zu finden imDownloadbereich von www.move-ment.at).38


Coaching im Rahmen der Regionalstiftung für Ältere„Coaching gewährt einen vertrauensvollen Rahmen, in dem Gefühle, Gedankenund <strong>Erfahrung</strong>en angesprochen werden können, die vielleicht schon langeversteckt waren bzw. niemandem mitgeteilt werden konnten.“Coaching im Rahmen der Regionalstiftungfür Ältere > <strong>Erfahrung</strong> <strong>zählt</strong>!Mag. Nicole NeuholdWenn bei älteren Personen die beruflicheVergangenheit einen weit längeren Zeitrahmeneinnimmt als die berufliche Zukunft,die vor einem liegt, stellt es für Coach undCoachee eine besondere Herausforderungdar, berufliche Perspektiven zu erkennen,die mit der bereits vorhandenen privatenLebenssituation, den Familienverhältnissensowie der aktuellen gesundheitlichen undfinanziellen Lage vereinbar sind. Neben demErkennen der Perspektiven braucht es auchhäufig eine große Portion Mut und Motivationfür Ältere, noch an die Verwirklichung derberuflichen Ziele zu glauben und diesen zufolgen, denn die Enttäuschungen und Absagen,die den Weg kreuzen, sind häufigerund manchmal schmerzvoller als für diejüngere Generation.Was ist Coaching?Kurz zusammengefasst ist Coaching einemaßgeschneiderte und individuelle Beratungim beruflichen Kontext im Rahmeneines vertraulichen Vieraugengesprächs.Darüber hinaus werden auch jene privatenBereiche erarbeitet, welche die beruflichen<strong>Erfahrung</strong>en beeinflussen. Coaching ist40


auf die Entwicklung und Förderung derRessourcen und Potentiale der KundInnenausgerichtet und bietet Hilfe <strong>zur</strong> Selbsthilfe.Dabei kann es sich sowohl um eine punktuelleBeratung als auch um eine Begleitungauf Zeit handeln, bei der Weiterentwicklungund Wachstum im Mittelpunkt stehen. Coachinggeht von einem Ziel aus, das in derersten Sitzung mit dem Kunden/der Kundinerarbeitet wird (Elfriede Konas 2001, S. 70).Coaching ist keine versteckte Form derPsychotherapie. Die Beziehung zwischenCoach und Coachee hat nichts mit einerArzt/Ärztin-PatientInnen-Beziehung bzw.mit einer LehrerIn-SchülerIn-Beziehung zutun. Coaching stellt auch keinen Ersatz fürFreundschaft dar (Elfried Konas, 2001, S. 71).Die wesentlichen Voraussetzungen fürCoaching stellen Freiwilligkeit und Interessesowie die Bereitschaft des Kunden/derKundin an der eigenen Weiterentwicklungdar (Elfriede Konas, 2001, S. 71). Diese Bedingungkann im Stiftungskontext scheinbarschwer erfüllt werden, da die teilnehmendenPersonen teilweise vom AMS zugewiesenwerden. Es ist besonders wichtig, mitdiesem Umstand sehr transparent umzugehen,Nutzen und Grenzen des Coachingim Rahmen der Stiftung klar aufzuzeigenund zu einer tragfähigen Vereinbarung mitdem Stiftungsteilnehmer/der Stiftungsteilnehmerinzu kommen.Wo liegen die Aufgaben des Coaches?Der Coach hilft beim Finden von Lösungenfür die eigenen Anliegen der KundInnendurch gezielte Fragen und Interventionen.Er/Sie unterstützt den Kunden/die Kundinbeim Entwickeln geeigneter Möglichkeiten,wie die eigenen Fähigkeiten, Kenntnisseund das Wissen in speziellen, schwierigenoder neuen Situationen angewendet werdenkönnen. Der Coach kann und darf demCoachee keine Entscheidungen abnehmen.Er unterstützt einfühlsam dabei, dass derCoachee selbst, individuell und eindeutigdiese Entscheidungsmöglichkeitenreflektiert und zu den gewünschtenErgebnissen kommt.Diese Aufgaben können vom Coach nurübernommen werden, wenn von folgenderRollen- und Funktionsklärung im Rahmen41


Coaching im Rahmen der Regionalstiftung für Ältereder symmetrischen Beziehung ausgegangenwird: Der Kunde/die Kundin ist derExperte/die Expertin für den eigenen Aufgabenbereich.Der Coach ist der Experte/dieExpertin für lösungsorientierte Reflexionen,für das Entdecken bzw. das Wiederentdeckenvon Fähigkeiten <strong>zur</strong> Problemlösung, fürden bewussten Einsatz der eigenen Stärken,für die neue und bessere Entwicklung vonHandlungsmöglichkeiten. Dafür können Fragetechniken,visionäre Techniken, Arbeitenmit Metaphern, Konkretisieren oder Veränderungendes Fokus ebenso eingesetztwerden wie das Zurückführen zum Themaund das Geben von aktivem Feedback.… wie gestaltet sich das Coaching imRahmen der Regionalstiftung> <strong>Erfahrung</strong> <strong>zählt</strong>!?Coaching im Rahmen der Regionalstiftung> <strong>Erfahrung</strong> <strong>zählt</strong>! bezieht sich auf dieZielgruppe von arbeitsuchenden Frauen undMännern ab dem 45. Lebensjahr, die vomArbeitsmarktservice zugewiesen werdenoder sich freiwillig für eine Stiftungsteilnahmeentschieden haben. Die Anzahl derCoaching-Sitzungen während des vorgegebenenZeitraums von 13 Wochen hängt vonden Bedürfnissen und Zielen der TeilnehmerInnenab. Das Ziel des Coachings imRahmen der Regionalstiftung liegt in derBegleitung zu einem passenden Arbeitsplatzund damit in der Wiedereingliederungdes Teilnehmers/der Teilnehmerin in denArbeitsmarkt.Dieses Ziel und der vordefinierte zeitlicheRahmen stehen jedoch in starker Abhängigkeit<strong>zur</strong> gegenwärtigen Lebenssituation desKunden/der Kundin, <strong>zur</strong> physischen undpsychischen Situation, zu den aktuellenBedürfnissen und zu ihrer/seiner bisherigenberuflichen Vergangenheit. Wichtig erscheintmir hier im Rahmen der ersten Coaching-Sitzung ein gemeinsames Verständnis vonCoaching mit dem Teilnehmer/der Teilnehmerinsowie ein passendes individuellesZiel und daraus folgende Detailziele zu definieren.Themenschwerpunkte im Rahmendes Coachings in der Regionalstiftung> <strong>Erfahrung</strong> <strong>zählt</strong>! können unter anderemdie berufliche Situationsanalyse, Erarbeitenvon Bewerbungsstrategien, Selbstmotivationund Aktivierung, Zeitmanagement, Krisenbewältigung,Selbstwertstärkung, Perspektivenfür die zweite Lebenshälfte sowie beruflicheOrientierung und Neuorientierung sein.Eine weitere Tatsache, die, neben demThema der Freiwilligkeit, meiner Meinungnach auch Transparenz und Raum in derersten Coaching-Sitzung braucht, sindmögliche Altersunterschiede zwischenCoach und Coachee. Häufig sind dieMitarbeiterInnen, die als Coach in der Regionalstiftung> <strong>Erfahrung</strong> <strong>zählt</strong>! tätig sind, imSchnitt 10-15 Jahre jünger als ihre Klient-Innen. Ich kenne aus eigener <strong>Erfahrung</strong> dieVerwunderung vieler KlientInnen, wenn siedas erste Mal hören, dass sie ein doch vieljüngerer Coach in den nächsten Wochenbegleiten wird. In dieser Verwunderungschwingen auch Ängste mit und Gedankenwie: „was will mir denn die bzw. der sagen… ich bin doch schon länger auf der Weltund habe weitaus mehr <strong>Erfahrung</strong>.“Genau das ist für mich der springendePunkt, der in den ersten Coaching-Sitzungenangesprochen werden sollte, dennes geht nicht darum, dass der Coach demCoachee Lebensweisheiten aufsetzt, ihr/ihmsagt, was sie/er tun soll bzw. was für sie/ihnrichtig ist. Die Aufgabe des Coaches liegt inder Begleitung auf symmetrischer, gleichwertigerEbene, in einem Nebeneinander aufdem Weg <strong>zur</strong> eigenen Zielerreichung.Wesentlich und notwendig im Coaching mitarbeitsuchenden älteren Personen ist fürmich, dass der Coach diese symmetrische42


Beziehung von Beginn an transparent machtund sie beibehält. Dieses Bewusstwerdenund -machen, dass der Coach nicht derLehrer oder der Arzt ist, der das Wissenbesitzt, sondern ein/e BegleiterIn, die/der einStück des Weges mitgeht, mit wahrnimmt,reflektiert, Lösungen anregt u.v.m. hilft sehr,eine offene und entspannte Gesprächsatmosphäreherzustellen. Sehr häufigkommen Frauen und Männer zu uns, dienicht nur nach einer Kündigung genügendberufliche Frustration aufgeladen haben,sondern auch eine Vielzahl an privaten undgesundheitlichen Problemen aufweisen.Gerade hier braucht ein Coach ein hohesMaß an Sensitivität und die Fähigkeit gemeinsammit dem Teilnehmer/der Teilnehmerinzu strukturieren und zu priorisieren,was von den vorhandenen Erschwernissenzuerst geklärt werden sollte, um das jeweiligedefinierte Ziel zu erreichen.praktische Schritte <strong>zur</strong> Erprobung desErfahrenen zu erlangen, damit mit Freudeneu durchgestartet werden kann, um mitEnergie und Zuversicht größte Ziele zuerreichen (vgl. E. Johannes Sulzbacher inLebensberatung in Österreich).LiteraturverzeichnisBITZER-GAVORNIK, G. (Hrsg.): Lebensberatung in Österreich.Wien: LexisNexis 2004.KONAS, E.: Coaching. Systeme 2001 – 15 (1); S. 69 – 84.SCHREYÖGG, A.: Coaching. Eine Einführung für Praxis undAusbildung. Frankfurt/Main – New York: Campus 1999.VOGELAUER, W. (Hrsg): Coaching-Praxis: Führungskräfteprofessionell begleiten, beraten und unterstützen.Wien: Manz 1998.Was bringt Coaching einer arbeitsuchendenälteren Person im Rahmen derRegionalstiftung > <strong>Erfahrung</strong> <strong>zählt</strong>!?Sie kennen bestimmt das Sprichwort: Werrastet, der rostet – viele Frauen und Männer,die zu uns kommen, sind vom Rasten undRosten noch weit entfernt – dies jedochzu erkennen, wieder Kraft, Energie undMotivation zu entwickeln, um zu sehen,dass noch sehr vieles im Rahmen derberuflichen Biographie gestaltbar undmöglich ist, kann durch Coaching sichtbarund erfahrbar werden.Coaching gewährt einen vertrauensvollenRahmen, in dem Gefühle, Gedanken und<strong>Erfahrung</strong>en angesprochen werden können,die vielleicht schon lange versteckt warenbzw. niemandem mitgeteilt werden konnten.Vor allem aber können durch Coaching dieFenster des eigenen Bewusstseins wiederganz weit für frischen Wind geöffnetwerden, um neue Perspektiven und43


AutorInnenDr. HertaKindermann-WlasakJahrgang 1951, Studium Geschichte undFranzösisch in Graz. Eintritt in die Arbeitsmarktverwaltungals MaturantInnen- undAkademikerInnen-Beraterin; langjährigeFrauenreferentin des ArbeitsmarktserviceSteiermark. Seit Juli 2004 stellvertretendeLandesgeschäftsführerin.Mag. MichaelWoggJahrgang 1970, Studium der Sprachwissenschaftund Germanistik, Ausbildungenin systemischer Beratung und Personalentwicklung.Seit 1993 Tätigkeit für dieVolksgruppe der Roma, Lehraufträge an derUniversität Graz, derzeit Editor des RomaFactsheet Project des Europarats. Seit 1998Gruppentraining und Einzelberatung fürArbeitsuchende, seit 2002 bei move-mentGmbH Trainer in der Regionalstiftung fürÄltere > <strong>Erfahrung</strong> <strong>zählt</strong>! sowie Trainer/Berater in Outplacement-Projekten mitverschiedenen Unternehmen.Dr. RenateBartoniczekJahrgang 1961, Studium der Psychologieund Soziologie in Graz, Arbeitspsychologin,Trainerin und Beraterin bei move-mentGmbH, Ausbildung in systemischer Beratung,Personalentwicklung und Weiterbildungin den Bereichen Kommunikation undGruppendynamik, Arbeitsschwerpunkte„Ältere und Arbeitswelt“ und „Arbeitslosigkeitund Alter“, mehrjährige Berufserfahrungin Konzeption, Beratung, Training undpsychologischer Beratung in NPOs undPOs; Lehrauftrag an der FH Joanneum fürSozialarbeit und Sozialmanagement(Arbeitsfeld Arbeitslosigkeit und Alter) 2004.Trainerin der Regionalstiftung für Ältere> <strong>Erfahrung</strong> <strong>zählt</strong>!Dr. HelfriedFaschingbauerJahrgang 1945, Studium der Psychologie,Mathematik und Soziologie in Graz, langjährigeTätigkeit im Bereich der Arbeitsmarktpolitik,ehemaliger Geschäftsführer des AMSSteiermark, Entwicklung und Umsetzungvon Maßnahmen <strong>zur</strong> Integration von älterenArbeitsuchenden, Lehrtätigkeit an der UniversitätGraz von 1971 bis 2003.


Mag. JudithSchneiderJahrgang 1969, Studium der Betriebswirtschaftin Graz, Beraterin und Coach beimove-ment GmbH, Ausbildungen in systemischerBeratung und Personalentwicklung,Schwerpunkte „Ältere und Arbeitswelt“ und„betriebliche Gesundheitsförderung“, mehrjährigeTätigkeit als Coach in der Regionalstiftungfür Ältere > <strong>Erfahrung</strong> <strong>zählt</strong>!, seit2002 im Unternehmensberatungsprojekt„Keep on Holding- Transplacement fürÄltere“ tätig.Mag. NicoleNeuholdJahrgang 1976, Studium der Pädagogikmit Schwerpunkten Erwachsenenbildungund Arbeits- und Berufspädagogik in Graz.Coach und Supervisorin (ÖAGG), SystemischeBeraterin, Lebens- und Sozialberaterini.A. Ehemalige Trainerin, Coach undBeraterin im Im- und Outplacementbereichder move-ment GmbH, langjährige Berufserfahrungin Projektleitung und -konzeption,Beratung, Coaching und Training imarbeitsmarktpolitischen Bereich mit unterschiedlichenZielgruppen in Österreich.Mag. ErikaKolouch-NeuholdJahrgang 1974, Studium Mathematik undGeographie/Wirtschaftskunde in Graz,Beraterin und Projektleiterin bei move-mentGmbH. Ausbildung <strong>zur</strong> Trainerin für beruflicheIntegrationsarbeit, zertifizierter systemischerCoach. Ausbildung <strong>zur</strong> Personalentwicklerin.Arbeit als Trainerin. Beratungvon KMU im Bereich Personalentwicklung.Mehrjährige Tätigkeit als Coach in und seit2006 als Projektleiterin der Regionalstiftung> <strong>Erfahrung</strong> <strong>zählt</strong>! sowie als Trainerin imOutplacement.


ImpressumImpressumHerausgegeben von > <strong>Erfahrung</strong> <strong>zählt</strong>! Regionalstiftung für Ältere, move-ment PersonalundUnternehmensberatung GmbH, GrazMit Unterstützung von AMS Steiermark und Land Steiermark/Ressort Soziales und Arbeit.Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieses Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung desHerausgebers in irgendeiner Form reproduziert werden.Design: tincom, Graz, 2006


Kontakt> <strong>Erfahrung</strong> <strong>zählt</strong>! Regionalstiftung für ÄltereDurchgeführt vonmove-ment GmbHNibelungengasse 548010 GrazTel.: 0316 348402www.move-ment.atwww.erfahrungzaehlt.at

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