Lernen und Qualifizierung „Älterer“private Weiterbildungsveranstaltungenbesucht hat, beträgt über alle Altersgruppenca. 7 % der Bevölkerung.Zur Bildungsbeteiligung <strong>zählt</strong> auch derAnteil an Älteren in AMS-Maßnahmen, derdeutlich unterdurchschnittlich ist, d.h., dassweniger Personen in den Altersgruppen45+ in Maßnahmen vertreten sind als manes aus ihrem Anteil an allen vorgemerktenArbeitslosen erwarten würde.Einen deutlichen Hinweis dafür, dass essich bei der Abnahme der Beteiligungan Weiterbildungsmaßnahmen nicht um„Lernabstinenz“ handelt, sondern dasses nur der Ort bzw. der Rahmen ist, derzunehmend gemieden wird, zeigen dieDaten aus dem deutschen „BerichtssystemWeiterbildung“:Beschränkt man die Frage nach der WeiterbildungÄlterer im Vergleich zu Jüngerennicht auf die Beteiligung an Weiterbildungsmaßnahmen,sondern bezieht auch die nichtorganisierte und formalisierte Weiterbildungein, so ergeben auch hier die Erhebungendes „Berichtssystems Weiterbildung“, dass,bezogen auf die älteren ArbeitnehmerInnenvon heute, so gut wie nicht mehr von„Weiterbildungsabstinenz“ gesprochenwerden kann. 4Die Weiterbildungsbeteiligung hängt sehreng mit der beruflichen Vorbildungzusammen: Im Bereich mittlerer und höhererQualifikationen wird Weiterbildung zumBestandteil der gesamten Erwerbsbiografie.Lernen können (müssen) gehört zumberuflichen Alltag.Bei Niedrigqualifizierten ist der Stellenwertgering. Das hat aber mit dem Alter nichts zutun: Dieser Zusammenhang gilt für Jüngeregleich wie für Ältere.2. Altersspezifischer Leistungswandelund Wandel der LerngewohnheitenDie geringere Beteiligung an Aus- undWeiterbildungsmaßnahmen Älterer bzw.die Nichteinbeziehung in betrieblicheWeiterbildungsaktivitäten wird häufig mitdem altersspezifischen Leistungswandelinterpretiert: Ältere „können“ nicht mehrso gut bzw. sie „wollen“ nicht mehr, wobeiKönnen und Wollen sehr eng miteinanderverbunden sind.Dazu existiert eine ganze Reihe von Bildern,die unter die „Defizit-Hypothese“ desAlterns zu subsumieren sind: Es gibt einennatürlichen (biologisch bedingten) Abbauder Fähigkeiten generell und im Besonderender Fähigkeit zu lernen und sich neue Fertigkeitenund Wissen anzueignen.Zu diesen Bildern gibt es klare Antwortenaus der Forschung:• „ ... die von Unternehmen häufig vertreteneund selbst von Belegschaften teilweiseakzeptierte, so genannte ‚Defizit-Hypothese’des Alterns, die Vermutung eines‚natürlichen’, altersbedingten Abbaues vonBefähigungen, ist empirisch nicht belegt.“ 5• „Die größten Leistungs- und Lernbarrierenfür Ältere sind vielmehr langzeitig ausgeführteTätigkeiten, in denen es nichts zulernen gibt, sodass über das Verlernen bereitserworbener Fähigkeiten hinausgehendsogar das Lernen verlernt wird.“ 6 (Dequalifizierung)• „Gerontologische, arbeitswissenschaftlicheund arbeitspsychologische Untersuchungenhaben gezeigt, dass Leistungsproblemeälterer MitarbeiterInnen imAllgemeinen nicht Folge eines biologischenDeterminismus im Sinne altersbedingterAbbauvorgänge sind, sondern vielmehr24
Resultat grundlegender Mängel in derArbeits- und Organisationsgestaltung.“ 7• Auf allen Altersstufen gibt es Unterschiedezwischen den Menschen hinsichtlich ihrerLernfähigkeit und Lernbereitschaft.Mit zunehmendem Alter werden dieseUnterschiede deutlich größer.Dies ist überwiegend eine Konsequenzdes „Nicht-Gebrauches“ (Dis-use) vonKompetenzen bzw. des einseitigenGebrauches von Kompetenzen.• „Klar schwieriger ist es für Ältere, wennes ums Umlernen geht. Das heißt, wenn z.B.die gleiche Arbeit auf neue Art gemachtwerden muss, wenn neue Produktionsmethodenfür das gleiche Produkt eingeführtwerden. Da sind Jüngere im Vorteil, weil sienoch nicht so stark geprägt sind von derHaltung ‚das macht man so’. Betriebe miteiner ‚Mitdenkkultur’ sind hier klar im Vorteil.Wo die Mitarbeitenden schon immer zumMitdenken aufgefordert waren, ist auchdas Bewusstsein groß, dass alles immerauch noch anders oder besser gemachtwerden kann.“ 8Durch diese Feststellungen soll nichtgeleugnet werden, dass sich das Lernverhaltenund die Anforderungen an dieLernprozesse verändern. Es wird damit nichtbehauptet, dass Personen in der zweitenHälfte der Lebensarbeitsspanne locker mitKindern und Jugendlichen in schulischenLernsettings mithalten könnten.Die psychologische Forschung hat hier zahlreicheUnterschiede hinsichtlich derVerarbeitungsgeschwindigkeit von Reizen,der Merkfähigkeit, der „fluiden“(theoretischen) Intelligenz u.a. nachgewiesen.Im Kontext von Lernen undQualifizierung geht es jedoch letztlich nurum die Relevanz von Veränderungen für denErwerb wichtiger beruflicher Kompetenzen:Dazu ist klar zu sagen, dass es für Älterekeinerlei Hindernisse gibt, die auf biologischesAltern <strong>zur</strong>ückzuführen sind. Esscheint im Gegenteil so zu sein, dass dasLernen neuer Inhalte, das auf bisher erworbenesWissen aufbaut, effektiver erfolgenkann als gänzliches Neulernen. Dies wirdauch ausgedrückt im sog. Matthäusprinzip:„Wer hat, dem wird gegeben“. Diesbedeutet, dass die Voraussetzungen, neue25