Institut für Kulturgeographie, Stadt- und Regionalforschung (KSR)
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LAGE UND FUNKTION DES ORTSTEILS FECHENHEIM 19<br />
So gelangte Fechenheim in den Besitz der Grafen von Hanau <strong>und</strong> gehörte über 400 Jahre zu<br />
Hanau 4 . Trotz der Hanauer Herrschaft waren die Beziehungen zu Frankfurt die besseren<br />
geblieben.<br />
Vor mehr als 200 Jahren wurde die Hanauer Landstraße ausgebaut, die heute vom<br />
Allerheiligentor bis zur Mainkur reicht <strong>und</strong> mit r<strong>und</strong> sechs Kilometern die längste Straße der<br />
<strong>Stadt</strong> Frankfurt ist. Dieser Straßenausbau war die Vorbedingung <strong>für</strong> die spätere<br />
Industrialisierung Fechenheims, nachdem Ende des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts erste Gasthäuser an der<br />
Mainkur entstanden waren. Die Mainkur stand mehrmals im Mittelpunkt des Zeitgeschehens,<br />
beispielsweise um 1832 n.Chr., als etwa 300 Bürger aus Bergen, Enkheim <strong>und</strong> Fechenheim<br />
versuchten, das Zollamt zu stürmen <strong>und</strong> den Kur<strong>für</strong>st von Hessen angriffen. Die Bemühungen<br />
der Beamten des Kur<strong>für</strong>sten, dem Staat neue Einnahmequellen zu erschließen, machte der<br />
Bevölkerung insbesondere an der Zollgrenze Fechenheim sehr zu schaffen, da die Waren <strong>und</strong><br />
Lebensmittel stark verteuert wurden. Bei dem dadurch ausgelösten Feuergefecht gab es Tote<br />
<strong>und</strong> Verw<strong>und</strong>ete – viele der Beteiligten bekamen anschließend wegen Auflehnung gegen die<br />
Staatsgewalt langjährige Gefängnisstrafen.<br />
Die Nähe des Flusses, die schon die Fischer angelockt hatte, aber auch die günstige<br />
Verkehrsanbindung durch Eisenbahn <strong>und</strong> Landstraße ließen ab Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>ert aus<br />
dem Fischerort einen Industriestandort werden. Da der Frankfurter Rat sich bemühte,<br />
Industrieansiedlung auf Frankfurter Boden zu unterbinden, um die Bevölkerung der <strong>Stadt</strong><br />
Frankfurt vor Rauch, Maschinenlärm <strong>und</strong> Feuergefahr zu schützen <strong>und</strong> Arbeiteransiedlungen<br />
in der Innenstadt zu vermeiden, fiel das Augenmerk der nach Bauland suchenden Industriellen<br />
auf das damals noch selbständige Fechenheim.<br />
Die Cassella–Farbwerke, die 1870 mit fünfzehn Arbeitern die Produktion aufnahmen,<br />
verfügten dreißig Jahre später schon über 2000 Beschäftigte bei einem Jahresumsatz von 36,2<br />
Millionen Goldmark. Die Entscheidungen dieses Unternehmens wirkten sich nicht nur auf das<br />
Geschehen innerhalb der Gemeinde Fechenheim, sondern immer stärker auch auf nationalen<br />
<strong>und</strong> internationalen Märkten aus. Fechenheim war dank des erheblichen<br />
Gewerbesteueraufkommens zur reichsten Gemeinde zwischen Frankfurt <strong>und</strong> Hanau<br />
geworden. Zwar versuchte Fechenheim durch die Ansiedlung weiterer Unternehmen, wie der<br />
Landmaschinenfabrik Mayfarth die wirtschaftliche Abhängigkeit von der Cassella nicht zu<br />
4 Die Eingemeindung durch Frankfurt 1928 kann man also als „Rückkehr“ betrachten.