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16 thEatER OlDEnBURG Die Zauberflöte<br />

Regisseur Helbling verlegt „Die Zauberflöte“<br />

in Oldenburg auf einen Bahnhof<br />

Text: Michael Pitz-Grewenig<br />

Was macht man mit einer Oper, deren<br />

Neuinszenierung, nimmt<br />

man sie ernst, den Ernst- und<br />

Problemfall einer Opernaufführung<br />

schlechthin bedeutet? Kaum ein anderes<br />

Werk ist so tief in unserem kulturellen<br />

Bewusstsein verankert wie Mozarts<br />

„Die Zauberflöte“. Man meint, sie genau<br />

zu kennen und erhebt dadurch immer zur<br />

Wahrheit, was man als solche versteht,<br />

konstatierte einmal Ernst Bloch. Das<br />

Staatstheater Oldenburg startet mit dieser<br />

Oper in die neue Spielzeit im liebevoll<br />

restaurierten und sanierten Großen Haus.<br />

Im Prinzip ist schon ihr Titel irreführend,<br />

denn Mozarts Opus ultimo aus dem Jahre<br />

1791, wenige Wochen vor seinem Tode<br />

uraufgeführt, ist eben mehr als eine krude<br />

Mischung aus Zaubermärchen, Maschinentheater<br />

und volkstümlicher Komödie,<br />

angereichert mit Ideen aus den Mysterien<br />

der Freimaurer. Ein Blick in die Partitur<br />

genügt, um zu merken, dass diese Sichtweise<br />

trügerisch ist. Denn Mozart hat in<br />

diesem Werk geschickt und intelligent mit<br />

den vielfältigen Formen der Opera seria<br />

und Opera buffa gearbeitet und dabei eine<br />

moderne Form des Verhältnisses von Musik<br />

und Text gefunden.<br />

Der Dirigent Wilhelm Furtwängler sprach<br />

davon, dass es zum richtigen Verständnis<br />

der „Zauberflöte“ einer „zweiten wiederge-<br />

parabel Und<br />

märchen<br />

Theater Bremen: Die Zauberflöte<br />

fundenen Naivität“ bedürfe. Er meinte damit,<br />

dass jeder Interpret dieser Oper sich in<br />

einem Spannungsfeld zwischen philosophischer<br />

Parabel und naiver Märchenwelt bewegen<br />

sollte.<br />

Der Regisseur Niklaus Helbling, der aus dem<br />

Schauspiel kommt, setzt die „Zauberflöte“<br />

in Oldenburg in Szene. Für ihn ist die Inszenierung<br />

dieses Werkes die erste Auseinandersetzung<br />

mit, wie er es formuliert, einer<br />

„richtigen Oper“. Vielleicht ist er gerade aus<br />

diesem Grund eine interessante Wahl, da er<br />

sich nicht mit dem Ballast einer sedimentierten<br />

Interpretationsschicht herumschlagen<br />

muss, sondern sich der „Zauberfllöte“<br />

möglicherweise mit einem unverstellten<br />

Blick nähert. Seine Intentionen hat er in einem<br />

kurzen Interview verdeutlicht:<br />

Sie kommen, so weit ich weiß, aus dem<br />

Schauspiel, haben aber schon die „Dreigroschenoper“<br />

inszeniert. Was reizt Sie<br />

an dieser Oper?<br />

Helbling: Mir gefällt daran, dass sie eine<br />

sehr theatralische Handlung hat, die sehr<br />

verschiedenartige Figuren, Stile und Stimmungen<br />

verbindet, fast eine Art Montage<br />

und trotzdem oder gerade deshalb eines<br />

der großen Werke unserer Kultur.<br />

Eine Neuinszenierung der Zauberflöte<br />

ist in besonderen Maße ein Wagnis, da es<br />

kaum ein Werk gibt, das dermaßen ver-<br />

braucht zu sein scheint oder – um es anders<br />

zu formulieren – in seiner eigenen<br />

Rezeptionsgeschichte gefangen ist.<br />

Ich habe zwar schon einige Inszenierungen<br />

gesehen, aber verbraucht kommt mir die<br />

Zauberflöte gar nicht vor. Es gehört zu den<br />

Qualitäten eines solchen „Klassikers“, das<br />

er auf jede Frage in jeder Zeit sehr spezifische,<br />

produktive Antworten geben kann.<br />

Mich interessiert zunächst, einen Raum<br />

oder eine fiktive Welt zu entwerfen, in dem<br />

der märchenhafte Konflikt zwischen dem<br />

Reich der gekränkten Königin der Nacht<br />

und dem Philosophen-Priester Sarastro<br />

sich nach heute öffnet und konkret wird.<br />

Können Sie das konkretisieren?<br />

Der Raum, in dem unsere Zauberflöte<br />

spielt, wird ein Bahnhof sein. Das ist die<br />

Welt von Sarastro: Maschine, Fahrplan,<br />

Stellwerk, Aufbruch und Reise. Die metaphysischen<br />

Konflikte der Figuren bekommen<br />

damit eine sehr konkrete Umgebung.<br />

Und umgekehrt hat die Maschinensphäre<br />

auch eine phantastische, mysteriöse Seite...<br />

Mehr möchte ich im Moment nicht<br />

verraten.<br />

Eine problematische Szene ist stets die<br />

erste Arie, in der Tamino von der Schlange<br />

verfolgt wird. Das kann schnell zur<br />

Lachnummer werden.<br />

Taminos Schlangen-Panik erinnert mich<br />

an einen Traum von einem zugleich ver-

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