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48 litERatUR Paris. Ein Fest fürs Leben / Alles Land<br />
lIteratUr<br />
Ein Leben als Legende<br />
Ernest Hemingways unvollendetes letztes<br />
Werk „Paris. Ein Fest fürs Leben“<br />
Dieses Buch ist unbedingt lesenswert, ja,<br />
als exquisites literarisches Dokument und<br />
Fundgrube ein absolutes Muss! Pünktlich<br />
zum 50. Todestag des Nobelpreisträgers erscheint<br />
es als neu übersetzte Urfassung und<br />
birgt so viel bisher Unveröffentlichtes und<br />
Unbekanntes, dass einem der Atem stockt.<br />
Vor allem aber zeichnet der Schriftsteller<br />
ein ebenso narzisstisches wie entblößendes<br />
Selbstportrait von sich als jungem Mann.<br />
Während des mehrjährigen Paris-Aufenthaltes<br />
mit seiner jungen Frau Hadley in den<br />
zwanziger Jahren, den glücklichsten seines<br />
Lebens, hält Hemingway als Korrespondent<br />
des kanadischen „Toronto Star“ vieles,<br />
was er erlebt, was er sieht, hört, fühlt,<br />
in Tagebüchern und unzähligen Notizen<br />
fest. Gertrude Stein, James Joyce, Zelda und<br />
Scott Fitzgerald sowie Ford Madox Ford<br />
nehmen den damals unbekannten jungen<br />
Hemingway wohlwollend in ihre Kreise<br />
auf, was den jedoch nicht davon abhält,<br />
hämische und geschmacklose Kommentare<br />
über die Pariser Literatenszene, über die<br />
bereits arrivierten Kollegen abzusetzen.<br />
Dabei badet er in der Pariser Künstler-Idylle,<br />
verfasst in Cafés erste Kurzgeschichten,<br />
arbeitet an „Fiesta“, seinem Debütroman.<br />
„Die Geschichte schrieb sich selbst“, notiert<br />
er begeistert. Davon kann der von Alkohol,<br />
tiefen Depressionen und Elektroschocks<br />
zerstörte, von Schreibblockaden<br />
gequälte Autor 30 Jahre später nur noch<br />
träumen. In einer Aufwallung von Sehnsucht,<br />
noch einmal ins Paradies der Pariser<br />
Jahre einzutauchen und daraus neue Kraft<br />
zu schöpfen, macht er sich, als er 1956 nach<br />
Paris zurückkehrt und die einst im Hotel<br />
Ritz zurückgelassenen Manuskripte abholt,<br />
an deren Bearbeitung, hofft, mit dem verloren<br />
geglaubten Material auch die Kreativität<br />
seiner Jugend wiederfinden zu können.<br />
Doch geben zahlreiche Entwürfe für das<br />
Vorwort Einblicke in sein Ringen um die<br />
treffende Formulierung, um den „einzigen<br />
wahren Satz“ – seine lebenslang hochgehaltene<br />
Maxime. Und so gesteht der Nobelpreisträger<br />
schließlich in einem nicht ab-<br />
Text: Inge Zenker-Baltes<br />
geschickten Brief an seinen Verleger, er sei<br />
„nicht in der Lage, das Buch wie gehofft zu<br />
beenden“ und schlägt vor, es ohne Schlusskapitel<br />
zu veröffentlichen: „Es könnte ein<br />
gutes Buch sein, weil es viele Dinge erzählt,<br />
die niemand weiß oder jemals wissen<br />
kann, und weil alles darin ist, Liebe,<br />
Reue, Zerknirschung und unglaubliches<br />
Glück und am Ende Leid.“ Nur wenige Wochen<br />
später, am 2.Juli 1961, nimmt sich Ernest<br />
Hemingway das Leben.<br />
Ernest Hemingway, Paris, Ein Fest fürs<br />
Leben. Deutsch von Werner Schmitz. Rowohlt,<br />
316 S., 19,95 Euro<br />
Expedition ohne Wiederkehr<br />
Jo Lendles biographischer Roman über<br />
Alfred Wegener<br />
„Alles Land“ nennt Jo Lendle seinen neuen<br />
Roman – doch hinter diesem lapidaren Titel<br />
verbirgt sich die Geschichte vom abenteuerlichen<br />
Leben des Polarforschers Alfred<br />
Wegener, dessen spektakuläre Theorie von<br />
den sich gegeneinander verschiebenden<br />
Kontinentalplatten ihm zu Lebzeiten mehr<br />
Anfeindungen als Anerkennung einbrachte.