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GL&Lev kontakt - GL VERLAGS GmbH

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42<br />

rechtsanwalt schüller gibt rat und tipps<br />

Mängel beim Hausbau -<br />

so gehen Sie richtig damit um<br />

herr Schüller, das eigene Haus ist<br />

nicht nur der Traum vieler Menschen,<br />

sondern auch eine Investition<br />

in einer Größenordnung, die<br />

der Bürger in aller Regel nur einmal im<br />

Leben tätigt.<br />

Richtig, umso ärgerlicher ist es, wenn die<br />

Abwicklung eines solchen Bauvorhabens ins<br />

Stocken gerät oder sich nach Fertigstellung<br />

Mängel zeigen. Hinzu kommt: Der richtige<br />

Umgang mit Mängeln ist nicht ganz einfach,<br />

weshalb es insbesondere bei gravierenden<br />

Mängeln sinnvoll erscheint, kompetenten<br />

anwaltlichen Rat einzuholen. Denn das Problem<br />

im Streitfall besteht nicht selten darin,<br />

dass beide Parteien unter Mangel etwas<br />

Unterschiedliches verstehen.<br />

Im Blickpunkt <strong>GL</strong>&<strong>Lev</strong> <strong>kontakt</strong> Recht<br />

Wann liegt denn ein „richtiger“ Mangel<br />

vor?<br />

Diese Frage lässt sich nicht ohne einen Blick<br />

in den Vertrag beantworten. Gibt es dort<br />

spezielle Vereinbarungen zur Beschaffenheit<br />

des Objektes, so ist jede Abweichung<br />

hiervon ein Mangel, ganz unabhängig davon,<br />

ob überhaupt eine Einschränkung in<br />

der tatsächlichen Nutzung gegeben ist.<br />

Gibt es keine Beschaffenheitsvereinbarung,<br />

so muss sich das Werk für die übliche Verwendung<br />

eignen und die übliche Beschaffenheit<br />

aufweisen. Ich will Ihnen das gern<br />

an einem Beispiel erläutern: Ein Ehepaar<br />

hat bei einem Fliesenleger das Verlegen<br />

von blauen Wandfliesen im Badezimmer<br />

seines Einfamilienhauses in Auftrag gegeben.<br />

Diese Fliesen werden geliefert und<br />

eingebaut. Drei Monate nach Fertigstellung<br />

und Übergabe – wir Juristen sprechen von<br />

der Abnahme – zeigen sich Verfärbungen<br />

in der Oberfläche. Auch wenn die Funktion<br />

der Fliesen selbst nicht beeinträchtigt ist, so<br />

entspricht das Werk nicht dem, was vereinbart<br />

war und ist daher mangelhaft.<br />

Bleiben wir bei Ihrem Beispiel. Kann<br />

das Ehepaar jetzt einfach ein anderes<br />

Unternehmen mit der Mängelbeseitigung<br />

beauftragen?<br />

Nein, der Fliesenleger hat nicht nur die Pflicht,<br />

<strong>GL</strong>&<strong>Lev</strong> <strong>kontakt</strong> 01/10<br />

andreas Schüller<br />

Rechtsanwalt und Fachanwalt<br />

für Bau- und Architektenrecht,<br />

seit 1.12.2009 bei der Kanzlei<br />

Winter, Jansen, Lamsfuß,<br />

deren Zahl der Fachanwälte<br />

sich damit auf insgesamt acht<br />

erhöht. Rechtsanwalt Schüller<br />

übt Dozententätigkeiten aus,<br />

z. B. an der Fachhochschule des<br />

Mittelstands (Vergaberecht und<br />

Projektmanagement) sowie der<br />

Handwerkskammer Köln.<br />

sondern er hat auch das Recht, eine mangelhafte<br />

Leistung durch eine mangelfreie<br />

Leistung zu ersetzen. Dabei können ihm<br />

die Auftraggeber nicht einmal vorschreiben,<br />

wie das zu geschehen hat. Der Handwerker<br />

selbst kann entscheiden, ob er sein Werk repariert<br />

oder ob er es neu herstellt.<br />

Was raten Sie also dem Ehepaar in<br />

dem Beispiel?<br />

Es sollte zunächst eine angemessene Frist<br />

zur Mängelbeseitigung gesetzt werden.<br />

Wichtig hierbei ist, einen konkreten Termin<br />

zu benennen, bis zu dem die Mängelbeseitigung<br />

erfolgen soll. Wie lange eine angemessene<br />

Frist zu bemessen ist, hängt vom<br />

Einzelfall ab. Man sollte sich immer daran<br />

orientieren, wie lange ein durchschnittlicher<br />

Handwerker oder Bauunternehmer für die<br />

Beseitigung des konkreten Mangels benötigen<br />

würde. Eine vorherige Dokumentation<br />

des Mangels durch ein Foto kann hilfreich<br />

sein und ist damit empfehlenswert.<br />

Man hört immer wieder davon, man<br />

müsse, wenn die erste Frist nutzlos verstrichen<br />

ist, noch eine Nachfrist setzen.<br />

Ja, solche „Regeln“ halten sich leider hartnäckig,<br />

doch sie sind leider falsch. Denn ein<br />

Erfordernis zur Nachfrist gibt es hier nicht.<br />

Ist eine Frist zur Mängelbeseitigung erfolglos<br />

abgelaufen, etwa weil die Mängelbeseitigung<br />

fehlgeschlagen ist oder überhaupt<br />

nicht versucht wurde, hat der Kunde die<br />

Wahl. Er kann jetzt ein anderes Unternehmen<br />

mit der Mängelbeseitigung beauftragen<br />

und die Kosten bei dem Handwerker<br />

geltend machen. Stattdessen kann aber<br />

auch die Vergütung gemindert, vom Vertrag<br />

zurückgetreten und daneben ggf. noch<br />

Schadenersatz geltend gemacht werden.<br />

Nun sind ja nicht immer alle Mängelrügen<br />

berechtigt. Manchmal dienen sie<br />

ja nur als Vorwand, keine Vergütung<br />

zahlen zu müssen. Wie kann der Bauunternehmer<br />

oder andere Handwerker<br />

hierauf reagieren? Wie kann er sich<br />

absichern?<br />

Wenn der Kunde Mängelrügen benutzt, um<br />

den Unternehmer um seine berechtigte Vergütung<br />

zu bringen, muss man zwei Situa-<br />

tionen unterscheiden:<br />

Sind noch Leistungen auszuführen und bezahlt<br />

der Kunde zu Recht gestellte Abschlagsrechnungen<br />

nicht, so sollte der Unternehmer<br />

eine kurze Nachfrist zur Zahlung setzen und<br />

dann nach erfolglosem Ablauf von seinem<br />

Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch machen<br />

und nicht weiterarbeiten.<br />

Sind keine Leistungen mehr auszuführen<br />

und wird die Schlussrechnung nicht bedient,<br />

so hilft oft nur die gerichtliche Klärung.<br />

Meist sind die Situationen aber nicht eindeutig,<br />

so dass es sich empfiehlt, spätestens<br />

an dieser Stelle anwaltlichen Rat einzuholen.<br />

Ein Fachmann kann auch entscheiden, ob<br />

man nicht jetzt im Wege des einstweiligen<br />

Rechtsschutzschutzes eine Bauhandwerkersicherungshypothek<br />

in das Grundbuch<br />

eintragen lässt.<br />

Ärgerlich für den Handwerker ist<br />

es, wenn er eine Mängelrüge ernst<br />

nimmt, den vermeintlichen Mangel<br />

aufwendig überprüft und sich herausstellt,<br />

dass kein Mangel vorliegt. Kann<br />

der Handwerker seine Kosten für die<br />

Überprüfung dem Auftraggeber in<br />

Rechnung stellen?<br />

Das handhaben die Gerichte leider unterschiedlich.<br />

Grundsätzlich muss man wohl<br />

derzeit davon ausgehen, dass Kosten nicht<br />

erstattet werden. In keinem Fall sollte der<br />

Handwerker einfach Mängelbeseitigungsarbeiten<br />

durchführen, wenn sich herausgestellt<br />

hat, dass der Mangel nicht von ihm,<br />

sondern von einem anderen Gewerk verursacht<br />

worden ist. In einer solchen Situation<br />

empfiehlt es sich, dem Auftraggeber vor der<br />

Mängelbeseitigung hierauf hinzuweisen<br />

und die Mängelbeseitigung davon abhängig<br />

zu machen, dass dies zu vergüten ist.

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