GL&Lev kontakt - GL VERLAGS GmbH
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rechtsanwalt schüller gibt rat und tipps<br />
Mängel beim Hausbau -<br />
so gehen Sie richtig damit um<br />
herr Schüller, das eigene Haus ist<br />
nicht nur der Traum vieler Menschen,<br />
sondern auch eine Investition<br />
in einer Größenordnung, die<br />
der Bürger in aller Regel nur einmal im<br />
Leben tätigt.<br />
Richtig, umso ärgerlicher ist es, wenn die<br />
Abwicklung eines solchen Bauvorhabens ins<br />
Stocken gerät oder sich nach Fertigstellung<br />
Mängel zeigen. Hinzu kommt: Der richtige<br />
Umgang mit Mängeln ist nicht ganz einfach,<br />
weshalb es insbesondere bei gravierenden<br />
Mängeln sinnvoll erscheint, kompetenten<br />
anwaltlichen Rat einzuholen. Denn das Problem<br />
im Streitfall besteht nicht selten darin,<br />
dass beide Parteien unter Mangel etwas<br />
Unterschiedliches verstehen.<br />
Im Blickpunkt <strong>GL</strong>&<strong>Lev</strong> <strong>kontakt</strong> Recht<br />
Wann liegt denn ein „richtiger“ Mangel<br />
vor?<br />
Diese Frage lässt sich nicht ohne einen Blick<br />
in den Vertrag beantworten. Gibt es dort<br />
spezielle Vereinbarungen zur Beschaffenheit<br />
des Objektes, so ist jede Abweichung<br />
hiervon ein Mangel, ganz unabhängig davon,<br />
ob überhaupt eine Einschränkung in<br />
der tatsächlichen Nutzung gegeben ist.<br />
Gibt es keine Beschaffenheitsvereinbarung,<br />
so muss sich das Werk für die übliche Verwendung<br />
eignen und die übliche Beschaffenheit<br />
aufweisen. Ich will Ihnen das gern<br />
an einem Beispiel erläutern: Ein Ehepaar<br />
hat bei einem Fliesenleger das Verlegen<br />
von blauen Wandfliesen im Badezimmer<br />
seines Einfamilienhauses in Auftrag gegeben.<br />
Diese Fliesen werden geliefert und<br />
eingebaut. Drei Monate nach Fertigstellung<br />
und Übergabe – wir Juristen sprechen von<br />
der Abnahme – zeigen sich Verfärbungen<br />
in der Oberfläche. Auch wenn die Funktion<br />
der Fliesen selbst nicht beeinträchtigt ist, so<br />
entspricht das Werk nicht dem, was vereinbart<br />
war und ist daher mangelhaft.<br />
Bleiben wir bei Ihrem Beispiel. Kann<br />
das Ehepaar jetzt einfach ein anderes<br />
Unternehmen mit der Mängelbeseitigung<br />
beauftragen?<br />
Nein, der Fliesenleger hat nicht nur die Pflicht,<br />
<strong>GL</strong>&<strong>Lev</strong> <strong>kontakt</strong> 01/10<br />
andreas Schüller<br />
Rechtsanwalt und Fachanwalt<br />
für Bau- und Architektenrecht,<br />
seit 1.12.2009 bei der Kanzlei<br />
Winter, Jansen, Lamsfuß,<br />
deren Zahl der Fachanwälte<br />
sich damit auf insgesamt acht<br />
erhöht. Rechtsanwalt Schüller<br />
übt Dozententätigkeiten aus,<br />
z. B. an der Fachhochschule des<br />
Mittelstands (Vergaberecht und<br />
Projektmanagement) sowie der<br />
Handwerkskammer Köln.<br />
sondern er hat auch das Recht, eine mangelhafte<br />
Leistung durch eine mangelfreie<br />
Leistung zu ersetzen. Dabei können ihm<br />
die Auftraggeber nicht einmal vorschreiben,<br />
wie das zu geschehen hat. Der Handwerker<br />
selbst kann entscheiden, ob er sein Werk repariert<br />
oder ob er es neu herstellt.<br />
Was raten Sie also dem Ehepaar in<br />
dem Beispiel?<br />
Es sollte zunächst eine angemessene Frist<br />
zur Mängelbeseitigung gesetzt werden.<br />
Wichtig hierbei ist, einen konkreten Termin<br />
zu benennen, bis zu dem die Mängelbeseitigung<br />
erfolgen soll. Wie lange eine angemessene<br />
Frist zu bemessen ist, hängt vom<br />
Einzelfall ab. Man sollte sich immer daran<br />
orientieren, wie lange ein durchschnittlicher<br />
Handwerker oder Bauunternehmer für die<br />
Beseitigung des konkreten Mangels benötigen<br />
würde. Eine vorherige Dokumentation<br />
des Mangels durch ein Foto kann hilfreich<br />
sein und ist damit empfehlenswert.<br />
Man hört immer wieder davon, man<br />
müsse, wenn die erste Frist nutzlos verstrichen<br />
ist, noch eine Nachfrist setzen.<br />
Ja, solche „Regeln“ halten sich leider hartnäckig,<br />
doch sie sind leider falsch. Denn ein<br />
Erfordernis zur Nachfrist gibt es hier nicht.<br />
Ist eine Frist zur Mängelbeseitigung erfolglos<br />
abgelaufen, etwa weil die Mängelbeseitigung<br />
fehlgeschlagen ist oder überhaupt<br />
nicht versucht wurde, hat der Kunde die<br />
Wahl. Er kann jetzt ein anderes Unternehmen<br />
mit der Mängelbeseitigung beauftragen<br />
und die Kosten bei dem Handwerker<br />
geltend machen. Stattdessen kann aber<br />
auch die Vergütung gemindert, vom Vertrag<br />
zurückgetreten und daneben ggf. noch<br />
Schadenersatz geltend gemacht werden.<br />
Nun sind ja nicht immer alle Mängelrügen<br />
berechtigt. Manchmal dienen sie<br />
ja nur als Vorwand, keine Vergütung<br />
zahlen zu müssen. Wie kann der Bauunternehmer<br />
oder andere Handwerker<br />
hierauf reagieren? Wie kann er sich<br />
absichern?<br />
Wenn der Kunde Mängelrügen benutzt, um<br />
den Unternehmer um seine berechtigte Vergütung<br />
zu bringen, muss man zwei Situa-<br />
tionen unterscheiden:<br />
Sind noch Leistungen auszuführen und bezahlt<br />
der Kunde zu Recht gestellte Abschlagsrechnungen<br />
nicht, so sollte der Unternehmer<br />
eine kurze Nachfrist zur Zahlung setzen und<br />
dann nach erfolglosem Ablauf von seinem<br />
Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch machen<br />
und nicht weiterarbeiten.<br />
Sind keine Leistungen mehr auszuführen<br />
und wird die Schlussrechnung nicht bedient,<br />
so hilft oft nur die gerichtliche Klärung.<br />
Meist sind die Situationen aber nicht eindeutig,<br />
so dass es sich empfiehlt, spätestens<br />
an dieser Stelle anwaltlichen Rat einzuholen.<br />
Ein Fachmann kann auch entscheiden, ob<br />
man nicht jetzt im Wege des einstweiligen<br />
Rechtsschutzschutzes eine Bauhandwerkersicherungshypothek<br />
in das Grundbuch<br />
eintragen lässt.<br />
Ärgerlich für den Handwerker ist<br />
es, wenn er eine Mängelrüge ernst<br />
nimmt, den vermeintlichen Mangel<br />
aufwendig überprüft und sich herausstellt,<br />
dass kein Mangel vorliegt. Kann<br />
der Handwerker seine Kosten für die<br />
Überprüfung dem Auftraggeber in<br />
Rechnung stellen?<br />
Das handhaben die Gerichte leider unterschiedlich.<br />
Grundsätzlich muss man wohl<br />
derzeit davon ausgehen, dass Kosten nicht<br />
erstattet werden. In keinem Fall sollte der<br />
Handwerker einfach Mängelbeseitigungsarbeiten<br />
durchführen, wenn sich herausgestellt<br />
hat, dass der Mangel nicht von ihm,<br />
sondern von einem anderen Gewerk verursacht<br />
worden ist. In einer solchen Situation<br />
empfiehlt es sich, dem Auftraggeber vor der<br />
Mängelbeseitigung hierauf hinzuweisen<br />
und die Mängelbeseitigung davon abhängig<br />
zu machen, dass dies zu vergüten ist.