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Zeitschrift des Deutschen Olympischen Sportbundes und der ...

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Wenn <strong>der</strong> Grenzwert<br />

überschritten ist<br />

Von Michael Gernandt<br />

H<br />

at ja kräftig gestunken in diesem Sommer; als hätten sie<br />

mit Schwefel hantiert in den Giftküchen <strong>des</strong> Spitzensports.<br />

Hier zu Lande halten sich nun auch jene die Nase zu,<br />

die bisher unempfindlich zu sein schienen gegen den<br />

Gestank, den die Pestbeule Doping abson<strong>der</strong>t. O<strong>der</strong> zumin<strong>des</strong>t<br />

so taten, als gäbe es unangenehmere Gerüche. Es fehlten<br />

offenbar nur noch die Ausdünstungen <strong>der</strong> Herren Landis <strong>und</strong><br />

Gatlin, um die Hilferufe nach Frischluft endlich wahrzunehmen.<br />

Der Grenzwert, ein biochemisches Reizwort <strong>der</strong> Manipulationsproblematik,<br />

<strong>des</strong> ethisch <strong>und</strong> ökonomisch Zumutbaren<br />

ist überschritten. Und das Rot <strong>der</strong> Linie, die Juristen zwischen<br />

einem Unrecht erster Klasse <strong>und</strong> einem <strong>der</strong> zweiten gezogen<br />

haben, verliert seine Leuchtkraft. Will heißen: Die Zweifel an<br />

<strong>der</strong> Vergleichbarkeit eines willentlich betrügenden Sportlers<br />

mit einem Wirtschaftskriminellen sollten im Sinn einer resoluten<br />

Problembewältigung verschwinden.<br />

Das könnte bedeuten: Sportrecht gleich Strafrecht. Und,<br />

salopp formuliert, Sanktionen müssen vor allem dort treffen,<br />

wo es den zum Betrug Entschlossenen am meisten weh tut.<br />

Am Geldbeutel. Das wäre<br />

zum Beispiel so zu bewerkstelligen.<br />

Die öffentlichrechtlichen<br />

Sen<strong>der</strong> lassen<br />

ihren Skrupeln, von denen sie<br />

vor <strong>und</strong> während <strong>der</strong> Tour<br />

2006 beschlichen wurden,<br />

Taten folgen: Kein TV-Signal<br />

mehr von Veranstaltungen<br />

<strong>der</strong> am meisten verseuchten<br />

Sportarten, auch wenn`s <strong>der</strong><br />

schönen Quoten wegen weh<br />

tut. Der Dreisatz heißt dann:<br />

Keine bewegten Bil<strong>der</strong>, keine<br />

Sponsoren, kein Geld. Das<br />

erscheint wirkungsvoller als<br />

alle Maßnahmen, die <strong>der</strong><br />

Sport selbst beschließen<br />

kann. Naiv? Utopisch? Mag<br />

schon sein, ins Zentrum <strong>des</strong><br />

Manipulationsanreizes zielt<br />

<strong>der</strong> Vorschlag allemal.<br />

14<br />

Wenn <strong>der</strong> Eindruck nicht trügt, ist in diesem Dopingsommer<br />

die Erkenntnis endlich vorangekommen, <strong>der</strong> zu Folge <strong>der</strong><br />

Sport allein den Betrug nicht eindämmen kann. Je mehr<br />

Hilfen er von außen erfährt, <strong>des</strong>to leichter tut er sich. Allerdings<br />

ist nicht alles hilfreich, was wie Hilfe aussieht. Selbst<br />

wenn die Unterstützung von <strong>der</strong> Weltantidoping-Agentur<br />

WADA kommt. Das Unternehmen befindet sich auf Klettertour<br />

<strong>und</strong> meint, unterhalb <strong>der</strong> Baumgrenze Grenzverletzer<br />

entdeckt zu haben. WADA sagt: Sportler, die im Tal in sogenannten<br />

Höhenzelten o<strong>der</strong> zu Unterdruckkammern umgebauten<br />

Schlafzimmern in Ruhestellung die leistungsför<strong>der</strong>nden<br />

Bedingungen <strong>des</strong> Berggipfels simulieren, verstoßen gegen den<br />

Geist <strong>des</strong> Sports. Deshalb will sie <strong>der</strong>artige Hilfsmittel 2007<br />

auf die Liste <strong>der</strong> verbotenen Methoden setzen. Drogen, Steroide<br />

<strong>und</strong> Hormone bekommen Gesellschaft.<br />

Über die Frage, ob "passive Aktivität" Leistungsmanipulation<br />

ist, wie die Ethikkommission <strong>der</strong> WADA behauptet, o<strong>der</strong> die<br />

Passivität <strong>des</strong> Schlafs, also Ruhe <strong>und</strong> Erholung, die einfach<br />

nur notwendige biologische Antwort auf Training, wie Medizinwissenschaftler<br />

kontern,<br />

entstand ein Streit, den die<br />

WADA verlieren muss - weil<br />

Sportler, denen das Höhenzelt<br />

genommen wird, den<br />

Nachteil gegenüber in natürlicher<br />

Höhenluft lebenden<br />

Konkurrenten mit illegalen<br />

Drogen auszugleichen versuchen.<br />

Das kann die WADA<br />

kaum wollen.<br />

Grenzziehungen im Spitzensport<br />

sind ein riskantes, aber<br />

notwendiges Geschäft. Doch<br />

vor neuen Markierungen<br />

sollten die existierenden<br />

eingehalten werden. Wenn<br />

das <strong>der</strong> Welt <strong>des</strong> Sports<br />

nicht gelingt, muss sie sich<br />

helfen lassen. Sonst wird sie<br />

eines Tages grenzenlos<br />

überrannt.<br />

OF

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