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Zeitschrift des Deutschen Olympischen Sportbundes und der ...

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Joseph Boulogne wurde wahrscheinlich am 25. Dezember<br />

1745 auf Guadalupe geboren. Sein Vater war ein wohlhaben<strong>der</strong><br />

französischer Pflanzer, seine Mutter eine<br />

schwarze Sklavin senegalesischer Herkunft. Ab 1753 lebte die<br />

Familie in Paris, 1757 wurde <strong>der</strong> Vater in den Adelsstand<br />

erhoben, <strong>und</strong> die Familie führte seitdem den Namenszusatz<br />

"de Saint-George".<br />

Josephs Leben mutet auch aus heutiger Sicht eher wie das<br />

einer Romanfigur o<strong>der</strong> Hollywood-Erfindung an: vielschichtig,<br />

überraschend, faszinierend <strong>und</strong> in je<strong>der</strong> Hinsicht außergewöhnlich.<br />

Seine Biographie wirkt so, als habe jemand die<br />

Lebensläufe gleich mehrerer herausragen<strong>der</strong> Persönlichkeiten<br />

gleichsam übereinan<strong>der</strong> gelegt <strong>und</strong> so eine Art Kunstmenschen<br />

geschaffen, ein Produkt, das einem keiner abnimmt, so unrealistisch<br />

wirkt diese Häufung unterschiedlicher Eigenschaften.<br />

Joseph Boulogne war Musiker, Komponist, Sportler, Soldat <strong>und</strong><br />

ein politisch aktiver Mensch vor <strong>und</strong> während <strong>der</strong> Französischen<br />

Revolution, dazu noch Freimaurer <strong>und</strong> Schwarzer.<br />

Mit 13 Jahren kam er für sechs Jahre in ein - so würde man<br />

heute sagen - Fechtinternat zu dem bekannten Fechtmeister<br />

Nicolas Texier La Boëssière, mit <strong>des</strong>sen Sohn er sich anfre<strong>und</strong>ete.<br />

Dieser beschrieb seinen Fechtstil später so: "Sein linker<br />

Fuß war fest <strong>und</strong> unbeweglich <strong>und</strong> sein rechtes Bein absolut<br />

gerade." Seine Attacken nannte er "so schnell wie <strong>der</strong> Blitz".<br />

Noch während seiner Ausbildung besiegte er den berühmten<br />

Fechtmeister Alexandre Picard aus Rouen. Sein Vater schenkte<br />

ihm dafür ein englisches Pferd <strong>und</strong> eine zweirädrige Kutsche.<br />

Mit 19 Jahren beendete er die Ausbildung als einer <strong>der</strong> besten<br />

Fechter Europeas <strong>und</strong> wurde zum "gendarme de la garde du<br />

roi" ernannt. Seinen berühmtesten Kampf verlor er zwar am<br />

8. September 1766 gegen Guiseppe Faldoni, avancierte dabei<br />

aber zum Publikumsliebling. Er war außerdem Reiter,<br />

Schwimmer, Boxer, Pistolenschütze, Eisläufer <strong>und</strong> Tänzer. So<br />

soll er im Winter mit nur einem Arm durch die Seine<br />

geschwommen sein.<br />

Joseph war aber auch ein hervorragen<strong>der</strong> Geiger <strong>und</strong> Cembalospieler.<br />

Sein Geigenlehrer war vermutlich <strong>der</strong> berühmte<br />

Jean-Marie Leclair. Bei Francois-Joseph Gossec studierte er<br />

Komposition. Dieser ernannte ihn zum Konzertmeister <strong>des</strong><br />

Orchesters "Concerts <strong>des</strong> Amateurs", nach zeitgenössischen<br />

Joseph Boulogne Chevalier de<br />

Mozarts schwarzer Fechtbru<strong>der</strong><br />

52<br />

Berichten eines <strong>der</strong> besten Sinfonieorchester in Paris <strong>und</strong><br />

wahrscheinlich auch in Europa. Es bestand aus 40 Geigen <strong>und</strong><br />

Bratschen, zwölf Celli, acht Kontrabässen sowie Flöten, Oboen,<br />

Klarinetten, Trompeten, Hörnern <strong>und</strong> Fagotten.<br />

Joseph Boulogne debütierte 1772 in diesem Orchester mit<br />

zwei eigenen Violinkonzerten (op. 2), die ihn schlagartig als<br />

Geigenvirtuosen bekannt machten. 1773 übernahm er als<br />

Nachfolger von Gossec auch die Leitung <strong>des</strong> Orchesters. Im<br />

selben Jahr erschienen seine sechs Streichquartette (op. 1).<br />

Mit weiteren Violinkonzerten <strong>und</strong> den Symphonies concertantes<br />

op. 6 etablierte er sich 1775 auch als Komponist.<br />

1775 wurde er als Direktor <strong>der</strong> Acadeémie royale de musique<br />

(<strong>der</strong> Pariser Oper) vorgeschlagen, erhielt die Stelle aber nicht,<br />

nachdem einige Sängerinnen <strong>und</strong> Tänzerinnen eine Petition<br />

an die Königin, Marie-Antoinette, gerichtet hatten, in <strong>der</strong> sie<br />

betonten, dass es ihnen wegen ihrer Ehre <strong>und</strong> ihres Gewissens<br />

unmöglich sei, von einem Mulatten Anweisungen entgegen<br />

zu nehmen.<br />

1777 schrieb Saint-George seine erste Oper "Ernestine", im<br />

Jahr darauf die zweite "La Chasse". Außerdem komponierte er<br />

weitere sechs Streichquartette <strong>und</strong> drei Violinkonzerte, 1778<br />

die Symphonies concertantes op. 10 <strong>und</strong> 1779 seine beiden<br />

Symphonien op. 11. 1778 führte die Académie royale de<br />

musique Mozarts Ballettmusik "Les Petits Riens" auf, in <strong>der</strong><br />

gegen Ende ein Thema von Saint-George auftaucht, das<br />

Mozart vermutlich in Paris gehört hatte.<br />

Um 1777 trat Saint-Georges als "Lieutenant <strong>des</strong> Chasses de<br />

Pinci" in die Dienste <strong>des</strong> Herzogs von Orléans, wo er sich vor

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