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Zeitschrift des Deutschen Olympischen Sportbundes und der ...

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position <strong>der</strong> Farben, die architektonischen<br />

Innovationen o<strong>der</strong> an Qualität <strong>und</strong> Ausrichtung<br />

<strong>des</strong> kulturellen Rahmenprogramms,<br />

gerät eine seiner großen Visionen, nämlich<br />

die "Versöhnung von Sport <strong>und</strong> Kunst" in<br />

den Blick, die er 1972 mit <strong>der</strong> Gestaltung<br />

<strong>der</strong> <strong>Olympischen</strong> Spiele von München als<br />

eine Art "Gesamtkunstwerk" meisterhaft<br />

zum Ausdruck brachte. Daume war ein<br />

Ästhet <strong>und</strong> dabei stets Perfektionist, dem<br />

das Beste gerade gut genug erschien,<br />

während ihm das Durchschnittliche <strong>und</strong><br />

Gewöhnliche zuwi<strong>der</strong> war. So ließ sich<br />

Daume gerne begeistern, doch seine große<br />

Kunst bestand darin, an<strong>der</strong>e mit seiner<br />

Begeisterung anstecken <strong>und</strong> für die von<br />

ihm vertretene Sache, mochte sie zunächst<br />

auch noch so utopisch erscheinen, gewinnen<br />

zu können. Um es ein wenig pathetisch<br />

zu formulieren: Willi Daume war ein Beweis<br />

für die Machbarkeit <strong>der</strong> Utopie.<br />

Für einen Funktionsträger keineswegs<br />

selbstverständlich, war <strong>der</strong> 1913 im bergischen<br />

Hückeswagen geborene Daume auch<br />

als ein aktiver, durchaus vielseitig talentierter<br />

Sportler in Erscheinung getreten. Als<br />

Sechsjähriger im Turnverein Eintracht<br />

Dortm<strong>und</strong> angemeldet, erwarb er sich erste<br />

Meriten als Leichtathlet - im Hochsprung<br />

standen immerhin 1,83 Meter zu Buche -<br />

sowie als Handballer, genauer als Torhüter<br />

verschiedener Auswahlmannschaften. Dass<br />

er 1936 sogar zu olympischen Ehren kam,<br />

war insofern kurios, als er nicht in seiner<br />

Sportart nominiert wurde, son<strong>der</strong>n als<br />

Mitglied <strong>der</strong> deutschen Basketball-Auswahl<br />

firmierte, für die kurzfristig, fast hän<strong>der</strong>ingend<br />

brauchbare Spieler gesucht worden<br />

waren. Zum Einsatz kam Daume - im<br />

Basketball-Sinne wahrlich kein Großer -<br />

allerdings nicht.<br />

Bei Kriegsende nicht einmal 32 Jahre alt,<br />

zudem als politisch "unbelastet" eingestuft,<br />

schien er kraft seiner Persönlichkeit dazu<br />

prä<strong>des</strong>tiniert, am Neuaufbau <strong>des</strong> Sports im<br />

besetzten <strong>und</strong> geteilten Deutschland<br />

maßgeblich mitzuwirken, zumal er als<br />

Jungunternehmer - nach dem Tod <strong>des</strong><br />

Vaters hatte er die familieneigene Eisengießerei<br />

übernommen - finanziell unabhängig<br />

war. Nachdem man ihm zunächst die<br />

Führung <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> Handball-Bun<strong>des</strong><br />

überantwortet hatte, wurde er im Dezember<br />

1950, für manche überraschend, <strong>der</strong><br />

Gründungspräsident <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong> Sportbun<strong>des</strong><br />

(DSB). Als man ihn 1961 auch an<br />

die Spitze <strong>des</strong> NOKs wählte, vereinigte er<br />

für neun Jahre die beiden wichtigsten<br />

84<br />

Aufgaben in seiner Person. Letzteres hielt er<br />

bis 1992 inne, ersteres hatte er 1970 aus<br />

arbeitstechnischen Gründen aufgegeben.<br />

Wenn man ihn zudem als einen <strong>der</strong> Initiatoren<br />

<strong>der</strong> Stiftung Deutsche Sporthilfe o<strong>der</strong><br />

als Präsidenten <strong>der</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Olympischen</strong><br />

Gesellschaft (DOG) ausweist, sind nur einige<br />

seiner wichtigsten Ämter genannt.<br />

In diesem Sinne hat er sich mit den<br />

Münchner Spielen gleichsam selbst ein<br />

Denkmal gesetzt. Es war wohl sein "Instinkt<br />

für günstige Konstellationen <strong>und</strong> willkommene<br />

Gelegenheiten" (Otl Aicher), <strong>der</strong> ihn<br />

Ende Oktober 1965 ins Büro <strong>des</strong> Stadtoberhauptes<br />

Jochen Vogel führte, um seinen<br />

verwegenen Gedanken vorzutragen. Kaum<br />

einen Monat zuvor hatte das Internationale<br />

Olympische Komitee (IOC) bei seiner Session<br />

in Madrid dem westdeutschen Sport eine<br />

schmerzliche<br />

Nie<strong>der</strong>lage bereitet<br />

<strong>und</strong> nach schier<br />

uferlosen Querelen<br />

dem NOK <strong>der</strong> DDR<br />

die vollgültige<br />

Anerkennung<br />

verliehen sowie das<br />

Recht zur Entsendung<br />

einer eigenen<br />

Olympiamannschaft<br />

eingeräumt. Doch<br />

statt in Depression<br />

zu verfallen, ergriff<br />

Daume die Flucht<br />

nach vorn, um das<br />

Unmögliche möglich<br />

zu machen:<br />

Olympische Spiele<br />

in <strong>der</strong> - von <strong>der</strong><br />

Weltgemeinschaft<br />

noch mit vielen<br />

Vorbehalten bedachten<br />

- Bun<strong>des</strong>republik.<br />

Dies mag<br />

sein größter Triumph<br />

gewesen sein.<br />

Natürlich galt es,<br />

deutsche Maßarbeit<br />

zu liefern, doch in<br />

<strong>der</strong> Intention<br />

Daumes sollte diese ganz ungezwungen<br />

<strong>und</strong> leicht daherkommen. Das Spielerische,<br />

also, nach Schiller, das genuin Menschliche<br />

sollte im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> stehen. Mit an<strong>der</strong>en<br />

Worten: "Heitere Spiele" sollten es sein.<br />

Und eben solche sind es auch gewesen, bis<br />

<strong>der</strong> folgenschwere Terroranschlag auf die<br />

israelische Mannschaft die Fratze <strong>der</strong><br />

Unmenschlichkeit in den Fokus rückte <strong>und</strong><br />

das Treffen <strong>der</strong> "Jugend <strong>der</strong> Welt" urplötzlich,<br />

wie aus "heiterem Himmel", in eine<br />

"to<strong>der</strong>nste" Angelegenheit verwandelte.<br />

"The Games must go on!", verkündete <strong>der</strong><br />

scheidende IOC-Präsident Br<strong>und</strong>age, doch<br />

es stand auf <strong>der</strong> Kippe. Die W<strong>und</strong>e ging<br />

tief, <strong>und</strong> die Narbe hat das Gesicht <strong>der</strong><br />

Spiele für immer verän<strong>der</strong>t. Wie<strong>der</strong> fand<br />

Daume eindringliche Worte: Man sei aus<br />

dem Paradies vertrieben worden, <strong>und</strong> nie<br />

wie<strong>der</strong> werde man dorthin zurückkehren<br />

können.<br />

So groß <strong>der</strong> Schock auch war, die größte<br />

Enttäuschung seines sportpolitischen<br />

Wirkens sollte ihm noch bevorstehen. Es<br />

war die Entscheidung "seines" NOK, gegen<br />

seine ausdrückliche Empfehlung dem<br />

Vorbild <strong>der</strong> USA <strong>und</strong> einer For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

von Helmut Schmidt geführten Bun<strong>des</strong>regierung<br />

zu entsprechen <strong>und</strong> als Reaktion<br />

auf den sowjetischen Einmarsch in Afghanistan<br />

einen Boykott <strong>der</strong> <strong>Olympischen</strong><br />

Spiele von Moskau zu beschließen. Für<br />

Daume bedeutete die Entscheidung vom<br />

15. Mai 1980 auch einen persönlichen<br />

Karriereknick. Jedenfalls hatte seine -

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