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Zeitschrift des Deutschen Olympischen Sportbundes und der ...

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OF: Was ist <strong>der</strong> wesentliche Unterschied zwischen dem deutschen<br />

Spitzensport von heute <strong>und</strong> dem Ihrer Zeit? Ist es die<br />

Einflussnahme <strong>des</strong> Kommerzes? Sie haben sich Mitte <strong>der</strong> Siebziger<br />

Jahre wohl doch kaum vorstellen können, wie das Geld den<br />

Sport verän<strong>der</strong>n würde.<br />

Honz: Noch bei <strong>der</strong> Leichtathletik-EM 1974 mussten wir alle<br />

Firmenzeichen auf Taschen <strong>und</strong> Kleidung verkleben. Was dann<br />

passierte, die Kommerzialisierung <strong>der</strong> <strong>Olympischen</strong> Spielen 1984<br />

in Los Angeles <strong>und</strong> was daraus folgerte, war für mich nicht<br />

vorstellbar. Die Gefahr war jedenfalls groß, die Ziele falsch zu<br />

setzen. Und wenn man die vergangenen 30 Jahre passieren lässt,<br />

habe ich die Befürchtung, dass sie tatsächlich verrutscht sind.<br />

Wir wollten einfach nur schnell laufen. Dabei waren die inneren<br />

Antriebe, losgelöst von <strong>der</strong> finanziellen Komponente, oft stärker<br />

als sie heute angesichts <strong>der</strong> finanziellen Voraussetzungen sind.<br />

Mit <strong>der</strong> Motivation "Geld" schneller zu laufen als wir - das kann<br />

nicht funktionieren ...<br />

OF: ... es sei denn, man betrügt. Will heißen: Wer über Geld im<br />

Sport redet, wird direkt auf den Weg zum Thema Doping<br />

geführt. Es in den Griff zu bekommen, fällt unendlich schwer.<br />

Was läuft aus Ihrer Sicht da schief?<br />

Honz: Wenn man die Diskussionen nach <strong>der</strong> Tour de France<br />

verfolgt, kann ich den Bemerkungen von Thomas Bach nur<br />

zustimmen, <strong>der</strong> Sport müsse die Angelegenheit selber regeln. Ich<br />

finde es nach wie vor falsch, wenn man versucht, Doping auf<br />

Staat <strong>und</strong> Paragrafen abzuschieben. Es geht um Geld, es ist ein<br />

wirtschaftliches Problem, auf dieser Ebene muss die Lösung<br />

gesucht werden. Wenn weniger Geld im Spiel ist, reduziert sich<br />

<strong>der</strong> Anreiz zu dopen.<br />

OF: Seit Jahren tritt <strong>der</strong> Sport bei <strong>der</strong> Dopingbekämpfung<br />

gleichsam auf <strong>der</strong> Stelle. Hilft eine Radikalisierung <strong>der</strong> Sanktionsmaßnahmen<br />

weiter, indem zum Beispiel <strong>der</strong> Sportbetrug<br />

unter das Strafgesetz gestellt wird?<br />

Honz: Wer will einem Sportler genau nachweisen, ob er illegale<br />

Mittel voll absichtlich genommen hat o<strong>der</strong> ob vielleicht Sabotage<br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Dinge dahinter stecken. Solange die Staatsanwaltschaften<br />

das nicht sauber klären können, kann ein Sportler<br />

nicht verurteilt werden. Die Grauzone zwischen Ehrlichkeit <strong>und</strong><br />

Betrug hin<strong>der</strong>t doch wohl, Dopingvergehen auf das strafrechtliche<br />

Feld zu schieben. Das Wirksamste ist für mich zunächst die<br />

wirtschaftliche Ebene ...<br />

OF: ... <strong>der</strong>en Katalysator die Medien sind.<br />

Honz: Profisport <strong>und</strong> <strong>des</strong>sen Veranstaltungen sind <strong>der</strong> Unterhaltungsbranche<br />

zuzurechnen. Geht es dabei nicht ehrlich zu, wird<br />

ihnen das Interesse entzogen, von den Medien zum Beispiel. Das<br />

heißt aber: Weniger Geld für TV-Rechte. Dann wird es auch für<br />

an<strong>der</strong>e Beteiligte uninteressanter, für die Sportartikelindustrie.<br />

Auf diese Weise könnte dem Doping <strong>der</strong> Boden entzogen werden.<br />

Geht das Fernsehen raus aus <strong>der</strong> Tour o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Großveranstaltungen,<br />

berichten Zeitungen nur noch in einer Spalte,<br />

lässt das öffentliche Interesse nach. Dann heißt es: Macht euch<br />

erst mal sauber, dann kommen wir wie<strong>der</strong>.<br />

OF: Sie waren <strong>und</strong> sind in Kliniken <strong>und</strong> Heilbä<strong>der</strong>n in Verwaltungspositionen,<br />

also nicht unweit von <strong>der</strong> Medizin tätig. Kam<br />

es je zu Kontakten mit dem Thema Doping?<br />

OF-INTERVIEW<br />

Honz: Das spielte in meinem Leben nie eine Rolle, nicht im<br />

Beruf <strong>und</strong> im Sport sowieso nicht. Ich war als Athlet nie <strong>der</strong><br />

Versuchung ausgesetzt. Wenn damals von Doping die Rede war,<br />

ging es um Anabolika, <strong>und</strong> das war etwas für die Schwerathleten<br />

unter den Leichtathleten. Dass beim Sprint mit Doping<br />

etwas auszurichten ist, wurde mir erst 1988 durch den Fall Ben<br />

Johnson klar.<br />

OF: Ist <strong>der</strong> Spitzensport, so wie er sich zurzeit darstellt, noch in<br />

einer Vorbildrolle für junge Menschen?<br />

Honz: Wir müssen da differenzieren. Was den Fußball betrifft<br />

<strong>und</strong> die WM in Deutschland, ist genau dieser Effekt eingetreten.<br />

Für Leichtathletik o<strong>der</strong> Schwimmen kann ich es mir nicht vorstellen.<br />

Die Frage ist interessant: Wie viele junge Leute haben<br />

den Marathonlauf <strong>der</strong> Europameisterin Ulrike Maisch gesehen?<br />

Ich fürchte, es waren wenige, die sich von ihr haben motivieren<br />

lassen, es einfach mal mit dem Laufen zu versuchen. Die Mannschaftssportarten<br />

haben die wesentlich besseren Chancen bei<br />

<strong>der</strong> Jugend, dem gegenüber haben Leichtathletik <strong>und</strong> Schwimmen<br />

verloren.<br />

OF: Erlauben Sie noch einen Schwenk auf ein ganz an<strong>der</strong>es<br />

Gebiet: den neuen deutschen Dachverband DOSB. Worauf sollte<br />

<strong>der</strong> künftig vorrangig sein Augenmerk richten?<br />

Honz: Ich bin zu wenig im Thema drin, um darüber urteilen zu<br />

können, würde aber auf weichere Faktoren verweisen: Führungsqualitäten,<br />

die Qualität <strong>des</strong> Einwirkens auf junge Menschen im<br />

Sport, die Qualität <strong>der</strong> Begegnung zweier Menschen, zum<br />

Beispiel Trainer <strong>und</strong> Athlet. Ich weiß aus eigener, langer beruflicher<br />

Erfahrung, dass man sich da nicht genügend verbessern<br />

kann. Daran kann immer angesetzt werden. Es geht um das, was<br />

nur <strong>der</strong> Mensch selber leisten kann.<br />

OF: Hat auch Ihre Zeit im Leistungssport zu dieser Erkenntnis<br />

verholfen?<br />

Honz: Ja, was ich in den sehr intensiven Jahren zwischen 20<br />

<strong>und</strong> 25 an Erfahrung gewonnen habe, kann ich jetzt sehr gut<br />

umsetzen: leistungsorientiertes Arbeiten, <strong>der</strong> physische Umgang<br />

<strong>der</strong> Leistungserbringung, Mut entwickeln für Experimente, mit<br />

<strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lage leben, sie einstecken können, miteinan<strong>der</strong> umgehen,<br />

reden. Das alles ist ja auch in <strong>der</strong> Wirtschaft notwendig.<br />

OF: Sie haben anfangs schon erwähnt, dass es Sie nie in ein<br />

Sportamt gedrängt hat. Warum ist einer wie Sie diesen Weg<br />

nicht gegangen?<br />

Honz: Es war in meinem Kopf eben drin, dass <strong>der</strong> Sport in<br />

meinem Leben ein endliches Kapitel ist. Mit 25 Jahren habe ich<br />

es abgehakt, weil ich glaubte, <strong>der</strong> Sport sei nichts fürs ganze<br />

Leben, zumal auch keine finanziellen Anreize da waren. Eine<br />

innere Nähe zu einem Amt als Funktionär o<strong>der</strong> Trainer habe ich<br />

nicht verspürt, zum Funktionärsamt bis heute nicht. Aber jetzt<br />

bei <strong>der</strong> EM habe ich beim Fernsehen kurz darüber nachgedacht,<br />

was wür<strong>des</strong>t du ihm erzählen, wenn du Trainer von Kamghe<br />

Gaba (deutscher 400-m-Meister/Anm. d. Aut.) wärst. Der Reiz ist<br />

da, aber ich unterliege nicht <strong>der</strong> Versuchung, wie<strong>der</strong> ins<br />

Gespräch zu kommen.<br />

Das Interview führte: Michael Gernandt<br />

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