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Zeitschrift des Deutschen Olympischen Sportbundes und der ...

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Zwischen Design<br />

Bewegende Spurensuche nach<br />

Bei den erfolgreichen Län<strong>der</strong>spielen gegen Schweden <strong>und</strong><br />

Irland, den vielbesuchten Weltreiterspielen in Aachen,<br />

demnächst bei <strong>der</strong> Hockey- <strong>und</strong> dann 2007 <strong>der</strong> Handball-<br />

<strong>und</strong> Turnweltmeisterschaft kennt die sportliche Kulisse nur<br />

drei Farben: Schwarz-Rot-Gold. Sie erinnert an einen unvergesslichen<br />

Sommer, bei dem fröhliche, weltoffene Menschen -<br />

nicht nur Deutsche - diesen Farbdreiklang auf Fahnen schwenkten,<br />

er in Gesichtszügen strahlte, Ober- wie Unterbekleidung<br />

bedruckte, Autos kennzeichnete o<strong>der</strong> aus Fenstern <strong>und</strong> von<br />

Balkonen flatterte. Die Farben <strong>der</strong> deutschen Nationalfahne<br />

(übrigens auch die <strong>der</strong> belgischen) wurden <strong>und</strong> bleiben Symbol<br />

für eine bewegende Fröhlichkeit, für eine Fre<strong>und</strong>-reichere Welt,<br />

für die <strong>der</strong> Sport ganz offensichtlich eine einladende Plattform<br />

bilden kann.<br />

Die anfangs im Ausland <strong>und</strong> von einigen unbeweglichen<br />

Gewerkschaftlern formulierte historische Befürchtung, hier<br />

dränge leidvolles nationales Vormachtstreben <strong>und</strong> selbstgefälliges<br />

"Deutschland über alles" ins Bewußtsein, wurde durch die<br />

grenzenlose Fröhlichkeit <strong>der</strong> Akteure zur Belanglosigkeit.<br />

Die sportbegeisterten Fans feierten unbekümmert<br />

sich <strong>und</strong> das Jetzt. Das spontane, weitgehend<br />

selbstorganisierte Deutschland-Design geriet in jener<br />

Presse, die Bildung durch Bil<strong>der</strong> <strong>und</strong> Schlagzeilen<br />

ersetzen will, zum "Schwarz-Rot-Geil", die Konsumgüterindustrie<br />

will die Verkaufsför<strong>der</strong>ung für das<br />

Weihnachtsgeschäft in eben diesen Farben promoten.<br />

Ist also Schwarz-Rot-Gold nur die Farbe einer Saison,<br />

wird es bei neuen Erfolgen von Michael Schumacher<br />

im nächsten Jahr vielleicht Ferrari-Rot? Wer<br />

in kollektiven Manifestationen nicht nur Beliebigkeit<br />

<strong>und</strong> oberflächlich-kurzweiligen Schein sieht, son<strong>der</strong>n<br />

Zusammenhänge mit historischen Artefakten <strong>und</strong><br />

durch sie ausgelöste, zunächst vielleicht nicht<br />

30<br />

bewusste Empfindungen <strong>und</strong> Orientierungen sucht, stößt auf<br />

merkwürdige Spuren.<br />

Die deutschen Farben entstehen als Kleidungskennzeichen bei<br />

den Befreiungskriegen in Lützows Freikorps 1813, werden<br />

erstmals beim Treffen demokratischer Burschenschaftler auf <strong>der</strong><br />

Wartburg gezeigt, prägen das Bild <strong>des</strong> Hambacher Festes,<br />

werden von demokratischen Republikanern im Vormärz 1833<br />

<strong>und</strong> 1848 auf den Barrikaden hochgehalten, stehen für die erste<br />

Nationalversammlung in <strong>der</strong> Paulskirche, werden zur Nationalflagge<br />

<strong>der</strong> ersten deutschen Demokratie in <strong>der</strong> Weimarer Republik<br />

<strong>und</strong> prägen das Bild beim Mauerfall 1989.<br />

Es ist eine Fahne, die im Gegensatz zum Schwarz-Weiß-Rot<br />

Preußens <strong>und</strong> <strong>des</strong> Kaiserreichs o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Hakenkreuzfahne stets<br />

für Gleichheit, Freiheit, Gerechtigkeit gestanden hat. Sie ist in<br />

Deutschland von <strong>der</strong> Reaktion immer wie<strong>der</strong> heftig bekämpft<br />

<strong>und</strong> verboten worden, nicht wenige ihrer Träger haben für ihre<br />

Prinzipien mit dem Leben bezahlt. Bis heute wohlbekannte<br />

Frankfurter Paulskirche 1848

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