GO EAST - Politik und Gesellschaft

Über 200 Staaten, unzählige Provinzen, Bundesländer, Kantone und Regionen – und fast so viele
Flaggen. Doch wofür stehen die Farben, die Formen und Symbole? Auf unserem Weg in den Osten
wirft unser Autor Daniel Schneider einen Blick auf die Flaggen im Osten Europas
Betrachtet man die Flaggen der verschiedenen Staaten im östlichen Europa, so springen drei Farben
sofort ins Auge: Rot, Weiß und Blau dominieren auf vielen von ihnen in den verschiedensten
Kombinationen und Mustern. Von der Tschechischen Republik über die Slowakei, Slowenien und
Kroatien bis hin zur Russischen Föderation – stets sind es diese so genannten panslawischen Farben,
die das Bild der jeweiligen Flagge prägen. Spätestens seit dem panslawischen Kongress in
Prag von 1848, bei dem Vertreter der verschiedenen slawischen Völker über eine mögliche Vereinigung
debattierten, waren diese Farben als „die slawischen“ anerkannt. Eine tiefere individuelle
Bedeutung kommt jeder der drei Farben aber nicht zu.
Rot – Weiß – Blau
Von Dreiecken und Streifen
Auf den meisten Fahnen sind die Farben in drei wagerechten Streifen übereinander angeordnet,
oftmals – aber keineswegs immer – ist der oberste Streifen der weiße (Russland, Slowenien, die
Slowakei). Häufig wird das Nationalwappen in die Fahne integriert – so bei Kroatien, der Slowakei
oder Slowenien. Von diesem Bild hebt sich die tschechische Fahne ein wenig ab: Sie kennzeichnet
vor allem das große blaue Dreieck am Vorliek, dem Teil der Flagge, der dem Fahnenstock, an dem
sie gehisst wird, am nächsten ist. Das Dreieck wurde in die ursprünglich nur rot-weiße Fahne
eingefügt, um sie von der Polens zu unterscheiden. Auf der Fahne treffen sich die panslawischen
Farben mit denen der tschechischen Regionen: So will es der Zufall, dass Blau die Farbe Mährens
ist, während rot und weiß traditionell Böhmen repräsentieren.
Ebenfalls eine Sonderstellung unter den panslawisch geprägten Fahnen nimmt die bulgarische
Flagge ein. Auch sie besitzt einen roten und einen weißen Streifen, doch der blaue wurde bei
ihr durch einen grünen Streifen ersetzt, um sie von der russischen Trikolore unterscheiden zu
können. Grün wurde dabei gewählt, um die Jugendlichkeit des aufbrechenden Volkes zu symbolisieren.
Grün soll Jugendlichkeit symbolisieren
Eine sehr traditionsreiche Fahne aus dem südosteuropäischen Raum ist die griechische. Neun
blaue und weiße Streifen repräsentieren die neun Silben des Rufes aus dem Unabhängigkeitskrieg,
der übersetzt so viel bedeutet wie „Freiheit oder Tod!“. Dabei steht blau für Himmel und
Meer, während weiß an die Reinheit des griechischen Freiheitskampfes erinnern soll. Das Kreuz
im oberen linken Viertel, einen Bereich der Fahne, den man auch als Gösch bezeichnet, schließlich
repräsentiert das Gottvertrauen des griechischen Volkes.
Anders als die griechische Fahne stammt die Bosnien und Herzegowinas aus der jüngeren Vergangenheit:
Sie wurde vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen erst 1998 im Rahmen des zur
Unabhängigkeit des Landes führenden Friedensprozesses nach dem jugoslawischen Bürgerkrieg
vergeben. Kreiert hat sie die so genannte Westendorp-Kommission, die eigens zur Schöpfung einer
neuen Flagge ins Leben gerufen worden war und sich aus Mitgliedern aller drei ethnischen
Volksgruppen zusammensetzte – Serben, Kroaten und Muslimen. Das gelbe Dreieck vollzieht den
geographischen Umriss des Staatsgebiets nach, während die als unendlich gedachte Kette von
Sternen ebenso wie die Farben von der Fahne der EU stammt. Auf diese Weise soll die Verbundenheit
der Region mit dem westlichen Europa zum Ausdruck gebracht werden.
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Europa - Ausgabe 1/2008 - Politik und Gesellschaft