Sparkassen im Hochsauerlandkreis - Sauerländer Heimatbund e.V.
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172 SAUERLAND NR. 4/2009<br />
zere Pachtzeiten <strong>im</strong>mer häufiger nachgefragt.<br />
Diesem Wandel versuchen sich<br />
Friedhofs be treiber anzupassen, indem<br />
sie beispielsweise Urnenwände, Rasenreihen<br />
gräber oder Grabkammern anbieten.<br />
Letztere werden auch als „Turbograb“<br />
bezeichnet, weil die aus Beton errichtete<br />
Kam mer den Verwesungsprozess<br />
beschleunigen und damit die Belegzeit<br />
verringern soll. Bisher realisierte Lösungen<br />
werden derzeit sowohl unter<br />
ökonomischen als auch ethischen Kriterien<br />
heftig diskutiert.<br />
Eine weitere Tendenz führt zu den<br />
„Friedwäldern“. Die Individualisierung<br />
der Gesellschaft trägt dazu bei. Das He<strong>im</strong>atgefühl,<br />
einer Gemeinde, einem Dorf<br />
zuzugehören, einer Gemeinschaft der<br />
Lebenden und Toten, ist für viele Menschen<br />
nicht mehr gegeben. Auch wenn<br />
man lange an einem Ort wohnt, fühlen<br />
sich viele seinen Menschen und seiner<br />
Geschichte nicht unbedingt zugehörig.<br />
Auch wohnen junge Menschen nicht<br />
mehr dort, wo ihre Eltern beerdigt werden,<br />
und ältere Menschen denken darüber<br />
nach, wer ihr Grab pflegen<br />
wird. Das alles fördert den Wunsch<br />
nach Friedwäldern, die keine Grabpflege<br />
verlangen. In der Gemeinde Möhnesee<br />
war zu hören, man wolle seinen Ange<br />
hörigen einen Platz zum Trauern hinterlassen,<br />
aber keinen Kleinstgarten mit<br />
Pflegeverpflichtung. Hier wurde <strong>im</strong> Februar<br />
2007 über einen Friedwald abgest<strong>im</strong>mt,<br />
wobei die erforderliche St<strong>im</strong> -<br />
menzahl nur knapp verfehlt wurde. 27<br />
St<strong>im</strong>men fehlten für das erforderliche<br />
Quorum von 20 Prozent.<br />
Die christlichen Kirchen lehnen diese<br />
Form der Bestattung nicht rundweg ab.<br />
Wenn man sagt, es widerspreche dem<br />
Verständnis eines christlichen Friedhofs,<br />
Menschen ohne Namen beizusetzen, so<br />
muss der Friedwald nicht darunter fallen.<br />
Das Konzept Pro-Friedwald sieht<br />
vor, jeden Baum zu kennzeichnen, jede<br />
Grab stelle zu registrieren, um möglicher<br />
Anonymität auszuweichen. „Um jeden<br />
Baum gibt es ca. 10 Grabstellen. Es<br />
gibt Einzelgräber, Familienbäume und<br />
Freund schaftsbäume. Jeder kann an<br />
‚seinem‘ Baum eine Tafel mit Namen<br />
oder auch mit einem Inschriftspruch anbringen<br />
lassen.“ Insgesamt führt die Ent -<br />
wicklung zu Bestattungen zurück, wie<br />
sie in vorchristlicher Zeit möglich waren,<br />
jedoch erheblich individualistischer,<br />
denn das Gräberfeld der Völkerwande -<br />
rungszeit spiegelte die soziale Gliederung<br />
der Lebenden.<br />
Die Grabmale<br />
Die Friedhöfe des 19. Jahrhunderts<br />
sind wahre Museen liebevoller Fami -<br />
lienbeziehungen, wobei die Denkmale,<br />
Der grüne Rasen, der hier alle Kriegsgräber<br />
gleichmäßig deckt, wäre eine gute Lösung<br />
für manchen Friedhofsbereich.<br />
Stattdessen möglichst viel Grab unter<br />
poliertem Stein zu halten,<br />
um nur min<strong>im</strong>alen Pflegeaufwand zu haben,<br />
führt zum Ende einer Friedhofskultur.<br />
welche die Trauer um den Tod der Angehörigen<br />
schildern, augenscheinlich zu<br />
den Grabmälern der Reichen gehö ren.<br />
Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />
spiegeln sich auch auf unseren<br />
Friedhöfen, zumal jenen des katholischen<br />
Sauerlandes, die Geschichten der<br />
tonangebenden Familien. Die Gruf ten<br />
haben ungewöhnlich große Aus maße,<br />
bis zu acht und mehr Grabbreiten. Die<br />
Denkmalwand verzeichnet bis zum heutigen<br />
Tag die Abfolge der Gene ration, oft<br />
auch Verzweigungen in die weitere Verwandtschaft.<br />
Während sich in stärker<br />
entkirchlichten Gegenden eine Skulpturen-Szene<br />
entfaltete, die mit trauernden<br />
Engeln oder sonstigen allegorischen Motiven<br />
einer pathetischen Trauer Ausdruck<br />
gibt, greifen die aufwändigen<br />
Grabmale sauerländischer Friedhöfe<br />
durchweg auf christliche Szenen zurück:<br />
Da untersteht das Familiengrab dem Bild<br />
der Schmerz haften Mutter mit dem toten<br />
Jesus auf ihrem Schoß, oder es wird ein<br />
Auferstehungssymbol gewählt.<br />
Auf den meisten Friedhöfen sind diese<br />
Familiengruften verschiedener Ge -<br />
nera tionenfolgen <strong>im</strong> Schwinden. Viele<br />
sind bereits aufgegeben oder auf die Gräber<br />
der letzten Generation reduziert worden.<br />
Damit verliert der Friedhof seine<br />
Geschichtlichkeit, zumal die alten Grabdenkmäler<br />
verschwinden. Wenn es nur<br />
noch die Gräber der letzten dreißig Jahre<br />
gibt, und die Erinnerung an voraus -<br />
gegangene Generationen sich ganz verliert,<br />
verbindet sich mit dem Friedhof ein<br />
permanentes Abräumen. Auf diesem<br />
Wege sind großartige Denkmale, welche<br />
die Stilrichtungen der letzten zweihundert<br />
Jahre vertraten, vernichtet worden.<br />
Nur in seltenen Fällen hat der Zufall oder<br />
der besondere Standort einige Grab -<br />
steine aus Sandstein aus dem 18. Jahrhundert<br />
bewahren helfen. Was sich heute<br />
als Grabmal darstellt, ist in der Mehrheit<br />
polierter Granit. Die allgemeine<br />
Tendenz zielt darauf hin, mit liegenden<br />
Platten möglichst viel Grabfläche abzudecken,<br />
um nur sehr geringen Pflegeaufwand<br />
zu haben.<br />
Um der Tendenz zu wehren, die Gräber<br />
nur noch als lästige Aufgabe zu sehen<br />
und Arbeit und Kosten zu sparen, könnte<br />
die Friedhofsordnung – wie etwa in<br />
Drolshagen – folgende Best<strong>im</strong>mung aufnehmen: