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Sparkassen im Hochsauerlandkreis - Sauerländer Heimatbund e.V.

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SAUERLAND NR. 4/2009 199<br />

suren: „blitzhafte Schläue, schwerfällige<br />

Tücke, tapsige Zärtlichkeit und rührende<br />

Geduld“.<br />

Unter dem Druck der materiellen Not<br />

(das bäuerliche Dasein war hart, entbehrungsreich<br />

und lohnte kaum die Mühen),<br />

aber auch angelockt vom (vermeintlich)<br />

„Goldenen Westen“ mit seinen „schwarzen<br />

Diamanten“ (der Kohle) zogen schon Ihre<br />

Großväter und Anverwandten ins prosperierende<br />

Ruhrgebiet: nach Wanne-Eickel,<br />

nach Castrop-Rauxel, vor allem aber nach<br />

Gelsenkirchen, dem „Masuren-Zentrum“,<br />

wie es seinerzeit hieß.<br />

Ihre persönliche Geschichte wie auch<br />

die Ihrer Vorfahren war freilich gekennzeichnet<br />

durch tiefgreifende Verwerfungen.<br />

Es gab – bedingt durch das, was wir „Weltgeschichte“<br />

nennen – den ideologisch verordneten<br />

Hass, die künstlich gesäte Zwietracht,<br />

den abstrusen Rassenwahn und<br />

das große Völkermorden, das auch über<br />

Masuren hinwegzog.<br />

Es gab letztendlich – als bittere Frucht<br />

von alledem – den Verlust von He<strong>im</strong>at,<br />

Haus und Hof <strong>im</strong> Schreckenswinter 1945,<br />

auf der großen Flucht, „der dritten“, wie<br />

Sie akribisch vermerken (zwe<strong>im</strong>al zu Beginn<br />

des 1. WK und das dritte Mal in den<br />

Januartagen des Jahres 1945).<br />

Sie haben unter dem Eindruck des Grauens,<br />

das sie als 11-jähriger erlebten, den<br />

Frauen (den Müttern zumal und nicht zuletzt<br />

der eigenen Mutter) ein ergreifendes<br />

Denkmal gesetzt:<br />

Das waren die Stunden der Frauen,<br />

der Mütter in eisiger Nacht.<br />

Sie haben die Kinder durchs Grauen<br />

der Flucht und des Krieges gebracht.<br />

Schlafe mein Kind,<br />

ich halte dich warm,<br />

träume vom Sommerwind.<br />

Schlafe mein Kind,<br />

ich halt' dich <strong>im</strong> Arm,<br />

träume mein Kind,<br />

ich halte dich warm,<br />

bis wir <strong>im</strong> Frieden sind.<br />

Im Jahre 1946 „landeten“ – vielleicht<br />

besser: strandeten Sie <strong>im</strong> Ruhrgebiet, genauer<br />

gesagt: in Hüls (dem späteren Marl-<br />

Hüls). Mit 14 Jahren, also 1949, wurden<br />

Sie Berglehrling auf der dortigen Zeche<br />

„Auguste Victoria“. Sie arbeiteten dort unter<br />

Tage bis 1960. Ihr Gedicht „Schwarze<br />

Diamanten“ darf als eindringliches Zeugnis<br />

dieser Zeit gelten; mit ihm haben Sie zugleich<br />

der Knochenarbeit, der „Maloche“,<br />

aller masurischen Bergleuten <strong>im</strong> Ruhrgebiet<br />

die St<strong>im</strong>me des Dichters geliehen:<br />

Schwarze Diamanten<br />

lockten sie ins Land;<br />

wo die großen Feuer brannten,<br />

und <strong>im</strong> Schacht die sonnenfernen,<br />

staubbedeckten, unbekannten<br />

Männer, die sich Kumpel nannten,<br />

kämpften mit der Kohlenwand.<br />

Sie sind von Osten gekommen,<br />

dort wo die Sonne aufgeht.<br />

Sie haben Arbeit gesucht und<br />

bekommen,<br />

die ihnen das Licht ihrer Tage<br />

genommen,<br />

<strong>im</strong> Dunkel der Erde, <strong>im</strong> Streb.<br />

Sie sind nach Westen gegangen,<br />

dort wo der Abend verglüht.<br />

Doch sie blieben <strong>im</strong> Herzen vom<br />

Osten gefangen,<br />

wenn sie den Traum von der He<strong>im</strong>at<br />

einst sangen,<br />

dann war ihre Sehnsucht <strong>im</strong> Lied.<br />

Schwarze Diamanten<br />

lockten sie ins Land;<br />

wo die großen Feuer brannten,<br />

und <strong>im</strong> Schacht die sonnenfernen<br />

staubbedeckten, unbekannten<br />

Männer, die sich Kumpel nannten,<br />

kämpften mit der Kohlenwand.<br />

Masuren und Ruhrgebiet – zwei komplementäre<br />

Schlüsselbegriffe! Doch wenn<br />

ich’s recht verstanden habe, ist „Masuren“<br />

das Grundmotiv Ihrer „Lebensmelodie“!<br />

Und es scheint, als schlösse sich <strong>im</strong><br />

Alter der Kreis. Die Bibliographie Ihrer<br />

Werke legt diesen Schluss nahe: So haben<br />

Sie nach der „Gnadenhochzeit“ vor<br />

zwei Jahren, 2007, „Masuren – des<br />

Ruhrgebiets vergessener Osten“ veröffentlicht,<br />

und noch unlängst, 2008, erschien<br />

„Märchenland Masuren“ (Untertitel:<br />

,Märchen und Sagen aus dem Land<br />

der dunklen Wälder und kristallnen<br />

Seen’). Dazwischen, 1989 (Zweitauflage<br />

1990), liegt noch die Veröffentlichung<br />

des bilingualen, auf deutsch und<br />

polnisch erschienenen Romans „Morgenlicht<br />

und wilde Schwäne – ein Sommer<br />

in Masuren“.<br />

Wenn Sie das Bild gestatten: Um den<br />

Kern „Masuren“ legen sich wie konzentrische<br />

Kreise die Begriffe Ost-West,<br />

Polen-Deutschland. Was also mit der<br />

Schilderung der engeren masurischen<br />

He<strong>im</strong>at beginnt; was sich mit der der<br />

zweiten He<strong>im</strong>at, des Ruhrgebietes, fortsetzt,<br />

weitet sich aus zur Begegnung<br />

zweier Kulturnationen, Deutschland und<br />

Polen, und gipfelt in Versöhnung der<br />

einstigen Gegner.<br />

Ihnen, verehrter Herr Somplatzki, fällt<br />

das Verdienst zu, all dies in Werk und Tat<br />

geleistet zu haben. Sie haben hierfür etliche<br />

Opfer gebracht, ideelle wie materielle.<br />

Mit innerer Folgerichtigkeit sind Sie<br />

schließlich zum Grenzgänger und „Botschafter“<br />

zweier Welten geworden. Unter<br />

Ihren Händen wuchs das interkulturelle<br />

Gespräch zwischen Deutschen und<br />

Polen – die berühmten „Spotkania“-<br />

„Begegnungen“ – zu Ihrem Lebenswerk<br />

heran. Die Stationen Ihres Lebens und<br />

Schaffens (die wir hier der Zeitnot wegen<br />

leider nicht herzählen können) geben<br />

ein eindrucksvolles Zeugnis davon.<br />

Bekanntlich will die Tragödie auch ihre<br />

Komödie! – Die Begegnung der beiden<br />

so geschichtsbeladenen Welten in Ihrem<br />

Werk entbehrt nicht des warmherzig-humorvollen<br />

Lokalkolorits. Da gäbe es als<br />

Beispiel der „Schalker Kreisel“:<br />

Der Schalker Kreisel<br />

Masurische Hauptstadt<br />

<strong>im</strong> Kohlenrevier,<br />

das war Gelsenkirchen<br />

und Schalke-Null-Vier.<br />

Auf Zeche Bismark<br />

und Consolidation,<br />

verdienten Masuren<br />

sich kargen Lohn.<br />

Aber Kohle war nicht alles,<br />

wie man ja weiß:<br />

Nach der Arbeitswoche in Staub<br />

und in Schweiß,<br />

da zog sich mancher Kumpel<br />

die gute Jacke an<br />

und ging sonntags auf Schalke -<br />

inne Glückauf-Kampfbahn:<br />

Es geht der Sch<strong>im</strong>anski,<br />

Burkatzki, Somplatzki,<br />

Dombrowski, Milewski,<br />

Schikowski, Nowacki,<br />

Berzinski, Grabowski,<br />

Koslowski, Tilkowski,<br />

Abramczik und Braese gehen mit –<br />

und fünf Kostgänger der Witwe<br />

Schmitt!<br />

Denn <strong>im</strong> Stadion dreht sich der<br />

Schalker Kreisel,<br />

blau-weiß das Trikot<br />

und den Ball dicht am Fuß.

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