Schweisstechnisches Hanbuch Schienenfahrzeugbau Leseprobe
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iss des Fahrzeuges, die aufzunehmenden Belastungen und die Angriffspunkte der Kräfte<br />
bestimmt. Hauptaufgabe des Konstrukteurs ist es, den Kräfteverlauf möglichst flüssig zu<br />
gestalten. Die Blechbauweise gestattet, mit Hilfe der Schweißtechnik jeden erforderlichen<br />
Trägerquerschnitt herzustellen. Der Querschnitt kann in der Formgebung den örtlichen<br />
Beanspruchungen angepasst werden. Es ist ohne Weiteres möglich, die Bauhöhe oder die Gurtbreite<br />
je nach dem Biegungsmoment zu verändern und damit den Werkstoff bei entsprechender<br />
Bemessung der Einzelteile (Stege und Gurte) weitgehend auszunutzen. Andererseits erfordert<br />
die Blechbauweise umfangreiche Schweißarbeiten, die erhebliche Schrumpfungen und Verziehungen<br />
bewirken. Diese Nachteile können besonders beim Stahlleichtbau, wirtschaftlich<br />
gesehen, ausschlaggebend sein. Deshalb muss geprüft werden, welches Bauelement – geschweißter<br />
Blechträger oder Profil – im jeweiligen Fall am zweckmäßigsten zu wählen ist.<br />
7. Beim Entwurf eines geschweißten Fahrgestelles muss neben der Beachtung der konstruktiven<br />
Gesichtspunkte auch eine möglichst einfache Herstellung in der Werkstatt angestrebt werden,<br />
dazu ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Konstrukteur und Fertigung erforderlich.<br />
Geschweißte elektrische Lokomotiven der Baureihe E 44<br />
Die erste elektrische Lokomotive mit ganz geschweißtem Fahrgestell wurde etwa 1930 zunächst<br />
versuchsweise in Dienst gestellt. Der Beginn der Konstruktionsarbeiten dürfte bis in das Jahr 1928<br />
zurückreichen.<br />
Versuchslokomotive Reihe E 44, Bauart Siemens-Schuckert-Werken (SSW)<br />
Beurteilt man das Fahrgestell dieser Versuchslokomotive, Bild 1-7, nach den aufgeführten<br />
Konstruktionsgrundsätzen, so ist zunächst festzustellen, dass die Nietung vollständig fehlt. Die<br />
Entwicklung ging hier nicht – wie im Wagenbau – über die geschweißte Nietkonstruktion. Der<br />
Konstrukteur hat hier eine den besonderen Bedingungen der Schweißtechnik angepasste, neuartige<br />
Lokomotivkonstruktion geschaffen. Rückschauend lässt sich ohne Übertreibung sagen, dass diese<br />
Konstruktion für die damalige Zeit als ein großes Wagnis und als bahnbrechend bezeichnet werden<br />
kann. Sie ist richtungweisend für den gesamten <strong>Schienenfahrzeugbau</strong> geworden. Für dieses<br />
Fahrgestell wurde erstmals vorwiegend das Bauelement Blech verwendet. Vorbildlich ist hier<br />
bereits die Abdeckung der Brücke gelöst worden, Bild 1-8. Die konstruktive Forderung, dass bei<br />
geringstem Gewicht überall die größtmögliche gleiche Festigkeit erreicht werden soll, ist<br />
weitgehend erfüllt. Bei der Nietbauart bedingen die Abdeckungen vielfach eine unerwünschte<br />
Gewichtsvermehrung, da sie für die Rechnung nicht voll berücksichtigt werden können. Bei<br />
Schweißkonstruktionen dagegen ist es ohne weiteres möglich, diese Deckbleche zugleich als<br />
Obergurte zu verwenden und in die Rechnung als volltragend einzusetzen.<br />
Bild 1-7. Brückenträger<br />
der Versuchs-Lokomotive,<br />
Bauart Siemens-<br />
Schuckert; Unterseite.<br />
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