Ausgabe 12/2010 - Landesärztekammer Brandenburg
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Gesundheitskarten, denn ohne den<br />
Ausweis können Funktionen der Karte<br />
nicht genutzt werden. Er ist damit die<br />
Eintrittskarte in die Telematikstruktur<br />
des Gesundheitswesens. Entscheidendes<br />
Element ist ein Mikroprozessorchip<br />
mit den wesentlichen Funktionen Authentifikation,<br />
digitale Signatur sowie<br />
Ver- bzw. Entschlüsselung. Damit können<br />
Ärztinnen und Ärzte zukünftig auf<br />
die Patientendaten der elektronischen<br />
Gesundheitskarte zugreifen. Insgesamt<br />
kann man davon ausgehen, dass der<br />
elektronische Arztausweis die Arbeit<br />
der Ärztinnen und Ärzte wesentlich erleichtern<br />
wird.<br />
Dr. med. Jürgen Fischer<br />
Was war für Sie das bedeutendste<br />
Ereignis des Jahres <strong>2010</strong> und was<br />
ist von der Ärzteschaft 2011 gefordert?<br />
Ein besonderes Ereignis in diesem<br />
Jahr war der 20. Jahrestag der Gründung<br />
unserer <strong>Landesärztekammer</strong>.<br />
Einen Meilenstein in der ärztlichen<br />
Selbstverwaltung stellt die Evaluation<br />
der Weiterbildung dar. Hier wurde ein<br />
zentrales Alltagsproblem aufgegriffen:<br />
die Ausbildung unseres Medizinernachwuchses.<br />
Fachärzte und Weiterbildungsassistenten<br />
sind gleichermaßen<br />
gefordert, wenn die Weiterbildung<br />
verbessert werden soll. Die Diskussion<br />
zur elektronischen Gesundheitskarte<br />
hat gezeigt, dass sie so nicht kommen<br />
darf, wie sie uns präsentiert wird.<br />
Resümee: Gerade jetzt in den Zeiten,<br />
in denen das Gesundheitswesen nachhaltig<br />
umgestaltet wird, ist eine scharfe<br />
Aufmerksamkeit der Ärzteschaft unerlässlich.<br />
Wir dürfen nicht davon ausgehen,<br />
dass politische Entscheidungen<br />
a priori sachlich richtig sind. Wir<br />
müssen uns am Gestaltungsprozess<br />
aktiv beteiligen und unsere demokratischen<br />
Bürgerrechte auf die Berufspolitik<br />
übertragen anders ist der Arztberuf<br />
in seinem Status als freier Beruf nicht<br />
zu erhalten.<br />
Dr. med. Renate Schuster<br />
Gibt es aus Ihrer Sicht konkrete<br />
Maßnahmen, die im Hinblick auf<br />
die Bekämpfung des Ärztemangels<br />
KammerInformatIonen/GesundheItspolItIK<br />
dringend eingeleitet werden müssen?<br />
Lösungsansätze aus meiner Sicht: 1.<br />
Feststellung, dass das Nachwuchsproblem<br />
im Bereich der ärztlichen Patientenversorgung<br />
allem ein gesellschaftliches<br />
und wenigerein innerärztliches<br />
Problem ist. 2. Sowohl in der universitären<br />
Aus- als auch in der gebietsärztlichen<br />
Weiterbildung Vermittlung von<br />
Alltags- und Praxisnähe anstelle von<br />
hochwissenschaftlichen Ansätzen. 3. In<br />
der Weiterbildung (u. a. zum Facharzt<br />
für …) fachgebietsunabhängige Förderung,<br />
gegebenenfalls mit Maßnahmen<br />
zum Anreiz bezüglich späterer Arbeitsstellen<br />
oder Arbeitsstandorte. 4. Festgelegte<br />
Kontrollen der zeitlichen und<br />
inhaltlichen Abläufe der Gebietsarztweiterbildung<br />
mit dem Ziel, die Weiterbildungszeit<br />
auf fünf Jahre zu begrenzen<br />
und für Weiterbildungsleiter<br />
eine Rechenschaftspflicht einzuführen,<br />
wenn der zeitliche Rahmen überschritten<br />
oder planmäßige Inhalte nicht erfüllt<br />
werden. 5. Eine überschaubare<br />
und transparente Bedarfsplanung, bezogen<br />
auf die Bevölkerungssituation<br />
(Wanderungsbewegungen, Alterspyramide),<br />
die situativ flexibel angepasst<br />
werden kann.<br />
Dr. med. Volkmar Skerra<br />
Welches berufs- bzw. standespolitische<br />
Thema wird im Jahr 2011<br />
für die Ärzteschaft in <strong>Brandenburg</strong><br />
von großer Bedeutung sein?<br />
Auch im Jahr 2011 wird sich die Ärzteschaft<br />
vor große Herausforderungen<br />
gestellt sehen.<br />
Im Zuge der Kostenersparnisse und<br />
dem Veränderungswahn der politisch<br />
Agierenden werden insbesondere die<br />
Versuche mit Hilfe von Selektivverträgen<br />
und hier speziell mit Bereinigungsverträgen<br />
in der Hausarztzentrierten<br />
Versorgung einen Entfremdungsprozess<br />
der Vertragsärzteschaft mit dem<br />
Solidar- und Kollektivsystem einzuleiten<br />
eine weiterhin nicht zu unterschätzende<br />
Bedrohung unserer ärztlichen<br />
Tätigkeit darstellen.<br />
Diese Bestrebungen stellen große<br />
Gefahren für die Gesamtheit der Ärzte<br />
und ihr geschlossenes Auftreten gegenüber<br />
jenen politischen Bestrebungen,<br />
ihre traditionell hohen ethischen<br />
Verpflichtungen gegenüber ihren Patienten<br />
derart zu modifizieren, dass die<br />
Kosten für Therapie und Diagnostik<br />
unser ärztliches Denken bestimmt und<br />
nicht das Wohl unserer Patienten. Die<br />
gezielte Förderung von Partikularinteressen<br />
einzelner Ärztegruppen zielt raffiniert<br />
auf das Auseinanderbrechen der<br />
Phalanx gegenüber politischen Forderungen,<br />
das deutsche Gesundheitssystem<br />
immer mehr unter Marktgesichtspunkten<br />
zu sehen.<br />
Die Verteidigung des Kollektivvertragssystems<br />
stellt aus meiner Sicht<br />
die größte Bewährungsprobe für uns<br />
Vertragsärzte, gleich welcher Fachärzte,<br />
dar und sollte als Grundvoraussetzung<br />
weiterer unabhängiger Berufsausübung<br />
von uns Ärzten verstanden<br />
werden.<br />
Dr. med. Hanjo Pohle<br />
Wie wird sich die Zusammenarbeit<br />
von niedergelassenen und angestellten<br />
Ärzten im Hinblick auf die<br />
gesteigerten Aufgaben in naher<br />
Zukunft entwickeln?<br />
Niedergelassene und angestellte Ärzte<br />
werden insbesondere in den Randbereichen<br />
mittels netzwerkähnlicher<br />
Strukturen die medizinische Sicherstellung<br />
vor Ort organisieren. Da eine Abnahme<br />
des bürokratischen Zeitaufwandes<br />
nicht zu erwarten ist, wird eine<br />
elektronische Befundübermittlung (im<br />
weiteren Sinne auch Telemedizin) eine<br />
zunehmende Rolle spielen.<br />
Hier kann der elektronische Arztausweis<br />
helfen. MVZ als Einweisungsportale<br />
für Kliniken werden in zunehmender<br />
Zahl entstehen und auch weiterhin<br />
„niedergelassene Arztpraxen“ übernehmen,<br />
aber auch teilweise in Konkurrenz<br />
zu den niedergelassenen Ärzten,<br />
insbesondere den Fachärzten, geraten.<br />
Als Vertreter der niedergelassenen<br />
Ärzte und angestellten Ärzte im ambulanten<br />
Bereich wäre eine starke KV als<br />
Vertragspartner gegenüber den fusionierenden<br />
Krankenkassen wünschenswert.<br />
Selektivverträge jeder Art schwächen<br />
den ärztlichen Sektor und gefährden<br />
die flächendeckende Versorgung.<br />
Dipl.-Med. Hubertus Kruse<br />
<strong>Brandenburg</strong>isches Ärzteblatt <strong>12</strong> • <strong>2010</strong> | 13<br />
Dr. med. Renate Schuster<br />
Foto: 4iMEDIA<br />
Dr. med. Volkmar Skerra<br />
Foto: 4iMEDIA<br />
Dr. med. Hanjo Pohle<br />
Foto: 4iMEDIA<br />
Dipl.-Med. Hubertus Kruse<br />
Foto: 4iMEDIA