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Grundschule aktuell 123

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Praxis: Pädagogik für arme Kinder<br />

Anstrengung, sich auf einen Text zu<br />

konzentrieren, ihn in mühevoller Handarbeit<br />

zusammenzusetzen, den »Satz«,<br />

wie die Drucker sagen, mit Farbe einzuwalzen,<br />

Blatt für Blatt abzudrucken –<br />

das alles wird belohnt durch das Druckergebnis.<br />

Der Erfolg der Arbeit ist und<br />

bleibt begreifbar. Die Kinder sind stolz<br />

auf ihre Werke. Ihre Arbeit hat Sinn<br />

gehabt, das »Werk« hält ihn fest.<br />

Der Vorgang des Setzens ist ein langsamer<br />

Prozess, bei dem der Text Buchstabe<br />

für Buchstabe »in die Hand«<br />

genommen wird: Vom Greifen der Buchstaben<br />

zum Begreifen des geschriebenen<br />

Wortes. Dabei bleibt Zeit, um über konkrete<br />

Schreibung von Wörtern nachzudenken,<br />

sich Rat einzuholen und den<br />

Schriftsatz zu korrigieren. Beim Verfassen<br />

und Drucken freier Texte stehen die<br />

Erfahrungen und Interessen der Kinder<br />

und Jugendlichen im Vordergrund.<br />

Andreas Schröder weiß: »Kinder<br />

brauchen die Kinderdruckwerkstatt mit<br />

ihren vielfältigen Projekten, damit ihre<br />

Motivation zum Lesen und Schreiben<br />

geweckt und aufrechterhalten sowie<br />

ihr Wille zum Lernen gefördert werden<br />

kann.« Alle Schritte der Text- und<br />

Buchproduktion können hier realisiert<br />

werden: vom Papierschöpfen und Marmorieren<br />

über das Verfassen, Setzen,<br />

Illustrieren und Drucken eigener Texte<br />

bis hin zum Binden von Broschüren<br />

und Büchern.<br />

Für Kinder im Vorschulalter sind<br />

eintägige Projekte geeignet, bei denen<br />

sie beispielsweise einzelne Buchstaben<br />

oder ihren Namen gestalten, mit Handwalzen<br />

farbige Papiere herstellen und<br />

mit Naturmaterialien drucken. Kinder<br />

im Grundschulalter können z. B. ein<br />

eigenes Alphabet, Einladungen, Plakate<br />

u. Ä. herstellen, kurze Texte setzen,<br />

illustrieren und drucken sowie Papier<br />

marmorieren. Ist das Interesse bei<br />

Schülern und Pädagogen geweckt, ergeben<br />

sich häufig langfristige Projekte.<br />

Die Angebote der Kinderdruckwerkstatt<br />

richten sich auch an Kinder und<br />

Jugendliche mit intellektuellen, körperlichen<br />

und sprachlichen Beeinträchtigungen<br />

oder Verhaltensauffälligkeiten.<br />

Ein Stück gelebte Inklusion.<br />

Das Projekt »ABC-Zwerge«<br />

»Schrift wird in den Familien unserer<br />

Kinder oft negativ bewertet. Sie<br />

erscheint oft sogar bedrohlich als Rechnung,<br />

Mahnung oder Vorladung. Meist<br />

nichts Gutes«, weiß Andreas Schröder<br />

zu berichten. Kinder aus dem sozialen<br />

Brennpunkt beim Übergang vom Kindergarten<br />

in die Schule fördernd zu<br />

begleiten ist das Ziel des Projekts »ABC-<br />

Zwerge«. »Prävention von Schulversagen<br />

durch Verbesserung der Ausgangsbedingungen<br />

zum Schriftspracherwerb<br />

und damit Vermeidung von Leistungsversagen<br />

und Verhaltensschwierigkeiten«,<br />

so wird das Vorhaben im Konzept<br />

beschrieben, die Zielgruppe »sind<br />

Kinder aus sozial benachteiligten sowie<br />

schriftfernen Milieus, die sich im letzten<br />

Kindergartenjahr befinden bzw.<br />

im laufenden Kalenderjahr eingeschult<br />

werden, sowie deren Eltern und ggf.<br />

deren Geschwister«. Bis 2011 wurde das<br />

Projekt von der Stadt Halle mit öffentlichen<br />

Mitteln gefördert, die Förderung<br />

wurde eingestellt. Sparpolitik: »freiwillige<br />

Leistungen« werden einfach gestrichen.<br />

Nein, solche Leistungen können<br />

nicht »freiwillig« sein. Sie sind Pflichtaufgabe,<br />

wenn denn Bildung ein öffentliches<br />

Gut ist!<br />

Die Auswahl der Kinder für das Projekt<br />

beginnt mit einer diagnostischen<br />

Einschätzung des Entwicklungsstandes<br />

und der familiären Situation durch die<br />

Erzieherinnen in den Kindertagesstätten.<br />

Bedingung für die Teilnahme ist in<br />

jedem Fall, dass die Familie mitwirkt,<br />

sich insbesondere auf die aufsuchende<br />

Arbeit im häuslichen Milieu einlässt. In<br />

der Regel erfolgt alle vier Wochen ein<br />

Hausbesuch. Nicht mehr als ein Dutzend<br />

Kinder sind es, die an diesem so<br />

wichtigen Projekt teilnehmen können.<br />

Sie bilden eine feste Gruppe, die über<br />

ein ganzes Jahr auf den Erwerb von<br />

Schreib- und Lesekompetenz vorbereitet<br />

und begleitend unterstützt werden:<br />

Während der Kindergartenzeit treffen<br />

sich die Kinder zweimal wöchentlich,<br />

nach der Einschulung einmal in der<br />

Woche.<br />

In der Vorschulzeit lernen die Kinder<br />

z. B., mit einfachen Zeichnungen etwas<br />

zu notieren (Einkaufszettel, Wunschzettel,<br />

kurze Nachrichten), sie sammeln<br />

Firmenlogos, Markensymbole, Automatenbeschriftungen<br />

oder Autokenn-<br />

24 GS <strong>aktuell</strong> <strong>123</strong> • September 2013

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