Tadelakt_2011_Nr_285.pdf 1419KB 08.09.2012
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Manuel Bühler<br />
<strong>Tadelakt</strong><br />
Manuel Bühler<br />
TADELAKT
INHALT<br />
Vorwort................................................................. 7<br />
1 Grundlagen ........................................................ 9<br />
1.2 Kalk brennen und löschen ............................................... 10<br />
1.3 Der Kalkkreislauf........................................................ 11<br />
2 Werkzeuge und Hilfsmittel ........................................... 13<br />
2.1 Werkzeuge.............................................................. 14<br />
2.2 Polierseife .............................................................. 16<br />
2.3 Pigmente ............................................................... 17<br />
2.4 Einfärben von <strong>Tadelakt</strong> .................................................. 18<br />
2.5 Kalkechte Pigmente ..................................................... 19<br />
3 Untergründe und Verarbeitung ........................................ 27<br />
3.1 Untergründe ............................................................ 28<br />
3.2 Verarbeitung ............................................................ 32<br />
3.3 Arbeitsleistung und Materialverbrauch. ................................... 41<br />
4 Pflege, Reinigung und Reparaturen . ................................... 43<br />
4.1 Pflege und Reinigung .................................................... 44<br />
4.2 Reparaturen ............................................................ 44<br />
5 <strong>Tadelakt</strong> im heutigen Baualltag ....................................... 45<br />
5.1 <strong>Tadelakt</strong> aus baubiologischer Sicht ....................................... 47<br />
5.2 <strong>Tadelakt</strong> aus bauphysikalischer Sicht ..................................... 48<br />
6 Projekt «Regionaler <strong>Tadelakt</strong>» . ....................................... 51<br />
6.1 Vorwort................................................................. 52<br />
6.2 Marokkanischer und schweizer Kalk im Vergleich . ......................... 52<br />
6.3 Der Testofen ............................................................ 58<br />
6.4 Brenn- und Verputzproben ............................................... 59<br />
6.5 Planung eines Kalkofens und Abwärmenutzung ........................... 63<br />
Schlusswort ............................................................ 67<br />
Glossar ................................................................. 68<br />
Quellen ................................................................. 70<br />
Dank . .................................................................. 71<br />
3
Alles was wir uns ausdenken<br />
an Formen und Farben,<br />
hat die Natur<br />
bereits erfunden.<br />
(Unbekannt)
VORWORT<br />
Vor rund sieben Jahren bin ich zum ersten Mal auf die <strong>Tadelakt</strong>-Technik aufmerksam<br />
geworden. In einem Laden mit marokkanischen Importwaren stand ein kleiner Tisch<br />
mit gusseisernem Gestell und einer wundersam schimmernden, verputzähnlichen<br />
Tischplatte. Auf meine Nachfrage hin wurde mir erklärt, dass sich dieses Material «Ta-<br />
delakt» nenne und ein reiner Kalkverputz sei.<br />
Fasziniert von der schimmernden, glatten Oberfläche wurde ich neugierig und suchte<br />
nach jemandem, der mir dieses Handwerk beibringen könnte. In einem <strong>Tadelakt</strong>kurs<br />
durfte ich erste Mustertafeln anfertigen und eine Wand verputzen. Seither beschäftige<br />
ich mich mehr oder weniger intensiv mit dieser Verputztechnik.<br />
<strong>Tadelakt</strong> leitet sich vom arabischen Verb «dellek» ab, was soviel heisst, wie massieren,<br />
einreiben. Der Begriff meint also «massiert», «eingerieben».<br />
Zu entdecken, dass <strong>Tadelakt</strong> eine gute Alternative zu Keramikplatten und kunstharz-<br />
vergüteten Spachtelmassen und -Klebern ist, war für mich eine kleine Erleuchtung.<br />
Versuche mit verschiedenen Untergründen, Vorbehandlungen, Formen und Farben,<br />
sowie Versuche mit nachgebauten <strong>Tadelakt</strong>mischungen, haben meine Faszination für<br />
dieses edle und dauerhafte Naturprodukt verstärkt.<br />
Viele Menschen kennen Kalk nur als lästige Ablagerung an Gläsern, Pfannen und Ge-<br />
räten. Sie sind sich nicht bewusst, dass Kalkmörtel, Kalkverputze und Kalkfarben die<br />
Baugeschichte seit Beginn unserer Zeitrechnung geprägt haben. Mit dem Verschwin-<br />
den der traditionellen Kalkanwendungen ist die Skepsis gegenüber diesen hochwerti-<br />
gen Produkten gestiegen. Das Misstrauen gegenüber dieser Verputztechnik ist relativ<br />
gross. Aussagen wie «Das hält doch nicht! Ist das überhaupt dicht? Das ist viel zu teu-<br />
er!», kennt jede/r <strong>Tadelakt</strong>verarbeiter/in zur Genüge.<br />
In verschiedenen Ländern, vom Mittelmeerraum bis zum Mittleren Osten, haben die<br />
Menschen bereits vor mehreren tausend Jahren Lehmbauten mit Kalkverputzen über-<br />
zogen, um sie besser vor Verwitterung zu schützen.<br />
Obwohl es praktisch keine geschichtlichen Überlieferungen zum Thema <strong>Tadelakt</strong> gibt,<br />
weiss man anhand von Funden, dass diese wasserabweisende Verputztechnik bereits<br />
vor 2000 Jahren zum Abdichten von Zisternen und Wasserleitungen eingesetzt wurde.<br />
Das Wissen über dieses komplexe Handwerk wird bis heute mehrheitlich mündlich von<br />
Generation zu Generation weitergegeben. Vor gut zwei Jahrtausenden haben die Römer<br />
den Zement entdeckt. Von diesem Moment an haben sich auch in Südeuropa, nament-<br />
lich in Italien, stark verdichtete glatte Verputze, wie Stucco und Marmorino entwickelt.<br />
Wie genau sich die verschiedenen Techniken im Laufe der Zeit gegenseitig beeinflusst<br />
haben, ist nicht geklärt.<br />
Nach wie vor gibt es relativ wenig Literatur zum Thema <strong>Tadelakt</strong>. Was ich bei vielen Ar-<br />
tikeln und Beiträgen vermisse, ist eine ganzheitliche Behandlung des Themas, ohne die<br />
Absicht, ein eigenes Produkt zu verkaufen. Für mich ist dies ein Ansporn, eine möglichst<br />
detaillierte und unabhängige Arbeit zum Thema zu schreiben. Dies verschafft mir die<br />
Gelegenheit, mich weiter in das Thema <strong>Tadelakt</strong> zu vertiefen und mir auch weiterge-<br />
hende Fragen zu stellen:<br />
Gibt es in der Schweiz Kalkschichten, welche jenen in Marokko gleichen? Wäre es mög-<br />
lich, <strong>Tadelakt</strong> in der Schweiz herzustellen? Vielleicht sogar in einem eigenen Ofen, des-<br />
sen Abwärme sich zum Heizen nutzen lässt?<br />
7
Meine Arbeit richtet sich an Planer, Bauherren und Verarbeiter. Ich hoffe, dass sie darin<br />
ein informatives Handbuch oder eine Quelle zur Vertiefung und Weiterbildung finden<br />
werden.<br />
Ich wünsche und hoffe, dass meine Freude an dieser Technik interessierte Leserinnen<br />
und Leser ansteckt und darüber hinaus einige Vorurteile und Vorbehalte auszuräumen<br />
vermag.<br />
Der Einfachheit halber und der Flüssigkeit des Textes zuliebe, verwende ich im Folgen-<br />
den immer die männliche Form – gemeint ist jeweils auch die weibliche.<br />
Nicht allgemein verständliche Ausdrücke erkläre ich im Glossar, Seite 68.<br />
Manuel Bühler, Mai <strong>2011</strong><br />
8
1 GRUNDLAGEN<br />
9
1 GRUNDLAGEN<br />
1.1 KALK<br />
Kalkstein gehört zu den Sedimentgesteinen und kommt weltweit in grossen Mengen<br />
vor. Der überwiegende Teil der Kalkgesteine wurde durch Ablagerungen von kalkbil-<br />
denden Lebewesen wie Muscheln, Schnecken, Korallen, Würmern oder Schwämmen<br />
gebildet. Die Schalen und Skelette der toten Tiere setzen sich am Meeresgrund ab und<br />
werden durch den Druck von nachfolgenden Sedimentschichten zu festem Stein.<br />
Weitere Kalkgesteine können durch Mikroorganismen, Fossilien oder durch aus Wasser<br />
ausgefällten Kalk entstehen.<br />
Kalk besteht zu 85 – 95 % aus Kalzit, einer kristallinen Form von Kalziumkarbonat.<br />
Weitere Bestandteile können Dolomit, Tonminerale, Quarz, Gips, Silizium, Eisen, Ma-<br />
gnesium, Aluminium und andere sein. Die Zusammensetzung dieser Bestandteile ist<br />
sehr variabel und massgeblich dafür verantwortlich, dass es auf der Erde tausende von<br />
verschiedenen Kalkgesteinen gibt. Es wird vermutet, dass der <strong>Tadelakt</strong> seine hydrauli-<br />
schen Eigenschaften durch diese Restbestandteile erhält.<br />
Welche genaue Zusammensetzung sich am besten zur Herstellung von <strong>Tadelakt</strong> eignet,<br />
ist ungewiss. Wie ich in Kapitel 6 erklären werde, besteht Grund zur Annahme, dass<br />
verschiedene Gesteinszusammensetzungen verwendbar sind.<br />
1.2 KALK BRENNEN UND LÖSCHEN<br />
Im Kalkofen werden Kalksteine im Holzfeuer bei rund 900 °C solange erhitzt, bis alle<br />
Steine durchgeglüht sind. Bei einem Ofeninhalt von 3 m 3 dauert der Brand rund 100<br />
Stunden. In meinem Testofen dauerte der Brand von etwas mehr als einem Kilo Kalk<br />
gut drei Stunden. Nach langsamem Abkühlen werden die Steine, so genannter Brannt-<br />
kalk oder Stückkalk, dem Ofen entnommen und mit Wasser besprenkelt. Nach der<br />
Berührung mit Wasser beginnen die Kalksteine zu zischen und zu dampfen und zer-<br />
fallen dann in ein elfenbeinfarbenes, trockenes Pulver mit einer Korngrösse von etwa<br />
0 – 5 mm. Es kommt zu einer starken Wärmeentwicklung, einer so genannten exother-<br />
men Reaktion, wobei sich der Stückkalk bis zu 100 °C erhitzen kann. Man nennt dies<br />
«trocken löschen».<br />
Es besteht auch die Möglichkeit, gebrannten Kalk «nass» zu löschen. Dabei wird der<br />
Stückkalk in grosse Wannen gelegt und dann mit Wasser übergossen. Das so entstan-<br />
dene und über mehrere Jahre in Wasser eingesumpfte Material nennen wir Sumpfkalk.<br />
Nach dem Löschen des Kalkes wird das Pulver gesiebt und in Säcke oder Eimer ab-<br />
gefüllt. Das Handwerk des Kalkbrennens ist in vielen Regionen der Erde bekannt. So<br />
unterscheiden sich die Kalköfen je nach Gebiet sehr stark. In Marokko zum Beispiel<br />
wird der Kalk in grossen Erdlöchern gebrannt. In Mitteleuropa kennen wir vor allem den<br />
Schachtofen, eine gemauerte Konstruktion mit guter Speicherfunktion. Beim Schacht-<br />
ofen befindet sich unten ein Feuerraum, oben ein trichterförmiger Schacht, in welchen<br />
man Steine, Kohle oder Holz einfüllt. Im industriellen Bereich kommt mehrheitlich der<br />
10
so genannte Drehrohrofen zum Einsatz. Welche Art von Kalkofen für den <strong>Tadelakt</strong>-<br />
brand eingesetzt wird, ist sekundär. Um eine hohe Qualität zu erhalten, muss das Füll-<br />
material gleichmässig erhitzt werden können, damit alle Steine gut durchglühen. Die<br />
Temperatur des Brennmaterials sollte 1000 °C nicht übersteigen, um zu verhindern,<br />
dass Inhaltsstoffe verbrannt werden und das Pulver zu allzu feinem Mehl zerfällt. Es<br />
wird vermutet, dass der Holzbrand und somit die Holzasche einen gewissen Einfluss<br />
auf die Qualität des Verputzes haben könnten.<br />
1.3 DER KALKKREISLAUF<br />
Wie jeder Kalkputz härtet auch <strong>Tadelakt</strong> durch Karbonatisierung aus:<br />
Der nasse Verputz (Kalziumhydroxid) gibt beim Trocknen Wasser an die Luft ab und<br />
nimmt aus der Luft CO 2 auf. Das Kohlendioxid verbindet sich mit dem Wasser im Inne-<br />
ren des Verputzes zu Kohlensäure (Dihydrogenkarbonat H 3 CO 3 ). Das alkalische Kalzi-<br />
umhydroxid wird durch die Kohlensäure neutralisiert und verwandelt sich in Kalkstein.<br />
Dieser an Zauberei grenzende Kreislauf macht es möglich, sehr harte und dauerhafte<br />
Beschichtungen zu erzeugen.<br />
Beim Trocken nimmt der<br />
Verputz CO 2 auf. H 2 CO 3<br />
(Dihydrogenkarbonat) =<br />
Neutralisierung<br />
Ca(OH) 2 +<br />
CO 2 = CaCO 3<br />
CaO wird mit Wasser<br />
(H 2 O) gelöscht = Ca(OH) 2<br />
(Kalziumhydroxid)<br />
Kalkstein CaCO 3<br />
wird abgebaut<br />
11<br />
Kalk wird gebrannt<br />
und gibt CO 2 ab<br />
= CaO (Kalziumoxid)
2 WERKZEUGE UND HILFSMITTEL<br />
13
Sprühflasche<br />
Venezianerkelle, Putzkelle,<br />
Glättekelle und Traufel<br />
Schwammscheibe und<br />
Holzreibebrett<br />
Rührwerk mit Mörteleimer<br />
2 WERKZEUGE UND HILFSMITTEL<br />
2.1 WERKZEUGE<br />
Bevor die eigentlichen Arbeiten beginnen, müssen folgende Werkzeuge bereitgestellt<br />
werden:<br />
≥ Ein sauberer Mörteleimer zum Anrühren des Verputzes<br />
≥ Ein Eimer mit klarem, kaltem Wasser zum Einlegen der Werkzeuge und eventuell<br />
14<br />
zum Vornässen des Untergrundes<br />
≥ Sprühflasche, Rückenspritze oder Quast zum Nässen des Untergrundes<br />
≥ Ein kräftiges Rührwerk (Quirl mit Bohrmaschine ist zu schwach)<br />
Bei den ersten Arbeitsgängen, dem Antragen des Mörtels, kommen die klassischen<br />
Verputzwerkzeuge wie Traufel, Venezianerkelle und Maurerkelle zum Einsatz. Sehr<br />
empfehlenswert ist das traditionelle Holzreibebrett, welches dem Verputz bereits<br />
beim Auftragen ein wenig Wasser entzieht und so die Putzschlämme an die Ober-<br />
fläche bringt. Der Untergrund entzieht dem Putzmaterial die Feuchtigkeit. Deshalb ist<br />
der Mörtel immer etwas krümelig und kann mit Kellen oder Spachtel schlecht auf kleine<br />
runde Formen gebracht werden. Solche Stellen werden am besten von Hand verputzt.<br />
Um den <strong>Tadelakt</strong> mit den Händen aufzutragen, müssen zwingend alkaliresistente<br />
Handschuhe (zum Beispiel Latex) getragen werden, da der Kalk stark ätzend wirkt!
Zum ersten Glätten verwende ich ebenfalls das Holzreibebrett. Für diesen Arbeitsgang<br />
ist auch eine Schwammscheibe oder die Glättekelle geeignet. Um weiter zu glätten,<br />
sind die Venezianerkelle oder die japanische Shiage Gote- Kelle optimal. Sie liegen gut<br />
in der Hand, sind leicht und weniger «sperrig» als das Holzreibebrett. Geübte Verarbei-<br />
ter können schon für diesen Arbeitsgang den Polierstein verwenden. Der Einsatz des<br />
Poliersteins zum Glätten macht die Fläche noch welliger und lebendiger, ist jedoch an-<br />
spruchsvoller und für weniger routinierte Handwerker nicht zu empfehlen.<br />
Für konkave Rundungen eignen sich verschieden geformte, aus Petflaschen zuge-<br />
schnittene Plastikstücke oder ein Stück Plastiksack.<br />
Beim weiteren Verpressen des Verputzes kommt der oben erwähnte Stein zum Ein-<br />
satz. Der Polierstein sollte eine Grösse zwischen Streichholzschachtel und Zigaretten-<br />
schachtel und mindestens eine plane Seite von 5 –10 cm 2 Fläche haben. Der Rand der<br />
Polierfläche muss rund geschliffen sein, da scharfe Kanten die <strong>Tadelakt</strong>fläche immer<br />
wieder verletzen würden. Es ist wichtig, dass der Stein gut in der Hand liegt und nicht<br />
zu flach ist, damit die Finger nicht zu nahe am Verputz sind und diesen verletzen. Mit<br />
der Zeit legt sich jeder <strong>Tadelakt</strong>verarbeiter eine Sammlung von Steinen verschiedener<br />
Grössen und Formen an, um jede Rundung und jede Ecke gut verdichten zu können.<br />
Natürlich kann nicht jede Gesteinsart verwendet werden. Der Stein sollte möglichst<br />
homogen und porenfrei sein und eine Mohshärte von mindestens 6 aufweisen. In der<br />
Mohsschen Skala hat Talk eine Mohshärte von 1, Diamant 10. Je härter der Polierstein,<br />
desto besser. Für innere Ecken und Kanten sowie für kleine Rundungen eignen sich<br />
auch Trommelsteine, so genannte Handschmeichler, welche auf Märkten oder im Stein-<br />
handel erhältlich sind.<br />
15<br />
Shiage-Gote-Kelle aus<br />
Kunststoff<br />
Verschiedene <strong>Tadelakt</strong>-<br />
steine (eigene Herstellung)
Polierballen aus weichem<br />
Tuch und Folie<br />
Flüssige, schwarze<br />
Olivenölseife<br />
Einige sehr gut geeignete Gesteinsarten<br />
Achat Mohshärte 7<br />
Tigerauge Mohshärte 7<br />
Rosenquarz Mohshärte 7<br />
Bergkristall Mohshärte 7<br />
Granit Mohshärte 6<br />
Auch Flusskiesel sind brauchbar. Bei der Auswahl eines Kiesels muss darauf geachtet<br />
werden, dass er möglichst wenig Risse und Poren aufweist. Ein Flusskiesel ist hart<br />
genug, wenn sich damit Glas ritzen lässt.<br />
Mittlerweile gibt es auf dem Markt ein Polierinstrument aus Hartkeramik. Das Arbeiten<br />
mit einem Naturstein ist aber schöner und Teil der Faszination der <strong>Tadelakt</strong>verarbei-<br />
tung. Ich gehe davon aus, dass sich die Energie der Steine beim Bearbeiten des Ver-<br />
putzes auch auf diesen überträgt. Hier liegt also eine weitere Möglichkeit, den Verputz<br />
positiv zu beeinflussen. Im Buch «Lexikon der Heilsteine» von Michael Gienger, können<br />
Wirkung und Anwendungen von Steinen nachgelesen werden.<br />
Ein weiteres Argument, welches für die Verwendung von Natursteinen spricht, ist der<br />
Preis und die Möglichkeit, die Steine selber zu schleifen.<br />
Zum Seifen wird eine Sprühflasche oder ein gut eingearbeiteter Pinsel, der keine Haare<br />
verliert, eingesetzt. Das Polieren des Verputzes nach 2 – 3 Wochen ist der letzte Ar-<br />
beitsgang. Für diese Arbeit darf der Stein nicht verwendet werden, weil dieser die nun<br />
harte Oberfläche zerkratzen würde. Statt mit dem Stein wird die Seife mit einem Folien-<br />
ballen einpoliert. Der Folienballen wird selbst angefertigt indem ein weiches Tuch in<br />
einen oder mehrere Mehrzweckbeutel aus Polypropylen gesteckt wird. Der Folienballen<br />
kann auch sehr hilfreich sein beim Verpressen von heiklen Kanten.<br />
2.2 POLIERSEIFE<br />
Innerhalb von 24 Stunden nach dem Verputzen, wird die Oberfläche mit einer Lösung<br />
aus schwarzer Olivenölseife und Wasser eingeseift und mit dem Stein poliert. Erst jetzt<br />
erhält der <strong>Tadelakt</strong> eine seiner charakteristischen Eigenschaften- er wird hydrophob<br />
(wasserabweisend). Um die Hydrophobierung zu verbessern, können Badezimmer,<br />
Waschbecken und andere Nassbereiche in den folgenden Tagen noch mehrmals einge-<br />
seift werden. Beim ersten Einseifen, soll das Verhältnis von Seife und Wasser ca. 1:15<br />
bis 1:20 betragen. In den folgenden Arbeitsgängen wird die Seifenkonzentration bis auf<br />
1: 10 (1 Teil Seife, 10 Teile Wasser) in Schritten erhöht. Die Seifenmenge sollte wegen des<br />
hohen Ölgehalts nicht zu gross sein, da die <strong>Tadelakt</strong>oberfläche sonst «speckig» wird.<br />
Ich verwende meistens flüssige schwarze Olivenölseife (savon noir liquide).<br />
Für die Herstellung dieser Seife werden 72 % Olivenöl mit destilliertem Wasser, Natron,<br />
Alkali und Meersalz verkocht.<br />
Da der Kalk sehr saugfähig ist, dringt das Seifenwasser in den Verputz ein und ver-<br />
wandelt sich in Kalkseife. Kalkseife ist nicht wasserlöslich und kann so die Poren des<br />
<strong>Tadelakt</strong>s dauerhaft verschliessen. Die oberste Schicht, das heisst etwa 0,2 mm, wird<br />
wasser- und schmutzabweisend. Die meisten kennen Kalkseife als Ablagerung in Ba-<br />
dewanne und Spülbecken, wo sie durch die Verbindung von hartem Wasser und Seife<br />
entstehen kann.<br />
16
Weil die Polierseife eine grün-braune Farbe hat, hinterlässt sie auf weissen <strong>Tadelakt</strong>-<br />
flächen oft einen gelblichen Schleier. Um dies zu vermeiden besteht die Möglichkeit,<br />
die Seifenlösung mit wenig weissem Pigment (Titandioxid oder Marmormehl) aufzuhel-<br />
len. Allerdings nur sehr wenig, da die Oberfläche sonst kreidet. Eine weitere Möglich-<br />
keit, solche Schleier zu verhindern, ist die Verwendung von transparenten Polierseifen.<br />
Die sind allerdings recht teuer. Der Verbrauch beträgt ein Mehrfaches und ihnen fehlt<br />
der typische, sehr angenehme Geruch.<br />
Das Einfärben der Seife ist auch eine gestalterische Möglichkeit, um den tadelakt-<br />
eigenen Charme zu betonen. Da <strong>Tadelakt</strong> ein feines Netz von Haarrissen hat, dringt die<br />
eingefärbte Seife in die Risse ein und verfärbt diese dauerhaft. Auf einer naturfarbenen<br />
<strong>Tadelakt</strong>fläche ergeben Haarrisse, mit etwas brauner Umbra eingefärbt, eine schöne<br />
Patina.<br />
2.3 PIGMENTE<br />
Bereits vor einigen Jahrtausenden hatten Menschen den Wunsch, Baumaterialien<br />
einzufärben. In China und Mesopotamien verfügte man schon vor 3500 Jahren über<br />
leuchtende Grün-, Türkis- und Blautöne, mit welchen besondere Gebäude oder Ge-<br />
genstände geschmückt wurden. In den meisten Gegenden herrschten allerdings die<br />
lokalen Erdfarben vor, die von Region zu Region völlig unterschiedlich sind. Diese Er-<br />
den erhalten ihre charakteristischen Farbtöne meistens durch natürlich im Boden vor-<br />
kommende Metalloxide, insbesondere Eisenoxide. Die Farbpalette dieser Erdpigmente<br />
umfasst praktisch alle Farbtöne, inklusive Schwarz und Weiss. Um richtig leuchtende<br />
Farben wie das Gelb der Sonnenblume oder ein leuchtendes Blattgrün zu erzeugen,<br />
brauchte es aber einiges an Zufall und Chemie. Indem man verschiedene Metalloxide<br />
brannte oder mit unterschiedlichen Stoffen in Berührung brachte, entstanden in den<br />
letzten 200 Jahren hunderte von neuen Pigmenten, welche heute ganz alltäglich sind.<br />
Farben nehmen in unserem Leben einen wichtigen Platz ein. Jeder weiss, dass Rot<br />
anregend wirkt, Grün und Gelb beruhigend. Der Umgang mit Druckerpatronen, Farb-<br />
stiften, Wasserfarben und bunten Plastikgegenständen ist für uns normal. Was genau<br />
aber diese Farbigkeit ausmacht und wie die Farben gewonnen werden, darüber wissen<br />
wir in der Regel sehr wenig. Tausende von Tonnen Pigmente werden jedes Jahr verarbei-<br />
tet, die meisten davon sind künstlich hergestellt. Wir müssen uns also die Frage stellen,<br />
wie ökologisch künstliche Pigmente sind und wie wir verantwortungsvoll damit umge-<br />
hen können.<br />
Die meisten der heute eingesetzten Pigmente sind ungiftig. Der Einsatz von giftigen<br />
oder schädlichen Pigmenten wird immer stärker eingeschränkt. So sind heute Arsen-<br />
und Cadmiumverbindungen und die meisten Blei- und Chromverbindungen verboten,<br />
da sie als ausgesprochen umwelt- und gesundheitsgefährdend gelten. Am Beispiel von<br />
Titandioxid, welches ich nachfolgend ausführe, können wir aber sehen, dass die ökolo-<br />
gische Belastung durch Produktionsreststoffe und der Verbrauch an nicht erneuerba-<br />
rer Energie für die Herstellung beachtlich sind.<br />
Titandioxid<br />
Titandioxid ist heute praktisch das einzige eingesetzte Weisspigment. Die Herstellung<br />
erfolgt im Sulfat- oder im Chloridverfahren. Im Sulfatverfahren wird feingemahlenes<br />
Titanerz, Ilmenit, mit Schwefelsäure aufgeschlossen und mit Hilfe von Eisen in Titandi-<br />
oxid überführt. Mit ca. 80 MJ/Kg ist das Herstellungsverfahren relativ energieintensiv.<br />
17
Eingefärbte <strong>Tadelakt</strong>-<br />
Mustertafeln<br />
Beim Sulfatverfahren entstehen bei der Produktion von einer Tonne Titandioxid rund<br />
vier Tonnen Grünsalz und sechs bis neun Tonnen Dünnsäure (20 %ige Schwefelsäure<br />
mit Eisen, Magnesiumsulfat und Schwermetallspuren), welche bis vor wenigen Jahren<br />
noch in die Meere geleitet wurde. Heute kann man Dünnsäure zu Schwefelsäure verar-<br />
beiten und in den Prozess zurückführen. Im Chloridverfahren wird das Mineral Rutil in<br />
Gegenwart von Kohle chloriert und mit Sauerstoff in Titandioxid überführt. Chlor wird<br />
in den Prozess zurückgeführt. Berücksichtigen wir beim Chloridverfahren die Abfall-<br />
mengen, erweist sich das Verfahren als nicht sehr viel weniger umweltbelastend als<br />
das Sulfatverfahren. Die Weltproduktion ist mit vier Millionen Tonnen pro Jahr ausser-<br />
ordentlich hoch. (www.wecobis.de)<br />
Auch unter den natürlichen Pigmenten gibt es einige, die nicht mehr mit gutem Gewis-<br />
sen benützt werden können. So sind zum Beispiel der Abbau von roten Korallen oder<br />
das Auskochen von Purpurschnecken und die Verwendung von Elfenbein verantwor-<br />
tungslos. Dazu kommt, dass heute viele bis anhin natürliche Pigmente, künstlich her-<br />
gestellt werden. Der Einsatz von Pigmenten muss, wie alles, gut durchdacht werden.<br />
Fazit: Wo irgend möglich sind natürliche, ethisch und moralisch vertretbare Pigmen-<br />
te einzusetzen. Künstliche Pigmente sind vertretbar für kleinere Flächen, an Objekten<br />
und um Akzente zu setzen.<br />
2.4 EINFÄRBEN VON TADELAKT<br />
18<br />
Im Allgemeinen ist die Farbe ein Mittel, einen<br />
direkten Einfluss auf die Seele auszuüben<br />
Wassily Kandinsky<br />
In Marokko wird <strong>Tadelakt</strong> traditionell mit einem dort reichlich vorhandenen, natürli-<br />
chen, roten Eisenoxid eingefärbt. Darum wird Marrakesch auch die rote Stadt genannt.<br />
Immer mehr halten heute auch dort synthetische Farben Einzug.
Weil Kalk sehr alkalisch ist (PH-Wert 13), ist die Wahl des Pigmentes relativ stark einge-<br />
schränkt. Es können nur so genannt kalkechte Pigmente verwendet werden. Die meis-<br />
ten organischen Pigmente bestehen in der Alkalität des Kalkes nicht. Zudem sollten sie<br />
möglichst lichtecht sein, da die Farbe sonst recht schnell verblasst. Am besten eignen<br />
sich also natürliche Erden und künstlich hergestellte Metalloxide. In der nachfolgenden<br />
Liste stelle ich die Pigmente vor, welche sich zum Einfärben von <strong>Tadelakt</strong> eignen.<br />
Natürlich spielt bei der Auswahl der Pigmente auch der Preis eine Rolle, da einige<br />
Pigmente sehr teuer sind.<br />
<strong>Tadelakt</strong> können wir bis zu 10 % (Gewicht) mit kalkechten Pigmenten einfärben. Braucht<br />
es einmal eine stärkere Pigmentierung, ist die vorgängige Anfertigung von Mustertafeln<br />
ein Muss. Wenn das Bindemittel, in diesem Fall Kalk, nicht ausreicht um die Pigmen-<br />
te einzubinden, fällt das Pigment aus und die Oberfläche beginnt zu kreiden. Zudem<br />
wird die Stabilität des Mörtels geschwächt. Aus diesem Grund ist eine Pigmentierung<br />
von 10 % im Aussenbereich das Maximum. Die Pigmente sollten etwa einen Tag vor der<br />
Benützung im Wasser eingesumpft werden. Theoretisch können wir natürliche Erden<br />
auch direkt in den Kalk rühren, was aber häufig zu Klumpenbildung führt. Um die Be-<br />
netzung zu verbessern, kann bei einigen Pigmenten ein wenig reiner Alkohol oder Ace-<br />
ton hilfreich sein. Es ist wichtig, dass die Masse absolut klumpenfrei ist. Am nächsten<br />
Tag wird die Pigmentpaste mit ein wenig Anmachwasser zum eingesumpften <strong>Tadelakt</strong><br />
gegeben und gründlich verrührt. Bei sehr grossen Flächen, die über mehrere Tage ver-<br />
putzt werden, kann es angezeigt sein, Trockenmischungen anzufertigen. Die Pigmente<br />
sind gleichmässig in das trockene <strong>Tadelakt</strong>pulver einzurühren und in luftdichte Gefäs-<br />
se abzufüllen. Nach Bedarf sumpfen wir dann die Gebinde ein.<br />
Es bleibt anzumerken, dass der Farbton des Verputzes beim Austrocknen um Einiges<br />
heller wird. Es empfiehlt sich auch deswegen, Mustertafeln anzufertigen.<br />
2.5 KALKECHTE PIGMENTE<br />
Farbe Pigment Bestandteile, Herstellung, Ökologie, Besonderheiten<br />
Blau natürlich Indigoblau Hell Wurde früher ausschliesslich durch Auskochen der<br />
Indigofera-Pflanze gewonnen. Heute wird auch Färberwaid<br />
und Färberknöterich verwendet.<br />
Lapis Lazuli Lapis Lazuli aus Afghanistan. gemahlen und geschlämmt,<br />
mit Kitt geknetet und getrocknet. Das alte Ultramarin. Sehr<br />
teuer. Das echte Ultramarin ist das älteste lichtechte<br />
Pigment. «Ultramarin ne meurt jamais» (de Mayerne)<br />
Maya Blau Indigoides Pigment, welches beim Verkochen von Indigopflanzen<br />
und Atapulgit (Tonmaterial) entsteht.<br />
Sodalith Gemahlenes und geschlämmtes Mineral. Helle feine Blautöne.<br />
Ultramarinasche Das letzte Produkt der Ultramarinproduktion. Schwacher<br />
Blauton.<br />
Blau synthetisch Ägyptischblau Wird durch gemeinsames Brennen von Kupferoxid Sand,<br />
Kalk und Soda gewonnen.<br />
Blaues Glas Mehl oder Sand aus blauem Glas.<br />
19
Farbe Pigment Bestandteile, Herstellung, Ökologie, Besonderheiten<br />
Blau synthetisch Cinquasiaviolett Künstlich-organisches Pigment, früher aus Indigo<br />
gewonnen. Ungiftig.<br />
20<br />
Cölinblau Kobalt-Zinnoxid. Ungiftig, hitzebeständig, gut lichtecht,<br />
himmelblau.<br />
Cristobalit blau Eingefärbter, kalzinierter Flint. Der Cristobalitsand wird mit<br />
verschiedenen Metallsalzlösungen benetzt und dann bei<br />
1500 °C gebrannt. Es ist möglich, praktisch alle Farben zu<br />
erzeugen. Christobalit ist ein seltenes weisses Mineral.<br />
Dioxazinviolett Dioxazin. Verfahren unbekannt. Absorbiert infrarotes Licht.<br />
Unbedingt mit Alkohol oder Aceton benetzen.<br />
HAN-Blau Barium-Kupfer-Silikat. Wurde in der chinesischen Han-<br />
Dynastie entdeckt und in Europa erst sehr spät ergründet.<br />
Heliogenblau Kupfer, Chlor und Phtalsäure. Offenbar unschädlich, weil<br />
das Kupfer fest eingebunden ist.<br />
Idanthrenblau Organisches Pigment aus Anthrachinonen. Rotstichig. Geht<br />
in Kalk, ist aber besser in Lasuren.<br />
Kobaltblau<br />
(verschiedene)<br />
Glühen von Tonerde und Kobaltsulfat, das erste künstlich<br />
hergestellte Pigment. Teuer aber ungiftig.<br />
Manganviolett Phosphorsaures Manganoxid. Ist besonders beim Einatmen<br />
gesundheitsschädlich.<br />
Plossblau Kupfer-Calcium-Acetat (gereinigter, neutraler Grünspan).<br />
Heute meist künstlich hergestellt.<br />
Preussisch Blau Mischung aus Kaliumhexacyanoferrat und Eisenchlorid.<br />
Heute auch Cyan. Offenbar ungiftig trotz Cyaniden.<br />
Smalte Kobalthaltiges Kaliumsilikatglas. Wird bei 1150 °C gebrannt.<br />
Spinelltürkis Kobalt-Aluminiumoxid<br />
Ultramarinblau, Ultramarinblau<br />
grünstichig<br />
Ursprünglich aus Lapis Lazuli. Wird heute künstlich, durch<br />
Erhitzen von Ton, Quarz, Schwefel und Soda hergestellt.<br />
So sind der immergleiche Farbton und ein tieferer Preis<br />
gewährleistet. Nicht so lebendig wie Lapis Lazuli.<br />
Ultramarinviolett Erhitzen von Ton, Quarz, Schwefel Soda.<br />
Grün natürlich Aegirin Seltener dunkelgrüner bis schwarzer Kristall. Gemahlen<br />
und geschlämmt.<br />
Andeergrün Grüner Gneis. Sehr grobes Pigment (mehlig bis sandig).<br />
Bayerische grüne Erde Gemahlener, grüner Sandstein. Seladonit.<br />
Böhmische grüne Erde Pimelit. Das Originalpigment ist seit den Wirren nach dem<br />
2. Weltkrieg kaum noch erhältlich.<br />
Cyprische grüne Erde Braunes Silikat, das durch das semiaride Klima zu grüner<br />
Erde wird.<br />
Epidot Aus calciumhaltigem Eisen- oder Aluminiumsilikat bestehender<br />
pistaziengrüner Kristall. (Italien, Österreich, Russland).<br />
Florentiner Grün Grünschwarzer Basalt aus Volterra, Toskana. Gemahlen und<br />
geschlämmt.<br />
Grüner Gneis Gemahlen und geschlämmt.
Farbe Pigment Bestandteile, Herstellung, Ökologie, Besonderheiten<br />
Grün natürlich Grüner Jaspis Gemahlen und geschlämmt. Vor allem aus China.<br />
Grüner Porphyr Gemahlen und geschlämmt.<br />
Jade Gemahlen und geschlämmt. China<br />
Umbra grün Natürliches Eisenoxid mit mehr oder weniger Mangangehalt.<br />
Veroneser grüne Erde Natürliche grüne Erde, mit Eisenoxid und Chromoxidgrün<br />
(synthetisch)geschönt. Staub ist gesundheitsschädlich! Als<br />
Hausmüll oder Bauschutt entsorgen.<br />
Grün synthetisch Cadmiumgrün Mischung aus Cadmiumgelb und Ultramarinblau. Cadmiumgelb<br />
entwickelt bei Hitze giftige Dämpfe. Nicht mehr in<br />
Wohnräumen verwenden.<br />
Gelb-Ocker-Braun<br />
natürlich<br />
Chromoxidgrün stumpf Kaliumbichromat und Schwefel geglüht.<br />
Chromoxidhydratgrün Kaliumbichromat und Schwefel geglüht.<br />
Cristobalit grün Eingefärbter, kalzinierter Flint. Der Cristobalitsand wird mit<br />
verschiedenen Metallsalzlösungen benetzt und dann bei<br />
1500 °C gebrannt. Es sind praktisch alle Farben herstellbar.<br />
grünes Glas Gemahlenes grünes Glas (mehlig oder sandig).<br />
Heliogengrün Kupfer, Chlor und Phtalsäure. Offenbar unschädlich. Giftige<br />
Emissionen bei der Herstellung. Sehr intensives Grün-Blau.<br />
Irgazingelb<br />
grünstichig<br />
Ein aussergewöhnlicher olivstichiger Farbton der Firma<br />
Geigy. Komponenten nicht bekannt. Muss mit Alkohol<br />
benetzt werden.<br />
Kobaltgrün Gebrannte Oxide der Metalle Kobalt, Aluminium, Titan,<br />
Nickel und Zink. Ökologisch unbedenklich.<br />
Permanentgrün Chromoxidhydratgrün gemischt mit Schwerspat. Ungiftig.<br />
Braunocker Viele Abbaugebiete in Deutschland. Der Gehalt an Eisenoxiden<br />
bestimmt die Nuancierung (von Braun bis Rot).<br />
Braunocker Elba Natürliches Vorkommen auf Elba (Toskana).<br />
Burgunder Ocker Farbstarke Pigmente. Heute kaum noch zu bekommen,<br />
da die Untertagminen in den 1970er Jahren geschlossen<br />
wurden.<br />
Englischer Grubenocker Rot. Wird in verschiedenen Gebieten Deutschlands gewonnen.<br />
Französischer Ocker<br />
Beispiele: JL, Sofodor,<br />
Sahara, Joles, etc.<br />
Französische Ocker bestehen aus Eisenoxidhydrat und<br />
Brauneisenstein (Limonit). Berühmte Abbaugebiete sind<br />
Roussillon und Rustrel. Viele Ockerpigmente werden heute<br />
auch künstlich hergestellt. Absolut lichtecht.<br />
Goldocker (versch.) Besonders reiner, gelber Ocker mit viel Brauneisenstein<br />
(Limonit).<br />
Lausitzer Ocker Natürliches Eisenoxid, ausgeschlämmt, getrocknet und<br />
gemahlen.<br />
Neapelgelb Bleihaltiges, sehr leuchtendes Gelb. Sollte, da gesundheitsschädlich,<br />
nicht verwendet werden (vor allem nicht<br />
in Wohnungen).<br />
Pyrit gemahlen Gemahlenes, goldfarbenes Mineral.<br />
21
Farbe Pigment Bestandteile, Herstellung, Ökologie, Besonderheiten<br />
Gelb-Ocker-Braun<br />
natürlich<br />
Gelb-Ocker-Braun<br />
synthetisch<br />
22<br />
Taunus Ocker Fleischfarbenes Pigment aus Hessen (D). Sehr begrenztes<br />
natürliches Vorkommen.<br />
Barytgelb Bariumchromat. Sehr heller, kalter Gelbton.<br />
Bismut- Vanadatgelb Bismutvanadiumoxid. Grünstichiges Pigment. Gilt als<br />
gesundheitsschädlich.<br />
Bristolgelb Ist eine Pigmentkombination aus Bismutvanadat und<br />
organischen Pigmenten.<br />
Cadmiumgelb<br />
(versch.)<br />
Durch Mischen von Schwefelwasserstoff und Cadmiumsalzlösung<br />
oder durch Brennen von cadmium- und<br />
schwefelhaltiger Substanzen gewonnen. Zitronengelb bis<br />
Dunkelorange. Bei Hitze, (z. B. Brand) werden giftige, krebserregende<br />
Stoffe freigesetzt. Man sollte diese Pigmente<br />
deshalb nicht mehr in Wohnräumen verwenden.<br />
Cinquasia goldrot Künstliches organisches Pigment. Lichtechtheit sollte<br />
immer zuerst mit Mustertafeln ausgetestet werden.<br />
Gewässerschädigende Inhaltsstoffe (Tetrapropylenbenzol,<br />
Benzolsulfonsäure). Staub ist gesundheitsgefährdend.<br />
Eher nicht zu empfehlen.<br />
Cristobalit gelb Eingefärbter, kalzinierter Flint. Der Cristobalitsand wird mit<br />
verschiedenen Metallsalzlösungen benetzt und dann bei<br />
1500 °C gebrannt. Es sind praktisch alle Farben herstellbar.<br />
Eisenoxidgelb Oxidation und Hydrolyse von Eisensulfaten.<br />
Indischgelb imitiert gemahlener Granit.<br />
Intensivgelb Zirkon-Praseodym-Silikat.<br />
Irgazingelb Abtönung von Volltongelb. Produkt von Ciba Geigy. Inhaltsstoffe<br />
sind nicht bekannt. Neigt zu Klumpenbildung im<br />
Mörtel. Sollte mit Alkohol oder Aceton benetzt werden.<br />
Teuer, aber schön.<br />
Isoindolingelb Enthält organisch gebundenes Chlor.<br />
Nickeltitangelb Titandioxid und Nickel geglüht.<br />
Studiogelb Verschiedene leuchtende Pigmente die unter vielen verschiedenen<br />
Namen erhältlich sind. Leuchtende Farben.<br />
Auch Hansagelb, Permanentgelb und Brillantgelb. Diese<br />
Pigmentgruppe könnte die Cadmiumpigmente voll ersetzen.<br />
Orange natürlich Quarzit Orange Quarzit mit Hämatit und oder Limonit, mehlig bis sandig<br />
gemahlen.<br />
Orange synthetisch Cadmiumorange Cadmium-Schwefelverbindungen sind eigentlich alle gelb.<br />
Wird ein Teil des Schwefels durch Selen ersetzt, vertieft<br />
sich der Farbton Richtung Rot. Cadmiumpigmente sind<br />
giftig und entwickeln bei Hitze (z. B. Brand) gefährliche<br />
Dämpfe. In Wohnräumen, vor allem in brennbaren, nicht<br />
mehr verwenden.<br />
Cristobalit orange Eingefärbter kalzinierter Flint. Cristobalitsand wird mit verschiedenen<br />
Metallsalzlösungen benetzt und dann gebrannt.<br />
Es ist möglich, praktisch alle Farbtöne zu erzeugen.<br />
Eisenoxid orange Synthetisches Eisenoxid.
Farbe Pigment Bestandteile, Herstellung, Ökologie, Besonderheiten<br />
Orange synthetisch Isoindolorange Synthetisches organisches Pigment aus Isoindolinon.<br />
Rot, roter Ocker,<br />
Braun natürlich<br />
Rot, roter Ocker,<br />
Braun synthetisch<br />
Lasurorange Synthetisches Eisenoxidhydrat.<br />
Paliogenorange Pyranthron<br />
Pyrantronorange Entspricht in etwa einem Cadmiumorange, ist aber ungiftig.<br />
Teerfarbstoff.<br />
Titanorange Mischoxid aus Titan-, Chrom-, Antimon-, Aluminium-,<br />
Mangan-Oxiden. Chromittitangelb.<br />
Blutstein Mikronisiertes, natürliches Eisenoxid.<br />
Burgunder Ocker rot Rote Ocker, durch Erhitzen aus gelben Ockern gewonnen.<br />
Beim Erhitzen bilden sich Eisenoxide, welche die rote<br />
Farbe erzeugen.<br />
Granatmehl Mehlig bis sandig gemahlener Granat.<br />
Granit rot Mehlig bis sandig gemahlener Granit.<br />
Havanna – Ocker, rote<br />
und braune Ocker,<br />
spanische Ocker,<br />
braune Erden, u.v.m.<br />
Korallenrot, Korallenrosa<br />
Es gibt unendlich viele Ocker. Sie bestehen alle aus natürlichen<br />
Erden mit unterschiedlichen Eisenoxidgehalten.<br />
Synthetisch hergestellte Ocker ersetzen aber zunehmend<br />
die Naturprodukte.<br />
Wird aus der roten, stark gefährdeten Koralle hergestellt.<br />
Die Verwendung ist deshalb nicht vertretbar.<br />
Rhodochrosit Gebrannter Rhodochrosit. 46 % Mangangehalt.<br />
Roter Jaspis Rotgefärbter, amorpher Quarz.<br />
Terra di Siena<br />
(versch.)<br />
Alizarin- Krapplack<br />
(Versch.)<br />
Natursiena ist gelb. Das rotbraune Siena ist gebrannt. Die<br />
Lagerstätten in Siena sind erschöpft. Heute wird das Pigment<br />
auf Sardinien und Sizilien abgebaut. (Wikipedia) Auch<br />
Pompejanischrot.<br />
Früher aus der Wurzel des Färberkrapps gewonnen. Es<br />
war das erste natürliche Pigment, welches synthetisch<br />
hergestellt wurde. Wird aus Aluminiumsalzen gewonnen.<br />
Cadmiumrot Erhitzung von Cadmiumsulfid und Selen.<br />
Caput Mortuum rot Caput Mortuum ist eigentlich ein violettstichiges Braun. Es<br />
ist ein besonders reines Eisen(III)-oxid und wurde schon<br />
von den Alchimisten gewonnen. (Übersetzt: «Totenkopf»).<br />
Cristobalit rot Eingefärbter, kalzinierter Flint. Der Cristobalitsand wird mit<br />
verschiedenen Metallsalzlösungen benetzt und dann bei<br />
1500°C gebrannt. Es ist möglich, praktisch alle Farben zu<br />
erzeugen.<br />
Eisenoxidrot<br />
(Versch.)<br />
Eisenoxidrot ist ein Sammelbegriff für rote Pigmente die<br />
aus Eisen(III)-oxid bestehen. Sie werden durch Brennen<br />
von natürlichen Erzen und Erden hergestellt. Farbnuancen:<br />
Marsrot, Pariserrot, Englischrot, Pompejanischrot, Venezianischrot,<br />
Caput Mortuum, Lasurrot und viele verschiedene<br />
als Eisenoxid bezeichnete Pigmente. (Wikipedia)<br />
Gubbiorot Azokondensation. Nicht sehr lichtecht. Azopigmente sind<br />
organische Pigmente mit einem oder mehreren Stickstoffatomen.<br />
(Wikipedia)<br />
23
Farbe Pigment Bestandteile, Herstellung, Ökologie, Besonderheiten<br />
Rot, roter Ocker,<br />
Braun synthetisch<br />
24<br />
HAN - Purpur Barium-Kupfer-Silikat. In China seit 2000 Jahren bekannt.<br />
Helioechtrot Organisches Pigment aus Aminen und ss-Naphtol.<br />
Hostapermrot Magenta Neues organisches Rot aus Chinacridon, leicht blaustichig.<br />
Sehr leuchtendes Pigment, das zwingend mit Alkohol oder<br />
Aceton benetzt werden muss.<br />
Irgazinrot Sehr leuchtende Rottöne. Guter Ersatz für das Cadmiumrot.<br />
(Diketo-Pyrrolo-Pyrol)<br />
Nelkenfarbe Chromdotiertes Aluminiumstannat. Sattes Rosa.<br />
Permanentrot Nicht an stark besonnten Orten verwenden, da es zum<br />
Verblassen neigt.<br />
Purpurrot Echtes Purpurrot wird aus der Purpurschnecke hergestellt<br />
und ist somit fragwürdig. Es gleicht chemisch gesehen<br />
dem blauen Indigo (www.seilnacht.com/Lexikon).<br />
Quindo rot + rosa Quinacridon. Potentiell gewässergefährdend. Staub-<br />
explosionsgefährlich.<br />
Rosso Sartorius Ungeschönte, natürliche Erdfarbe aus Sardinien.<br />
Scharlachrot Chloriertes Anthrachinonderivat. Fragwürdiger Chloreinsatz<br />
in der Produktion.<br />
Zinkeisenbraun Mischoxidpigment von Eisen- und Zinkoxid.<br />
Zinkeisenchrombraun Gemeinsamer Brand von Zink, Eisen und Chrom. Warmer,<br />
gelbstichiger Eisenoxidrotton.<br />
Grau natürlich Granit grau Mehlig oder sandig gemahlener Granit.<br />
Kreide von Sarti grau Auch Schneiderkreide. Fein gemahlen.<br />
Quarzsand grau Sehr feiner Sand.<br />
Schiefermehl Je nach Schiefer hellgrau bis Anthrazit.<br />
Weiss natürlich Eierschalenweiss Fein gemahlene Eierschalen.<br />
Glimmer weiss Glimmerschuppen aus Muskovit.<br />
Kalzit weiss Natürliches Kalziumkarbonat.<br />
Kreide (Versch.) Verschiedene Kreiden gemahlen. Als Steinkreiden werden<br />
auch Marmore und Kalksteine verwendet.<br />
Marmormehl weiss Marmor ist ein kristalliner Kalkstein. Für Pigmente wird<br />
Marmor fein gemahlen. Es erzeugt sehr schöne satte<br />
Weisstöne.<br />
Perlmutter Aus Muscheln und Schnecken gewonnen. Perlmutter<br />
besteht zu 98 % aus Kalk und 2 % Eiweisskörperchen. Perlmutter<br />
wird als Glimmereffekt eingesetzt und nicht als eigentliches<br />
Pigment. Plättchen von 2 –10 mm. Aus ethischen<br />
Gründen wenn, dann nur sehr sparsam verwenden.<br />
Veroneser Weiss Es handelt sich hier ebenfalls um ein weisses Marmormehl.<br />
Weiss synthetisch Titandioxid Hergestellt aus schwarzem Titaneisenerz. Es gibt ein<br />
Chlorid- und ein Sulfatverfahren. Beide Methoden sind sehr<br />
energieaufwändig und es fallen relativ grosse Mengen an<br />
giftigen und umweltschädlichen Produktionsabfällen an.<br />
Sehr sattes gut deckendes Weiss.
Farbe Pigment Bestandteile, Herstellung, Ökologie, Besonderheiten<br />
Weiss synthetisch Zinkweiss Schwaches Weiss aus Zinkoxid.<br />
Schwarz natürlich Beinschwarz Entfettete Knochen werden bei rund 700 °C durchgeglüht,<br />
dann mit Zucker und Schwefelsäure erwärmt. Tierisches<br />
Produkt.<br />
Eisenoxidschwarz Wird durch Erhitzung von Eisenoxidgelb oder Eisenoxidrot<br />
gewonnen oder aus Eisensalzen hergestellt.<br />
Elfenbeinschwarz Verkohltes Elfenbein. Kohlehaltiges Kalziumphosphat.<br />
Elfenbeinschwarz ist ein besonders schwarzes Pigment,<br />
dessen Einsatz aber aus moralischen Gründen nicht<br />
tolerierbar ist.<br />
Marmor schwarz Schwarzes Marmormehl. Die Schwarzfärbung kann von<br />
eingelagertem Graphit oder Bitumen herrühren.<br />
Pfirsichkernschwarz Verkohlte Pfirsichkerne.<br />
Rebschwarz Trockene Destillation von Pflanzenresten (Trester, Rinde,<br />
Kastanien, etc.).<br />
Schiefermehl schwarz Besonders dunkel, allerdings blau- oder graustichig.<br />
Traubenkernschwarz Verkohlte Traubenkerne. Blaustichig.<br />
Pigmentbezeichnungen und Angaben in Anlehnung an KREMER PIGMENTE GmbH + Co. KG<br />
25
3 UNTERGRÜNDE UND<br />
VERARBEITUNG<br />
27
3 UNTERGRÜNDE UND<br />
VERARBEITUNG<br />
3.1 UNTERGRÜNDE<br />
Ob mit <strong>Tadelakt</strong> verputzt werden kann, hängt massgeblich vom Untergrund ab. Geeigne-<br />
te Untergründe sind mineralisch gebunden, haben eine raue Oberfläche und sind saug-<br />
fähig. Auf organischen, nicht saugenden Untergründen wie Holz oder Kunstharzver-<br />
putzen ist eine Karbonatisierung mit dem Untergrund nicht möglich. Mit Haftbrücken<br />
lassen sich auch auf organischen Untergründen mineralische Oberflächen erzeugen.<br />
Dies macht ökologisch aber keinen Sinn und der <strong>Tadelakt</strong> verliert seine klimaregulie-<br />
renden Eigenschaften. Ein weiteres Kriterium ist die Starrheit des Untergrundes. Der<br />
<strong>Tadelakt</strong> zieht sich beim Austrocknen leicht zusammen und entwickelt sehr grosse<br />
Kräfte. So wird zum Beispiel eine Fermacellplatte von 15 mm Dicke und 20 × 30 cm<br />
Grösse bereits leicht hohl, wenn eine 7 mm dicke <strong>Tadelakt</strong>schicht austrocknet. Je mas-<br />
siver und starrer der Untergrund, desto besser.<br />
Es ist wichtig, dass der Untergrund nicht dauernd nass ist, sonst wird der Kalk weich<br />
und beginnt nach einiger Zeit abzubröckeln. Bevor eine Fläche mit <strong>Tadelakt</strong> verputzt<br />
wird, muss sichergestellt werden, dass keine Sinterschichten (Trennschichten) vorlie-<br />
gen und dass sie staub- und fettfrei ist. Sinterschichten müssen mechanisch entfernt<br />
werden. Fettige Oberflächen sind vorgängig mit einer Salmiaklösung zu waschen. Bei<br />
unsicheren Untergründen empfiehlt es sich, Proben oder Muster zu machen, oder ei-<br />
nen Spezialisten beizuziehen.<br />
Es können keine scharfen Kanten verputzt werden. Deshalb sind alle Kanten auf dem<br />
Untergrund rund auszubilden.<br />
In den meisten Fällen ist das Anbringen eines Grundputzes angezeigt. Dieser wird ma-<br />
schinell mit Putzspritze oder Wormser (Putzschleuder), oder manuell mit einer Maurer-<br />
kelle angeworfen und mit einer Latte leicht verzogen. Die Oberfläche soll aber rau blei-<br />
ben, was die Haftung und Verankerung des <strong>Tadelakt</strong>s auf dem Untergrund verbessert.<br />
Mögliche Unterputze für massive Untergründe sind:<br />
≥ Ein Teil Zement, zwei Teile Sand (0 – 4 mm)<br />
≥ Ein Teil natürlich hydraulischer Kalk, zwei Teile Sand (0 – 4 mm)<br />
≥ Ein Teil Trasskalk, zwei Teile Sand (0 – 4 mm)<br />
Mögliche Vorbehandlungen für Plattenwerkstoffe und schwierige Untergründe sind:<br />
≥ Kalkhaftputz (mit Traufel aufgezogen und aufgeraut)<br />
≥ Zementhaltiger Fliesenkleber (mit Traufel aufgezogen und aufgeraut)<br />
≥ Vorsicht: Keine hochvergüteten Fliesenkleber verwenden, da diese nicht minera-<br />
28<br />
lisch sind!<br />
≥ Nach vorgängigen Tests sind auch die oben erwähnten, rein mineralischen Unter-<br />
putze möglich
Die folgende Tabelle zeigt mögliche Untergründe mit den nötigen Vorarbeiten und deren<br />
Eignung.<br />
Untergrund Eignung Vorarbeiten<br />
Altanstriche Nicht geeignet Falls sich unter der Farbe ein geeigneter Untergrund befindet,<br />
Farbe restlos entfernen und wie beim entsprechenden<br />
geeigneten Untergrund weiterarbeiten.<br />
Anhydrit Gut geeignet, vor<br />
allem für Böden<br />
Allfällige Sinterschichten sind mechanisch zu entfernen<br />
(schleifen). Danach folgt ein Zement- oder Kalkzementanwurf<br />
von ca. 15 mm. Die Oberfläche bleibt rau. Der<br />
<strong>Tadelakt</strong> wird auf den harten aber nicht durchgetrockneten<br />
Grundputz aufgetragen. Der Kalk wird härter, wenn er mit<br />
dem Grundputz aushärtet.<br />
Backsteinmauerwerk Gut geeignet Auf die Backsteine wird ein Grundputz von mindestens 15 mm<br />
Dicke angeworfen. Den <strong>Tadelakt</strong> auf den harten aber noch<br />
nicht durchgetrockneten Unterputz applizieren. <strong>Tadelakt</strong> wird<br />
härter, wenn er zusammen mit dem Grundputz aushärtet.<br />
Beton Gut geeignet. Beton<br />
sollte möglichst wenig<br />
Zuschläge haben und<br />
gut saugen<br />
Gebrannter Ton<br />
(Unglasierte Schalen,<br />
Vasen, Blumentöpfe<br />
u. ä.)<br />
Beton muss frei von Schalölresten sein und darf keine<br />
Trennschichten (Sinterschichten) aufweisen. Diese unbedingt<br />
mechanisch entfernen. Danach wird ein Anwurfputz,<br />
wie oben beschrieben, angebracht. Die Oberfläche bleibt<br />
rau. Den <strong>Tadelakt</strong> auf den harten aber nicht durchgetrockneten<br />
Unterputz aufziehen.<br />
Gut geeignet Auf den Ton wird ein Zementanwurf gemacht oder ein<br />
grober Kalkhaftputz aufgetragen.<br />
29<br />
Armieren von Gipsfaser-<br />
platten mit einem Netz.<br />
Kalkhaftputz als Einbett-<br />
mörtel und Grundputz<br />
Rauer Kalkzement-<br />
grundputz
Untergrund Eignung Vorarbeiten<br />
Gips Bedingt geeignet Gips ist um einiges weicher als Kalk, was für den Schichtaufbau<br />
ungünstig ist. Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass<br />
ein intakter Gipsputz ein ausreichend stabiler Träger für<br />
<strong>Tadelakt</strong> ist. Als Unterputz eignet sich eine 3 mm dicke<br />
Schicht aus Kalkhaftputz.<br />
Gipsfaserplatten<br />
(Fermacell u. ä.)<br />
30<br />
Nur bedingt geeignet.<br />
Gipsfaserplatten sind<br />
nicht starr. In Nass-<br />
zellen sind Zement-<br />
oder Magnesit-<br />
gebundene Platten<br />
vorzuziehen. Die<br />
Fermacellplatten<br />
sollten mindestens<br />
15 mm dick sein.<br />
Gipskartonplatten Nicht geeignet für<br />
echten <strong>Tadelakt</strong>.<br />
Allenfalls für nachgebaute<br />
Mischungen<br />
(z. B. Kreidezeit)<br />
Holz, 3-Schichtplatte,<br />
Spanplatte, Pavatex,<br />
u.s.w.<br />
Nicht geeignet,<br />
da organisch.<br />
Die Beweglichkeit der Fermacellplatten macht recht aufwändige<br />
Vorarbeiten nötig. Eine vollflächige Armierung aus<br />
Glasseidenetz, Jutegewebe oder Metallnetz ist zwingend<br />
nötig. Das Gewebe wird mit einem Zementputz von 15 mm<br />
Dicke oder einem Kalkhaftputz von 5 mm Dicke ein-<br />
gearbeitet. Den <strong>Tadelakt</strong> auf den harten aber noch nicht<br />
durchgetrockneten Unterputz aufziehen. Der Kalk wird<br />
härter, wenn er mit dem Unterputz aushärtet. Im Zweifelsfall<br />
kann man auch auf nachgebaute <strong>Tadelakt</strong>mischungen<br />
zurückgreifen, welche eine dünnere Auftragsstärke<br />
erfordern.<br />
Gipskartonplatten sind nicht stabil genug für echten<br />
<strong>Tadelakt</strong>. Man kann allerdings eine nachgebaute <strong>Tadelakt</strong>mischung<br />
mit geringerer Schichtdicke verwenden. Vorgehen<br />
wie bei Gipsfaserplatten.<br />
Kalkputze, Kalkmörtel Gut geeignet Wenn die Oberfläche rau ist, kann nach mindestens<br />
24 Stunden direkt mit <strong>Tadelakt</strong> verputzt werden.<br />
Kalksandstein Gut geeignet Auf KS einen Zement- oder Kalkzementbewurf von 15 mm<br />
Dicke anbringen. Der <strong>Tadelakt</strong> wird auf den harten aber<br />
noch nicht durchgetrockneten Unterputz aufgetragen.<br />
Keramische Fliesen Möglich, aber ökologisch<br />
nicht sinnvoll,<br />
weil nur mit Chemie<br />
eine Haftbrücke zu<br />
schaffen ist.<br />
Es ist sinnvoller, die Fliesen wegzuspitzen und wie bei<br />
dem entsprechenden Untergrund beschrieben weiterzumachen.<br />
Mit Isolieranstrichen, «Fliese-auf-Fliese-Kleber»<br />
und nachfolgendem Zementbewurf, ist eine Beschichtung<br />
allerdings möglich.<br />
Lehmbauplatten Geeignet Am besten werden die Platten mit einem Glasfaser- oder<br />
Jutegewebe vollflächig armiert. Als Einbettungsmasse<br />
eignet sich Kalkzement oder ein Lehmunterputz. Die Oberfläche<br />
muss rau sein. <strong>Tadelakt</strong> auf den harten aber noch<br />
nicht durchgetrockeneten Grundputz applizieren.<br />
Lehm, Lehmputze Geeignet Es ist nie ideal, eine harte Schicht auf einen weichen<br />
Untergrund zu aufzutragen. Im Fall von Lehm allerdings<br />
möglich. Alte Lehmverputze mit Kaliwasserglas oder<br />
Kalkester verfestigen. Wenn die Oberfläche rau ist, kann<br />
direkt auf den Lehm verputzt werden, andernfalls wird ein<br />
Grundputz aus Lehm, Kalkzement, Trasskalk oder Zement<br />
angeworfen und mit einer Latte verzogen.<br />
Naturstein (saugend) Gut geeignet Es sind auf jeden Fall Proben zu machen. Wenn die Oberfläche<br />
rau ist, kann direkt auf den Stein verputzt werden.
Untergrund Eignung Vorarbeiten<br />
Porenbeton (Ytong,<br />
Multipor) gemauert<br />
Synthetische Untergründe(Dispersionsverputze,<br />
u.s.w.)<br />
Gut geeignet Zuerst folgt ein Anwurf aus Kalkmörtel, Kalkzement oder<br />
Trasskalk. Den <strong>Tadelakt</strong> auf den harten aber noch nicht<br />
durchgetrockneten Grundputz aufziehen. Kalk wird härter,<br />
wenn er mit dem Unterputz aushärtet. Auf Multiporplatten<br />
möglichst ein Armierungsnetz aus Glasseide oder Jute<br />
einarbeiten.<br />
Nicht geeignet, aber<br />
machbar bei starren<br />
Untergründen.<br />
Wenn darunter ein geeigneter Untergrund vorliegt, kann<br />
mit einer Putzfräse die gesamte Beschichtung entfernt und<br />
wie bei dem entsprechenden Untergrund beschrieben, weitergearbeitet<br />
werden. In trockenen, wenig beanspruchten<br />
Wohnräumen, stabile Kunsstoffverputze mittels Kalkhaftputz<br />
mit nachgebauten <strong>Tadelakt</strong>mischungen verputzen.<br />
Tapeten Nicht geeignet Falls sich unter der Tapete ein geeigneter Untergrund<br />
befindet, Tapete und Leimreste restlos entfernen. Danach<br />
wie bei dem entsprechenden Untergrund beschrieben<br />
weiterarbeiten<br />
Ton oder Lehm gebrannt,<br />
Keramik<br />
Gut geeignet Auf eine genügend raue Oberfläche direkt mit <strong>Tadelakt</strong><br />
verputzen. Ansonsten wird ein Kalkhaftputz oder ein Grundputz<br />
mit natürlich-hydraulischem Kalk und Sand, oder ein<br />
anderer Grundputz aufgezogen.<br />
Zementgrundputze Gut geeignet Wenn die Oberfläche rau genug ist, kann der <strong>Tadelakt</strong><br />
direkt verputzt werden. Falls nicht, eine 2 mm dicke<br />
Kalkhaftputzschicht aufgetragen.<br />
Zement- oder<br />
Magnesitgebundene<br />
Holzwolleplatten<br />
(Heraklith u. ä.)<br />
Zementgebundene<br />
Leichtbauplatten<br />
(z. B. Fermacell<br />
Powerpannel H 2 O,<br />
Kalziumsilikatplatten,<br />
Duripanel,etc.)<br />
Anschlüsse an andere Baumaterialien<br />
Geeignet Die Platten mittels eines Glasseide- oder Jutegewebes<br />
vollflächig armieren. Geeignete Einbettungsmassen sind<br />
Zementmörtel, Kalkmörtel, Trasskalkmörtel oder Kalkhaftputz<br />
und weitere im Handel erhältliche Produkte.<br />
<strong>Tadelakt</strong> auf den harten aber nicht durchgetrockneten<br />
Unterputz auftragen. Der Kalk wird härter, wenn er mit<br />
dem Grundputz aushärtet.<br />
Geeignet. Die Platten mittels eines Glasseide- oder Jutegewebes<br />
vollflächig armieren. Geeignete Einbettungsmassen sind<br />
Zementmörtel, Kalkmörtel, Trasskalkmörtel oder Kalkhaftputz<br />
und andere Produkte. <strong>Tadelakt</strong> auf den harten aber<br />
nicht durchgetrockneten Unterputz aufziehen. Der Kalk wird<br />
härter wenn er zusammen mit dem Unterputz aushärtet.<br />
Bereits beim Untergrund sind Anschlüsse an andere Baumaterialien zu beachten.<br />
Gegen starre Untergründe wie Mauerwerk, Beton usw., wird direkt verputzt.<br />
In Nasszellen ist die dauerhaft elastische Verfugung mit Silikon leider immer noch die<br />
zuverlässigste Abdichtung. Gegen weniger starre Materialien wird meistens mit einer<br />
Acrylfuge angeschlossen oder eine Schattenfuge belassen. Als Bodenanschluss in<br />
Badezimmern kommen Fliesen, eingelegte Steine oder Mosaike und andere Materialien<br />
in Frage. Diese sind zuerst wasserdicht zu verlegen. Mit dem <strong>Tadelakt</strong> verputzt man<br />
danach direkt gegen diese Sockel.<br />
Eine weitere gute Möglichkeit sind Putzschienen in allen Varianten. Diese können einen<br />
«modernen» Kontrast zum <strong>Tadelakt</strong> bilden.<br />
31
Aufrühren des eingesumpf-<br />
ten <strong>Tadelakt</strong>pulvers mit<br />
einem starken Rührwerk<br />
Fertiges, klumpenfreies<br />
Verputzmaterial<br />
3.2 VERARBEITUNG<br />
1. Einsumpfen und Anrühren des <strong>Tadelakt</strong>pulvers<br />
Etwa 24 Stunden vor dem Verputzen wird der trocken gelöschte Kalk eingesumpft. Am<br />
besten eignen sich als Gebinde luftdicht verschliessbare Eimer. Pro Kilo Trockenpulver,<br />
sind 4 dl Wasser nötig, die wir über das Pulver giessen. Der Eimer wird verschlossen,<br />
damit sich das Kalkpulver über Nacht mit Wasser vollsaugen kann. Beim Einsumpfen<br />
kann Wärme (bis 60 °C) entstehen (exotherme Reaktion).<br />
Rund eine Stunde vor Arbeitsbeginn gibt man die vorbereitete Pigmentpaste (siehe Ka-<br />
pitel 2) mit dem Anmachwasser und dem eingesumpften <strong>Tadelakt</strong> in einen sauberen<br />
Mörteleimer. Das Verputzmaterial ist thixotrop. Das heisst, je länger es bewegt wird,<br />
desto dünnflüssiger wird es. Man sollte unter keinen Umständen zu viel Wasser bei-<br />
geben, da der Verputz sonst zu flüssig wird und schlecht austrocknet. Dann wird alles<br />
32
mit einem kräftigen Rührwerk zu einer homogenen, klumpenfreien Masse gerührt. Es<br />
ist wichtig, diese Arbeit mit Sorgfalt auszuführen und den Eimerrand gut zu putzen.<br />
Vor dem ersten Auftrag ist es gut, wenn das Verputzmaterial noch eine Weile sumpfen<br />
kann. Die Konsistenz des Materials ist dann ideal, wenn es «steht», beinahe klebt und<br />
nicht von der Kelle fliesst.<br />
2. Vornässen des Untergrundes<br />
Einen Tag vor dem Verputzen sollte der Untergrund ein erstes Mal mit Wasser vorge-<br />
nässt werden. Etwa eine Stunde vor Arbeitsbeginn wird die Fläche noch einmal ge-<br />
nässt. Ich verwende dazu meistens eine Rückenspritze, aber ein Maurerquast oder eine<br />
Sprühflasche ist auch geeignet. Die Oberfläche darf nicht nass, muss aber gleichmäs-<br />
sig feucht sein. Wenn vorgängig zu wenig genässt wird, besteht die Gefahr, dass dem<br />
<strong>Tadelakt</strong> durch die Saugfähigkeit des Untergrundes zu viel Wasser entzogen wird. Dies<br />
führt zum so genannten Aufbrennen oder Verbrennen des Kalks. Im schlimmsten Fall<br />
wird der Verputz krümelig und fällt ab. Meistens äussert sich verbrannter Kalk dadurch,<br />
dass grössere Risse entstehen, die Oberfläche zu kreiden beginnt und der Verputz brü-<br />
chig wird. Bei zu starkem Vornässen besteht die Gefahr, dass dem <strong>Tadelakt</strong> zu wenig<br />
Feuchtigkeit entzogen wird. Dies führt zu langen Wartezeiten zwischen den einzelnen<br />
Arbeitsgängen und erhöht das Risiko von übermässiger Rissbildung im fertigen Ver-<br />
putz.<br />
3. Aufziehen der ersten Schicht<br />
Anmerkung: Es ist möglich den <strong>Tadelakt</strong> einschichtig, zweischichtig oder dreischichtig<br />
aufzuziehen, je nach Vorliebe des Verarbeiters. Für mich hat sich der zweischichtige<br />
Auftrag bewährt.<br />
Mit einer grossen Traufel, einer Glättekelle oder einer Venezianerkelle ziehen wir den<br />
<strong>Tadelakt</strong> mit viel Druck möglichst dünnschichtig auf. Das Arbeitstempo ist hoch, da der<br />
Untergrund dem ersten Auftrag recht viel Wasser entzieht. Wenn die ganze Fläche be-<br />
deckt ist, kann mit einem Reibebrett oder der Schwammscheibe leicht geglättet werden.<br />
33<br />
Ich verwende zum Vor-<br />
nässen ein Spritzgerät.<br />
Ein Quast oder eine Sprüh-<br />
flasche sind ebenfalls<br />
geeignet
Die erste Schicht wird nur<br />
sehr dünn aufgetragen<br />
Für schmale Stellen, runde<br />
und kleine Formen sind<br />
Spachtel, Poliersteine<br />
oder Plastikstücke sehr<br />
praktisch<br />
4. Aufziehen der zweiten Schicht<br />
Sobald die erste Schicht fertig ist, wird sofort mit dem Auftragen der zweiten begonnen.<br />
Diese sollte rund fünf Millimeter dick sein. Am besten wird die Traufel mit gleich blei-<br />
bendem, leichtem Druck geführt. Besonderes Augenmerk verlangen jetzt auch Kanten,<br />
Ecken und Rundungen, welche ebenfalls mit einer gleich dicken Verputzschicht be-<br />
deckt sein sollen.<br />
5. Glätten<br />
Nun wird die Fläche mit einem Holzreibebrett mit wenig Druck in kreisenden Bewegun-<br />
gen gerieben. Für diesen Arbeitsgang kann auch die Schwammscheibe, eine Glättekelle<br />
oder die Shiage-Gote-Kelle benützt werden. Allerdings ist das Holzreibebrett ideal, da<br />
es dem Verputz immer ein wenig Wasser entzieht. Mit dem Abreiben drückt man die<br />
grösseren Körner ins Innere des Verputzes, wo sie das Material verfestigen. Der Verputz<br />
ist jetzt ein erstes Mal verdichtet. Gleichzeitig wird ein sehr feiner Putzschlamm an die<br />
Oberfläche befördert. Dieser Putzschlamm macht die Glätte und den Glanz des Tade-<br />
34
lakts aus und ist zu hüten wie der eigene Augapfel! Sobald ein geschlossener Film aus<br />
Putzschlamm die ganze Fläche bedeckt, kann man diesen Film mit einer Glättekelle<br />
glätten. Um Ecken, Kanten und Rundungen zu glätten, kommen Plastikstücke und<br />
Poliersteine zum Einsatz.<br />
Wird die Arbeit aus irgendeinem Grund unterbrochen, kann der noch nasse <strong>Tadelakt</strong> mit<br />
Plastikfolie zugedeckt werden. So lässt sich der Prozess des Austrocknens bis zu zwei<br />
Tagen verzögern.<br />
35<br />
Glätten einer Kante mit<br />
dem Polierstein<br />
Glätten und Abreiben mit<br />
der Schwammscheibe
Glätten mit der<br />
Venezianerkelle<br />
Glätten und verdichten<br />
mit dem Polierstein<br />
6. Verdichten<br />
Wenn der Putz soweit abgetrocknet ist, dass der Druck eines Fingers keine Delle mehr<br />
hinterlässt, beginnt man die Oberfläche mit der japanischen Shiage-Gote, einer Ve-<br />
nezianerkelle oder einer Glättkelle zu verdichten. Hierzu wird die Kelle mit Kanten-<br />
druck über die Fläche geführt. Die Putzoberfläche nimmt einen seidenen Glanz an. Am<br />
Schluss dieses Arbeitsgangs kommt die Shiage-Gote aus Kunststoff zum Einsatz. Die<br />
ganze Fläche, alle Ecken und Kanten, werden kreuz und quer mit Druck abgezogen.<br />
Nun wartet man solange zu, bis die Oberfläche nicht mehr schmiert.<br />
Dann wird mit dem Polierstein mit kleinen kreisenden Bewegungen die Putzfläche<br />
«massiert». Zuerst soll mit wenig, dann mit zunehmender Trocknung mit immer mehr<br />
Druck gearbeitet werden. Das Arbeiten mit dem Stein schliesst die letzten Poren und<br />
Risse dauerhaft.<br />
36
Natürlich gibt es auf jeder <strong>Tadelakt</strong>oberfläche Stellen, welche nicht perfekt sind. Ein-<br />
zelne kleine Löcher und Risse sind kein Qualitätsmangel, sondern tragen zur Einzigar-<br />
tigkeit der verputzten Fläche bei. In der Regel wird die gesamte Fläche zwei bis drei Mal<br />
überarbeitet. Oft ist es so, dass einige Flächen noch nass sind und andere bereits tro-<br />
cken. Diese Situation braucht Feingefühl und Geduld. Die noch nassen Stellen dürfen<br />
nicht zu stark «massiert» werden, da sonst der so wichtige Putzschlamm wegradiert<br />
wird und sandige Nester an die Oberfläche treten. Man muss zuwarten, bis auch diese<br />
Stellen soweit getrocknet sind, dass sie mit dem Stein verdichtet werden können. Im<br />
Notfall können Papierstücke, die nicht abfärben, auf die Stellen gelegt werden, um die<br />
Trocknung zu beschleunigen.<br />
Die Bearbeitung mit dem Stein macht jede Fläche zu einem Unikat. Wo mit mehr Druck<br />
gearbeitet wird, verdunkelt sich der Farbton. So entstehen die optische Tiefe und die<br />
«Handschrift» des Verarbeiters. Erst durch das Verdichten mit dem Stein erreicht der<br />
<strong>Tadelakt</strong> seine ausgesprochene Härte.<br />
Der lange Prozess des Verdichtens ist das Kern- und Herzstück des <strong>Tadelakt</strong>s. Haben<br />
wir zu wenig verdichtet, wird der fertige Verputz übersät sein mit grossen Rissen. Es<br />
lohnt sich also diese Arbeiten sorgfältig auszuführen.<br />
Ich möchte allerdings darauf hinweisen, dass auch zu starkes Verdichten die Ober-<br />
fläche beschädigen kann. In diesem Fall zeigen sich kleine schuppenartige Abplatzun-<br />
gen.<br />
Als letzter Schritt des Verdichtens, wird der Verputz noch einmal mit einer harten<br />
Plastikkelle abgezogen.<br />
7. Seifen<br />
Bereits kurze Zeit nach Abschluss des Verdichtens, beginnt der <strong>Tadelakt</strong> zu «schwit-<br />
zen». Das Wasser im Inneren des Verputzgefüges dringt an die Oberfläche, wo es<br />
Tropfen bildet.<br />
Am Tag nach Abschluss der Verputzarbeit, wird der <strong>Tadelakt</strong> eingeseift. Das geschieht<br />
folgendermassen:<br />
37<br />
Hellere und dunklere<br />
Stellen entstehen durch<br />
unterschiedlich starkes<br />
Verdichten. Sie sorgen für<br />
optische Tiefe
Schwitzender <strong>Tadelakt</strong><br />
Einseifen mit weichem<br />
Pinsel<br />
Schwarze Olivenölseife im Verhältnis 1:15 bis 1:20 mit warmem Wasser auflösen. Mit<br />
einer Sprühflasche oder einem weichen Pinsel die Seifenlösung auf eine Fläche von<br />
cirka 50 × 50 cm applizieren und mit dem Polierstein mit kreisenden Bewegungen ein-<br />
arbeiten, bis die Seife eingezogen ist. Danach die nächsten 50 × 50 cm einseifen und<br />
so weiter, bis die ganze Fläche eingeseift ist. In Nasszellen oder für Vasen kann es an-<br />
gezeigt sein, in den folgenden zwei Tagen das Seifen mit steigender Seifenkonzentra-<br />
tion zu wiederholen (bis 1:10). Dies verbessert die Hydrophobierung massgeblich. Die<br />
Olivenölseife dringt in den Kalk ein, verwandelt sich dort in Kalkseife und verschliesst<br />
die Poren des Verputzes. Durch das Seifen bildet sich eine hydrophobe (wasserabwei-<br />
sende) Oberfläche. Die hydrophobe Schicht ist rund 0,5 mm bis 2 mm dick.<br />
Beim Seifen ist darauf zu achten, antrocknende Seifenläufe zu vermeiden. Falls einmal<br />
zu viel Seife auf dem Verputz liegt, tupft man diese sorgfältig mit einem weichen Tuch<br />
ab.<br />
38
In den ersten 2 Wochen ist der <strong>Tadelakt</strong> noch relativ weich und äusserst empfindlich<br />
auf Stösse. Es gilt, die verputzten Flächen mit grösster Sorgfalt zu behandeln.<br />
8. Polieren<br />
Nach zwei bis drei Wochen folgt der letzte Arbeitsgang. Wir verdünnen Schwarze<br />
Olivenölseife 1:10 mit Wasser und tragen sie wie unter Punkt 7 beschrieben auf. Dann<br />
reiben wir die Seife solange in den Verputz ein, bis sie ganz eingezogen ist und der<br />
<strong>Tadelakt</strong> seinen typischen Glanz angenommen hat. Das Werkzeug für diesen Arbeits-<br />
gang ist ein Folienbeutel, in welchen wir ein weiches Tuch stopfen.<br />
Wenn die Seife zu stark konzentriert aufgetragen wurde, wird die Oberfläche speckig.<br />
Anstatt eines Folienballens kann auch mit einem weichen Lammfell poliert werden.<br />
9. Optionale Arbeiten und dekorative Techniken<br />
Sgraffito<br />
Zwischen dem Verdichten und dem Seifen hat man die Möglichkeit, Muster, Friese oder<br />
anderes aus der glatten Oberfläche auszukratzen. Das Muster kann mittels Schablone<br />
und einem Pausbeutel auf das Objekt gepaust oder mit einem Teigrädchen aufgezeich-<br />
net werden. Zum Auskratzen eignen sich Stichel und andere spitze und scharfe Werk-<br />
zeuge.<br />
Prägungen<br />
Bereits beim Glätten kann man Muster oder Zeichen in Form von kleinen Schablonen<br />
aus Moosgummi oder anderen Materialien in den nassen Verputz drücken. Die Schab-<br />
lone wird erst während des Verdichtens entfernt. Nach dem Entfernen, können die<br />
Ränder mit einem kleinen Polierstein oder geeigneten Plastikinstrumenten ausge-<br />
arbeitet werden.<br />
Einlegearbeiten<br />
Eine weitere dekorative Technik stellt das Einlegen von Steinen, Mosaiken, und ande-<br />
ren Gegenständen dar. Am besten werden die einzulegenden Gegenstände schon vor<br />
dem Verputzen auf der Fläche befestigt (z. B. mit Zementfliesenkleber). Danach wird<br />
mit dem <strong>Tadelakt</strong> direkt an die Gegenstände verputzt.<br />
39<br />
Einreiben der Seife mit<br />
dem Polierstein
Sgraffito<br />
Die Prägeform wird erst<br />
beim Verdichten aus dem<br />
Verputz entfernt<br />
40
Patinieren<br />
Um dem <strong>Tadelakt</strong> Patina zu verleihen gibt es die Möglichkeit, die Seifenwasserlösung<br />
mit einem Hauch Pigment einzufärben. Nach dem Einseifen mit dieser Lösung ist das<br />
Netz aus Haarrissen dezent eingefärbt und gibt besonders dem feuchten <strong>Tadelakt</strong> ei-<br />
nen antik wirkenden Ausdruck.<br />
Hochglanzpolitur<br />
Falls es gewünscht ist, kann man ähnlich wie bei der Stucco-Technik, die Fläche mit<br />
punischem Wachs einreiben und polieren und sie so auf Hochglanz bringen.<br />
Ölen<br />
Küchenrückwände und -arbeitsflächen eignen sich wegen Fettspritzern und Säuren<br />
nur bedingt für <strong>Tadelakt</strong>. Um unangenehmen Nebenwirkungen von Fett vorzubeugen,<br />
gibt es eine Lösung. «Mit einem grossen «Fettfleck» aus trocknendem Öl installieren<br />
wir eine fettsichere Oberfläche.» (Ziesemann, Krampfer, 2007). Hierfür verwenden wir<br />
eine Lösung aus Leinölfirnis und Bienenwachs.<br />
3.3 ARBEITSLEISTUNG UND MATERIALVERBRAUCH<br />
<strong>Tadelakt</strong> ist eine äusserst arbeits- und materialintensive Verputztechnik. Pro Arbeits-<br />
kraft wird mit einer Tagesleistung von vier bis fünf m 2 gerechnet. Wenn grosse Flächen<br />
ohne viele Details verputzt werden, kann man von einer Tagesleistung pro Person von<br />
fünf bis acht m 2 ausgehen.<br />
Beim Verputzen von Waschbecken, Badewannen oder vielen kleinen Ecken, sinkt die<br />
Tagesleistung massiv. Also lieber ein oder zwei Arbeitskräfte mehr einrechnen und<br />
nicht vergessen, dass es am Schluss die gesamte Fläche auch noch mit dem Stein zu<br />
bearbeiten gilt.<br />
Der Materialverbrauch ist recht hoch. Für einen Originaltadelakt muss mit 5 Kg Trocken-<br />
pulver pro m 2 gerechnet werden.<br />
Bei nachgebauten <strong>Tadelakt</strong>mischungen vermindert sich der Verbrauch auf ungefähr<br />
3 Kg/m 2 .<br />
41
4 PFLEGE, REINIGUNG UND<br />
REPARATUREN<br />
43
4 PFLEGE, REINIGUNG UND<br />
REPARATUREN<br />
4.1 PFLEGE UND REINIGUNG<br />
Nach etwa zwei Monaten ist der <strong>Tadelakt</strong> ausgehärtet und normal beanspruchbar.<br />
Wenn der <strong>Tadelakt</strong> seinen Glanz verlieren sollte, kann er mit Olivenölseife und Wasser<br />
im Mischverhältnis 1:15 wieder aufgefrischt werden. Die Fläche wird wie beim Polieren<br />
eingeseift und mit einem Folienballen eingerieben.<br />
Der <strong>Tadelakt</strong> ist eigentlich anspruchslos und Verschmutzungen können in den meisten<br />
Fällen problemlos abgewischt werden. Allerdings muss schnell genug reagiert werden,<br />
denn der <strong>Tadelakt</strong> ist immer ein saugender Kalkputz und keine versiegelte Fläche.<br />
Problematischer sind Säuren. Bei Küchenabdeckungen aus <strong>Tadelakt</strong> braucht es ein<br />
wenig Disziplin im Umgang mit Zitrusfrüchten, Essig, Wein oder sauren Reinigungsmit-<br />
teln. Diese haben auf dem <strong>Tadelakt</strong> nichts verloren!<br />
Bei sanitären Armaturen sollte auf kalklösende Reinigungsmittel verzichtet werden. Es<br />
ist besser, die Armaturen regelmässig mit einem Tuch trockenzureiben.<br />
In Nassbereichen ist es sinnvoll den <strong>Tadelakt</strong> alle drei bis vier Monate mit Seifenlösung<br />
zu pflegen, um die Oberfläche vor Kalkablagerungen zu schützen. Spritzwasser sollte<br />
regelmässig mit einem Tuch abgewischt werden.<br />
Als Reinigungs- und Pflegemittel braucht es also bloss schwarze Olivenölseife und<br />
Wasser.<br />
4.2 REPARATUREN<br />
Mechanische Verletzungen des Verputzes können geflickt werden. Die Reparatur-<br />
arbeiten brauchen einiges an Erfahrung. Geflickte Stellen werden in den meisten Fällen<br />
sichtbar bleiben. Dies kann aber auch als Patina oder als Teil des Charmes dieser Ver-<br />
putztechnik angesehen werden, je nach Blickwinkel des Betrachters.<br />
Vorgehen<br />
Die verletzte Stelle wird mit einem scharfen Werkzeug bis auf den Grundputz vertieft<br />
und die Ränder bis ins gesunde Material erweitert. Nun wird der Rand der Flickstelle<br />
sauber abgedeckt. Der Untergrund muss ausreichend vorgenässt werden. Besonders<br />
wichtig ist die Pigmentierung. Es sollten unbedingt Muster angefertigt (und auch po-<br />
liert!) werden, um die Farbgenauigkeit zu prüfen. Danach wird der Mörtel so aufgetra-<br />
gen, dass die Fehlstelle leicht überhöht ist, damit nach dem Verdichten keine Delle ent-<br />
steht. Ansonsten wird gearbeitet wie unter Kapitel 3 beschrieben.<br />
44
5 TADELAKT IM HEUTIGEN<br />
BAUALLTAG<br />
45
5 TADELAKT IM HEUTIGEN<br />
BAUALLTAG<br />
Noch vor einigen Jahrzehnten kostete Baumaterial viel und Arbeitsstunden galten<br />
wenig. Die Handwerker und Bauherren nahmen sich Zeit, um die Materialien so lan-<br />
ge trocknen zu lassen, bis sie weiter bearbeitet werden konnten. Durch hochvergütete<br />
Baustoffe wie Kleber, Bauschäume, schnellbindende Mörtel und Verputze, ist der heu-<br />
tige Baualltag um einiges hektischer geworden. In kurzer Zeit wird sehr viel gebaut. Der<br />
Bezug eines Hauses geschieht nicht selten nur wenige Monate nach Baubeginn. Der<br />
Zeitdruck beim Bauen fördert die Entwicklung von immer effizienteren, noch schnel-<br />
ler zu verarbeitenden Materialien. Besonders bei Renovationen gehören Fermacell,<br />
Gipskarton und andere Leichtbauplatten zum Alltag. Diese können rasch verbaut und<br />
sofort nach Einbau verputzt oder weiterbehandelt werden. Diese Hektik beim Bauen<br />
widerspricht aber den alten, qualitativ bewährten Techniken, insbesondere auch dem<br />
<strong>Tadelakt</strong>.<br />
Zum Beispiel ein mit <strong>Tadelakt</strong> verputzter Badezimmerboden sollte mindestens fünf bis<br />
acht Wochen aushärten, bis er benutzt werden kann. In der Endphase einer Baustelle,<br />
wenn in der Regel verputzt wird, ist es oft so, dass sich viele verschiedene Handwer-<br />
ker im Bau befinden. Da der <strong>Tadelakt</strong> besonders in den ersten zwei Wochen äusserst<br />
kratz- und schlagempfindlich ist, sind dies heikle Situationen, welche es bereits in der<br />
Planungsphase zu regeln gilt.<br />
Bis vor 60 Jahren war Kalk eines der gängigsten Baumaterialien. Maler, Gipser und<br />
Maurer konnten Kalkprodukte fehlerfrei einsetzen und erreichten eine sehr hohe Bau-<br />
qualität. Mit der Entwicklung von Kunstharzverputzen und Dispersionsfarben ging viel<br />
Wissen um die Verarbeitung von Kalkputzen und reinen Mineralfarben verloren. Der<br />
«Glaube» an die neuen modernen Baustoffe, hat die alten Techniken und Materialien<br />
fast vollständig verdrängt. Das Arbeiten mit Kalkprodukten erfordert einiges an Erfah-<br />
rung und Können. Bei unsachgemässer Verarbeitung kommt es oft zu gravierenden<br />
Bauschäden. Dies ist mit ein Grund, dass viele Planer und Handwerker gegenüber Kalk-<br />
produkten, respektive <strong>Tadelakt</strong>, sehr skeptisch sind.<br />
Ein weiterer Punkt, den ich hier ansprechen möchte, ist der relativ hohe Preis von Tade-<br />
lakt. Die Verarbeitung von <strong>Tadelakt</strong> ist äusserst zeitaufwändig. Die vielen notwendigen<br />
Arbeitsschritte machen es fast unmöglich, den Aufwand zu verringern. Verschiedene<br />
Firmen haben eigene <strong>Tadelakt</strong>mischungen entwickelt, welche dank Cellulose und Mar-<br />
mormehl auch dünnschichtiger und entsprechend schneller verarbeitet werden kön-<br />
nen. Genau genommen handelt es sich bei diesen Produkten aber nicht um <strong>Tadelakt</strong>,<br />
sondern um Kalkspachtel, welche wie <strong>Tadelakt</strong> bearbeitet werden. Auch aus bauphysi-<br />
kalischer und baubiologischer Sicht dürfen sie nicht mit echtem <strong>Tadelakt</strong> gleichgestellt<br />
werden. Hinzu kommt, dass aus Marokko importiertes Material bei uns relativ teuer<br />
verkauft wird.<br />
Dieser Verputz wird also auch in Zukunft mehr kosten als andere Beschichtungen, was<br />
sich allerdings relativiert wenn man die Lebensdauer betrachtet. Es gibt in Marokko<br />
<strong>Tadelakt</strong>verputze, welche einige hundert Jahre alt und immer noch völlig intakt sind.<br />
Eine schöne Lösung, den Preis niedrig zu halten, ist das Organisieren eines sozialen<br />
Anlasses. Mit mehreren Leuten eine Wand oder ein Badezimmer zu verputzen, ist ein<br />
46
einmaliges und bestimmt unvergessliches Erlebnis. Es ist allerdings wichtig, dass alle<br />
Mitarbeiter gründlich in diese nicht ganz einfache Technik eingeführt werden und die<br />
Chance erhalten, vorgängig eine Mustertafel herzustellen. Beim Arbeiten mit Einstei-<br />
gern ist es wichtig, die verschiedenen Arbeiten genau zu erklären und aufzuteilen, da-<br />
mit jeder genau weiss, wann er was zu tun hat.<br />
5.1 TADELAKT AUS BAUBIOLOGISCHER SICHT<br />
Herstellung und graue Energie<br />
Die Herstellung von <strong>Tadelakt</strong>, den ich hier als natürlich hydraulischen Kalk (NHL) be-<br />
urteile, ist mit einem relativ hohen Energieaufwand verbunden. Zusätzlich kommt es<br />
beim Brennen von Kalk zu beachtlichen Mengen von Schadstoffemissionen. Allerdings<br />
muss man sagen, dass das freigesetzte CO 2 im Laufe der Karbonatisierung wieder im<br />
<strong>Tadelakt</strong> gebunden und die Emission so neutralisiert wird. Verbesserungspotential<br />
liegt vor allem in besseren Öfen.<br />
Der Abbau von Kalkstein verursacht Landschaftsschäden und durch auslaufende Öle<br />
von Maschinen in Steinbrüchen, können Schäden an Ökosystemen und Grundwasser<br />
entstehen.<br />
Da <strong>Tadelakt</strong> bis heute nur mit Holz und zum Teil mit Kohle gebrannt wird, liegt der<br />
Anteil der nicht erneuerbaren Energie fast bei Null. Im Allgemeinen liegt der Energie-<br />
verbrauch für natürlich hydraulischen Kalk bei 4500 MJ/t. Weil <strong>Tadelakt</strong> über weite<br />
Strecken, meist per LKW, nach Europa transportiert wird, muss dieser Teil aber mit-<br />
berechnet werden. Für Transporte auf der Strasse wird mit 2890 KJ pro Tonne und Kilo-<br />
meter gerechnet (windland). Von Bern nach Marrakesch ist es ziemlich genau 2800 Km.<br />
Das entspricht einem Energieaufwand von 8100 MJ/t. Insgesamt darf also mit einem<br />
Energieverbrauch von 12600 MJ/t gerechnet werden.<br />
Im Vergleich dazu:<br />
≥ Lehmverputz ca. 260 MJ/t (ohne Transport)<br />
≥ Silikonharzverputz ca. 8400 MJ/t (ohne Transport)<br />
≥ Dreischichtplatte ca. 7400 MJ/t (ohne Transport)<br />
≥ Acryl-Lack ca. 35000 – 50000 MJ/t (ohne Transport)<br />
Anmerkung: Ich habe bei meinen Recherchen nicht weniger als vier verschiedene An-<br />
gaben zur grauen Energie von hydraulischem Kalk gefunden. Die Werte reichten von<br />
1250 MJ/t bis 5300 MJ/t. Also habe ich mich dazu entschieden, alle Werte vom Büro für<br />
Umweltchemie zu benutzen.<br />
Entsorgung und Recycling<br />
Grundsätzlich könnte uneingefärbter <strong>Tadelakt</strong> wieder gebrannt und erneut als Tade-<br />
lakt verarbeitet werden. Aus ökologischen und ökonomischen Gründen macht das al-<br />
lerdings keinen Sinn.<br />
<strong>Tadelakt</strong> wird als Bauschutt entsorgt und findet in Verbindung mit mineralischen Ab-<br />
fällen als Recyclingsand Weiterverwendung.<br />
47
Raumklima<br />
<strong>Tadelakt</strong> wirkt durch seine hohe Alkalität fungizid und antibakteriell. Durch seine aus-<br />
gesprochen gute Dampfdiffusionsfähigkeit und Sorptionsfähigkeit wirkt er feuchtig-<br />
keitsausgleichend. Das heisst, dass er grosse Mengen Feuchtigkeit aufnehmen kann<br />
und sie verzögert wieder an die Raumluft abgibt.<br />
Giftstoffe und Gefahren<br />
Reiner gebrannter Kalk ist ungiftig und ungefährlich für die Umwelt. Kalk ist geruchs-<br />
neutral und gut geeignet für Allergiker. Vorsicht ist aber bei der Verarbeitung geboten.<br />
Der nasse Kalkverputz hat einen PH-Wert von 13, ist also ätzend. Verarbeiter sollten<br />
unbedingt alkalibeständige Handschuhe tragen. Bei Augenkontakt sofort mit viel kla-<br />
rem Wasser auswaschen. Ein Arztbesuch wird dringend empfohlen. Wiederholter Haut-<br />
kontakt kann «Maurerkrätze», ein allergisches Ekzem auslösen. Häufiges oder sehr<br />
starkes Einatmen von Kalkstäuben kann zu Staublunge führen. Wenn viel Kalk ange-<br />
rührt wird, ist eine Staubmaske unerlässlich. Ebenfalls ist Vorsicht bei der Auswahl von<br />
Pigmenten geboten. Giftige oder schädliche Pigmente sind zu vermeiden. Die Radioak-<br />
tivität ist im Normalfall geringer als die von Zement.<br />
Optische und sinnliche Wirkung<br />
Es ist schwierig, <strong>Tadelakt</strong> von seiner orientalischen – islamischen Heimat zu trennen. In<br />
Marokko wird <strong>Tadelakt</strong> traditionell mit rotem Eisenoxid eingefärbt, welches Wärme und<br />
Geborgenheit vermittelt. In Wechselwirkung mit Licht entsteht so eine einmalige At-<br />
mosphäre, welche uns an Wärme, die Buntheit eines Souks (Markt), die Besinnlichkeit<br />
einer Moschee, orientalische Musik, einen Hamam (Badehaus) erinnert. Diese Gefühle<br />
sind es, die uns dem <strong>Tadelakt</strong> so nahe bringen. Eine wellige, wie Seide glänzende Ober-<br />
fläche, die man berühren möchte, die Ruhe und Stabilität vermittelt und uns gerade in<br />
den kühlen Jahreszeiten von Innen wärmt.<br />
Natürlich findet <strong>Tadelakt</strong> auch im modernen Design seinen Platz. Mit Pigmenten in al-<br />
len Farben können wunderbare Ecken, Nuancen und Kontraste geschaffen werden.<br />
5.2 TADELAKT AUS BAUPHYSIKALISCHER SICHT<br />
Rohdichte 1800 Kg/m 3<br />
Wärmeleitfähigkeit 0,87 W/mK<br />
Dampfdiffusionswiderstand s=15<br />
Brennbarkeit F 180, nicht brennbar<br />
Frostbeständigkeit Nur bedingt empfehlenswert im Aussenbereich.<br />
<strong>Tadelakt</strong> und der Bauuntergrund sollten austrocknen können. Ansonsten<br />
kann es zu Frostschäden kommen. Es gibt auch in Mitteleuropa einige<br />
Gebäude, welche selbst auf der Wetterseite mit <strong>Tadelakt</strong> verputzt sind<br />
und auch nach Jahren noch keine Schäden aufweisen.<br />
Härte <strong>Tadelakt</strong> ist ein ausgesprochen harter und widerstandsfähiger Verputz. Ich<br />
vermute, dass die grosse Wasseraufnahme beim Anrühren des Verputzes<br />
die Aushärtung verbessert. Das Mischverhältnis von Wasser und <strong>Tadelakt</strong><br />
kann bis 1:1 betragen. Das langsame Austrocknen begünstigt die Karbonatisierung<br />
und sorgt für die grosse Härte.<br />
48
Salzeinwanderungen Obwohl weniger als andere Verputze, ist auch <strong>Tadelakt</strong> empfindlich gegen<br />
einwandernde Salze. In Sockel- und Kellerbereichen mit aufsteigender<br />
Feuchtigkeit sollte als Grundputz deswegen ein Porengrundputz von rund<br />
zwei cm Dicke gewählt werden. Dieser kann wesentlich mehr Salz aufnehmen<br />
als andere Grundputze. Sollte es doch zu Salzausblühungen kommen,<br />
werden diese Stellen regelmässig abgewischt und mit Seifen-Wasserlösung<br />
gepflegt. Mittelfristig sollten hier eine Entfeuchtung mittels Sickerleitungen<br />
und/oder eine Abdichtung des Gebäudes vorgenommen werden.<br />
49
6 PROJEKT «REGIONALER<br />
TADELAKT»<br />
51
6 PROJEKT «REGIONALER<br />
TADELAKT»<br />
52<br />
Damit das Mögliche entsteht,<br />
muss immer wieder das<br />
Unmögliche versucht werden<br />
Hermann Hesse<br />
6.1 VORWORT<br />
Wie kann die graue Energie von <strong>Tadelakt</strong> verringert werden?<br />
Könnte man nicht auch aus Schweizer Kalk <strong>Tadelakt</strong> herstellen?<br />
Welche Merkmale des Ursprungsmaterials machen die Qualitäten des <strong>Tadelakt</strong>s aus?<br />
Was macht den marokkanischen Kalk so speziell?<br />
Wäre es möglich, einen eigenen Kalkofen zu bauen, selber Kalk zu brennen und mit<br />
dessen Abwärme noch das Haus zu heizen?<br />
Falls es möglich ist, macht es ökologisch und ökonomisch überhaupt Sinn?<br />
Um Antworten auf diese Fragen zu finden, musste ich möglichst viele Details aus der<br />
Produktionskette untersuchen. Das heisst, vom Rohstein bis zum fertigen Verputz. In<br />
den folgenden Teilkapiteln möchte ich dem Leser die Resultate aus meiner Arbeit kurz<br />
vorstellen.<br />
6.2 MAROKKANISCHER UND SCHWEIZER KALK IM VERGLEICH<br />
Bisher wurde hierzulande angenommen, dass Kalkstein für <strong>Tadelakt</strong> nur rund um Mar-<br />
rakesch abgebaut wird, weil nur genau dort diese spezielle Zusammensetzung des Kal-<br />
kes mit Tonanteilen und verschiedenen Silikaten zu finden sei. Durch Zufall habe ich<br />
erfahren, dass auch in der Region Khénifra, etwas weiter nördlich, <strong>Tadelakt</strong> gebrannt<br />
werde. Mir wurde gesagt, dass der <strong>Tadelakt</strong> von Khénifra im Vergleich zu dem aus Mar-<br />
rakesch, weniger Risse bilde, woraus man schliessen kann, dass sich die Ausgangsma-<br />
terialien unterscheiden.<br />
Die Analysen von gebranntem Kalk aus Marrakesch und Rohstein aus Khénifra, welche<br />
das Geologische Institut Bern freundlicherweise durchgeführt hat, zeigen, dass es sich<br />
um zwei völlig verschiedene Mineralien handelt.<br />
Beim Gestein aus Khénifra handelt es sich um Dolomit, was eine Kalziumoxid-Magne-<br />
siumoxid-Verbindung ist und zu den Karbonaten gehört. Es ist möglich, dass sich der<br />
Dolomit bei überwiegenden Kalziumoxidanteilen wie ein Kalziumkarbonat verhält. Das<br />
würde aber bedeuten, dass ein grosser Teil vom Brennmaterial, aufgrund des hohen<br />
Magnesiumanteils, beim Löschen keine Reaktion zeigt.<br />
Das gebrannte und gelöschte Material aus Marrakesch stellte sich als praktisch reines<br />
Kalziumkarbonat mit Anteilen von Magnesium, Silizium, Aluminium und Eisen heraus.<br />
Die Dünnschliffanalyse vom Dolomit aus Khénifra hat zu interessanten Ideen und Dis-<br />
kussionen geführt. Die Erkenntnis, dass Kalziumkarbonat nicht das einzig mögliche
Material für <strong>Tadelakt</strong> ist, war für mich auf der einen Seite bahnbrechend, auf der ande-<br />
ren Seite stellte sich nun die Frage, welche Eigenschaften das Ausgangsmaterial denn<br />
haben muss, damit sich daraus ein <strong>Tadelakt</strong> herstellen lässt.<br />
Auf den Dünnschliffbildern vom Dolomit ist ersichtlich, dass der Stein relativ grosse Po-<br />
ren aufweist. Weil dies beim Dolomit relativ selten vorkommt, hatte Professor K. Ram-<br />
seyer die Idee, sich zu überlegen, welche Gesteinseigenschaften beim Brennen und<br />
Verputzen von Kalk massgebend sind. Die Poren bewirken eine bessere Hitzeaufnah-<br />
me beim Brand und eine verbesserte Wasseraufnahme beim Löschen des gebrannten<br />
Materials.<br />
53<br />
Auf diesen Dünnschliff-<br />
bildern vom Dolomit, sind<br />
zwei verschiedene Vergrös-<br />
serungen eines Ausschnitts<br />
zu sehen, welche jeweils<br />
unbearbeitet und polari-<br />
siert abgebildet sind. Auf<br />
den bunten, den polarisier-<br />
ten Bildern, sind die Poren<br />
als schwarze und dunkel-<br />
graue Flecken sehr gut zu<br />
sehen. Die bunten Flecken<br />
sind die verschiedenen<br />
Bestandteile des Minerals.
Dolomit (CaMg(CO 3 )) aus<br />
der Nähe von Innertkirchen<br />
(BE)<br />
Professor Ramseyer ist zur Überzeugung gelangt, dass nicht nur die Zusammenset-<br />
zung, sondern auch die Beschaffenheit des Steins entscheidend ist, ob man mit dem<br />
gebrannten Material <strong>Tadelakt</strong> herstellen kann, oder nicht. Obwohl ich nicht so sicher<br />
war, ob aus dem Dolomit tatsächlich ein tadelaktartiger Verputz hergestellt werden<br />
kann, habe ich mich entschieden, auch davon eine Brennprobe zu machen. Professor<br />
Ramseyer hat mir erklärt, wo ich möglicherweise ähnlich porösen Dolomit und Kalzium-<br />
karbonat finden könnte.<br />
54
55<br />
Kalziumkarbonat (CaCO 3 )<br />
vom Weissenstein (SO)
Analyse oben: Röntgenanalyse von Kalziumkarbonat, Region Marrakesch, Marokko<br />
Analyse unten: Röntgenanalyse von Dolomit, Region Khénifra, Marokko<br />
56
Röntgenfluoreszenzanalyse vom Kalziumkarbonat (Marrakesch)<br />
57
Ofenschacht aus<br />
Schamottesteinen und<br />
feuerfestem Mörtel<br />
6.3 DER TESTOFEN<br />
Nach der Auseinandersetzung mit den mineralogischen Analysen habe ich mich ent-<br />
schieden, einen Dolomit aus dem Berner Oberland und ein Kalziumkarbonat aus dem<br />
Jura zu testen. Um eine Mustertafel von 20 × 30 cm anzufertigen, braucht es rund 350 g<br />
trockene <strong>Tadelakt</strong>mischung, was einem Gesteinsgewicht von etwa 700 g entspricht.<br />
Beim Brennen verliert der Kalk durch die Abgabe von CO 2 die Hälfte seines Gewichts.<br />
Um diese Menge Gestein zu brennen, sollte ein Ofen mit 16 l Inhalt reichen. In Anleh-<br />
nung an einen traditionellen Schachtofen, habe ich einen kleinen Testofen gebaut:<br />
Als Fundament habe ich eine Kofferschicht aus Wandkies gewählt, worauf ich einige<br />
grössere Steine als Sockel vermörtelt habe. Zwischen diesen Sockelsteinen habe ich<br />
ein wenig Lücke belassen, um das Feuer anzünden zu können und die Luftzufuhr zu<br />
gewährleisten. Den «Schacht» des Ofens habe ich aus sieben cm dicken Schamotte-<br />
steinen und feuerfestem Mörtel gemauert. Der Verputz des Ofens besteht aus dem-<br />
selben Mörtel. Um beim Brand die Hitze besser im Ofen zu behalten, habe ich einen<br />
zweiteiligen Deckel aus Schamottestein vorgesehen.<br />
Durch die Anfeuerungsöffnung besteht die Möglichkeit, ein wenig Holz nachzuschie-<br />
ben, da es ungewiss ist, ob die Ofenbefüllung ausreicht, um das Brenngut auf 900 °C<br />
zu erhitzen.<br />
58
6.4 BRENN- UND VERPUTZPROBEN<br />
Die erste Brennprobe habe ich mit dem Kalk vom Weissenstein durchgeführt. Zuerst<br />
habe ich den Ofen mit Holz und Kohle aufgefüllt und dann ein Kilogramm Steine von<br />
2 – 3 cm Grösse oben in die Mitte gelegt. Die Steine deckte ich mit einer Schicht Holz<br />
und Kohle zu. Danach zündete ich das Feuer durch die Öffnung ganz unten. Relativ<br />
schnell entwickelte sich starker Rauch, da sich das Feuer im Ofen nur langsam aus-<br />
breiten kann. Um eine beständig hohe Luftzufuhr zum Brennraum zu erhalten, habe ich<br />
mit einer grossen Pumpe konstant Luft in das Feuerloch geblasen. Schon bald konnte<br />
ich sehen, dass die Glutfarbe von hellorange zu Gelb wechselte. Hellorange Glut hat<br />
eine Temperatur von rund 800 °C, Gelb ist bereits über 1000 °C heiss.<br />
Nach knapp vier Stunden war das Feuer abgebrannt. Am nächsten Tag, als die Steine<br />
abgekühlt waren entfernte ich die Steine aus dem Ofen und besprühte sie mit kaltem<br />
Wasser. Sofort begannen die Steine zu zischen und zu dampfen, worauf sie zu einem<br />
weissen Pulver zerfielen. Um die Rauchentwicklung zu minimieren, habe ich für die<br />
zweite Brennprobe den Ofen zuerst eine Stunde eingefeuert und erst dann bis zum<br />
Rand mit Holz, Kohle und einem Kilogramm Dolomit aufgefüllt. Auch bei diesem Ver-<br />
such stieg die Temperatur der Glut rasch auf ungefähr 1000 °C. Obwohl die Hitze die<br />
Steine aufgerissen hat, passierte beim Besprühen mit Wasser vorläufig nichts. Einige<br />
Tage später war ein grosser Teil der Steine allerdings doch zu Pulver zerfallen. Bis heute<br />
bin ich nicht sicher, ob diese Brennprobe gelungen ist. Weitere Tests sind notwendig<br />
und werden mir vielleicht neue Erkenntnisse liefern.<br />
59<br />
Deckel aus<br />
Schamottesteinen,<br />
Verputz aus<br />
feuerfestem Mörtel
Vorheizen des Ofens<br />
Gebranntes<br />
Kalziumkarbonat<br />
60
Um zu testen, ob sich aus dem gebrannten und gelöschten Material tatsächlich ein<br />
tadelaktartiger Verputz herstellen lässt, habe ich mit beiden Pulvern eine Mustertafel<br />
angefertigt.<br />
In der folgenden Tabelle dokumentiere ich kurz die Ergebnisse:<br />
getestete Eigenschaft Kalziumkarbonat (350g) Dolomit (100g)<br />
Körnigkeit des Pulvers Sieblinie: 0 – 3 mm, grösstenteils<br />
mehlig<br />
Einsumpfen Das Pulver nimmt 1,5 dl Wasser<br />
auf und scheint immer noch<br />
trocken zu sein.<br />
Wasseraufnahme beim Anrühren 2,2 dl<br />
Die gesamte Wasseraufnahme<br />
beträgt etwas mehr als das<br />
Eigengewicht. (<strong>Tadelakt</strong> aus<br />
Marokko: max. 1:1)<br />
Plastizität, Klebrigkeit nach dem<br />
Anrühren<br />
Sehr gute Plastizität und hohe<br />
Klebrigkeit. Ähnlich wie Zahnpasta.<br />
Verhalten beim Verputzen Lässt sich gut verputzen.<br />
Vergleichbar mit <strong>Tadelakt</strong>.<br />
Beschaffenheit der<br />
Oberfläche<br />
An der Oberfläche bildet sich<br />
rasch ein sehr feiner Putzschlamm,<br />
welcher sich gut<br />
glätten lässt.<br />
Sieblinie: 0 – 3 mm, grösstenteils<br />
sehr feiner Sand<br />
Das Pulver nimmt 0,4 dl Wasser<br />
auf und ist sofort feucht.<br />
0,3 dl<br />
Die gesamte Wasseraufnahme<br />
beträgt 75 % des Eigengewichts.<br />
Also immer noch 4 - 5 Mal mehr<br />
als Zement.<br />
Mässige Plastizität, eher krümelige,<br />
brüchige Struktur.<br />
Löst sich am Anfang öfters von<br />
der Oberfläche, ansonsten ähnlich<br />
wie <strong>Tadelakt</strong>.<br />
An der Oberfläche bildet sich<br />
wenig wässriger Putzschlamm. Der<br />
Verputz ist auf Druck relativ fest,<br />
trocknet aber etwas langsamer<br />
aus. Ein wenig angetrocknet, lässt<br />
sich die Fläche aber gut glätten.<br />
61<br />
Während dem Löschen<br />
zerfallen die Kalksteine<br />
zu einem weissen Pulver
getestete Eigenschaft Kalziumkarbonat (350g) Dolomit (100g)<br />
Polierbarkeit Reagiert sehr empfindlich auf den<br />
Polierstein. Weil die Oberfläche<br />
immer noch leicht klebrig ist,<br />
reisse ich die Oberfläche immer<br />
wieder leicht auf. Dadurch<br />
kommt es zu einer gut sichtbaren<br />
Körnigkeit an der Oberfläche. Mit<br />
der Plastikkelle lässt sich die<br />
Oberfläche sehr gut polieren und<br />
erreicht einen stärkeren Glanz als<br />
originaler <strong>Tadelakt</strong>.<br />
Rissbildung beim Trocknen Übermässige Rissbildung mit<br />
Tendenz zum Brechen. Die Ursache<br />
dürfte eine zu kleine Sieblinie,<br />
oder eine zu grosse Schichtdicke<br />
sein. In einem zweiten Versuch mit<br />
geringerer Schichtdicke, zeigen<br />
sich praktisch keine Risse mehr.<br />
Härte nach dem Austrocknen Bedingt durch die grosse Wasseraufnahme<br />
und die gute Verdichtbarkeit,<br />
rechne ich mit einer guten<br />
Aushärtung. Ein definitiver Härtetest<br />
bleibt noch auszuführen<br />
62<br />
Bedingt durch die dünne Schicht<br />
des Putzschlamms, zeigen sich<br />
schnell die darunter liegenden<br />
Körnchen. Reagiert unempfindlich<br />
auf den Polierstein und lässt sich<br />
sehr gut polieren. Der Glanz entspricht<br />
in etwa dem von <strong>Tadelakt</strong>.<br />
Sehr starke Rissbildung.<br />
Nach 24 Stunden zerbröselte das<br />
Muster. Ich gehe davon aus, dass<br />
zuwenig Bindemittel (Kalk) vorhanden<br />
war. Weitere Brenn- und<br />
Verputzproben werden vielleicht<br />
neue Erkenntnisse bringen.<br />
Obwohl das Verputzmaterial aus Kalziumkarbonat noch gewisse «Kinderkrankheiten»<br />
aufweist, kann gesagt werden, dass es sich bei den Mustern um <strong>Tadelakt</strong> handelt. Ich<br />
bin zuversichtlich, dass mit einer Verbesserung der Sieblinie und der Schichtdicke,<br />
auch die Resultate ansprechender werden. Zwei Monate nach Fertigstellung dieser<br />
ersten Muster, werde ich anhand eines Härtetests prüfen, ob auch die Härte in etwa<br />
einem <strong>Tadelakt</strong> entspricht.<br />
Was genau für den Erfolg dieses Tests verantwortlich ist, kann ich leider nicht sagen.<br />
Die Praxis und weitere Gesteinsanalysen werden hoffentlich weitere Erkenntnisse lie-<br />
fern. Die Tests beweisen aber, dass die Herstellung von <strong>Tadelakt</strong> nicht nur in Marok-<br />
ko, sondern auch in der Schweiz und wahrscheinlich auf der ganzen Welt möglich ist.<br />
Bewiesen ist auch, dass mehrere Ausgangsmaterialien für <strong>Tadelakt</strong> verwendet werden<br />
können.<br />
Ob sich aus diesem oder anderen Dolomitgesteinen ein tadelaktähnlicher Verputz her-<br />
stellen lässt, werde ich mit weiteren Tests ermitteln.
6.5 PLANUNG EINES KALKOFENS UND ABWÄRMENUTZUNG<br />
Dieses Kapitel ist keine definitive oder ausgereifte Planung eines Kalkbrennofens mit<br />
Abwärmenutzung, sondern vielmehr ein Andenken eines Folgeprojektes, welches ich<br />
gerne realisieren würde. Anhand dieser Planung möchte ich vor allem die Möglichkeiten<br />
und die Realisierbarkeit eines solchen Projektes aufzeigen. Die Berechnungen, Zahlen<br />
und Informationen sollen lediglich dem besseren Verständnis dienen. Für mich war von<br />
Anfang an klar, dass eine regionale Herstellung von <strong>Tadelakt</strong> mit einer Verbesserung der<br />
Ofentechnik einhergehen müsste. Ein Ungetüm, welches während 100 Stunden qualmt<br />
und mehrere Ster Holz verschlingt, ohne dass diese Wärme genützt wird, kann nicht ein<br />
Idealfall sein. Man müsste die Abgase deutlich reduzieren und die entstehende Wärme<br />
zum Heizen eines Hauses nützen können, damit ein eigener Kalkofen vertretbar wäre.<br />
Ein Schachtofen besteht grundsätzlich aus zwei Kammern: Unten ist der Feuerraum mit<br />
einer Luft- und Befeuerungsöffnung. Über dem Feuerraum befindet sich der Schacht,<br />
eine nach unten zulaufende Öffnung. Der Schacht wird mit Steinen, Holz und Kohle ge-<br />
füllt. So kann sich das Feuer nicht beliebig ausdehnen und es kommt zu einer starken<br />
63<br />
Die erste Mustertafel mit<br />
Kalk vom Weissenstein<br />
mit starker Rissbildung<br />
Die zweite Mustertafel mit<br />
geringerer Schichtstärke<br />
zeigt keine Risse mehr
Skizze eines traditionellen<br />
Schachtofens<br />
Rauchentwicklung. Aus diesem Grund ist es nicht wahrscheinlich, einen Schachtofen in<br />
einem dicht besiedelten Gebiet bauen zu dürfen.<br />
Eine bessere Idee dürfte es sein, einen Ofen zu bauen, welcher wie ein Stückgutofen<br />
bedient werden kann. Wenn ich pro Jahr drei bis vier Mal einen m 3 Kalk brennen möch-<br />
te, wäre ein solcher Kalkofen im Vergleich zu einem normalen Stückgutofen relativ<br />
gross. Dazu kommt, dass er sich einigermassen bequem befüllen lassen sollte. Aus die-<br />
sen Gründen müsste der Ofen in einiger Distanz zu dem zu heizenden Haus aufgestellt<br />
werden.<br />
Um herauszufinden, ob und wie ein Kalkofen mit Abwärmenutzung realisierbar wäre,<br />
habe ich mich an Jenni Energietechnik AG in Oberburg gewendet. Herr André Hofmann<br />
hat sich freundlicherweise die Zeit genommen, mit mir über das Projekt zu diskutieren<br />
und alle nötigen Berechnungen vorzunehmen. Da bei einem Kalkofen grosse Abwärme-<br />
mengen anfallen, war für Herr Hofmann schnell klar, dass die Realisierung von diesem<br />
Projekt sinnvoll wäre.<br />
Für die Berechnung und Planung eines Kalkofens mit Abwärmenutzung sind wir davon<br />
ausgegangen, dass pro Brennvorgang 1 m 3 Kalk mit rund 4 Ster Fichtenholz, während<br />
100 Stunden gebrannt werden soll. Für das zu heizende Haus sind wir von einem Zwei-<br />
familienhaus mit acht Bewohnern ausgegangen. Die 8 Bewohner verbrauchen 400 l<br />
Warmwasser à 60 °C pro Tag. Das Haus ist nicht speziell gut isoliert. Zum Beispiel ein<br />
100 Jahre altes Rieghaus.<br />
«Vier Ster Fichtenholz erzeugen 6000 KWh. Bei einem Wirkungsgrad von 90 % ergibt<br />
das eine Abwärmemenge von 5400 KWh während 100 Stunden. Das Haus benötigt bei<br />
-8 °C eine Wärmeleistung von 20 KW. Im Dezember liegt der Energieverbrauch bei ca.<br />
8032 KWh, das entspricht ca. 261 KWh pro Tag inklusive Brauchwarmwasser. Im Januar<br />
rechnen wir mit 8275 KWh, respektive 267 KWh pro Tag. Wird am 1. Dezember, am<br />
21. Dezember und am 11. Januar gefeuert, reicht die Abwärme bis zum 31. Januar.<br />
64
Die Bedingung dafür ist ein genügend grosser Wärmespeicher. Der maximale Energie-<br />
pegel im Speicher beträgt 4320 KWh. Geht man davon aus, dass der Speicher geladen<br />
auf 80 °C und entladen auf 30 °C ist, so ist ein Speichervolumen von 75 000 l notwendig.<br />
Das entspricht einem Speicherdurchmesser von 3 m 20 cm und einer Höhe von 10 m.<br />
Dies ist ein theoretischer Wert. Berücksichtigen wir auch noch die Speicher- und Lei-<br />
tungsverluste, verändert sich das notwendige Volumen.» (A. Hofmann <strong>2011</strong>)<br />
Das nachfolgende Diagramm und die Tabelle verdeutlichen die anfallende Abwärme<br />
und die benötigte Heizenergie.<br />
65<br />
Schematische Darstellung<br />
eines Stückgut-Kalkofens<br />
mit Wärmespeicher.<br />
Alternativ könnte der Ofen<br />
auch aus Stampflehm und<br />
Industrieschamotte<br />
gebaut werden.
Aussentemperatur -8 °C<br />
Monat Tag Abwärme Heizung<br />
kWh<br />
Dieser Speicher ist sehr gross und benötigt viel Platz. Eine Alternative ist ein kleinerer<br />
Ofen mit kleinerem Speicher, mit welchem ein kleineres Haus geheizt werden könnte.<br />
Ein kleinerer Ofen hätte auch den Vorteil, dass auch ohne Kalkfüllung mit nicht allzu<br />
viel Aufwand geheizt werden könnte. Der Ofen könnte also als ganz normaler Stückgut-<br />
ofen genutzt werden und bei Bedarf als Kalkbrennofen. Als Ergänzung und als Haupt-<br />
energielieferant während den wärmeren Monaten, dürften Sonnenkollektoren zum<br />
Einsatz kommen.Diese kleinere Version eines Stückgut-Kalkbrennofens habe ich bis-<br />
her nicht berechnen lassen. Ebenfalls gibt es bisher keinen Kostenvoranschlag für ein<br />
solches Projekt. Da es sich aber um eine Spezialanfertigung handeln wird, rechne ich<br />
damit, dass der Ofen relativ teuer sein wird. Eine Möglichkeit für das Finanzieren eines<br />
solchen Projektes, scheint mir das Teilen der Anschaffungskosten und des Unterhalts<br />
zu sein. Die Bewohner bezahlen den Wärmespeicher und einen Teil des Ofens. Der Kalk-<br />
brenner bezahlt einen Teil vom Ofen und ist zuständig fürs Heizen und die Holzbeschaf-<br />
fung. Hinzu kommt, dass sich der Anschaffungspreis eines solchen Ofens relativiert,<br />
wenn man den Wert des erzeugten Produktes einrechnet.<br />
Eine weitere für mich interessante Option ist das Zusammenarbeiten mit anderen Kalk-<br />
verarbeitern. So könnte ein regionales Produkt zu günstigen Preisen lanciert werden.<br />
66<br />
Speicher<br />
kWh<br />
Dezember 1 1296 261 1035<br />
2 1296 261 2070<br />
3 1296 261 3105<br />
4 1296 261 4140<br />
5 261 4095<br />
6 261 3834<br />
7 261 3573<br />
8 261 3312<br />
9 261 3051<br />
10 261 2790<br />
11 261 2529<br />
12 261 2268<br />
13 261 2007<br />
14 261 1746<br />
15 261 1495<br />
16 261 1224<br />
17 261 963<br />
18 261 702<br />
19 261 441<br />
20 261 180<br />
21 1296 261 1215<br />
22 1296 261 2250<br />
23 1296 261 3295<br />
24 1296 261 4320<br />
25 216 261 4275<br />
26 261 4014<br />
27 261 3753<br />
28 261 3492<br />
29 261 3231<br />
30 261 2970<br />
31 261 2709<br />
Monat Tag Abwärme Heizung<br />
kWh<br />
Speicher<br />
kWh<br />
Januar 1 1296 267 2442<br />
2 1296 267 2175<br />
3 1296 267 1908<br />
4 1296 267 1641<br />
5 267 1374<br />
6 267 1107<br />
7 267 840<br />
8 267 573<br />
9 267 306<br />
10 267 39<br />
11 1296 267 1068<br />
12 1296 267 2097<br />
13 1296 267 3126<br />
14 1296 267 4155<br />
15 216 267 4104<br />
16 267 3837<br />
17 267 3570<br />
18 267 3303<br />
19 267 3036<br />
20 267 2769<br />
21 267 2502<br />
22 267 2235<br />
23 267 1968<br />
24 267 1701<br />
25 267 1434<br />
26 267 1167<br />
27 267 900<br />
28 267 633<br />
29 267 366<br />
30 267 99<br />
31 267 -168
SCHLUSSWORT<br />
Durch die Vertiefung in das Thema <strong>Tadelakt</strong> hat sich meine Faszination für diesen edlen<br />
Verputz weiter verstärkt. Für mich stellt diese Technik nicht nur eine Wandbeschich-<br />
tung mit hervorragenden Eigenschaften und Qualitäten dar. <strong>Tadelakt</strong> führt uns zurück<br />
in eine Zeit, in welcher die Qualität von Material und Handwerk wichtiger waren als die<br />
Geschwindigkeit des Bauens und der Preis. Beim Arbeiten mit <strong>Tadelakt</strong> wird die Ge-<br />
schwindigkeit vom Material bestimmt. Ist der Verputz noch zu nass für den nächsten<br />
Arbeitsgang ist, trinkt man im Moment besser einen Tee oder einen Kaffee. Das gedul-<br />
dige Warten auf den richtigen Moment, um weiterarbeiten zu können, wird am Ende mit<br />
einer anmutig schimmernden Fläche belohnt, welche ein Schmuckstück für die nächs-<br />
ten 100 Jahre darstellen kann.<br />
Wer einmal eine mit <strong>Tadelakt</strong> verputzte Wand gesehen und berührt hat, der weiss, dass<br />
sich Geduld lohnt und der Preis adäquat ist.<br />
Die Ausbeutung nicht erneuerbarer Ressourcen wird ihren Zenit bald erreicht haben.<br />
Die ökologischen Folgen unserer gedankenlosen Verschwendung dieser Ressourcen<br />
sind unübersehbar geworden. In Anbetracht dieser Bedrohung wird es höchste Zeit,<br />
uns auf Baumaterialien wie Kalk und Lehm zurückzubesinnen. Kalkprodukte sind in ih-<br />
rer Qualität und Dauerhaftigkeit seit über 2000 Jahren unübertroffen. <strong>Tadelakt</strong> ist eine<br />
von vielen Möglichkeiten, den Menschen die Schönheit und Qualität von Kalkprodukten<br />
wieder näher zu bringen. Nur wenn wir Naturprodukte anwenden und weiterverbreiten,<br />
besteht die Chance, eines Tages wieder auf Kunstharz und andere synthetische Pro-<br />
dukte verzichten zu können.<br />
Um die Technik des Kalkbrennens zu erlernen und zu sehen wie heute Kalköfen gebaut<br />
werden, war es mein ursprünglicher Plan, verschiedene Ofenbauer und Selbstbrenner<br />
zu besuchen. Ich war sehr erstaunt, dass niemand von den angefragten Personen ein<br />
Interesse daran hatte, mich in Ihre «Geheimnisse» einzuweihen. Wohl oder übel musste<br />
ich mich also selber in die Materie des Kalkbrennens vertiefen. Jetzt, am Ende dieser<br />
Arbeit, ist mir bewusst, dass für mich gerade diese Auseinandersetzung mit dem The-<br />
ma Kalkbrennen, Kalk und <strong>Tadelakt</strong> sehr wertvoll war. So konnte ich den ganzen Kalk-<br />
kreislauf vom Abbau bis zum fertigen Verputz mit Kopf, Hand und Herz verfolgen.<br />
Durch meine Arbeit an diesem Projekt habe ich neue Erkenntnisse und Einsichten ge-<br />
wonnen; es ergeben sich neue Fragen.<br />
So ist diese Arbeit jetzt zwar abgeschlossen, aber für mich persönlich stellt sie den<br />
Beginn von weiterführenden Projekten dar.<br />
67
GLOSSAR<br />
Alkalität, alkalisch<br />
68<br />
Auch Basizität. Eine Lauge ist alkalisch, eine Säure ist sauer. Nasser Kalkputz hat<br />
einen PH-Wert von 13, Zitronensaft hat einen PH-Wert von 2.<br />
Branntkalk, Stückkalk<br />
Die Steine, welche nach dem Brennen dem Ofen entnommen werden nennt man<br />
Brannt- oder Stückkalk.<br />
Exotherme Reaktion<br />
Ein Vorgang, bei dem Energie in Form von Wärme an die Umgebung abgegeben wird.<br />
Gelöschter Kalk<br />
Wenn gebrannter Kalk mit Wasser in Berührung kommt, entsteht Kalkhydrat (= ge-<br />
löschter Kalk)<br />
Hydrophobie, hydrophob<br />
Wasserabweisend<br />
Karbonatisierung<br />
Während des Austrocknens, gibt der Verputz Wasser an die Umwelt ab und nimmt<br />
CO 2 aus der Luft auf. Das CO 2 verwandelt sich im Verputz zu Kohlensäure und neu-<br />
tralisiert die hohe Alkalität. Es entsteht wieder Kalkstein.<br />
Leinölfirnis<br />
«Leinölfirnis» ist ein Anstrichmittel, das nach dem Aushärten eine transparente<br />
Schicht bildet. Diese Schicht nennt sich Firnis (Franz. «Vernis»).<br />
Natürliche Erden<br />
In den meisten Fällen Sedimentgesteine, welche durch den Kontakt mit Metall-<br />
oxiden und anderen Mineralien ihre charakteristische Farbe erhalten haben. Der<br />
Begriff «Erde» umfasst aber auch Erde und Gestein.<br />
Natürlich hydraulischer Kalk, hydraulische Eigenschaften<br />
Tonhaltige Kalke, welche unter 1250 °C gebrannt werden. Durch die niedere Brenn-<br />
temperatur scheiden die meisten Metalloxide aus. Sie trocknen nur an der Luft aus<br />
und werden deswegen auch natürlich hydraulische Luftkalke (NHL) genannt.<br />
Quast<br />
Bürstenartiger Pinsel<br />
Sgraffito<br />
Kratzputz, Kratztechnik. Vom italienischen Verb sgraffiare (kratzen) abgeleitet.<br />
Shiage-Gote<br />
Japanische Feinputzkelle<br />
Sinterschichten<br />
Transparente Bindemittelhaut an Putzoberflächen. Sie müssen mechanisch ent-<br />
fernt werden.<br />
Sorption, Sorptionsfähigkeit<br />
In diesem Zusammenhang bedeutet Sorption die Aufnahme von Wasserdampf.<br />
Thixotropie, Thixotrop<br />
Ein Material wird als thixotrop bezeichnet, wenn es durch Berührung oder Bewegung<br />
flüssiger wird.
Trasskalk<br />
Gemisch aus natürlich hydraulischem Kalk und Trass. Als Trass werde natürliche<br />
Puzzolane bezeichnet. (Puzzolane sind natürlich gebrannte vulkanische Gesteine<br />
mit hydraulischen Eigenschaften.)<br />
Traufel<br />
Die Traufel ist ein Verputzwerkzeug und besteht aus einem Stahlblech mit einem<br />
Holzgriff. Sie ist normalerweise rund 13 cm breit und 28 – 60 cm lang. Bei der 60 cm<br />
langen Traufel spricht man auch von einer Zweihandtraufel oder einer Talosche. Sie<br />
werden auch Glättkellen genannt.<br />
Venezianerkelle<br />
Etwas kleinere Glättkelle mit abgerundeten Ecken.<br />
69
QUELLEN<br />
Bücher und Zeitschriften<br />
≥ Gienger, Michael. 2006. Lexikon der Heilsteine. Neue Erde. Saarbrücken.<br />
≥ Mattivi, Johannes. 2005. Wo der Stein durchs Feuer geht. Vaterland. 20.5. S. 30.<br />
≥ Neite, Ralf. 2006. Süchtig nach <strong>Tadelakt</strong>. Die Mappe. 1/2006. S.25 – 27.<br />
≥ Ochs, Michael Johannes. 2008. <strong>Tadelakt</strong>. DVA. München<br />
≥ Raith, Wolfgang. 2010. <strong>Tadelakt</strong>-Lehm-Kalk. Tervehn. Stuttgart<br />
≥ Redaktion. 2004. Vom Kalkbrennen im Urnerland. Applica. <strong>Nr</strong>. 19. S. 16 –18.<br />
≥ Schläpfer, Walter. 2006. Kalk behauptet sich am Markt. Applica. <strong>Nr</strong>.4/Juni. S. 14 –16.<br />
≥ Stoeltie, Barbara und René. 2003. Living in Morocco. Taschen. Köln.<br />
≥ Ziesemann, Gert und Krampfer, Martin. 2007. <strong>Tadelakt</strong>. Kreidezeit. Taiwan.<br />
Internetseiten<br />
≥ www.bafu.admin.ch/luft (20.3.<strong>2011</strong>)<br />
≥ www.baufachinformation.de/denkmalpflege (27.3.<strong>2011</strong>)<br />
≥ www.bauteilkatalog.ch (23.3.<strong>2011</strong>)<br />
≥ www.chemikus.de/sites/kalkgips.htm#kalkbrennen (20.2.<strong>2011</strong>)<br />
≥ www.ecobine.de (20.2.<strong>2011</strong>)<br />
≥ www.geroldulrich.com/derKalkofen (5.1.<strong>2011</strong>)<br />
≥ www.gutebaustoffe.de/baustoffdatenbank/putze (20.2.<strong>2011</strong>)<br />
≥ www.jenni.ch (20.3. – 29.3.<strong>2011</strong>)<br />
≥ www.kreidezeit.de (15.1.<strong>2011</strong>)<br />
≥ www.kremer-pigmente.com (15.1. – 25.2. <strong>2011</strong>)<br />
≥ www.materialarchiv.ch/search (15.2. – 20.3.<strong>2011</strong>)<br />
≥ www.nachhaltiges-bauen.de/baustoffe (18.2.<strong>2011</strong>)<br />
≥ www.naturpark-thunersee-hohgant.ch/kalkbrennen (10.3.<strong>2011</strong>)<br />
≥ www.regiun.ch/index (20.2.<strong>2011</strong>)<br />
≥ www.savon-de-marseille.de/herstellung (10.3.<strong>2011</strong>)<br />
≥ www.seilnacht.com/minerale/index (10.3.<strong>2011</strong>)<br />
≥ www.tierrfino.de/tadelakt (5.2.<strong>2011</strong>)<br />
≥ www.umweltchemie.ch (15.1. – 22.1.<strong>2011</strong>)<br />
≥ www.wecobis.de/Lexikon (15.2. – 20.3.<strong>2011</strong>)<br />
≥ www.wikipedia.org (15.1. – 15.4.<strong>2011</strong>)<br />
≥ www.windland.ch/doku_allgemein/energiebilanz_werkstoffe.pdf (20.3.<strong>2011</strong>)<br />
Fotos<br />
≥ Manuel Bühler<br />
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DANK<br />
Ich möchte mich ganz herzlich bei all den Menschen bedanken, welche das Schreiben<br />
dieser Arbeit erst möglich gemacht haben:<br />
≥ Youns Soulimani Ryser, der mir Steine aus Marokko mitgebracht hat und so die Ana-<br />
lysen ermöglichte.<br />
≥ Professor Karl Ramseyer, der sich immer wieder Zeit genommen hat, um mit mir<br />
über Kalk, Dolomit und Brenntechniken zu diskutieren. Vielen Dank auch für die auf-<br />
schlussreichen Analysen und die immer wieder erfrischenden und neuen Ideen.<br />
≥ Herrn André Hofmann von der Firma Jenni Energietechnik AG in Oberburg, der mir<br />
Fragen zum Thema Kalkofen und Abwärmenutzung beantwortet hat.<br />
≥ Maja Ueltschi für Korrekturen, die Nerven und den Willen, trotz allem mit mir zu-<br />
sammenzuleben.<br />
≥ Frieda und Barbara Bühler für die professionellen Korrekturen.<br />
≥ Res von Gunten für das Layout und überhaupt.<br />
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