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OPAC 2015 03

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Hanna Sukare<br />

Staubzunge<br />

Salzburg, Otto Müller, <strong>2015</strong>.<br />

167 Seiten.<br />

ISBN 978-3-7013-1232-0<br />

Als Erwachsener tut Matthias Röhricht, Sohn eines evangelisch-freikirchlichen<br />

Pastors und einer Flüchtlingsfrau aus<br />

Polen so, als habe er mit seinen Eltern nichts zu tun. Die religiöse<br />

Indoktrination, die Gewalt und das Schweigen, die er als Kind<br />

erlebt hat, versucht er zu vergessen. Auch seine Schwester Adele<br />

nähert sich ihrer Mutter erst wieder, als diese ihre Erinnerung<br />

verliert und nicht mehr weiß, dass Adele ihre Tochter ist. Der Tod<br />

der Mutter wird für die beiden zur Zäsur. Matthias zieht sich aus<br />

seiner Ehe und allen bisherigen Beziehungen zurück. Die Schwester<br />

reagiert anders. Sie sucht die Orte aus der Vergangenheit der<br />

Mutter auf, um sich über sich selbst klarer zu werden.<br />

Neben einer Erzählerin berichten vier Frauen abwechselnd über<br />

die Familie Röhricht: Röhrichts Frau, seine Schwester, eine Tante<br />

und eine Cousine. So tut sich nicht nur die Geschichte des 20.<br />

Jahrhunderts mit ihren Kulminationspunkten von Krieg, Rassismus,<br />

Flucht und Vertreibung auf. Der Autorin gelingt es in einer<br />

knappen, aber poetischen Sprache, das lebendig werden zu lassen,<br />

was die Ereignisse, vor allem aber die dogmatische religiöse<br />

Erziehung in den Seelen der Nachgeborenen anrichten.<br />

Anna Baar<br />

Die Farbe des Granatapfels<br />

Göttingen, Wallstein-Verl., <strong>2015</strong>. 319 Seiten.<br />

ISBN 978-3-8353-1765-9<br />

„Die Farbe des Granatapfels« ist keine Gegenwartsliteratur,<br />

sondern Zukunftsliteratur. Ein Roman-Sprachwerk<br />

sondergleichen“, sagt Büchnerpreisträger Josef Winkler<br />

über den Kindheitsroman der heute in Kärnten lebenden Anna<br />

Baar. Es geht um das Heranwachsen in zwei Kulturen und zwei<br />

Kindheitsschauplätzen, nämlich der archaischen Inselwelt in<br />

Kroatien und der österreichischen Welt, etwas, das die in Zagreb<br />

geborene Autorin aus eigener Erfahrung kennt. Die doppelte Heimat<br />

erlebt sie auch als doppeltes Fremdsein.<br />

Sommer für Sommer findet ein Mädchen sich fernab seiner österreichischen<br />

Heimat auf einer dalmatinischen Insel in der Obhut<br />

der Großmutter. Dieses Leben hat etwas Paradiesisches und ist<br />

zugleich doch auch das Andere, Fremde. Hier die archaische Inselwelt<br />

eines Fischerdorfs im Mutter- und Großmutterland. Dort<br />

das bürgerliche, behütete Leben in einer österreichischen Provinzhauptstadt<br />

(Vaterland), in der Jugoslawen hauptsächlich als<br />

Gastarbeiter in Erscheinung treten. Erst der Zerfall des Jugoslawischen<br />

Staates führt die beiden Welten und die beiden Sprachen<br />

zusammen.<br />

Sprachlich präzise und in schönen Bildern erzählt, entfaltet sich<br />

eine eindrucksvolle Identitätsfindung.<br />

Monique Schwitter<br />

Eins im Anderen<br />

Graz, Droschl, <strong>2015</strong>.<br />

220 Seiten.<br />

ISBN 978-3-85420-969-0<br />

Die Protagonistin in<br />

dem neuen Roman der<br />

Schweizer Autorin ist ebenfalls Schriftstellerin.<br />

Als Ehefrau und Mutter sitzt<br />

sie nachts am Schreibtisch. Anstatt zu<br />

schreiben googelt sie nach ihrer ersten<br />

Liebe und erfährt, dass der Mann vor<br />

fünf Jahren Selbstmord begangen hat.<br />

Dem Schock darüber folgt ein zweiter,<br />

nämlich dass sie ihn gar nicht vermisst<br />

hat. Doch nun hat sie ihn am Hals, stärker<br />

als zu Lebzeiten. Damit beginnt<br />

eine Erinnerungsreise an zwölf Männer<br />

– den Ehemann eingeschlossen – die<br />

mit den biblischen Aposteln jedenfalls<br />

die Namen gemeinsam haben. „Zwölf<br />

Namen, zwölf Männer. Einer nach dem<br />

anderen. Die Liebe kommt, die Liebe<br />

geht. Eins geht ins Andere über, eine<br />

Liebe in die andere. Oder bleibt sie immer<br />

dieselbe, bleibt sie sich treu? Ändern<br />

sich nur ihre Gefäße?“<br />

Monique Schwitters Nachdenken über<br />

die Liebe spielt auf zwei Zeitebenen.<br />

Virtuos verflicht sie die Gegenwart des<br />

Ehe- und Familienlebens und die Arbeit<br />

am Roman mehr und mehr mit der Erinnerung<br />

an die Verflossenen. Dadurch<br />

entsteht eine faszinierende Geschichte<br />

über die Spielarten der Liebe in heutiger<br />

Zeit.<br />

Das Buch ist als einziges eines österreichischen<br />

Verlags auf der Shortlist zum<br />

Deutschen Buchpreis.<br />

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