mole #2
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38<br />
woher der Name „movement<br />
136“ kommt. Allerdings wurden<br />
sie von der Ausschreibung<br />
der Wasserversorgung ohne<br />
Begründung ausgeschlossen,<br />
obwohl alle Voraussetzungen<br />
erfüllt wurden.<br />
Neben den aktuellen lokalen<br />
Protesten ist eine grenzüberschreitende<br />
Vernetzung eben<br />
dieser Proteste ein wichtiges<br />
Thema des Kongresses, da sich<br />
die Krise eben nicht nur in<br />
Griechenland niederschlägt.<br />
So findet z.B. ein internationales<br />
Treffen statt, an dem<br />
alle internationalen Gäste des<br />
Festivals teilnehmen können.<br />
Es hat weniger den Charakter<br />
eines Workshops, sondern<br />
ist eher ein Plenum. In einem<br />
Kreis von ca. 100 Teilnehmer*innen<br />
aus Griechenland,<br />
der Türkei, England, Bulgarien,<br />
Italien, Frankreich,<br />
Österreich und Deutschland<br />
wird die Frage diskutiert,<br />
welche Gemeinsamkeiten die<br />
lokal unterschiedlichen sozialen<br />
Proteste haben, wie diese<br />
zusammengeführt werden und<br />
sich gegenseitig unterstützen<br />
können.<br />
Schließlich steht zum Abschluss<br />
des Festivals der<br />
direkten Demokratie der Höhepunkt<br />
auf dem Programm:<br />
Eine Podiumsdiskussion zum<br />
Thema: „From the exception<br />
of state to the constituency of<br />
movements“ mit Vetreter*innen<br />
von A.K., der Bewegung<br />
gegen die Goldminen in Chalkidiki und der No<br />
TAV Bewegung aus dem norditalienischen Val<br />
di Susa. Durch das Val di Susa soll eine Bahnstrecke<br />
für Hochgeschwindigkeitszüge von<br />
Torino nach Lyon gebaut werden. Dies würde<br />
eine schwere Umweltzerstörung bedeuten, da<br />
Tunnel durch asbest- und uranhaltiges Gestein<br />
gebohrt werden müssten. Die wirtschaftlichen<br />
Grundlagen der Region sind hauptsächlich<br />
Landwirtschaft und Tourismus, somit wären<br />
diese Umweltzerstörungen besonders verheerend.<br />
Seit Beginn der Planungen vor 20 Jahren<br />
gibt es Widerstand gegen dieses Projekt und<br />
obwohl bereits mit den Bauarbeiten begonnen<br />
wurde, besteht immer noch die realistische<br />
Chance der Verhinderung.<br />
Bei dem Podium wird unter anderem der Frage<br />
nachgegangen, warum der Staat in der Krise<br />
derartige Großprojekte, wie z.B. den Bau des<br />
Flughafens Notre-Dame-des-Landes in der<br />
Bretagne oder auch die Castor-Transporte im<br />
Wendland (mit Einschränkungen) verstärkt<br />
umsetzt. Einerseits wird die These aufgestellt,<br />
dass der Staat hier nach außen Handlungsfähigkeit<br />
demonstriert und nach innen diese „Pilotprojekte“<br />
mit aller Gewalt durchsetzen will, um<br />
später ähnliche Projekte einfacher zu verwirklichen.<br />
Andererseits wird die Frage aufgeworfen,<br />
inwiefern diese gleichzeitige, exzessive Ausbeutung<br />
der Natur und der Menschen eine neue<br />
Form der Akkumulation darstellt, der mit neuen<br />
Handlungsstrategien begegnet werden muss.<br />
Zur Kenntnis genommen wird außerdem, dass<br />
das Handeln des Staates in solchen Situationen<br />
aber auch eine Radikalisierung der Protestbewegungen<br />
bewirkt. Somit werden auch Ziele<br />
formuliert, die weit über die Verhinderung der<br />
eigentlichen Projekte hinausgehen, wie an den<br />
Beispielen der No TAV Bewegung und deren<br />
Teilnahme an den Protesten gegen den EU-Jugendarbeitslosigkeitsgipfel<br />
in Torino im Juli<br />
2014 sowie der Vernetzung der Aktivist*innen<br />
in Chalkidiki mit anderen soziale Kämpfen<br />
gezeigt werden kann. Dies ist ein Schritt, der<br />
z.B. bei den Protesten gegen Stuttgart 21 nie<br />
erfolgt ist.<br />
Nach dieser ereignisreichen Zeit in Thessaloniki<br />
beschließen wir nach Chalkidiki zu fahren, um<br />
uns selbst ein Bild von der dortigen Situation zu<br />
machen – und auch um ein wenig entspannen<br />
zu können. Chalkidiki ist eine Region östlich<br />
von Thessaloniki, besteht aus drei Halbinseln<br />
und ist eine beliebte Touristenregion. In den<br />
direkt ans Meer anschließenden Bergen werden<br />
größere Mengen Gold vermutet. Diese Vorkommen<br />
sollten schon einmal vor etwa zehn Jahren<br />
ausgebeutet werden, was aber von der dortigen<br />
Bevölkerung verhindert wurde. Im Rahmen<br />
der Krise verkaufte der griechische Staat erneut<br />
Lizenzen, um das Gold abzubauen, welche von<br />
dem kanadischen Unternehmen Eldorado Gold<br />
gekauft wurden. Vor etwa zwei Jahren begannen<br />
die Aktivitäten des Unternehmens in der<br />
Region, welches das Gold in einem Tagebau<br />
fördern will, was verheerende Konsequenzen<br />
für die Region hätte. Aufgrund der eingesetzten<br />
Chemikalien wird eine Verseuchung des ohnehin<br />
schon knappen Grundwassers angenommen,<br />
was vielen Anwohner*innen die wirtschaftlichen<br />
Grundlagen entziehen würde, da<br />
diese ihr Geld überwiegend mit Landwirtschaft<br />
und Tourismus verdienen.<br />
Bemerkenswert ist vor allem die Tatsache, mit<br />
welcher Vehemenz die dortige Bevölkerung für<br />
die Verhinderung dieses Projekts kämpft. So ist<br />
es allein im letzten Jahr mehrfach zu massiven<br />
Ausschreitungen an den Baustellen und zur Zerstörung<br />
der Baugeräte gekommen. Seit Oktober<br />
2012 zeigt die Polizei in Lerissos keine Präsenz