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mole #2

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ein Betroffener rechte Freunde hat? Geht<br />

es nur um die Zwangsräumung oder<br />

erwarten wir von den Betroffenen ein<br />

insgesamt politisch richtiges ‚Weltbild‘?<br />

Die unmittelbare Erfahrung in einer<br />

sozial homogenen Gruppe bei einer<br />

Demo verkloppt zu werden, erleichtert<br />

sicherlich jede Staatskritik – wichtig ist<br />

aber auch die soziale Realität mit Solidarität<br />

zu koppeln, das Gemeinsame zu<br />

erfahren und zu reflektieren. Schließlich<br />

geht es ja auch darum ‚unseren‘ Antikapitalismus<br />

mit dem Bedürfnis der Betroffenen,<br />

nicht zwangsgeräumt zu werden, zu<br />

verknüpfen – also den Kampf der Betroffenen<br />

zum eigenen Kampf zu machen<br />

und unsere Motivation dahinter zu<br />

vermitteln, die die jeweilige Zwangsräumung<br />

verhindern will und dabei gleichzeitig<br />

möglichst jede weitere erschwert.<br />

Das funktioniert, so unsere Erfahrung<br />

aus dem BZV, meistens am besten, wenn<br />

man sich kennt, wenn man gemeinsam<br />

plant und gleichzeitig dabei versucht<br />

bestimmte Rollenmuster zu überwinden.<br />

Es geht also nicht um einseitige Politisierung<br />

der Betroffenen, sondern um<br />

das gegenseitige Lernen voneinander.<br />

Die Frage ist dabei, wie wir<br />

uns gemeinsam organisieren<br />

und Politik machen können,<br />

auch wenn wir teilweise<br />

sehr verschiedene<br />

Lebenssituationen haben.<br />

gegen Zwangsräumungen, behördliche Drangsalierung<br />

und kapitalistische Sachzwänge<br />

wahrzunehmen. Teilweise sind Betroffene<br />

auch nach ihrer Zwangsräumung im Bündnis<br />

aktiv und bringen ihre Erfahrungen ein. Die<br />

eigenen Privilegien mit zu reflektieren und<br />

auch die Unterschiede zu anderen Positionen<br />

und Lebensläufen nicht einfach<br />

zu ignorieren, ist aus unserer<br />

Sicht wichtig. Es ist feststellbar,<br />

dass sich Hierarchien in der<br />

Zusammenarbeit abbilden, durch<br />

Wissensvorsprung oder Habitus.<br />

Die Frage ist dabei, wie wir uns<br />

gemeinsam organisieren und<br />

Politik machen können, auch<br />

wenn wir teilweise sehr verschiedene<br />

Lebenssituationen haben.<br />

Dies ist kein einseitiger Prozess.<br />

Ein aufbrechendes Bewusstsein wird weder<br />

durch das Verstecken der eigenen Lebenssituation<br />

und theoretischen Überzeugungen erleichtert,<br />

noch durch das Einigeln in den eigenen<br />

Positionen und Verhaltensweisen. In der Konsequenz<br />

stellt sich natürlich auch die Frage, wo<br />

die Zusammenarbeit aufhört. Ist es okay, wenn<br />

Gegenüber der hartnäckigen Erzählung,<br />

die kapitalistische Prozesse als Naturhaftigkeit<br />

erklärt, der gegenüber die<br />

Einzelnen ohnmächtig seien und eben<br />

schauen müssten, wie sie zurecht kämen,<br />

muss zunächst die Solidarität gesetzt<br />

werden. Solidarität heißt für uns erst einmal,<br />

dass wir die Betroffenen bei ihrer Zwangsräumung<br />

unterstützen und bei ihnen sind. Das<br />

BZV geht beispielsweise mit vielen Leuten ins<br />

Gericht oder zu Ämtern, redet mit Verantwortlichen<br />

in der Stadtverwaltung oder mit Hausund<br />

Wohnungsbesitzenden und baut dadurch<br />

Druck auf. Wir versuchen dabei die Geschichte<br />

der Betroffenen öffentlich zu machen und die<br />

konkrete Hilfe mit einer allgemeinen Kritik zu<br />

verbinden. Die Zwangsräumung soll verhindert<br />

werden und da dies seit dem eskalierenden<br />

Beginn um die Familie Gülbol und Rosemarie F.<br />

meist im Vorfeld Erfolg hatte, tritt das Bündnis<br />

deswegen auch nicht direkt konfliktuell<br />

auf. Diese solidarische Praxis ist ungewohnt<br />

erfolgreich und weist über das Konkrete hinaus.<br />

Es geht darum den gesellschaftlichen Zwängen,<br />

der gelebten Konkurrenz und Vereinzelung ein<br />

anderes Leben, eine andere Form der Organisierung<br />

entgegen zu halten. Denn schlussendlich<br />

zielen wir in unserer politischen Tätigkeit<br />

nicht vorrangig auf eine Gesellschaft voller<br />

Kundgebungen und Transparente, sondern<br />

streben nach einer, welche mehr Solidarität<br />

und bedürfnisdienende Organisierung<br />

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