KulturFenster Nr. 02|2013 - April 2013
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Kritisch hingehört<br />
Blasmusik<br />
Rendezvous mit Klavier und<br />
Panflöte<br />
Festkonzert der Stadtkapelle Bozen<br />
Die Stadtkapelle Bozen beim Festkonzert am 26. Jänner im Konzerthaus Bozen<br />
Imposante Programmmusik, aber auch<br />
Neues und vielleicht Unerwartetes, so könnte<br />
man das Festkonzert der Stadtkapelle Bozen<br />
zusammenfassen. „Signum“, das Gottfried<br />
Veit vor 20 Jahren geschrieben hat,<br />
widmet Kapellmeister Alexander seinem Vater<br />
zu seinem heurigen 70-sten Geburtstag.<br />
So wie dieses feierliche Eröffnungsstück<br />
die eindeutige Handschrift des Seniors<br />
trägt, so trägt das Festkonzert die<br />
eindeutige Handschrift des Sohnes, der<br />
die Musikantinnen und Musikanten gewohnt<br />
souverän und ausdrucksstark leitet.<br />
Damit bestätigt die Stadtkapelle ihren<br />
Anspruch als „Botschafterin sinfonischer<br />
Blasmusik“, als die sie sich zur Präsentation<br />
ihrer neuen CD „Inspiration“ selbst<br />
definiert hat. In abwechslungsreichen<br />
Klangfarben werden Geschichten erzählt,<br />
Bilder mit der Sprache der Musik gemalt<br />
und beim Zuhörer Emotionen geweckt.<br />
„Mount Everst“ von Rossano Galante spiegelt<br />
den Reiz des höchsten Bergs der Welt<br />
wider, den dieser auch 60 Jahre nach seiner<br />
Erstbesteigung ausstrahlt. „The Bells<br />
of Sagrada Familia“ lässt die Glocken dieser<br />
bedeutenden und eigenwilligsten Kirche<br />
Spaniens erklingen, an der seit 1883<br />
gebaut und die voraussichtlich in frühestens<br />
20 Jahren fertiggestellt sein wird. In<br />
einer sehr romantischen Tonsprache will<br />
der imaginäre Gang durch dieses gigantische<br />
Gotteshaus vom Leben Jesu erzählen<br />
und wird damit zum Favorit des Zuhörers.<br />
Auch Bert Appermonts „Arche Noah“<br />
und die drei Postkarten aus dem pulsierenden<br />
Manhatten („Metropolex“ von Robert<br />
Sheldon) reihen sich nahtlos in diese<br />
imposante Musik ein. Das schwierige und<br />
von ungarischer Volksmusik inspirierte<br />
„Concertino“ für Klavier und Blasorchester<br />
hebt sich deutlich davon ab und bie-<br />
tet dem Solisten Martin Rabensteiner die<br />
Plattform, um sein Können einmal mehr<br />
unter Beweis zu stellen. Der Auftritt von<br />
Daniela dé Santos, der „Königin der Panflöte“,<br />
wirkt hingegen ob der seicht-berieselnden<br />
Musik befremdend in diesem<br />
„Festkonzert“, wodurch der blasmusikalische<br />
Anspruch verloren geht. Im „Concertino<br />
in C-Dur“ von Claudio Riffero, Leonard<br />
Cohens „Hallelujah“ und James Last’s<br />
„Einsamer Hirte“ fungiert die Stadtkapelle<br />
als dezentes Begleitorchester, lässt der Solistin<br />
jedoch (zu) viel Raum zur Selbstdarstellung.<br />
Zudem wird dem eingefleischten<br />
Blasmusikliebhaber eine Zugabe aus der<br />
traditionellen Schublade verwehrt. Das lyrische<br />
„The Seal Lullaby“ von Erich Whitacre<br />
und die rhythmisch verzerrte und modern<br />
angehauchte „Ode an die Freude“<br />
kann das leider nicht wettmachen.<br />
Stephan Niederegger<br />
<strong>Nr</strong>. 02 | <strong>April</strong> <strong>2013</strong> 19