KulturFenster Nr. 02|2013 - April 2013
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Das Thema<br />
„Die Geige habe ich anfangs<br />
gehasst“<br />
Referat von Riccardo Muti … eine Hommage an die Musikkapellen<br />
Im Juni 2008 hat der renommierte Stardirigent Riccardo Muti zusammen mit Maurizio<br />
Managò und Gaetano Pisano die Musikkapelle von Delianuova (Reggio Calabria) beim<br />
„Ravenna Festival“ dirigiert. In seiner Abschlussrede im Palazzo „Mauro de André“ hat<br />
der Maestro dabei u.a. die Wichtigkeit der Musik für Jugendliche hervorgehoben. Der<br />
Verband Südtiroler Musikkapellen ist Beobachter am „Tavolo Permanente delle Associazioni<br />
Bandistiche Italiane“ (Dachorganisation der Verbände der Musikkapellen Italiens)<br />
und hat über diesen die Genehmigung zur Veröffentlichung des Mitschnitts dieser Rede<br />
erhalten. Er richtet sich nicht nur an die Jugendlichen, sondern auch an alle, denen die<br />
Musik immer noch ein Anliegen ist, aber mehr noch an jene, denen die Musik ein besonderes<br />
Anliegen sein müsste.<br />
Ich möchte zwei Worte sagen, denn dies<br />
ist ein ganz besonderer Abend und zugleich<br />
ein klares Signal dafür, wie hungrig unser<br />
Land nach Musik ist. Ich bin sehr glücklich,<br />
diese Jugendlichen des wunderbaren Landes<br />
Kalabrien hier zu haben, beseelt von<br />
ihrer Leidenschaft und von ihrer Hingabe<br />
an die Kunst der Musik.<br />
Vielen Dank den beiden Kollegen, die<br />
mit großem Enthusiasmus gearbeitet haben.<br />
Sie widmen sich dem Unterrichten<br />
von Musik und dem Zusammenleben mit<br />
der Musik, also der Harmonie, damit die<br />
Jugendlichen verstehen können, was zivilisiertes<br />
Leben heißt.<br />
Das gemeinsame Musizieren bedeutet,<br />
ein gemeinsames Gut anzustreben, welches<br />
erreicht wird durch den Ausdruck der Seele<br />
und der Sensibilität eines jeden. Man muss<br />
aber auch die Sensibilität der anderen berücksichtigen,<br />
ohne sie zu verletzen. Jeder<br />
soll seine Seele zum Ausdruck bringen,<br />
ohne den Gefühlen anderer Gewalt<br />
anzutun, ohne die Freiheit der Meinungsäußerung<br />
anderer zu verletzen, denn das<br />
Gemeinwohl, das ja allen zugute kommt,<br />
steht über allem und dieses gilt es zu anzustreben<br />
und zu erreichen.<br />
Ich habe tausendmal gesagt, dass das<br />
Musizieren im Orchester und das gemeinsame<br />
Musizieren allgemein einer der Schritte<br />
ist, um das zivilisierte Leben zu verstehen.<br />
Dies habe ich natürlich bereits in den letzten<br />
vierzig Jahren gesagt ... jetzt bleiben<br />
mir nicht noch einmal vierzig Jahre, auch<br />
wenn ich optimistisch bin.<br />
Erlauben Sie mir, den Anwesenden, die<br />
dies möglich gemacht haben, zu danken.<br />
Dies hier ist ein erlauchtes Publikum, sodass<br />
ich einen Appell an den Minister für<br />
Kultur richten möchte: Wir wollen nicht das<br />
Publikum unterhalten - wir machen keine<br />
Unterhaltung. Wir versuchen, Kultur zu gestalten,<br />
denn Kultur ist das Fundament der<br />
Gesellschaft. Unser Land ist das Land der<br />
Musik, angefangen von Guido d'Arezzo,<br />
der zum ersten Mal die Noten benannt<br />
Riccardo Muti – Kurzbiografie<br />
Dem italienischen Dirigenten Riccardo Muti werden Perfektion, Unerbittlichkeit<br />
und Strenge nachgesagt. Vielleicht lieben ihn deshalb so großartige Orchester wie<br />
die Wiener Philharmoniker, das Philharmonia Orchestra London, das Philadelphia<br />
Orchestra oder das Chicago Symphony Orchestra.<br />
Riccardo Muti wurde 1941 Neapel geboren. Er studierte Klavier und Philosophie<br />
in seiner Heimatstadt. Nach seinem Abschluss wechselte er nach Mailand, wo er<br />
am Verdi-Konservatorium seine Ausbildung mit einem Kompositions- und Dirigierstudium<br />
vervollständigte. 1967 gewann Muti den Guido Cantelli Dirigier-Wettbewerb<br />
und legte damit den Grundstein für seine internationale Karriere. Sein erstes<br />
Amt als Chefdirigent übernahm er zwei Jahre später in Florenz, ehe er 1973 die<br />
Nachfolge Otto Klemperers beim Londoner New Philharmonia Orchestra antrat.<br />
Von 1980 bis 1992 war Muti Chefdirigent des Philadelphia Orchestra. 1986 trat er<br />
zudem die Nachfolge von Claudio Abbado als musikalischer Leiter der Mailänder<br />
Scala an. Von diesem Amt trat Muti im <strong>April</strong> 2005 nach internen Querelen zurück.<br />
2010 wurde Muti zum Chefdirigent des Chicago Symphony Orchestra berufen.<br />
Am 11. Mai 2012 zeichnete Papst Benedikt XVI. ihn mit dem Päpstlichen Gregoriusorden<br />
aus. Im Jänner <strong>2013</strong> musste Muti die Tournee mit dem Chicago Symphony<br />
Orchestra aus gesundheitlichen Gründen absagen. Im August wird er drei<br />
Konzerte der Wiener Philharmoniker bei den Salzburger Festspielen dirigieren.<br />
Maestro Riccardo Muti leitet die weltbesten<br />
Symphonie- und Opernorchester,<br />
aber er weiß auch um den „Wert“<br />
der Musikkapellen. © Todd Rosenberg<br />
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