AKTUELLE NEUERSCHEINUNGEN 18 <strong>Frühjahr</strong> <strong>2016</strong> Schöpfungen des Neubarock Als Teil des EU-Projekts „Barocke Kunst und Kultur im Donauraum“ fand im Passauer Rathaus vom 21. bis 23. Oktober 2013 das Kolloquium „Barock nach dem Barock <strong>–</strong> Denkmalpflege, Technologie, Schöpfungen des Neubarock“ statt. Die Stadt Passau entwickelte die Veranstaltung dabei in enger Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege und dem oberösterreichischen Landeskonservatorat. Alexander Wiesneth <strong>–</strong> Reparatur <strong>–</strong> Umbau <strong>–</strong> Vollendung Im reich bebilderten Tagungsband werden nun in 25 Beiträgen denkmalpflegerische und kunsthistorische Fragen rund um das Thema Neubarock beleuchtet. Inhaltlich spannt sich der Bogen von Kirchenbauten und deren Ausstattung, zum restauratorischen Umgang mit dem Barock und Neubarock im 19. und 20. Jahrhundert, von der Kunsttheorie zu technischen Neuerungen in der Bautechnik, der Glasmalerei, dem Orgelbau und zur Gartenkunst. Die vielfältigen Beiträge behandeln dabei unter anderem die Schönbrunner Zitrussammlung und die Asamaltäre bis hin zu den barocken Formen des Münchner Wieder<strong>auf</strong>baus der Nachkriegszeit. Vorgestellt wird auch die Restaurierung des einzigartigen und über 120 Jahre alten Kuppelmodells für die Ausmalung der Murnauer Pfarrkirche. Ein Schwerpunkt liegt dazu <strong>auf</strong> der Barockstadt Passau: Neben dem von Ferdinand Wagner neubarock ausgemalten Rathaussaal werden zahlreiche weitere neubarocke Bauten in Stadt und Umgebung vorgestellt. Alexander Wiesneth <strong>–</strong> Reparatur <strong>–</strong> Umbau <strong>–</strong> Vollendung Elgin Vaassen <strong>–</strong> Neo-Barock und -Rokoko in der kirchlichen Glasmalerei 4. Litzldorf, Pfarrkirche St. Michael, 1894, F. X. Zettler (Foto: Bayer. Hofglasmalerei Gustav van Treeck, <strong>München</strong>) werfers, mehr oder weniger Anklänge an Rollwerk oder Kartuschen, wie sie Wappenkalender oder die Masse der gedruckten Augsburger Heiligenbildchen des 18. Jahrhunderts <strong>auf</strong>weisen. Das Zisterzienserinnenkloster Thyrnau (Lkr. Passau) schmückte Kurländer im Kapitelsaal mit weiblichen Ordensheiligen in Medaillons (Abb. 3). Im Kreuzgang findet man die männlichen Gegenstücke. Zu einem von ihnen, Bernhard von Clairvaux, hat sich auch der Karton im Maßstab 1 : 1 erhalten. 16 Oberschleißheim, Neues Schloss Schleißheim. Haupttreppenhaus im heutigen Zustand to: Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen) 124 125 5. Füssen, ehemals St. Mang, Annenkapelle, 1852, von einer unbekannten Firma (Foto: Bayer. Hofglasmalerei Gustav van Treeck, <strong>München</strong>) 015-10-12.indd 125 SR10_Barock_Druck_2015-10-12.indd 12.10.2015 18:29:19 124 12.10.2015 18:29:19 Alois Die Brunner Kirche und St. Ludger Michael Drost in Litzldorf <strong>–</strong> Barock in (Gde. der Kirchenbaukunst Bad Feilnbach, des Bistums Passau im 19. und 20. Jahrhundert Lkr. Rosenheim) bietet ein besonderes Beispiel von Selbstbewusstsein, denn während sich normalerweise die ausführende Firma <strong>auf</strong> einem kleinen Randstück im Sockelbereich nennt, prangt hier ihr Name <strong>–</strong> als Stifterinschrift <strong>–</strong> <strong>auf</strong>fällig in der Mitte des Fensters (Abb. 4). Das wellenartig ab 1830 in adeligen Interieurs wiederkehrende Neurokoko fand 1852 in der Annenkapelle 17 von St. Mang in Füssen (Lkr. Ostallgäu) in Fenstern der Gruftkapelle der Familie von Ponickau eine rein ornamentale, sehr frühe kirchliche Anwendung (Abb. 5). Ob der Künstler sich auch anderswo als Glasmaler betätigte, ist nicht bekannt. Stilbestimmend ist stets die Umrahmung der Fenster. Sie entscheidet, ob die Darstellung früh- oder spätgotisch, barock oder rokokoartig ist. Die Figuren sind fast immer in zeitlosklassischen Gewändern wiedergegeben, selten entsprechen sie der seit den Neogotik-Theoretikern erhobenen Forderung nach Zweidimensionalität. Raumhaltig ist etwa die „Bekehrung des Saulus“ nach 14. Passau, Stadtpfarrkirche St. Paul. Erbaut 1667<strong>–</strong>78, Carlone- Julius Umkreis; Schnorr Stuck von von 1907 Carolsfelds nach Entwurf Bilderbibel, von Anton Bachmann, die sich häufiger in <strong>München</strong> Fenstern (Foto: ab Alois 1870 Brunner) findet, wobei das Pferdemotiv meistens missglückt. F. X. Kurländer verwendete den Holzschnitt 1912 für In ein seinem Fenster Bestreben, der Kirche eine St. authentische Peter und Paul barocke in Langenhettenbach Landkirche für den (Markt Passauer Ergoldsbach, Raum zu Lkr. schaffen, Landshut). kompiliert 18 er verschiedene Wie historische man Vorlagen Vorbilder. je 38 nach Er folgt gefordertem damit den Stil Forderungen abänderte, können eines strengen einige Fenster Historismus aus Pfälzer nach profunden Kirchen zeigen. Stilkenntnissen A. und Wagner rekurriert in Saarbrücken <strong>auf</strong> nachprüfbare lieferte historische 1889 ein neugotisches Vorlagen. Die Firma Christus-Fenster In diesem Sinn ist für das Harxheim; Gebäude die tatsächlich, Figur wurde wie später Fahmüller „ausgebeint“, unter Vernachlässigung d. h. in Weißglas der gesetzt. Kirche in Am St. erhaltenen Oswald postulierte „Schotts sich das frühester ursprüngliche neubarocker Aussehen Sakralbau“ noch 39 ablesen. , mithin 19 die Das Entwurf lässt gleiche erste vollständig Motiv, gebettet „neubarocke“ in einen Rahmen, Kirche im der Bistum eine Mischung Passau. aus Renaissance- und Barockformen <strong>auf</strong>weist, benutzte J. Kriebitzsch in Mannheim 1906 für Bockenheim und ein 16. Neues weiteres Schloss Schleißheim. Mal 1910 Bestands<strong>auf</strong>nahme für Freimersheim, des Haupttreppenhauses dort jedoch von in Herdegen einer aus dem Jahr 1862 (Plan: Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen, Plansammlung der Bauabteilung, Inv.-Nr. 622 PHO.052) als barock anzusprechenden Rahmung. Vorbild für alle drei Fenster war Bertel Thorvaldsens Christus-Statue in Kopenhagen. Auch dies, ein plastisches Werk in Glas umzusetzen, war gang und gäbe. 20 Dass deutschlandweit ähnliche Arbeiten entstanden, sieht man an einem Entwurf der Firma M. Schmidt & G. Postek in Bamberg und einem Fenster des kgl. Instituts für Glasmalerei in Berlin-Charlottenburg in Neustadt an der Dosse (Mark Brandenburg): Das „Klopf-an-Motiv“ befindet sich in der Farbenskizze (Abb. 6) in einer Rokoko-Umrahmung; die gleiche Figur wurde 1901 von dem Berliner Institut in eine romanisch/renaissancehafte Nische gesetzt (Abb. 7). Vorlage für beide war ein Stich aus dem Jahr 1824 nach Philipp Veit. 21 Die Glasmalerei hatte im Mittelalter und in der Renaissance versucht, mit den jeweils aktuellen Stilstufen der zeitgleichen Tafelmalerei <strong>–</strong> zunehmend naturalistischer werdende Malweise und Anwendung von Perspektive <strong>–</strong> Schritt zu halten. Auch die Münchner kgl. Glasmalereianstalt blieb diesen Versuchen treu: Man übertrug Entwürfe bzw. Kartons führender Nazarener wie deren (Öl-)Bilder <strong>auf</strong> Glas, weshalb das Bleinetz möglichst „weggemalt“, d. h. verborgen wurde. Für die Neo-Stile jedoch war die zeitgenössische Malerei nicht länger das Vorbild, dem man sich anzugleichen 15a, b. Ilgen, trachtete. Wallfahrtskirche Doch Mariä meist Heimsuchung. wurden statt 1676 der von bewusst Johann Schmutzer, Wessobrunn (Foto: BLfD, Bildarchiv); rechts oben Detail der Stuckdecke in Chor und Langhaus von Johann Schmutzer (Foto: BLfD, Herbert Schelnin, 1991) Andreas Müller <strong>–</strong> Der Maler Waldemar Kolmsperger d. Ä. (1852<strong>–</strong>1943) 11. Murnau, Pfarrkirche St. Nikolaus. Kuppelgemälde, Ausschnitt, Erzengelgruppe. Erhaltungszustand vor der Konservierung und Restaurierung der Kuppelausmalung (Foto: Büro für Denkmalpflege, Utting) 72 34 65 SR10_Barock_Druck_2015-10-12.indd 72 12.10.2015 18:28:52 SR10_Barock_Druck_2015-10-12.indd 34 SR10_Barock_Druck_2015-10-12.indd 12.10.2015 65 18:28:33 12.10.2015 18:28:48
» Tagungsband zum Kolloquium „Barock nach dem Barock <strong>–</strong> Denkmalpflege, Technologie, Schöpfungen des Neubarock“ » mit einer Fülle an farbigem Bildmaterial » zehnter Band der erfolgreichen Reihe in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege AKTUELLE NEUERSCHEINUNGEN 19 <strong>Frühjahr</strong> <strong>2016</strong> Zum Thema Barock nach dem Barock Denkmalpflege, Technologie, Schöpfungen des Neubarock eva maier Stuckmarmor und Raumgestaltung Johann Michael Feichtmayrs Stuckmarmorausstattungen sakraler Innenräume und deren Bedeutung Broschur, 240 Seiten, 19,90 Euro ISBN 978-3-86222-105-9 Broschur, 21 x 29,5 cm, 304 Seiten, mit zahlreichen Abbildungen 34,90 Euro ISBN 978-3-86222-196-7 bereits erschienen