16.02.2016 Aufrufe

Balanceakt – berufsbegleitendes Studieren

Zur Vereinbarkeit von Beruf, Studium und Privatleben Arbeitnehmerkammer Bremen

Zur Vereinbarkeit von Beruf, Studium und Privatleben
Arbeitnehmerkammer Bremen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

26<br />

BALANCEAKT BERUFSBEGLEITENDES STUDIEREN<br />

formaler Unterstützung ihres Arbeitgebers,<br />

der einen Kooperationsvertrag mit<br />

der Hochschule abgeschlossen hat. Die<br />

Initiative für die Kooperationen ist von<br />

mehreren Unternehmen ausgegangen,<br />

die einen hohen wissenschaftlichen Weiterbildungsbedarf<br />

für ihre Beschäftigten<br />

haben. Eine weitere kleinere Gruppe von<br />

Berufstätigen studiert in eigener Regie<br />

mit unterschiedlichen Vereinbarungen<br />

im Betrieb.<br />

Für den konsekutiven Master wird ein<br />

einschlägiger erster Hochschulabschluss<br />

vorausgesetzt. Den Zugang zu den beiden<br />

Bachelorprogrammen bekommen Studieninteressierte<br />

auch ohne Hochschulreife<br />

über die beruflichen Abschlüsse, wie<br />

eine anerkannte Berufsausbildung oder<br />

Fortbildungen zum Meister oder Techniker.<br />

Beruflich Qualifizierte mit und ohne<br />

Abitur machen in den Jahrgängen etwa<br />

ein Drittel bis die Hälfte aller <strong>Studieren</strong>den<br />

aus. Dem berufsbegleitenden Bachelorstudiengang<br />

gehen Brückenkurse in<br />

wissenschaftlichem Arbeiten und Mathematik<br />

voraus. Die Studiengangsverantwortlichen<br />

stellen fest, dass insbesondere<br />

Meister die Vorbereitung auf ein stärker<br />

reflektierendes Denken brauchen, das<br />

sich von dem in der beruflichen Bildung<br />

vermittelten Denken unterscheidet. In<br />

dem dualen Bachelorprogramm müssen<br />

beruflich Qualifizierte eine Anerkennungsprüfung<br />

ablegen und anschließend<br />

ein einjähriges Probestudium durchlaufen.<br />

Etwa 20 Prozent der Studieninteressierten<br />

bestehen die Anerkennungsprüfung<br />

nicht, während das Probestudium<br />

bisher nicht zu Abbrüchen geführt hat.<br />

Die Verantwortlichen der Bachelorstudiengänge<br />

berichten von einem hohen<br />

individuellen Beratungsbedarf von<br />

berufsbegleitend <strong>Studieren</strong>den vor dem<br />

Studium und währenddessen. Neben<br />

den Zugangsvoraussetzungen und den<br />

Anforderungen im Studium sind die<br />

beruflichen Perspektiven für Absolventinnen<br />

und Absolventen Gegenstand der<br />

Gespräche. Die Beratung wird von den<br />

Studiengangsverantwortlichen geleistet.<br />

Diese haben die Erfahrung gemacht, dass<br />

zentrale Beratungsstellen der Hochschulen<br />

unzureichend über Zugangsmodalitäten<br />

sowie über berufliche Perspektiven<br />

informiert sind und daher keine geeignete<br />

Anlaufstelle für beruflich qualifizierte<br />

Studieninteressierte darstellen. Einigen<br />

Studieninteressierten wurde vermut-<br />

lich in der zentralen Beratungsstelle<br />

vom Studium abgeraten. Obwohl auch<br />

Studiengangsverantwortliche mitunter<br />

vom Studium abraten, kann diese Entscheidung<br />

aus ihrer Sicht erst nach einer<br />

eingehenden Prüfung des Einzelfalls<br />

getroffen werden.<br />

Bei dem berufsbegleitenden Bachelorstudiengang<br />

werden Präsenzveranstaltungen<br />

des berufspädagogischen Teils<br />

am Abend und an den Wochenenden<br />

durchgeführt. Traditionelle Vollzeitstudierende<br />

desselben Studiengangs müssen<br />

sich auf die unorthodoxen Veranstaltungszeiten<br />

einlassen. Das birgt nach<br />

Aussage der Interviewten zu Beginn des<br />

Studiums Konfliktpotenzial zwischen den<br />

›traditionellen‹ und den berufstätigen<br />

<strong>Studieren</strong>den. Fachliche Veranstaltungen<br />

aus Regelstudiengängen, die tagsüber in<br />

der Woche stattfinden, sind ebenfalls in<br />

das Programm integriert. Das wiederum<br />

stellt ein organisatorisches Problem für<br />

die Berufstätigen dar. Der Studiengang<br />

ist somit vom Format her nicht in Gänze<br />

berufsbegleitend studierbar. Zentrales<br />

Problem ist aus Sicht der Interviewten,<br />

dass den Lehrenden im Regelstudium Anreize<br />

fehlen, um sich zeitlich oder auch<br />

didaktisch auf berufsbegleitend <strong>Studieren</strong>de<br />

einzustellen.<br />

Im dualen Bachelorprogramm liegen<br />

die Veranstaltungen teils verblockt und<br />

an den Wochenrändern und teils über<br />

die Woche verteilt. Mitunter beklagen berufstätige<br />

<strong>Studieren</strong>de, dass Arbeitszeiten<br />

mit Präsenzveranstaltungen kollidieren.<br />

Allerdings profitieren die Pflegeberufe<br />

nach Aussage der Interviewten von flexiblen<br />

Arbeitszeitmodellen, zum Beispiel in<br />

Schicht- und Wochenenddiensten. Viele<br />

sind in der Regel in Teilzeit beschäftigt.<br />

Um jedoch extreme Prüfungsbelastungen<br />

zu bestimmten Zeiten zu vermeiden, können<br />

die <strong>Studieren</strong>den Modulprüfungen<br />

zeitlich flexibel ablegen.<br />

Im konsekutiven Masterprogramm<br />

liegen die Veranstaltungen auch in der<br />

Teilzeitvariante innerhalb der üblichen<br />

Arbeitszeiten. Die adressierte Berufsgruppe<br />

verfügt jedoch nach Erfahrung der<br />

Interviewten in der Regel über flexible<br />

Arbeitszeitmodelle, die die Teilnahme an<br />

den Veranstaltungen ermöglicht.<br />

Die verschiedenen Formate verdeutlichen,<br />

dass es schon rein organisatorisch<br />

schwierig ist, Studiengänge für sehr<br />

heterogene Gruppen zu gestalten. Unsere

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!