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Balanceakt – berufsbegleitendes Studieren

Zur Vereinbarkeit von Beruf, Studium und Privatleben Arbeitnehmerkammer Bremen

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BALANCEAKT BERUFSBEGLEITENDES STUDIEREN<br />

Privatleben<br />

In Bezug auf das Privatleben werden<br />

vor allem Vereinbarkeitsprobleme im<br />

Zusammenhang mit der Partnerschaft,<br />

der Familie und den Hobbys thematisiert.<br />

Einig sind sich alle Befragten darin, dass<br />

das Privatleben zugunsten von Beruf und<br />

Studium vernachlässigt wird: ›Gestrichen<br />

wurde nur Freizeit meistens (lacht).<br />

Irgendwie ist das dann aber trotzdem<br />

nie einfacher geworden. […] Wenn man,<br />

glaube ich, das von Anfang an irgendwie<br />

richtig gut organisiert, dann ist das auch<br />

machbar […] Man merkt schon, dass auch<br />

irgendwie so der Freundes- und Bekanntenkreis<br />

in dieser Zeit auch ein bisschen<br />

weniger wird und man weniger Kontakt<br />

hat, weil man dann irgendwie, weiß<br />

ich nicht, mir geht es immer so, gerade<br />

zu diesen ganz stressigen Zeiten, ja, ich<br />

würde ja gerne, aber einfach keine Kraft<br />

und keine Zeit, und das, das merkt man<br />

schon.‹ In den Phasen, in denen Zeit für<br />

die Pflege sozialer Kontakte wäre, ist die<br />

Erschöpfung so groß, dass die Zeit zur<br />

Erholung genutzt wird. Die <strong>Studieren</strong>den<br />

haben keine andere Wahl als soziale<br />

Kontakte zu vernachlässigen: ›Also<br />

wenn ich nicht mehr kann oder die Zeit<br />

drängt, dann treffe ich halt keine Freundin,<br />

nehme eine Geburtstagseinladung<br />

nicht an, eher, als dass ich bei der Arbeit<br />

sage: ‚Ach, heute komme ich mal nicht‘<br />

(lacht).‹ Ein Student berichtet zudem, wie<br />

sich die Präsenzphasen am Wochenende<br />

negativ auf seine Beziehung auswirken,<br />

da er weniger Zeit mit seiner Freundin<br />

verbringen kann.<br />

Auffällig ist, dass Auswirkungen auf<br />

die Partnerschaft von Männern und<br />

Frauen unterschiedlich bewertet werden.<br />

Die Partner gelten als wichtigste Unterstützer,<br />

aber auch als besondere ›Leidtragende‹<br />

in der Studienphase. Zwei Frauen<br />

berichten, wie wichtig die Unterstützung<br />

durch ihre Männer ist, da diese viel<br />

Arbeit zu Hause übernehmen müssen.<br />

Beide sprechen durch die Versorgung<br />

kleiner Kinder beziehungsweise die<br />

Pflege eines Angehörigen neben Studium<br />

und Beruf von einer Dreifachbelastung.<br />

Jedoch beschreiben sie vor allem auch<br />

positive Effekte auf ihre Partnerschaft.<br />

Sie können die Zeit für die Partnerschaft<br />

nun bewusster planen und genießen:<br />

›Mein Mann unterstützt das völlig. Und<br />

was ihm aber wichtig ist: Wir planen die<br />

Zeiten, die wir jetzt haben, bewusster.<br />

Also wir machen einmal die Woche mindestens<br />

was Schönes, also dass wir länger<br />

spazieren gehen oder ausgehen oder wir<br />

rufen uns öfter an. […] Das sind so Zeiten,<br />

die wir bewusster planen. Man hat weniger,<br />

aber dafür bewusster.‹<br />

Daneben wird von männlichen Befragten<br />

in den Interviews beschrieben, wie<br />

Erwartungen der Partnerin zu einer zusätzlichen<br />

Belastung werden. So berichtet<br />

ein Student: ›Und ich bin verheiratet,<br />

habe keine Kinder, sonst wäre es sowieso<br />

nicht möglich, und meine Frau musste<br />

da schon sehr viel aushalten und hat da<br />

schon gesagt, wenn ich […] [weiter, Anm.<br />

d. Verf.] machen wollen würde, würde<br />

sie sich scheiden lassen, also das würde<br />

sie nicht weiter mitmachen, dass ich<br />

hier noch so quasi als Hobby nebenbei<br />

studiere, ich habe ja eine Anstellung, ist<br />

so ihr Argument. Sie sieht da nicht diese<br />

[...] persönliche Weiterentwicklung. […] Ja,<br />

die Freizeit beziehungsweise das familiäre<br />

soziale Umfeld ist oft eine Belastung,<br />

aber man muss aufpassen, dass man das<br />

nicht kommuniziert, dass das eine Belastung<br />

ist. Also ich habe gerade zu Anfang<br />

dann, ja, doch gewisse Konflikte gehabt.‹<br />

Im Zitat wird sowohl Verständnis für die<br />

Situation der Partnerin geäußert als auch<br />

die Erwartung, Verständnis für seine<br />

Wünsche zu bekommen.<br />

Auch ein weiterer Student beschreibt<br />

eine zusätzliche Belastung im Privatleben,<br />

da Zeit für die Partnerschaft mit<br />

Lernzeiten kollidiert: ›[Die, Anm. d. Verf.]<br />

Frau wartet zu Hause auf einen und<br />

versteht nicht, dass man auch mal Ruhe<br />

braucht.‹ Die Beschreibung der Partnerin<br />

als ›Fordernde‹ verdeutlicht zum einen,<br />

wie schwer es für die berufstätigen<br />

<strong>Studieren</strong>den ist, neben dem Beruf und<br />

dem Studium auch ihrem Privatleben<br />

gerecht zu werden. Zum anderen wird an<br />

dieser Stelle der Untersuchung deutlich,<br />

dass die Perspektive der Partner eine<br />

Forschungslücke darstellt. Um umfassende<br />

Erkenntnisse über Wirkungen der<br />

Dreifachbelastung auf das Privatleben<br />

verdeutlichen zu können, müssten auch<br />

Partnerinnen und Partner oder andere<br />

nahestehende Menschen in die Befragung<br />

mit einbezogen werden.

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