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12 - Umwelt & NGO<br />

Foto: photocase.com<br />

Soll <strong>de</strong>r Tagebau weitere Siedlungen in <strong>de</strong>r Lausitz fressen?<br />

Die energiepolitische Diskussion in Deutschland weist<br />

ein merkwürdiges Phänomen auf: Bun<strong>de</strong>sweit stimmen<br />

Konzernchefs und Politiker ein Loblied auf die Forschungen<br />

zum sogenannten CO2-freien Kohlekraftwerk<br />

an. Dabei weiß <strong>de</strong>rzeit noch keiner, ob und wann diese<br />

Technik ausgereift sein wird und wie sinnvoll sie eigentlich<br />

ist. Aber vor allem: niemand wagt auch nur zu fragen,<br />

wo die Kohle liegt, die eine ganze neue Kraftwerksgeneration<br />

versorgen soll. Das En<strong>de</strong> April von Vattenfall<br />

veröffentlichte Gutachten “Energie- und regionalpolitische<br />

Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Braunkohle in Ost<strong>de</strong>utschland”<br />

treibt diesen Wi<strong>de</strong>rspruch auf die Spitze. In <strong>de</strong>r Lausitz<br />

könnten noch zusätzliche 66 Jahre Braunkohle geför<strong>de</strong>rt<br />

wer<strong>de</strong>n, lautet eine <strong>de</strong>r Botschaften <strong>de</strong>s Gutachtens.<br />

Doch während das Gutachten je<strong>de</strong>n einzelnen Beschäftigten<br />

<strong>de</strong>r Kohlewirtschaft nach Kreiszugehörigkeit aufschlüsselt,<br />

wird die “langfristig verfügbare” Braunkohle<br />

lediglich mit 3,9 Mrd. Tonne zusammengefaßt, ohne die<br />

darauf stehen<strong>de</strong>n Dörfer o<strong>de</strong>r auch nur die Kohlefel<strong>de</strong>r<br />

zu nennen. Nähere Recherchen <strong>de</strong>r Grünen Liga ergaben<br />

dann: Um diese Kohle im begonnenen Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

zu för<strong>de</strong>rn, müßten sehr wahrscheinlich 54 Lausitzer<br />

Siedlungen vollständig und weitere 9 teilweise zerstört<br />

wer<strong>de</strong>n. Die bereits konkret bekannten Erweiterungen<br />

<strong>de</strong>r Tagebaue Welzow-Süd und Nochten (Umsiedlung<br />

z.B. von Proschim und Rohne) wür<strong>de</strong>n dafür bei Weitem<br />

nicht ausreichen. Darüber hinaus wären solche Vorhaben<br />

nötig, wie das gera<strong>de</strong> wie<strong>de</strong>rbesie<strong>de</strong>lte Künstlerdorf<br />

Pritzen (Projekt <strong>de</strong>r Internationalen Bauausstellung)<br />

doch noch abzureißen, die Orte Kahren, Haasow und<br />

Koppatz einem neuen Tagebau Cottbus-Süd in direkter<br />

Nachbarschaft zum Branitzer Park zu opfern, Drachhau-<br />

Der knallharte Standortfaktor<br />

Mit mir könnses ja machen, ... ich hab so viel Geduld.<br />

Ein Gassenhauer, wie er ost<strong>de</strong>utscher nicht sein konnte.<br />

(Für die mit <strong>de</strong>r späten Geburt: Hat Frank Schöbel<br />

gesungen und sich lustig dazu verklei<strong>de</strong>t.)<br />

Und am ost<strong>de</strong>utschesten sind ja sowieso wir, die<br />

Nie<strong>de</strong>rsorben und an<strong>de</strong>ren geduldigen Untertanen<br />

zwischen Cottbus und Guben. Hier weitab von Ballungsräumen<br />

ballt sich das zusammen, was Investoren<br />

wirklich anzieht. Die Lan<strong>de</strong>sregierung hat eine<br />

schlaue Strategie entwickelt, um diese Geldgeber in<br />

unser Paradies zu locken: Sie jammert über <strong>de</strong>mografische<br />

Wan<strong>de</strong>l (sozusagen, dass hier immer weniger<br />

Leute wohnen) und schon stehen die Investoren<br />

Schlage.<br />

Ich bin schon da! ruft <strong>de</strong>r Tagebau und dreht <strong>de</strong>n<br />

an<strong>de</strong>ren eine Nase. Der hat mit sorbischer Geduld<br />

schon gute Erfahrungen gemacht und lädt uns immer<br />

wie<strong>de</strong>r gern zu unheimlich gleichberechtigten<br />

Gesprächen ein.<br />

Als nächstes hat man in Amerika Wind davon bekom-<br />

sen und einen Teil <strong>de</strong>r Lieberoser Hei<strong>de</strong> zu zerstören<br />

und bei <strong>de</strong>r Auskohlung <strong>de</strong>s Fel<strong>de</strong>s “Forst-Hauptfeld”<br />

in direkter Nachbarschaft zu Neu-Horno zu baggern.<br />

So unglaublich all das für manchen klingen mag, an<strong>de</strong>rs<br />

kommt die Summe von 3,9 Milliar<strong>de</strong>n Tonnen Kohle<br />

nicht zusammen, <strong>de</strong>ren Gewinnung prognos als wirtschaftliche<br />

Perspektive für die Lausitz anpreist.<br />

Be<strong>de</strong>nkt man außer<strong>de</strong>m, dass die Tagebaue Jänschwal<strong>de</strong><br />

und Cottbus-Nord spätestens 2020 bzw. 2015 en<strong>de</strong>n und<br />

daß prognos <strong>de</strong>n Kraftwerksstandort Jänschwal<strong>de</strong> bis<br />

zum Jahr 2050 unverän<strong>de</strong>rt mit 3000 MW Leistung kalkuliert<br />

hat, so ist klar, wo die Katze zuerst aus <strong>de</strong>m Sack<br />

gelassen wer<strong>de</strong>n muß. Denn das wür<strong>de</strong> Planungen eines<br />

Kraftwerksneubaus und ein bis zwei neuer Tagebaue bereits<br />

in wenigen Jahren be<strong>de</strong>uten.<br />

Die CDU/SPD-Koalition hat nun im Landtag einen Antrag<br />

eingebracht, nach <strong>de</strong>m Bran<strong>de</strong>nburgs “Energiestrategie<br />

2010” im ersten Halbjahr 2007 fortgeschrieben wer<strong>de</strong>n<br />

soll. In <strong>de</strong>r Antragsbegründung ist bereits von “Nutzung<br />

und Ausbau <strong>de</strong>r wirtschaftpolitischen Potenziale <strong>de</strong>r<br />

heimischen Braunkohle” die Re<strong>de</strong>. Deshalb sollten sich<br />

alle gesellschaftlichen Kräfte auf die baldige Diskussion<br />

zu neuen Tagebaufel<strong>de</strong>rn einstellen. Die Weichen für<br />

künftige Energiepolitik wer<strong>de</strong>n aber vor allem bun<strong>de</strong>s-<br />

und europaweit gestellt. Lokal Betroffene dürfen nicht<br />

warten, bis ein weiteres Dorf konkret bedroht ist, son<strong>de</strong>rn<br />

sollten schon in <strong>de</strong>r aktuellen energiepolitischen<br />

Diskussion auf ihre Interessen aufmerksam machen.<br />

Die Grüne Liga Bran<strong>de</strong>nburg ist bereit, dabei all jene zu<br />

unterstützen, die sich gegen eine weitere Zerstörung<br />

gewachsenen Siedlungsraumes in <strong>de</strong>r Lausitz und für<br />

eine konsequente Energiewen<strong>de</strong> engagieren. Wir sind<br />

überzeugt, dass Alternativen zur weiteren Zerstörung<br />

von Siedlungen machbar und realistisch sind.<br />

Das Prognos-Gutachten, eine Karte <strong>de</strong>r Kohlefel<strong>de</strong>r und<br />

eine 14seitige Stellungnahme dazu können im Internet<br />

unter www.grueneliga.<strong>de</strong> abgerufen wer<strong>de</strong>n. Wir sen<strong>de</strong>n<br />

unsere Stellungnahme auch gern per Post zu.<br />

René Schuster, Grüne Liga Bran<strong>de</strong>nburg<br />

Mitglied <strong>de</strong>s Braunkohlenausschusses Bran<strong>de</strong>nburg<br />

(Grüne Liga Bran<strong>de</strong>nburg, Lin<strong>de</strong>nstrasse 34, 14467 Potsdam)<br />

men, dass uns zu Massenprotesten gegen Fluglärm<br />

schon mal eines fehlt: die Massen. Und schon sind<br />

wir das schönste interkontinentale Umschlagparadies<br />

<strong>de</strong>r Welt.<br />

Wo dann schon mal ein Flughafen in die Region<br />

kommt, kann man ja auch ein paar neue Leute einfliegen.<br />

Aber gefälligst solche, die sich nicht an Tagebauen<br />

und Fluglärm stören. Am besten solche, die<br />

gar nichts mehr stört. Auf <strong>de</strong>ren Plastination hat sich<br />

nämlich unser dritter Lausitzer Großinvestor spezialisiert.<br />

Hätte ja auch gereicht als Aufschwung <strong>de</strong>r Region,<br />

wer<strong>de</strong>n die Genügsamen sagen, doch dann beschwerte<br />

uns die Zeitung Anfang Mai die frohe Botschaft,<br />

dass wir auch noch ein Atomkraftwerk nach<br />

Gryfino, also in die Nachbarschaft bekommen. Lei<strong>de</strong>r<br />

nicht unser eigenes. Dabei wär in <strong>de</strong>r Lieberoser Hei<strong>de</strong><br />

noch sooo viel Platz gewesen!<br />

René Schuster<br />

Schwe<strong>de</strong>ns Regierung soll<br />

Energiewen<strong>de</strong> bei Vattenfall einleiten<br />

ROBIN WOOD-Aktivisten protestierten in Stockholm<br />

ROBIN WOOD-AktivistInnen haben am 27. April in<br />

Stockholm an <strong>de</strong>r Fassa<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Hotels Berns Salonger<br />

ein sieben mal fünf Meter großes Transparent entrollt<br />

mit <strong>de</strong>r Aufschrift:<br />

Dreckige Energie hat einen Namen: Vattenfall! Für<br />

sauberen Strom ohne Kohle und Atom“.<br />

In Stockholm traf sich die Vattenfall-Hauptversammlung.<br />

ROBIN WOOD for<strong>de</strong>rte <strong>de</strong>n Energiekonzern auf,<br />

aus <strong>de</strong>r Atomenergie und aus <strong>de</strong>r klimaschädlichen<br />

Braunkohleverstromung auszusteigen und auch außerhalb<br />

Schwe<strong>de</strong>ns stärker in erneuerbare Energien<br />

zu investieren.<br />

Schwe<strong>de</strong>n hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr<br />

2020 fossile Brennstoffe vollständig durch erneuerbare<br />

Energien zu ersetzen. Dem staatseigenen Konzern<br />

Vattenfall hat die Regierung <strong>de</strong>n Auftrag erteilt,<br />

diese Energiewen<strong>de</strong> voranzutreiben. Viele Schwe<strong>de</strong>n<br />

befürworten diese Energiepolitik, Vattenfall genießt<br />

ein entsprechend positives Image. Wenig bekannt ist<br />

in Schwe<strong>de</strong>n hingegen, dass Vattenfall in Deutschland<br />

gefährliche Atomkraftwerke betreibt und für<br />

seinen Braunkohletagebau die Verwüstung ganzer<br />

Landstriche sowie die Vertreibung von Menschen aus<br />

ihren Dörfern in Kauf nimmt.<br />

Nahe <strong>de</strong>r nord<strong>de</strong>utschen Stadt Hamburg betreibt <strong>de</strong>r<br />

Konzern Vattenfall die Atomkraftwerke Brunsbüttel,<br />

Krümmel und Brokdorf. Das 1977 in Betrieb gegangene<br />

AKW Brunsbüttel soll als eines <strong>de</strong>r nächsten<br />

<strong>de</strong>utschen Kraftwerke vom Netz gehen. Doch Vattenfall<br />

hat bereits angekündigt, eine Laufzeitverlängerung<br />

für <strong>de</strong>n Atommeiler zu beantragen. Dabei war<br />

es 2001 in unmittelbarer Nähe <strong>de</strong>s Druckbehälters<br />

zu einer Wasserstoffexplosion gekommen. Die Betriebsmannschaft<br />

hatte diesen Unfall über Monate<br />

vertuscht.<br />

„Wir sind nach Stockholm gekommen, damit auch die<br />

schwedische Öffentlichkeit erfährt, wie rücksichtslos<br />

Vattenfall in Deutschland Menschen vertreibt, das<br />

Klima belastet und Naturschutzgebiete verwüstet“,<br />

so <strong>de</strong>r ROBIN WOOD-Aktivist Alexan<strong>de</strong>r Gerschner.<br />

„Vattenfall muss die Zerstörung <strong>de</strong>r Lacomaer Teichlandschaft<br />

stoppen. Wir erwarten, dass die schwedischen<br />

Regierung auch außerhalb Schwe<strong>de</strong>ns auf risikoarme<br />

und klimafreundliche Energieträger setzt.“<br />

(pm/dh)<br />

Foto: Robin Wood

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