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Seite 12 | manipulation | construct<br />
Konsumterror<br />
Werbung ist alles<br />
Frustriert steht Alex vor <strong>de</strong>m Schaufenster seiner Bank. Er<br />
ist 23 und hat sich das Leben doch etwas bunter vorgestellt.<br />
Irgen<strong>de</strong>twas fehlt ihm. Warum nicht wie<strong>de</strong>r glücklich<br />
sein? Warum nicht leben und später zahlen? Genau das ist<br />
auch <strong>de</strong>r Spruch, <strong>de</strong>r ihm durch das Fenster ins Gesicht<br />
schreit. Genau das ist es, was er braucht (<strong>de</strong>nkt er jetzt).<br />
Er überlegt nicht lange und springt <strong>de</strong>r Auffor<strong>de</strong>rung zur<br />
finanziellen Freiheit nach. Im Eingangsportal <strong>de</strong>r Bank<br />
plätschert ein kleiner Springbrunnen vor sich hin. Der Bo<strong>de</strong>n<br />
ist mit Marmorstreifen verziert und in kontrastreiches<br />
schwarz-weiß getaucht. Die Bankangestellte lächelt ihren<br />
Kun<strong>de</strong>n gekonnt zutraulich an. Keine zehn Minuten später<br />
setzt er seine Unterschrift unter <strong>de</strong>n Vertrag und bekommt<br />
eine goldgelb glitzern<strong>de</strong> Kreditkarte in die Hand gedrückt.<br />
Überschwänglich springt er nun von Geschäft zu Geschäft,<br />
immer mit <strong>de</strong>m Bild eines glücklichen Paares im Kopf,<br />
betitelt mit <strong>de</strong>m Motto „Jetzt leben – später zahlen“. Alex<br />
lebt „Er ist doch nicht Blöd“, aber nur für kurze Zeit. Einige<br />
Monate später holt ihn die Realität ein und er begreift<br />
langsam, was es heißt, einen Schul<strong>de</strong>nberg zu haben.<br />
Ohne es zu bemerken manipuliert uns die Werbung,<br />
<strong>de</strong>r wir täglich ausgesetzt sind, immer mehr. Das vorgespielte<br />
Glück, die versprochene Jungend und die gekaufte<br />
Schönheit wer<strong>de</strong>n in bunter Verpackung in unsere Köpfe<br />
geschleust. Werbung im Fernsehen, in Zeitschriften und<br />
auf Plakaten, in Kinos o<strong>de</strong>r auf Postwurfsendungen sind<br />
klar erkennbar und können sich Zeit lassen ihr Opfer zu<br />
bearbeiten. Wie<strong>de</strong>rholungen brennen sich in unser Unterbewusstsein,<br />
Spezialisten überzeugen uns „sofort“. Wi<strong>de</strong>rsprechen<br />
können wir nicht, weil es nicht möglich ist mit<br />
<strong>de</strong>n Manipulatoren zu re<strong>de</strong>n.<br />
Was die Werbefachleute beson<strong>de</strong>rs fürchten, ist autonomes<br />
Han<strong>de</strong>ln. Es ist nicht fremdbestimmt und folgt einer<br />
Überlegung. Ganz im Gegensatz zur Reaktion. Sie folgt<br />
einem Reiz und lässt sich gut vorhersagen und steuern. Wer<br />
kennt nicht <strong>de</strong>n pausenlos re<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Vertreter, <strong>de</strong>r darauf<br />
aus ist, uns mit Reizen zu überschütten? Es ist gar nicht einmal<br />
interessant welcher Art von Reizen wir ausgesetzt sind.<br />
Hauptsache ist, dass die potentiellen Kun<strong>de</strong>n nicht aufhören<br />
zu reagieren o<strong>de</strong>r womöglich in autonomes Han<strong>de</strong>ln<br />
verfallen. Die KundInnen dürfen nicht zur Ruhe kommen.<br />
Ständige Berieselung mit Musik aus <strong>de</strong>m Radio, im Supermarkt,<br />
Fernseher, Kino, Kaufrausch ....<br />
Wenn wir erst einmal daran gewöhnt sind reflexartig zu<br />
reagieren, verhalten wir uns wie Süchtige und suchen gera<strong>de</strong>zu<br />
nach weiteren Reizen. Anstatt über wirkliche Ziele<br />
nachzu<strong>de</strong>nken und danach zu han<strong>de</strong>ln verfallen wir in einen<br />
passiven Dauerzustand.<br />
Dieses Prinzip wird z.B. auch im Militär angewen<strong>de</strong>t. Befehle,<br />
Autorität, Gehorsam um zu reagieren und zu funktionieren.<br />
Das gleiche gilt in hierarchischen Unternehmen<br />
o<strong>de</strong>r in religiösen Gemeinschaften. Selbstständiges Han<strong>de</strong>ln<br />
wird als Angriff verstan<strong>de</strong>n und könnte die Position<br />
<strong>de</strong>r „Mächtigen“ in Frage stellen.