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- Kultur<br />

DIE UMWANDLUNG EINER BRACHFLÄCHE IN<br />

COTTBUS ZU EINEM BESONDEREN RAUMERLEBNIS<br />

freies Architekturdiplomthema von Julia Rau – Teil1: Projektansatz<br />

Aufsicht Gelän<strong>de</strong><br />

Die Beziehung zwischen Architektur, Mensch und Natur ist<br />

Thema meiner Diplomarbeit: eine Architektur schaffen, die<br />

dieses Verhältnis plastisch, ästhetisch und räumlich för<strong>de</strong>rt.<br />

Dazu gehört zum einen, <strong>de</strong>n Mensch in einen beson<strong>de</strong>ren,<br />

ansprechen<strong>de</strong>n Innenraum in Bezug <strong>de</strong>s städtischen<br />

Außenraums zu versetzten und ihn zugleich in Beziehung<br />

mit seiner Umwelt, <strong>de</strong>n Naturelementen und seinen Mitmenschen<br />

zu bringen.<br />

Um also ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen unserem<br />

Innen - und Außenleben zu bewahren, anstatt sich zunehmend<br />

vom Außen zu trennen, sollte die Architektur ausreichend<br />

offen und transparent sein, unsere körperliche<br />

Interaktion mit <strong>de</strong>r Natur begünstigen. Damit wird sie zum<br />

Bin<strong>de</strong>glied, welches natürliche Einflüsse von außen nach<br />

innen und umgekehrt durchdringen. Dies wahrzunehmen<br />

und bewusst zu erleben unterstützt <strong>de</strong>n offenen Umgang<br />

unter <strong>de</strong>n Menschen und die Interaktion mit ihrem Umfeld.<br />

Offenheit und Durchdringung sind aus diesem Grund<br />

in zweifacher Weise von großer Be<strong>de</strong>utung für mein Projekt.<br />

Inhaltlich spielen folglich soziale und ökologische Aspekte<br />

die Hauptrolle, unter <strong>de</strong>r Leitung einer experimentellen,<br />

stark plastisch ausgeprägten Architektur.<br />

Es ist seit längerem zu beobachten, dass sich die Stadt<br />

Cottbus im Schrumpfungsprozess befin<strong>de</strong>t, was sich in <strong>de</strong>r<br />

abnehmen<strong>de</strong>n Bewohnerzahl und <strong>de</strong>n immer häufiger entstehen<strong>de</strong>n<br />

Brachflächen im Stadtzentrum <strong>de</strong>utlich macht.<br />

Mit <strong>de</strong>m sich zusehends auflösen<strong>de</strong>n Stadtbild müssen wir<br />

uns auseinan<strong>de</strong>r setzten und umgehen lernen. Was kann<br />

man tun, wenn die Stadt Cottbus finanziell erschöpft ist,<br />

und es we<strong>de</strong>r Bauherren noch zahlungsfähige Investoren<br />

gibt? Neue Konzepte für das trostlose Bild sind gefragt.<br />

Warum nicht aus <strong>de</strong>r Not eine Tugend machen? Das Stadtzentrum<br />

Cottbus bietet zur Genüge ungenutzte Freiflächen,<br />

die durch kreative und innovative Gestaltung aufgewertet<br />

wer<strong>de</strong>n können. Das ist <strong>de</strong>r Anlass und die Gelegenheit, wo<br />

mein Diplomthema ansetzt:<br />

Hier gibt es Platz für mein Anliegen, die Verbindung von<br />

Bewohnern und ihrem natürlichen und sozialen Umfeld zu<br />

thematisieren, räumlich auf experimentelle Art und Weise<br />

zu realisieren.<br />

Mein Projekt for<strong>de</strong>rt die Bevölkerung durch die Art <strong>de</strong>s<br />

Raumerlebnisses vor Ort auf, sensibel und aufmerksam<br />

mit <strong>de</strong>m äußeren Umfeld aus Natur und Mitmenschen<br />

umzugehen. Das Zusammenspiel von offenen Räumen<br />

und versteckten Nischen mit <strong>de</strong>n natürlichen Elementen,<br />

verbin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Wegen und Blickbeziehungen, ruft beim<br />

Besucher unterschiedliche Eindrücke hervor. Je<strong>de</strong>r nimmt<br />

sie individuell wahr und kann sich nach Belieben mit <strong>de</strong>m<br />

an<strong>de</strong>ren gemeinsam darüber austauschen. Das Erlebnis ist<br />

<strong>de</strong>mnach kommunikationsför<strong>de</strong>rnd, stärkt das Naturbewusstsein<br />

und die Offenheit <strong>de</strong>r Menschen. Das wi<strong>de</strong>rum<br />

festigt ihren gesellschaftlichen Zusammenhalt.<br />

Ich wähle absichtlich einen sogenannten Unort, an <strong>de</strong>m<br />

mein Vorhaben als Wi<strong>de</strong>rspruch zum Standort arbeitet.<br />

Es hat Signalfunktion, und kann am besten an einer exponierten<br />

zentralen Stelle in <strong>de</strong>r Stadt provokativ, in Konfrontation<br />

mit <strong>de</strong>n Bewohnern, auf die Gesellschaft wirken.<br />

In Folge <strong>de</strong>ssen habe ich mich speziell um ein Gelän<strong>de</strong> be-<br />

müht, auf <strong>de</strong>m ich mein Projekt für eine temporäre Zeit<br />

real verwirklichen kann. Es liegt an <strong>de</strong>r Kreuzung Hubert<br />

- Ecke Karlstrasse, zwischen <strong>de</strong>m Uni Campus und Oberstufenzentrum<br />

im Westen, <strong>de</strong>r innenstädtischen Friedrich-Ebert-Einkaufsstraße<br />

Richtung Sü<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r nahen<br />

Grünzone an <strong>de</strong>r Spree nach Osten und einem von Wohnen<br />

dominiertem Gebiet im Nor<strong>de</strong>n. Der durchaus frequentierte,<br />

in seiner städtischen Erscheinung jedoch ö<strong>de</strong><br />

Ort, besitzt meiner Meinung nach ein hohes Potential zur<br />

Verän<strong>de</strong>rung, das momentan nicht ausgeschöpft ist. Heute<br />

wird die Kiesfläche größten teils als Parkplatz genutzt, im<br />

Bereich <strong>de</strong>r Straßenbahnhaltestelle Karlstraße vom Kebabhaus<br />

Ama<strong>de</strong>us unterhalten. Hierbei han<strong>de</strong>lt es sich um<br />

einen wahren Ort <strong>de</strong>r Kommunikation, ein sozialer Treffpunkt<br />

in <strong>de</strong>r Nachbarschaft und Anlaufstelle für Menschen<br />

verschie<strong>de</strong>ner Nationalitäten. Zusätzlich begegnen sich auf<br />

und um das Gelän<strong>de</strong> die Wege von Schülern und Stu<strong>de</strong>nten,<br />

Einkäufern, Anwohnern, und Spaziergängern. Durch sie<br />

alle hat sich eine regelrechte „Ameisenstrasse“ ausgebil<strong>de</strong>t,<br />

die sich in Längsrichtung von <strong>de</strong>r Sielower Strasse über<br />

das gesamte Grundstück zieht. Diese eigene Dynamik <strong>de</strong>r<br />

Fußgänger stellt für mich neben <strong>de</strong>r florieren<strong>de</strong>n Imbiss-<br />

und Parkplatznutzung einen wesentlichen Charakterzug<br />

<strong>de</strong>s Ortes dar.<br />

Ich sehe diesen Ort als ein i<strong>de</strong>ales soziales Feld für mein<br />

Projekt, <strong>de</strong>r mir zu<strong>de</strong>m eine großzügige „Ausstellungsfläche“<br />

bietet. Seine Brache ist für mich eine Herausfor<strong>de</strong>rung<br />

und steht bewusst gegensätzlich zu meinem geplanten<br />

Raumerlebnis, bei <strong>de</strong>m man mit Natur/Außenraum in<br />

Verbindung kommen soll. Unter Verwendung <strong>de</strong>r Naturelemente<br />

wie beispielsweise <strong>de</strong>m natürlichen Lichteinfall<br />

von Sonne und Mond, <strong>de</strong>m Spiel <strong>de</strong>s Win<strong>de</strong>s o<strong>de</strong>r Wassers<br />

wird dies erlebbar gemacht.<br />

Anstelle einer massiven Neubebauung <strong>de</strong>s Gelän<strong>de</strong>s ist<br />

meine I<strong>de</strong>e eine leichte expressive Struktur, die als öffentlicher<br />

Raum begangen und erlebt wer<strong>de</strong>n kann: in einem<br />

Teil als erholsamer Ruhepol innerhalb <strong>de</strong>r Stadt, zum an<strong>de</strong>ren<br />

als kommunikative Zone, durch die sich <strong>de</strong>r Besucher<br />

als Passant hindurch bewegt, o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r er nach Belieben<br />

verweilen kann. Es han<strong>de</strong>lt sich also um zwei verschie<strong>de</strong>ne<br />

Qualitäten, die man unabhängig voneinan<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>m Gelän<strong>de</strong><br />

kennen lernen kann.<br />

Die Entscheidung für eine relativ reduzierte Funktion begrün<strong>de</strong><br />

ich mit <strong>de</strong>m Überfluss an leerstehen<strong>de</strong>m Wohnraum<br />

und etlichen unausgelasteten gemeinnützigen Institutionen<br />

in Cottbus, <strong>de</strong>nen ich nicht noch ein weiteres<br />

(Funktions-) Gebäu<strong>de</strong> hinzufügen möchte. Mein Projekt<br />

zielt viel mehr auf die künstlerische Kreation eines beson<strong>de</strong>ren<br />

Raumerlebnisses ab, das von je<strong>de</strong>m individuell und<br />

zu je<strong>de</strong>r Zeit genossen wer<strong>de</strong>n kann.<br />

Durch <strong>de</strong>n offenen Umgang mit <strong>de</strong>m Innen- und Außenraum<br />

erhalten die Räume ihre eigene Qualität. Die Beziehung<br />

zwischen <strong>de</strong>m Innenraum und seinem äußeren Um-<br />

Eingang Sieloewr Straße<br />

Steg Innenraum<br />

feld wird nicht nur durch Blickbeziehungen, son<strong>de</strong>rn auch<br />

durch körperliches Nachempfin<strong>de</strong>n erfahren. Je nach Qualität<br />

erhält <strong>de</strong>r Raum einen lockeren, spielerischen Charakter<br />

zum Kommunizieren, o<strong>de</strong>r einen ruhigen, entspannten<br />

zum Erholen.<br />

Das Objekt soll aus <strong>de</strong>n ökologisch nachhaltigen Materialien<br />

Holz und Wei<strong>de</strong>n mit beson<strong>de</strong>rem Augenmerk auf<br />

Rhythmus, Form, Textur, und natürliches Licht verwirklicht<br />

wer<strong>de</strong>n. Die weiteren natürlichen Elemente Luft, Stein<br />

und Vegetation durchdringen die semipermeable Struktur<br />

und tragen zu ihrer Glie<strong>de</strong>rung bei.<br />

Das Raumprogramm lässt sich nicht in einzelne Räume<br />

unterteilen, son<strong>de</strong>rn erstreckt sich mal verdichtet, mal<br />

aufgelöster in verschie<strong>de</strong>nen Zonen. Zu ihnen gehören ein<br />

Pavillon, die erweiterte Gastronomie <strong>de</strong>s Ama<strong>de</strong>us Kebabhauses<br />

und die Inszenierung <strong>de</strong>r Wegeführung.<br />

Der Pavillon ist ein Ort <strong>de</strong>s Aufenthalts, in <strong>de</strong>m man eine<br />

Pause vom Alltag machen kann. Hier herrscht eine ruhige,<br />

entspannte Atmosphäre, die mit unserer Wahrnehmung<br />

und Sensibilität spielt. Der Besucher kann dies individuell<br />

für sich ent<strong>de</strong>cken und von dieser Erfahrung außergewöhnlich<br />

profitieren.<br />

Die kommunikative Zone steht unmittelbar im Kontext mit<br />

<strong>de</strong>m Kebabhaus und <strong>de</strong>r Erschließung <strong>de</strong>s Gelän<strong>de</strong>s. Ich<br />

möchte die Funktion <strong>de</strong>s „Ama<strong>de</strong>us“ erhalten, sodass <strong>de</strong>r<br />

menschliche Austausch, wie er vor ort bereits vorhan<strong>de</strong>n<br />

ist, bestehen bleibt.<br />

Durch die Art <strong>de</strong>r Wegeführung wird die Kommunikation<br />

noch erweitert. Sie ist gleichwertiger Bestandteil <strong>de</strong>s Programms<br />

im Bezug auf die Zugänge und Verknüpfung <strong>de</strong>r<br />

bei<strong>de</strong>n Raumqualitäten und stellt somit einen genauso<br />

wichtigen Charakter für das Raumerlebnis dar.<br />

So soll sich <strong>de</strong>r Ort zum Vorteil <strong>de</strong>r Stadtbewohner entfalten.<br />

Er bietet Passanten und Anwohnern die schon bestehen<strong>de</strong><br />

Zone <strong>de</strong>r Kommunikation um Ama<strong>de</strong>us Kebabhaus<br />

gestärkt wie<strong>de</strong>r und bereichert sein Angebot durch ein<br />

Ensemble ausgebauter Raumerlebnisse mit natürlichen<br />

Einflüssen. Durch das bewusste Wahrnehmen <strong>de</strong>r Räumlichkeiten<br />

wird letzten En<strong>de</strong>s ein sinnvoller Einfluss auf<br />

<strong>de</strong>n Nutzer und seinen Umgang mit <strong>de</strong>n weiten Brachflächen<br />

in Cottbus ausgeübt. Er kann diese leichter als Raum<br />

im Wan<strong>de</strong>l begreifen, statt sie als Problem aufzufassen. Die<br />

Qualität <strong>de</strong>s Ortes wird insgesamt mit einer interessanten<br />

und anziehen<strong>de</strong>n Erscheinung und <strong>de</strong>r attraktiven Verwendung<br />

wesentlich verbessert.

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