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Seite 10 | streetart | construct<br />

Leben vs. Ordnung<br />

Kunst im öffentlichen Raum<br />

Wenn Kin<strong>de</strong>r mit Krei<strong>de</strong> an eine Hauswand malen o<strong>de</strong>r<br />

schreiben, gehen die Menschen meist achtlos daran vorbei<br />

o<strong>de</strong>r freuen sich, dass die Kin<strong>de</strong>r so schön spielen. An<strong>de</strong>rs<br />

sieht es da aus, wenn Graffiti o<strong>de</strong>r Streetarts an <strong>de</strong>n Wän<strong>de</strong>n<br />

zu sehen sind. Oft sind die Menschen empört über die „Vandalen“,<br />

welche ihre Gestaltungen dort hinterlassen. Auch<br />

wenn ein von Kin<strong>de</strong>rhand gemaltes Krei<strong>de</strong>bild leichter zu<br />

entfernen ist als ein Graffiti, gehört es doch eigentlich in<br />

<strong>de</strong>n Bereich Graffiti und Streetart. Sogar einige Graffiti o<strong>de</strong>r<br />

Streetartkünstler arbeiten ab und an mit Krei<strong>de</strong>.<br />

Bei<strong>de</strong> Begriffe entstan<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n 70er Jahren in New<br />

York und schwappten in <strong>de</strong>n 80er Jahren nach Europa<br />

und somit auch nach Deutschland. Heute sind in fast allen<br />

<strong>de</strong>utschen Städten und Städtchen Graffiti und Streetarts<br />

zu ent<strong>de</strong>cken. Während Graffiti aus Schriftzügen besteht,<br />

welche künstlerisch gestaltet und meist gesprüht wer<strong>de</strong>n,<br />

kann ein Aufkleber, ein Plakat, ein mit einer Schablone gesprühtes<br />

Bild und sogar ein Straßentheater Streetart sein.<br />

Bei<strong>de</strong> Kunstformen haben eines gemein: Sie machen unsere<br />

Straßen lebendiger.<br />

Wodurch Graffitikünstler motiviert wer<strong>de</strong>n, erklärt Jana<br />

Hermanns, Pressesprecherin von „Pro Graffiti“: „Graffiti ist<br />

eine Form <strong>de</strong>r Straßenkunst, die für jugendliche Graffiti-<br />

Aktivisten ein entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>s Kommunikationsmittel <strong>de</strong>s<br />

Ausdrucks ihrer I<strong>de</strong>ntität ist. Dabei zeichnet sich Graffiti<br />

insbeson<strong>de</strong>re durch die Gleichzeitigkeit zahlreicher äußerer<br />

Erscheinungsformen aus: in ästhetisch ansprechen<strong>de</strong>n,<br />

wie z.B. <strong>de</strong>n walls of fame und an<strong>de</strong>ren Bil<strong>de</strong>rn, aber auch<br />

in für die Allgemeinheit schwerer lesbaren Formen wie<br />

Tags und Scratches.“<br />

Viele Bil<strong>de</strong>r sind ein Ausdruck <strong>de</strong>r Unzufrie<strong>de</strong>nheit mit<br />

<strong>de</strong>r gesellschaftlichen Gesamtsituation. Die Künstler wollen<br />

mit ihrer Kunst die Leute zum Nach<strong>de</strong>nken bewegen<br />

und somit ihrem Unmut Ausdruck verleihen. Mit <strong>de</strong>r Zeit<br />

bekommen Sprüher dann auch <strong>de</strong>n ersehnten Fame (Anerkennung<br />

aus <strong>de</strong>r Szene). Sie fotografieren ihre Bil<strong>de</strong>r,<br />

heften sie in so genannte „Blackbooks“ und bewahren sie<br />

an einem sicheren Ort auf. Wenn sie nicht mehr aktiv sind<br />

haben sie dann Erinnerungen an eine aufregen<strong>de</strong> Zeit. Zwischen<br />

Kunst und Rebellion gegen die bürgerliche Ordnung<br />

sowie die scheinbar heile Welt. Mensch will mit seinen Gestaltungen,<br />

ob als Graffiti, Plakat o<strong>de</strong>r Aufkleber <strong>de</strong>m Stadtbild<br />

ein Stück Individualität verleihen. Herrschen<strong>de</strong> Besitzverhältnisse<br />

wer<strong>de</strong>n ausgeblen<strong>de</strong>t, die Künstler betrachten<br />

öffentliche Flächen als Allgemeinbesitz. Auch wenn Schienenfahrzeuge,<br />

Häuserwän<strong>de</strong>, Mauern etc. heutzutage meist<br />

in privaten Besitz größerer Firmen und Gesellschaften<br />

übergegangen sind, wer<strong>de</strong>n sie <strong>de</strong>nnoch als öffentliches Eigentum<br />

angesehen. Und weil öffentliches Eigentum auch<br />

<strong>de</strong>r Allgemeinheit dienen soll, nehmen sich die Künstler ihren<br />

Teil davon. Und schließlich wird ja nichts zerstört. Die<br />

Flächen wer<strong>de</strong>n vom Künstler verziert, ob es <strong>de</strong>m einzelnen<br />

gefällt o<strong>de</strong>r nicht liegt schließlich im Auge <strong>de</strong>s Betrachters.<br />

Vielleicht könnte im Umgang mit „wil<strong>de</strong>r“ Kunst ein<br />

Um<strong>de</strong>nken möglich sein. Warum eine Wand immer wie<strong>de</strong>r<br />

übermalen o<strong>de</strong>r säubern lassen? Es wäre viel einfacher<br />

und billiger einen Graffitikünstler zu beauftragen, ein Bild<br />

am Haus anzubringen. Hierbei kann sich <strong>de</strong>r Hausbesitzer<br />

auch das Motiv aussuchen. Somit wäre bei<strong>de</strong>n Parteien entgegen<br />

gekommen. Mensch kann es auch machen wie <strong>de</strong>r<br />

Bäcker am Busbahnhof: Für <strong>de</strong>n Verzicht auf die Verzierung<br />

<strong>de</strong>s Bäckerla<strong>de</strong>ns darf die Seitenwand als legale Fläche für<br />

Graffiti genutzt wer<strong>de</strong>n. Die meisten Bürger sehen Graffiti<br />

und Streetart jedoch als Störung <strong>de</strong>r öffentlichen Ordnung,<br />

Vandalismus und Produkt einer verdorbenen Jugend, welche<br />

nur Zerstörung im Sinn hat. Warum eigentlich? Weil<br />

„die Jugend“ ihren Drang nach Ordnung und Sauberkeit<br />

nicht teilt?<br />

Klar, heutzutage sind nicht mehr alle Häuserwän<strong>de</strong> grau<br />

und Betonfarben, aber auch ein gelbes o<strong>de</strong>r himmelblaues<br />

Haus ist einfarbig. Ein Graffiti o<strong>de</strong>r Streetartmotiv als Stilbruch<br />

in einer geordneten Welt zeigt eigentlich nur, dass da

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