Teil IV - Die heiße Phase
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Aus einer klimatisierten Kabine heraus mustert uns eine,<br />
wie es scheint „very important person“.<br />
<strong>Die</strong> getönte Scheibe der Luxuslimousine senkt sich mit den<br />
Worten: „Do you need any help? “<br />
Ich bin sprachlos, denn bislang konnten wir auf Indiens<br />
Straßen keinesfalls auf Rücksicht hoffen, aber so ist es<br />
hierzulande nun einmal.<br />
Himmel und Hölle liegen immer dicht bei einander.<br />
Es gibt Tage an denen ich alles verfluchen könnte und<br />
plötzlich erscheinen diese lichten Momente, wo einfach<br />
alles stimmt.<br />
Seit Bombay haben wir rund 2000 Kilometer hinter uns<br />
gebracht, jetzt freuen wir uns auf die Südspitze Indiens.<br />
Mit dem Regen dringen in das Chaos von Trivandrum vor.<br />
Der Padmanabha-Swamy Tempel beherrscht zwar noch<br />
immer das Stadtbild, aber die Stadt ist gleichzeitig auch eine<br />
moderne und höchst weltliche Metropole. In der einstigen<br />
Residenz des Maharadschas von Travancore werden uns<br />
die Gegensätze Keralas erst recht bewusst als wir lesen:<br />
„Der Eintritt in den Tempel ist nur für Hindus erlaubt! “<br />
Das pulsierende Leben des neuen, unaufhaltsam wachsenden<br />
großstädtischen Indien entfaltet sich hier wie in den<br />
anderen Metropolen extrem rücksichtslos.<br />
<strong>Die</strong> Gesellschaft von Kerala ist hin und her gerissen<br />
zwischen der Stille und dem Lärm. Zwischen Schönem und<br />
Hässlichem, Tradition und Fortschritt, Glauben und<br />
Gottlosigkeit.<br />
Vor dem einen Tempel ist allerlei Kitsch in Form von<br />
Gummipalmen oder Plastikgewehren zu finden, vor dem<br />
anderen schmettern die opferwilligen Hindus Kokosnüsse<br />
in einen steinernen Trog, worauf diese in tausend Stücke<br />
bersten.<br />
Wir schieben an einer Kirche vorbei und finden den<br />
Wegweiser zurück in die Natur.<br />
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