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EDITORIAL<br />
Foto: Faces by Frank<br />
Digitalisierung und die<br />
Angst vorm Wettbewerb<br />
Peter Driessen<br />
IHK-Hauptgeschäftsführer<br />
Mal lösen sie Angst aus, mal Bewun<strong>de</strong>rung,<br />
die Digitalgiganten aus <strong>de</strong>n USA:<br />
Amazon, Apple, Ebay, Google, Facebook<br />
und Twitter. Meist in <strong>de</strong>r Frühzeit <strong>de</strong>s Internet<br />
gestartet, ist es schon bemerkenswert,<br />
welche Marktmacht sie inzwischen<br />
erreicht haben, was regelmäßig echte o<strong>de</strong>r<br />
vermeintliche Wettbewerbshüter auf <strong>de</strong>n<br />
Plan ruft.<br />
Sind <strong>de</strong>ren Sorgen begrün<strong>de</strong>t? Sind sie tatsächlich<br />
Monopolisten, die unbedrängt<br />
ihre Kreise ziehen? Was ist das Geheimnis<br />
ihrer Erfolge, und was haben sie gemeinsam?<br />
Auffallend ist, dass mit Ausnahme<br />
von Amazon alle im Umfeld von San Francisco<br />
gegrün<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>n. Nur Apple musste<br />
bisher durch eine – fast existenzbedrohen<strong>de</strong><br />
– Krise. Die Digitalmultis haben<br />
sich ihre Märkte meist selbst geschaffen,<br />
in<strong>de</strong>m sie frühzeitig die Chancen <strong>de</strong>s Internets<br />
und <strong>de</strong>r mobilen Kommunikation erkannten.<br />
Haben sie dabei unfair agiert,<br />
o<strong>de</strong>r haben sie Kun<strong>de</strong>nwünsche einfach<br />
nur besser erfüllt?<br />
Deutlich wird es bei Google, <strong>de</strong>ssen Kern<br />
heute noch die Suchmaschine ist. Weltweit<br />
greifen zwei Drittel aller Nutzer auf Google<br />
zurück, in Deutschland sogar über 90 Prozent.<br />
Vor wenigen Jahren gab es noch über<br />
600 Suchmaschinen, doch Google war offensichtlich<br />
besser. Google finanziert sich<br />
durch Werbung. Ein Problem? Wohl kaum,<br />
<strong>de</strong>nn dieses Geschäftsmo<strong>de</strong>ll haben auch<br />
Anzeigenblätter. Wer Objektivität bei <strong>de</strong>r<br />
Suche erwartet, sie vielleicht sogar gesetzlich<br />
durchsetzen will, ist blauäugig. Wer<br />
mit <strong>de</strong>n Suchergebnissen nicht zufrie<strong>de</strong>n<br />
ist, wechselt einfach die Suchmaschine.<br />
Das weiß auch Google!<br />
Und wer Googles kostenloses Betriebssystem<br />
Android nicht haben will, nehme eben<br />
das von Apple o<strong>de</strong>r Microsoft. Der Kun<strong>de</strong><br />
hat die Wahl, er muss die Chance nur nutzen.<br />
Dies wird nicht zuletzt am Versuch<br />
Googles <strong>de</strong>utlich, am Erfolg von Facebook<br />
durch ein eigenes Produkt zu knabbern;<br />
weitgehend erfolglos. Soziale Netze ziehen<br />
ihre Attraktivität aus <strong>de</strong>r Masse ihrer Nutzer.<br />
Ambivalent ist auch das Image von Amazon.<br />
Während <strong>de</strong>r klassische Einzelhan<strong>de</strong>l<br />
<strong>de</strong>ssen von Jahr zu Jahr steigen<strong>de</strong>n Umsatz<br />
kritisch beäugt, nutzen immer mehr<br />
Kun<strong>de</strong>n, aber auch kleine Versandhändler<br />
<strong>de</strong>ssen Marketplace. Eine Folge <strong>de</strong>s boomen<strong>de</strong>n<br />
Onlinehan<strong>de</strong>ls ist <strong>de</strong>r steigen<strong>de</strong><br />
Transportbedarf, was wie<strong>de</strong>rum neuen<br />
Unternehmen Chancen verschafft. Eine<br />
faire Symbiose? Eher nicht, <strong>de</strong>nn die<br />
Marktmacht <strong>de</strong>r Beteiligten ist höchst unterschiedlich.<br />
Auch ein kritischer Blick auf die an<strong>de</strong>ren<br />
Player macht <strong>de</strong>utlich, dass nicht unfaire<br />
Wettbewerbspraktiken <strong>de</strong>n Erfolg begünstigt<br />
haben, son<strong>de</strong>rn bessere Reaktion auf<br />
bereits vorhan<strong>de</strong>ne o<strong>de</strong>r neu geweckte<br />
Wünsche <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>n. Warum schaffen<br />
wir das nicht? Sind wir in Deutschland o<strong>de</strong>r<br />
in Europa nicht fantasievoll, nicht mutig<br />
genug? Steht für uns die Weiterentwicklung<br />
von Bewährtem und nicht <strong>de</strong>ssen radikale<br />
Verän<strong>de</strong>rung im Vor<strong>de</strong>rgrund? Es<br />
ist mehr als eine semantische Spitzfindigkeit,<br />
wenn Amerikaner unter Venturecapital<br />
„Wagniskapital“ und wir „Risikokapital“<br />
verstehen. Wie sagt <strong>de</strong>r Volksmund? Wer<br />
nicht wagt, <strong>de</strong>r nicht gewinnt!<br />
Hören wir also auf, die Wettbewerber reglementieren<br />
zu wollen, nehmen wir <strong>de</strong>n<br />
Wettbewerb an! Auch bei uns gibt es tolle<br />
I<strong>de</strong>en von Startups. Und nehmen wir die<br />
Politik in die Pflicht, endlich die Rahmenbedingungen<br />
für „Chancenkapital“, so hat<br />
es <strong>de</strong>r frühere Bun<strong>de</strong>sforschungsminister<br />
Heinz Riesenhuber mal genannt, so zu än<strong>de</strong>rn,<br />
dass wir im internationalen Wettbewerb<br />
bestehen können.<br />
Wirtschaft – Das IHK-Magazin für München und Oberbayern – 09/2016 3