www.ihk-muenchen.de

DA SCHAU HER l TOBOGGAN
Foto: Toboggan Konrad
Gaudi mit
Aussicht
Der Toboggan ist ein
Familienunternehmen.
Seit über hundert Jahren
funktioniert das Geschäft
mit der Schadenfreude.
CORNELIA KNUST
Schaustellerfahrzeug“. Die Aufschrift
auf dem gewaltigen Container zeigt
an, dass man hier richtig ist im Gewerbegebiet
von Kinsau am Lech. Das ist
der Mannschaftswagen, das Zuhause der
Arbeiter auf der Wiesn, erklärt Claus Konrad,
ein braungebrannter, kräftiger Mann
über den Zaun hinweg. Er muss den Container
am Abend noch auf seinem Anhänger
zum TÜV fahren. Dort befindet sich
gerade der andere 13 Meter lange Container,
bis zum Rand vollgepackt mit lackierten
Holzbalken, Planen, Rollbahn- und
Treppenteilen – dem Toboggan.
Das gut 100 Jahre alte Fahrgeschäft überwintert
hier, in dieser Halle hinterm Zaun,
bewacht von zwei riesigen Hunden. Hier
steht auch der hölzerne Wohnwagen, in
dem Konrads Vater Rudolf, Jahrgang 1925,
von Ort zu Ort zog auf die Jahrmärkte.
Sohn Claus bewohnt ihn noch heute für
sechs Spätsommerwochen auf der Münchner
Theresienwiese. In einer Ecke des
Turmhohe Rutschbahn – der Name Toboggan soll
von einem kanadischen Hundeschlitten kommen
weiß ausgekleideten Wagens stehen schon
die blauen Ordner für die 14 Helfer: Sicherheitsvorschriften,
Belehrungen, Anmeldungen,
Lohnbuchhaltung – für jeden Arbeiter
einer.
Die Konrads sind eine alte Schaustellerfamilie
aus Schongau, betrieben einst Kettenflieger
und Schiffschaukeln. Keiner
scheint genau zu wissen, wie der Toboggan
in die Familie gekommen ist. Haben
die Vorfahren diese turmhohe Rutschbahn,
die man über ein ansteigendes Laufband
und eine Treppe erreicht, von einer
USA-Reise mitgebracht? Der Name des
Geräts, so viel weiß der Besitzer, ist einem
kanadischen Hundeschlitten entlehnt.
Noch zwei solcher Toboggans existieren,
einer im Prater in Wien, ein anderer tourt
70
Wirtschaft – Das IHK-Magazin für München und Oberbayern – 09/2016