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DIE SUCHE NACH AL-ANDALUS - Teil IV. – Jordanien - Herrschen und Genießen

Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts, mit dem überraschenden Welterfolg der ERZÄHLUNGEN VON DER ALHAMBRA des Amerikaners Washington Irving, besann sich die Arabische Welt wieder auf die Maurenzeit in Spanien, und das Abendland entdeckte al-Andalus mit romantischer Begeisterung. Erst im 20. Jh. erinnerten arabische und maghrebinische Literaten und Poeten mit schmerzerfüllten, sehnsuchtsvollen oder romantisch-verklärten Worten an das verlorene „Paradies al-Andalus“. Der Glanz der arabischen Hochkultur im Abendland und ihr dramatischer Untergang fesselten und berührten auch mich. Das Ergebnis waren vier Bücher – jedes für sich betrachtet die spanische Maurenzeit aus einer anderen Warte. Die Blütezeit der islamischen Kultur hatte mit den osmanischen Eroberungen im Vorderen Orient ein jähes Ende gefunden: vom Byzantinischen Reich (1453) über Persien, Syrien, Ägypten und ganz Nordafrika bis an die Grenze des marokkanischen Königreichs. Der fast zu gleicher Zeit stattfindende Überlebenskampf der spanischen Mauren und letztendliche Untergang von al-Andalus Ende des 15. Jh., mehrere tausend Meilen westwärts, blieb fast unbemerkt. Meine Suche nach Zusammenhängen führte mich in die Länder von denen ich wusste oder vermutete, dass sie schon im frühen Mittelalter einen kulturellen Einfluss, einen bedeutenden Anteil an der erstaunlichen Entwicklung des früheren, recht rustikalen westgotischen Hispanien zum legendären, im Orient und Abendland bis heute viel gepriesenen "Paradies al-Andalus" gehabt hatten: Marokko, Syrien, Usbekistan und die Große Seidenstraße, Jordanien und Iran (Persien). Könnte ich heute noch in diesen Ländern anschauliche Spuren, greifbare Zeugen von ihrem Einfluss auf al-Andalus oder ihrer befruchtenden Verbindung mit dem islamischen Spanien finden die mir erlaubten es nachzuvollziehen? Oder umgekehrt, in welchem Land hatte al-Andalus seinerseits ein nachhaltiges Erbe hinterlassen? Bei allen Reisen waren meine Fragen dieselben:... (mehr im Vorwort, S. 3)

Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts, mit dem überraschenden Welterfolg der ERZÄHLUNGEN VON DER ALHAMBRA des Amerikaners Washington Irving, besann sich die Arabische Welt wieder auf die Maurenzeit in Spanien, und das Abendland entdeckte al-Andalus mit romantischer Begeisterung. Erst im 20. Jh. erinnerten arabische und maghrebinische Literaten und Poeten mit schmerzerfüllten, sehnsuchtsvollen oder romantisch-verklärten Worten an das verlorene „Paradies al-Andalus“.
Der Glanz der arabischen Hochkultur im Abendland und ihr dramatischer Untergang fesselten und berührten auch mich. Das Ergebnis waren vier Bücher – jedes für sich betrachtet die spanische Maurenzeit aus einer anderen Warte. Die Blütezeit der islamischen Kultur hatte mit den osmanischen Eroberungen im Vorderen Orient ein jähes Ende gefunden: vom Byzantinischen Reich (1453) über Persien, Syrien, Ägypten und ganz Nordafrika bis an die Grenze des marokkanischen Königreichs. Der fast zu gleicher Zeit stattfindende Überlebenskampf der spanischen Mauren und letztendliche Untergang von al-Andalus Ende des 15. Jh., mehrere tausend Meilen westwärts, blieb fast unbemerkt.
Meine Suche nach Zusammenhängen führte mich in die Länder von denen ich wusste oder vermutete, dass sie schon im frühen Mittelalter einen kulturellen Einfluss, einen bedeutenden Anteil an der erstaunlichen Entwicklung des früheren, recht rustikalen westgotischen Hispanien zum legendären, im Orient und Abendland bis heute viel gepriesenen "Paradies al-Andalus" gehabt hatten: Marokko, Syrien, Usbekistan und die Große Seidenstraße, Jordanien und Iran (Persien). Könnte ich heute noch in diesen Ländern anschauliche Spuren, greifbare Zeugen von ihrem Einfluss auf al-Andalus oder ihrer befruchtenden Verbindung mit dem islamischen Spanien finden die mir erlaubten es nachzuvollziehen? Oder umgekehrt, in welchem Land hatte al-Andalus seinerseits ein nachhaltiges Erbe hinterlassen? Bei allen Reisen waren meine Fragen dieselben:... (mehr im Vorwort, S. 3)

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Gut erkennbar ist der Durchgang mit dem<br />

Hufeisenbogen der zur rechteckigen Apsis führt<br />

Je länger der Aufstand dauerte desto mehr<br />

mangelte es an Mitstreitern. Ibn Hafsun <strong>und</strong><br />

seine Familie traten zum christlichen Glauben<br />

über in der Hoffnung damit mehr Mitstreiter<br />

anwerben zu können <strong>–</strong> mit mäßigem Ergebnis.<br />

Dafür kündigte ihm seine muslimische<br />

Gefolgschaft die Treue, sie waren nicht bereit<br />

unter einem Christen zu kämpfen. Daher<br />

wurde lange darüber spekuliert ob die Revolte<br />

einen religiösen Hintergr<strong>und</strong> gehabt haben<br />

könnte. Inzwischen überwiegt die Meinung<br />

dass der Auslöser für den Aufstand ein<br />

ungerechtes Steuersystem war.<br />

Von der ehemaligen Festungsstadt ist heute<br />

kaum mehr etwas zu sehen: Immer wieder<br />

führen ein paar in den Berg geschlagene Stufen weiter nach oben, hier <strong>und</strong> da sind von Gestrüpp<br />

überwachsene Mauerreste sichtbar <strong>und</strong> ein Wasserbecken <strong>–</strong> wahrscheinlich eine Viehtränke. Das<br />

Eindrucksvollste ist an diesem Ort der noch erhaltene <strong>Teil</strong> der Felsenkirche, er erinnert an die<br />

dramatischen Ereignisse die sich hier abspielten. Ibn Hafsun starb 917 an einer fiebrigen<br />

Entzündung, seine vier Söhne konnten die Festung noch bis ins Jahr 928 halten. Erst Emir Abd al-<br />

Rahman III. 82 konnte den Aufstand durch eine unerbittliche Belagerung der Felsenstadt beenden.<br />

Wir werden im weiteren Verlauf des Kapitels noch viel von ihn hören. Wer nicht bei den Gefechten<br />

ums Leben gekommen war, wurde gefangen genommen oder des Landes verwiesen. Argentea, die<br />

einzige Tochter des Ibn Hafsun, wurde nach Cordoba gebracht <strong>und</strong> wäre wahrscheinlich<br />

weitgehend unbehelligt geblieben, hätte sie sich nicht danach gesehnt als Märtyrerin zu sterben<br />

<strong>und</strong> forderte Abd al-Rahman III. solange durch ungebührliches Verhalten heraus bis sie ihr Ziel<br />

erreichte.<br />

Abd al-Rahman III. war von 912 bis 929 achter Emir von al-Andalus <strong>und</strong> nahm 929 den höchsten<br />

islamischen Herrschertitel Kalif an. Insgesamt herrschte er knapp 50 Jahre über das große Reich auf<br />

der Iberischen Halbinsel bis er 961 starb. Es gibt viel über ihn zu berichten <strong>und</strong> vieles erinnert an<br />

Prinz Walid den wir aus den Kapiteln über die Wüstenschlösser Khirbat al-Mafdschar <strong>und</strong> Qusair<br />

‘Amra schon kennen. Die Übereinstimmungen zwischen Abd al-Rahman III. <strong>und</strong> dem syrischen<br />

Thronfolger <strong>und</strong> Kalifen Walid II. sind frappierend <strong>–</strong> allerdings nur was Prachtentfaltung,<br />

Standesbewusstsein <strong>und</strong> das <strong>Genießen</strong> aller Freuden betrifft die das Lebens bieten konnte. Der<br />

große Unterschied zwischen beiden war, dass Kalif Abd al-Rahman III. sich als kluger Staatslenker<br />

erwies <strong>–</strong> in seiner langen Regierungszeit entfaltete sich die maurische Hochkultur zu voller Blüte.<br />

Ψ<br />

82 geb. 889 <strong>–</strong> gest. im Oktober 961 in Cordoba. Er wurde fast 70 Jahre alt<br />

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